2 . . . wiedersehen macht freude
Mein Blut rauscht wie ein Fernseher ohne Satellitenempfang in meinem Ohr, während mir mein Herz brutal gegen die Brust hämmert. Dennoch fühle ich mich in diesem Moment wie gefangen, kann es nicht einmal zu Stande bringen, mit der Wimper zu zucken.
Er steht direkt vor mir.
Etwas Kleines, Kratzbürstiges in mir versucht zu glauben, dass ich noch träume und schlummernd auf der Rückbank des Leihwagens liege. Dass der Mechaniker in meinem Hirngespinst auftauchen würde, wäre gar nicht mal so unrealistisch, denn in der Nacht verarbeitetet man die Geschehnisse des Tages und nachdem wir erwischt wurden, ehe es überhaupt zum Quickie kommen konnte, kreist der rationale Teil meines Kopfes immer wieder um die Erinnerung an den Möchtegern Badboy. Mich hat der ungestillte Hunger vollkommen in den Wahnsinn getrieben, was man hätte verhindern können, hätte er schneller gemacht und wäre sein Schwanz früher in mich eingedrungen.
Doch es ist kein Traum.
Ich bin verdammt nochmal hellwach und der Mechaniker traut sich tatsächlich, vor mir zu stehen und unverschämt breit zu grinsen. Der unbefriedigte Frust strömt mir durch die Adern, weswegen ich mir auf das Innere meiner Wange beißen muss, um die Schimpftiraden brav herunterzuschlucken.
»Veritas, wenn ich vorstellen darf«, reißt mich der Chief aus meinen Gedanken. Vage deutet Perez auf die muskulöse Gestalt neben sich.
Im Gegensatz zu gestern hat der Mechaniker eindeutig mehr an, was nicht bedeutet, dass er gerade weniger sexy ... Regenbogen, Einhörner, Penisse, Regenbogen, Einhörner, Penisse, Regenbogen ...
»Marshal Ballini wird für Ihren Schutz sorgen«, erklärt der Chief. Meine Aufmerksamkeit gebührt immer noch dem muskulösen Körper in der dunklen Uniform, während mich mein Unterbewusstsein immer noch mit denselben Parolen anschreit. Regenbogen, Einhörner ...
Die enganliegende Cargohose ist genauso mitternachtsschwarz wie das Shirt, was Marshal Ballini in seine Hose gesteckt hat. Ich würde wetten, dass man die Höhen und Tiefer seiner Muskeltäler durch den eng anliegenden Stoff des Shirts erkennen könnte, nur macht mir die Sicherheitsweste einen Strich durch meine Phantasien. Die schwarze Weste mit den Munitionstaschen an den Seiten und den Klettstreifen mit der Aufschrift US MARSHAL auf den Brustkorb, wirkt sich ungewöhnlich auf mich aus. Vor allem die Handschellen, die an seiner Hüfte baumeln, wecken besonderes Interesse in mir.
Mein Blick schweift von den Stahlkappenschuhen erneut zur Weste, dessen Klettstreifen mit einem reißenden Laut abgezogen und der Reißverschluss runtergezogen wird. Ich weiß, dass ich aufgeschmissen bin, wenn ich meinen Blick nicht von ihn nehme, doch das ist mir egal. Es wäre gelogen, wenn ich leugnen würde, dass ich mich nicht angezogen von ihm fühle – natürlich nur im sexuellen Sinne.
Die schwarze Tintenkunst ziert seine Arme bis unters Shirt, und durch gestern weiß ich ganz genau, dass die Tattoos ihren Weg noch weiter unter dem Shirt fortführen – erst kurz vor seinem Schambereich verblassen. Verdammt, jemanden wie ihn noch eine Uniform zu verpassen sollte verboten werden! Vor allem, weil jede Frau eine Schwäche für Kerle mit Uniformen übrig hat und darunter zähle leider Gottes auch ich, wobei ich mir auch eine Frau ziemlich sexy mit Schutzweste vorstelle.
Erneut ist es Chief Perez, welcher mich aus der Trance reißt.
»Ebenso wird Marshal Ballini dafür sorgen, dass Sie sich an die Abmachung halten und keinen Fehltritt in jeglicher Weise gehen.« Es ist pure Absicht, dass Perez das Wort ›Abmachung‹ und ›Fehltritt‹ in die Länge zieht. Keine Ahnung wieso, denn ich leiste mir nie einen Fehltritt.
Unschuldiger denn je lächle ich Chief Perez an, sodass ich spüre, wie sich meine Wangen versteifen. »Sir, wir haben uns auf einen Personenschützer und keinen Babysitter geeinigt.«
Heuchlerisch hustet die dritte Person im Raum auf. Marshal Ballini lässt seine präzise gezupfte Augenbraue in die Höhe wandern, während mich seine Augen angriffslustig anfunkeln.
