6
Mittwoch, 26.02
"Ich will nicht, dass du gehst."
Die Tränen, welche sich schon die gesamten, letzten Stunden immer wieder aufs Neue ihren Weg in die Freiheit bahnen, laufen auch jetzt wieder über meine Wange.
"Ich will nicht gehen.",erwider ich sofort. Mein Blick legt sich auf unsere noch immer miteinander verschränkten Finger, teils, weil alles andere die Situation nicht besser machen würde, hauptsächlich, weil ich nicht weiter vor Jackson weinen will.
"Wann sehen wir uns wieder?",frage ich leise. Ich fahre seufzend über die Gravur auf dem länglichen, silbernen Plättchen.
"Ich- keine Ahnung, Chloe."
Seine Arme legen sich wieder um mich, drücken mich feste an ihn und entlocken mir damit sofort ein schluchzen. Mir ist bewusst, dass das alles nicht so einfach ist. Dass er genug zutun hat, so wie ich nun mal auch.
"Ich weiß nicht wann- aber- sobald ich alle Prüfungen hinter mir hab, komm ich."
Ich nicke langsam. Ich weiß, dass er sich für sein Studium rein hängen muss, so wie ich gerade auch noch, um mein Abitur zu bestehen. Und ich glaube, dass es das alles um einiges schwerer macht, eine Zeit zu finden, wo es passt.
"Hey, Chloe? Ich glaube, du musst-"
"Ich weiss, dass ich durch die Sicherheitskontrolle muss.",murmel ich und löse mich von ihm.
Ich wische über Jacks Wange, um die Träne los zu werden, welche sich mittlerweile auch vereinzelt darauf gebildet hat, wiederhole das ganze bei mir und räuspere mich, in der Hoffnung, mich so fangen zu können.
"Wir telefonieren später, ja?"
Sofort nicke ich:"bitte."
Telefonieren ist gut. Akzeptabel. Nur eben für eine bestimmte Zeit.
Seine Lippen legen sich wieder auf meine, nur kurz, was aber wahrscheinlich besser so ist. Der hübsche Junge vor mir, welchem schon so lange mein Herz gehört, lächelt mich leicht an weswegen ich es ihm gleich tue.
"Te amo."
Ich muss schmunzeln, weil sein britischer Akzent immer so zum Vorschein kommt, wenn er das sagt. Für einen Engländer hört sich das Bisschen Spanisch, was er sich für mich angeeignet hat, doch wirklich echt gut an. Meine Finger legen sich auf die Stelle, an der sich normalerweise immer seine Grübchen zeigen.
"Te amo.",flüster ich und umarme ihn noch ein letztes Mal. Meine Hand legt sich um den Griff meines Koffers, ehe meine Finger sich langsam von seinen lösen. Zehn Tage sind so verdammt schnell gegangen. Zu schnell.
"Pass auf dich auf."
Lächelnd nicke ich:"du auch auf dich."
Ich winke ihm zu, bevor ich meinen Blick anwende und los laufe, um durch die Sicherheitskontrolle zu kommen.
Meine Mom schaut mich fragend an, weswegen ich langsam den Kopf schüttel und nebenbei meine Sachen auf das Band lege. Ich halte den Barcode meiner Flugkarte gegen den Bildschirm damit sich die Schranken für uns öffnen.
Wortlos laufe ich durch den Scanner und blicke die ältere Dame vor dem Bildschirm abwartend an, welche mich sofort durch winkt.
"Chloe, Schatz-"
"Schon gut, Mom, ich komm klar.",entgegne ich sofort. Meine Lippen verziehen sich zu einem Schmollen, während ich Jacksons Joggingjacke wieder anziehe und mich dran mache, erst meinen, dann den Koffer meiner Mom von dem Band runter zu hiefen. Seufzend lasse ich mich auf den unbequemen Metallsitzen vor dem kleinen Mcdonalds nieder.
"Was möchtest du?"
"Pommes und- Nuggets, weiss nicht."
"Pass auf die Koffer auf.",fordert Mom mich auf worauf ich nur nicke. Abgelenkt sortiere ich meine Tasche, um an meine Kopfhörer zu gelangen. Ich stelle meine Playlist auf Shuffle und wende meine Aufmerksamkeit der großen Fensterfront zu, von wo aus man die vielen Flugzeuge nach und nach abfliegen sehen kann.
'Das ist gerade wirklich das erste Mal, dass ich mich nicht freu nach Hause zu fliegen.',schreibe ich an Jackson. Die drei Pünktchen erscheinen sofort, weswegen jch schmunzeln muss.
'Wir bekommen die Zeit um. Versprochen.'
'Ich weiß.'
'Höchstens sechs Monate.'
Ich nicke. Höchstens sechs Monate. In fünf werd ich mein Abitur in der Tasche haben. In sechs werden offiziell Sommerferien sein. Mir entkommt ein seufzen. Sechs Monate. Das Geräusch welches mein Handy von sich gibt zieht meinen Blick wieder auf sich. Meine Mundwinkel verziehen sich zu einem grinsen. Auch wenn die Adern auf seinem Unterarm, auf seiner Hand wirklich kurz meine Aufmerksamkeit bekommen, öffne ich sofort wieder meine Tastatur.
'Zigarette weg.',entgegne ich sofort. Ich schaue seufzend das Bild an. Ich meine, wieso ist allein ein Bild von seiner Hand so verdammt attraktiv?
'Ausnahme.'
'Ich erinner dich dran.'
'Nur zu.'
'Ich muss ehrlich sagen-'
'Du musst ehrlich sagen?',hinterfragt er nur weswegen schmunzeln muss. Einfach nur, weil ich mir seinen, mit Sicherheit wieder mal verwirrten, Blick nur zu gut vorstellen kann.
'Das heitert meine Laune schon irgendwie auf.',gestehe ich.
'Dacht ich mir schon.'
'Ich werd jetzt noch etwas schreiben.'
'Ist gut. Sag mir Bescheid wenn ihr landet.'
'Als aller erstes.'
Es kommt nur noch ein Herzchen von Jackson zurück, bevor ich mein Handy mit einem Seufzen wieder in meine Tasche verschwinden lasse. Das wird schon. Natürlich wird es das.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top