36
"Ich bin stolz auf dich.",flüster ich und beobachte Jackson. Abgelenkt schaut er auf das Plastikgerät in seinen Händen mit den drei Bällchen drin, welche sich nur anheben, wenn er nunmal auch feste genug in das Röhrchen pustet.
"Da tut sich nichts.",murmelt er nur und lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter.
"Na klar, tut sich da was."
"Kaum."
Ich seufze und fahre leicht über seine Schläfe, bis Jack sich wieder etwas aufrichtet.
"Kuss?"
Er nickt und drückt mir seine Lippen auf. Vorsichtig fahre ich über seine Wange, während ich mit meinem Daumen für Kontur seiner Ohrmuschel nach ziehe.
"Bald wird alles gut."
"Glaubst du?"
Ich nicke langsam. Natürlich. Irgendwann wird alles gut werden. Und vielleicht wäre ich nichteinmal so pessimistisch, wüsste ich nicht genau, dass er soetwas schon mal durch machen musste.
"Magst du dich hinlegen? Es ist noch früh, du musst so schnell nicht schon wieder raus gehen.",merke ich leise an und halte die rosane Kuschelecke, welche eigentlich von zu Hause ist und jetzt seinen Oberkörper bedeckt etwas zu, damit ihm nicht kalt wird.
"Wäre aber besser."
Mir entkommt erneut ein Seufzen. Es sind gerade mal 24 Stunden seit der Operation vergangen, das Jackson jetzt schon raus geht wurde zwar in keinster Weise verboten, nur hat es eben auch niemand begutgeißt.
"Kannst du mir helfen? Ich- mein Arm-"
"Beim- anziehen?"
Er nickt, lässt seinen Blick aber weiterhin auf seine Finger gerichtet.
Ich stehe sofort auf und wende mich seiner Tasche zu, um etwas zu finden, was sich für die aktuelle Temperaturen eignet. Joggingjacke. Eine Joggingjacke ist gut.
"Na komm her."
Vorsichtig streife ich den weichen Stoff über seinen Arm, unterbreche kurz die Infusion an seiner Hand um ihm die Jacke vollständig an zu ziehen.
"Kannst du das?"
"Das sind nur Schmerzmittel, hab im Praktikum mal gesehen wie das geht, also-"
Ich zucke mit meinen Schultern und verbinde den Kabel mit dem durchsichtigen Säckchen an dem Halter für die Infusion wieder. Das ding ist wirklich gut ausgestattet, ich meine, allein die breiten Griffe daran, die wahrscheinlich zum Halt dienen sollten, und die kleinen Ablagemöglichkeiten können schon recht praktisch sein.
"Wir lassen die Jacke geöffnet, damit nichts weh tut, in Ordnung?"
Vorsichtig greife ich nach seinen Händen und ziehe Jackson auf. Die beiden Bändchen seiner Jogginghose binde ich still zusammen. Ich schaue skeptisch an mir runter. Ich sehe wirklich nicht gerade gut aus. Meine Hose ist zwar eng, in dem viel zu großen T-Shirt von Jackson sehe ich aber aus, als würde ich jeden Moment darin versinken. Von meinen Haaren und den dunklen Augenringen, von welchen übrigens auch Jackson gut geziert wird, wollen wir gar nicht anfangen. Aber was solls? Immerhin bin ich hier für Jackson, in einem Krankenhaus, für Äußerlichkeiten werde ich ihn sicher keine Sekunde aus dem Auge lassen, solange ich gepflegt bin.
"Hand halten oder möchtest du dich irgendwie- stützen?",frage ich und deute auf die Griffe.
"Hand."
Ich lächel ihn leicht an und halte ihm meine Hand entgegen, welche sich sofort mit seiner verschränkt. Umständlich öffne ich die Türe, um ihn nicht los lassen zu müssen und schiebe uns dann durch.
"Wir sind direkt an der Themse, möchtest du an die Luft oder- einfach auf der Station etwas laufen?"
"Raus."
Jackson schaut mich still an, wendet seine Aufmerksamkeit dann aber wieder dem Weg vor uns zu. Ich bin mir nichtmal sicher, auf welcher Etage wir sind, selbst die Zimmernummer hab ich bis heute früh vollkommen verpeilt.
Kurz räuspere ich mich, weil wir recht schnell den Aufzug erreichen, drücke dann aber den silbernen Knopf, damit sich dieser auch öffnet.
"Du bist immernoch so.",merkt Jack an und deutet auf das Taschentuch in meiner Hand, durch welches ich zum Glück die Knöpfe nicht richtig anpacken muss.
"Ich muss. So leicht vergehen meine Macken nicht, Jackson."
Seine Mundwinkel zucken nach oben, was mich automatisch mit lächeln lässt.
Die Stahltüren öffnen sich wieder und lassen mir somit freien Blick auf den Eingangsbereich.
"Wenn es dir zu viel wird, sagst du mir bescheid, ja?"
"Keine Sorge, Chloe."
Langsam schluffe ich neben ihm her, beobachte ihn aber weiterhin. Er wirkt wirklich nicht angespannt, nichtmal nervös, vielleicht, weil er wahrscheinlich besser einschätzen kann, wann es zu viel wird. Wann er nicht mehr kann und wann ihm der Atem aus geht.
Jack lässt sich still auf der Bank nieder also setze ich mich neben ihn.
"Gehts?"
Er nickt und zieht die Kapuze seiner Jacke auf, seine Locken darunter fallen trotzdem wieder etwas auf seine Stirn.
"Ich bin wirklich froh- dass du so stark bist.",flüster ich schmollend. Meine Augen füllen sich mit Tränen, mal wieder, weswegen ich meinen Blick abwende. Ich werde in eine umständliche Umarmung gezogen, bekomme einen Kuss auf die Stirn gedrückt, was mich lächeln lässt.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top