»Mir war nicht bewusst, dass Veritas ...«, beginnt er und deutet bloß mit seinem Kinn auf mich, um zu unterstreichen, dass er mein Geschlecht damit meint.
Mein Unterbewusstsein springt mit voller Wucht vom Sofa auf. Ich muss es zurück in die hinterste Ecke, weit hinter der Fata Morgana meines Hirns schicken, damit es nicht losläuft und den Möchtegern Badboy eine scheuert. Wenn er die Macho-Masche abseihe, will, dann bitte, ich kann genauso gut spielen.
Mit verschränkten Armen vor der Brust drehe ich mich in die Richtung des Chiefs. »Der Junge kann nicht einmal einen Satz zu Ende sprechen, Perez. Soll ich ihn noch an die Brust nehmen, oder was?«
Die vollen Lippen des Chiefs trennen sich voneinander, allerdings huscht kein Wort über ihnen. Stattdessen sieht er mich sprachlos an, lässt seinen Blick dann zum Möchtegern Badboy schweifen. Dieser schüttelt entrüstet den Kopf, als könne er nicht fassen, dass ich ganz gut das letzte Wort haben kann.
»Sir, bei allem Respekt. Mir wurde bei der Einführung in die Mission über ›Veritas‹ berichtet und diese ...«, er schaut in meine Richtung. »Wenn hier irgendwo versteckte Kameras sind und das hier so nen' beschissener Fernseher Scheiß ist, dann sagen Sie mir bitte gleich Bescheid, denn für so ein Müll habe ich keine Nerven.«
Ich schmolle, als hätte ich tatsächlich Mitleid mit ihm - doch darauf kann er lange warten und mit lange meine ich, dass es nie dazu kommen wird. Mit gerümpfter Nase strecke ich mein Kinn in die Höhe.
»Tut mir ausgesprochen Leid, dass ich nicht deinen Erwartungen entspreche, Badboy«, spiele ich weiterhin das Unschuldslamm. Mir kommt meine eigene Stimme fremd vor, was nicht nur Marshal Ballini die Stirn runzeln lässt, sondern mich selbst überrascht.
»Ich verdiene meinen Ruhestand«, nuschelt der Chief. Schwer atmet er aus, während er sich die Schläfen massiert.
Erneut kreuzen sich die Blicke vom Mechaniker und mir. Die dunklen Augen des funkeln mich finster an, was ich auf einer Weise ziemlich sexy, aber auf der anderen Seite als Duelleinladung empfinde. Der glaubt doch nicht wirklich, dass er für meinen Schutz sorgen kann, oder? Denn zum Marshal zählt mehr als Muskeln und im Moment kann ich nicht einschätzen, ob er dieses bestimmte ›mehr‹ besitzt.
Himmel verdammt! Ich würde nicht in dieser Scheiße stecken, hätte ich mir vor der Anreise noch einige Akten durchgelesen. Dann hätte ich solch ein Kindergarten wie der hier vermeiden können - definitiv.
»Erst einmal«, wendet sich der Chief zum Badboy. »Was glauben Sie, wo wir hier sind? Diese Diskussion hatte ich schon einmal mit Ihrem großen Bruder und ich kann Ihnen gerne dieselbe Antwort geben: Wir sind hier nicht in irgendeinen Film oder was auch immer. Wir sind hier, um Menschenleben zu retten! Das wir diese Mission nicht ans FBI abgeben mussten, obwohl sie drauf beharrten, ist ein Wunder. Also reißen Sie sich am Riemen und spielen Sie sich nicht wie ein Kleinkind auf.«
»Am Riemen reißen«, wiederhole ich für mich und kann mir kein Schmunzeln verkneifen. Allerdings war es wahrscheinlich laut genug, sodass die zwei Männer ihre Köpfe in meine Richtung neigen. Dieses Mal werde ich nicht nur vom Badboy anhand seines Blickes erdolcht, sondern auch vom Chief.
»Und Sie sollten Ihren Personenschützer Respekt zollen«, mahnt mich Perez mit dunkler Stimme. »Einander nehmen Sie sich nichts, doch ich rate Ihnen miteinander zu kooperieren, sonst ist Ihre neue Identität hinfällig.«
Sonst ist Ihre neue Identität hinfällig, plappere ich den Chief in Gedanken nach. Was denkt er, bin ich? Ein Amateur? Wahrscheinlich weiß ich hier sogar am besten, wie man seiner Rolle gerecht wird.
Das ich stets schweige und meine Lippen aufeinanderpresse, um nichts Falsches zu sagen, deutet der Chief als stumme Zustimmung. Zumindest macht er weiter, als gebe es keinen Widerspruch.
»Marshal, wenn Sie so freundlich wären, uns Ihre Legende aufzusagen«, bittet der Chief.
