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Abgelenkt schaue ich auf das Fotoalbum vor mir. Ich trinke an dem Glas mit Wein, an welchen ich mich mittlerweile sogar gewöhnt habe, so sehr, dass ich mir das verziehen meines Gesichts verkneifen kann.
"Er sieht grimmig aus.",bemerke ich und werfe Caitlyn einen kurzen Blick zu, weil ich aus dem Augenwinkel sehe, wie sie ihr Glas nochmal auffüllt und den Rest in meinem ausleert.
"Jackson war früher schon so ein trotziges Kind. Es hat sich nicht um ihn gedreht? Zack, saß er auf dem Boden und hat in die Luft gestarrt, bis er bekommen hat, was er wollte."
Meine Mundwinkel zucken nach oben. Genau so seh ich ihn auch, verdammt. Also wirklich genau so. Zumindest konnte Jackson in seiner Kindheit seinen Trotz ausleben, man merkt nämlich ab und zu immernoch, wenn er insgeheim beleidigt ist.
"Sobald Lucy eine Unwahrheit gesagt hat, konnte wir uns alle darauf vorbereiten, die nächsten Stunden alle samt in eine Diskussion von Jackson verwickelt zu werden.",erzählt Caitlyn weiter und lässt ein Lachen folgen, womit sie mir auch eins entlockt. Eins zu eins.
"Er diskutiert mich müde, wenn ihm irgendwas nicht passt.",scherze ich und schüttel belustigt den Kopf. Zumindest ist er sich treu geblieben, wenn auch, mit einer vielleicht nicht vollständig positiven Sache. Ich meine, ich kann diskutieren, und hab da meistens auch so meinen Spaß dran, also macht mir das nicht wirklich etwas aus.
Vorsichtig schlage ich die Seite um und schenke meine volle Aufmerksamkeit wieder dem Buch zu, in welchem die etlichen Kinderfotos von Beiden sorgfältig sortiert sind. Mir entkommt ein Seufzen, als mein Blick an dem sicherlich noch gar nicht all zu alten Bild hängen bleibt. Dass er das ist, ist kaum zu übersehen, die dunklen Augenringe, die Kanüle in seinem Arm und seine nur noch blassere Haut machen aber deutlich, was für eine Zeit das gewesen sein muss. Ich blinzle ein paar mal, in der Hoffnung, die Tränen weg zu bekommen. Kein Grund zu weinen. Absolut kein Grund zu weinen.
Mir wird von Caitlyn die Box mit Taschentüchern entgegen gehalten, weswegen ich dankend nicke und über meine Augen wische. Das war keine gute Idee. Mit Jacksons Mutter die Flasche Wein zu köpfen war keine gute Idee, besonders nicht, weil ich weiss, dass ich nicht sonderlich viel vertrage, an Wein schon gar nicht. Trotzdem war der Abend recht schön. Während Jackson also schon gegen zehn Uhr, halb auf seinen Schulsachen eingeschlafen ist, haben Caitlyn und ich uns ins Wohnzimmer mit dem restlichen Pudding von heute Nachmittag gesetzt und angefangen, die Fotoalben durch zu schauen. Die ersten zehn Jahre von Jack und somit auch knapp die ersten sechs von Lucy, haben wir mittlerweile schon durch.
"Chloe."
Ich zucke zusammen und drehe mich verwirrt um, blicke geradewegs in Jacksons Gesicht. Der hübsche Brite vor mir reibt müde über seine Augen und schaut zwischen mir und Caitlyn her, von welcher er ein Lachen erntet.
"Können wir weiter schlafen?"
Schmunzelnd nicke ich, sehe aus dem Augenwinkel, wie Caitlyn schon aufsteht.
"Darf ich- das noch zuende schauen?",frage ich und deute auf das Buch auf meinem Schoß.
"Natürlich."
"Dankeschön."
Sie verabschiedet sich von ihrem Sohn und dann auch noch von mir, ehe sie mit einem:"schlaft schön.",im Schlafzimmer verschwindet. Zumindest denke ich, dass es das ist.
"Ich bin müde."
"Wieso bist du nicht liegen geblieben, hm?"
Langsam stehe ich auf und nehme seine Hand in meine, während wir die Treppen nach oben laufen.
"Du warst weg."
"Du hast tief und fest geschlafen, ich wollte dich nicht wecken.",entgegne ich und drücke einen Kuss auf seinen Oberarm. Dass er Nachts immernoch die einzige oder anderen Probleme hat, ist mir bewusst. Ich glaube weniger wegen Schmerzen, dem nach zu urteilen, worüber er sich beschwert, liegt es wohl eher daran, dass er noch nicht vollständig so liegen kann, wie er es sonst tut.
Das Fotobuch lege ich auf der Kommode ab und schließe dann die Zimmertüre hinter uns zu.
Abwartend schaue ich Jackson an, lege mich dann neben ihn und ziehe die Bettdecke über uns. Es war wirklich eher kalt unten, Jacks Körperwärme erleichtert mich somit nur um so mehr.
"Bist du traurig?"
"Ich bin nur froh, dass es dir gut geht."
Meine Finger finden ihren weg und legen sich auf seine Wange, sein Kopf ruht wie so oft auf meiner Brust. Vorsichtig fahre ich über seine Schläfe. So froh.

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