Der Mechaniker nickt, kommt mir einen Schritt näher, wodurch sich unvermeidlich alle meine Muskeln anspannen. Fuck, denke ich mir und versuche meine Schwäche, anhand meines Badass-Egos zu kleistern.
»Nevio Vegas, geboren 1994 in Italien. Zusammen mit meiner Ehefrau bin ich nach Nantucket Island gezogen, weil uns ihre Großmutter das Haus vererbt hat. Zukünftig arbeite ich als Mechaniker in der Werkstatt am Pier«, stellt sich der Möchtegern-Badboy vor.
Perez klatscht freudig in die Hände. »Sehr gut, Ballini!«
Ihm scheint die Anerkennung für diesen kurzen Text deutlich zum Kopf zu steigen, denn er grinst mich an, als hätte er das erste Kapitel der Bibel auswendig vorgetragen. Typisch Mann.
»Na schön«, gebe ich mich zu bekennen und trete ebenfalls einen Schritt nach vorne. »Ich bin an der Reihe.«
»Sind Sie sich sicher? Sie haben Ihre Legende bloß überflogen und-«
»Ich bin Céline Excité, geboren im Jahr 1995. Meine geliebte Großmutter hat den Kampf gegen den Krebs verloren und mir und meinem Mann ein Haus auf Nantucket Island hinterlassen. Während mein Mann in der Werkstatt arbeitet, verdiene ich mein Geld im Reparaturservice für diverse Technik«, erzähle ich.
Tiefe Furchen bilden sich auf der Stirn des Chiefs. »Veritas, ich glaube Sie sollte nochmal über Ihre Legende lesen, denn-«
»Nein, es passt so«, beschließe ich und lasse mit meinem strengen Ton keine Chance zur Widerrede. »Ich bin eine unabhängige Frau und habe es nicht nötig den Namen meines Mannes anzunehmen. Genauso werde ich nicht am Pier arbeiten und Gräten aus den gefangenen Fischen ziehen. Nie und nimmer!«
Rau lacht der junge Mann mit den Tattoos auf. Und Gott, dieses Lachen ist verdammt heiß, weswegen der ungestillte Hunger nach Sex erneut in mir zum Leben erweckt. Instinktiv presse ich meine Oberschenkel aneinander, um den pulsierenden Fleisch keine Möglichkeit zu geben, sich weiter zu meinem Verstand zu arbeiten.
»So einfach geht das nicht. Diese Profile wurden extra für uns angelegt«, erklärt er mir und kommt mir währenddessen immer näher. »Denk nicht, du könntest etwas andere ändern, nur weil du die berüchtigte ›Veritas‹ bist. Niemand außer uns weiß es und ich glaube es liegt in deinem Interesse, dass es auch niemand anderes erfährt. Also passt du dich lieber unseren Gepflogenheiten an, capisci?«
Mit meiner Zunge befeuchte ich meine Unterlippe, blicke auf die Stahlkappenschuhe, damit ich meine Mundwinkel rechtzeitig einfange, um nicht blöd zu grinsen.
»Ho capito molto bene«, passe ich mich der italienischen Sprache an. »So gut, um zu wissen, dass Ihre Profile so oberflächlich gestaltet sind, dass man nur auffliegen kann!«
Einige Male blinzelt der Badboy, ehe er sich wieder kerzengerade aufstellt und auf die Anweisung von Perez wartet.
»Ich stimme Ihnen vollkommen zu«, sagt der Chief nonchalant. Was? »Doch dann bitte ich Sie wenigstens die Arbeit am Pier zu versuchen, denn so etwas wie ein Reparaturservice für Technik gibt es da nicht, wie Sie es sich vorstellen.«
Unsicher lache ich auf. »Wie meinen Sie das?«
Der Badboy lässt eine Braue in die Höhe wandern und seine Mundwinkel zuckend vielsagend. Verdammt, man hat das schwache Zittern aus meiner Stimme gehört!
»Ich dachte Sie waren sich über Nantucket Island im Klaren, Veritas«, stellt der Chief Stirnen runzelnd fest. Eventuell doch nicht so gut, wie ich glaubte zu sein.
»Nantucket Island ist eine Gegend, in der das Leben immer noch wie vor zehn Jahren stattfindet. Der Empfang ist auf der Insel grausam und selbst im Internet Café steht nur ein Rechner aus der Steinzeit zur Verfügung«, erklärt der Idiot freudig, meiner Verzweiflung zu zusehen.
In meinem Kopf finden sich unzählige Möglichkeiten, genügend Internet zu haben und außerdem existiert die Idee mit meinem Laptop immer noch. Nur dieses schelmische Grinsen wirkt sich provozierend mir gegenüber aus. In mir muss ich die letzte Selbstbeherrschung zusammen kratzen, um nicht wie eine Rakete abzugehen.
Ich gebe einen verächtlichen Laut von mir.»›Wer will findet Wege, wer nicht Gründe‹«, zitiere ich meinen alten Mathelehrer und greife nach meiner Laptoptasche. »Wenn Sie noch weitere Wünsche haben, die Ihnen auf dem Herz liegen, Chief Perez ... Sie kennen meine Business Mail.«
»Wir sind hier noch nicht fertig, Veritas«, ruft mir der Chief hinterher, als ich schon kurz vor der Glastür stehe.
Ich halte inne und schaue mir über die Schulter. »Meiner Meinung nach sind alle Formalien beendet. Wenden Sie sich doch bitte an meinem Babysitter, der wird für Sie ein offenes Ohr haben und mich dann über alles informieren.«
Ein unverständliches Nuscheln ertönt, doch ich bin schon zu weit weg, um herauszuhören, was der Chief zu bemängelt hat. Reglos schaut mir der Mechaniker dabei zu, wie ich einige Schritte weiter gehe. Versteht er denn gar nichts?, denke ich mir und verdrehe meine Augen.
»Bei Fuß, Badboy«, rufe ich, als ich die Klinke in der Hand halte. »Wir gehen jetzt.«
Und mit diesen Worten stolziere ich aus dem Konferenzraum, werfe nochmals meine Haare über die Schulter, um den Abgang den gewissen Karoline-Touch zu geben. Jeder der mich kennt, wird mich gehen sehen, wie ich meine rote Mähne nach hinten werfe. Ich hinterlasse gerne einen Badass-Eindruck, indem ich das letzte Wort habe und die Männer sprachlos hinter mir stehenlasse. Genauso wie in diesem Moment.
»Warte!«
Gekonnt ignoriere ich den Hall der männlichen Stimme aus dem Konferenzraum. Der Knopf für den Fahrstuhl leuchtet weiß auf, als ich ihn drücke. Meine Lippen trennen sich voneinander und ich beginne dieses gewisse Lied zu summen, welches ich schon die ganze Zeit in den Ohren habe.
I remember, doing the time-warp. Drinking, those moments swim ... Die Aufzugstüren schieben sich langsam auf und ich treten in den kleinen Fahrstuhl ein, welcher überraschenderweise vollkommen leer ist.
The blackness would hit me, summe ich weiterhin vor mir hin, and the void would be calling. Die Aufzugtüren schieben sich wieder langsam zu. Let's do the time-
Gerade vernichtet sich der Abstand zwischen den Aufzugtüren, da drängt sich ein Fuß zwischen die Aluminiumverkleidung. Die Stahlkappenschuhe schimmern Matt in der schwachen Aufzugsbeleuchtung und ich kann nicht anders, als genervt aufzustöhnen. Langsam schieben sich die Aufzugtüren wieder auf und mich erwartet niemand anderes als der Möchtegern Badboy.
Und wie er mich erwartet.
Seine markanten Gesichtszüge wirken messerscharf bei der finstern Grimasse, die er zieht. Marshal Ballinis Stirn ist in tiefen Furchen gelegt und seine Augenbrauen neigen sich zu seiner Nasenspitze, so grimmig schaut er mich an.
Instinktiv kräuseln sich meine Mundwinkel, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich dieses bedrohliche Funkeln in seinen Augen einfach nicht ernst nehmen kann. Er sieht dabei einfach so ... unschuldig aus, obwohl sein Aussehen vom Gegenteil spricht.
»Oh«, entkommt es mir. Unbekümmert streiche ich mir eine Strähne hinters Ohr. »Ich habe nicht gehört, dass du mir hinterher-«
Plötzlich geschieht alles viel zu schnell.
Ich spüre, wie einen stechenden Schmerz, der unangenehm stark von meinem Rücken aus geht, sodass ich die Schmerzimpulse bis in meinen Zehen pochen spüre. Polternd kollidiert mein Rücken mit der Wand des Aufzuges zusammen, weswegen der Boden für einen kurzen Augenblick zu Beben beginnt. Fuck!
Normalerweise würde mir vor Schock ein Laut über die Lippen huschen, doch das Einzige wozu ich fähig bin, ist nach Luft zu japsen. Ein ungewöhnlicher Druck macht sich um meinem Hals bemerkbar, weswegen mir das Atmen auf einmal erschwert wird.
Ich muss einige Male blinzeln, um zu begreifen, was hier gerade vor geht. Verdammt, er ...
Eine lange Haarsträhne hängt Marshal Ballini wirr ins Gesicht. Würde ich die Gelegenheit dazu haben, dann würde ich genauso außer Atem sein wie er. Es sind nur noch winzige Millimeter zwischen uns, weswegen ich seine leicht geröteten Wangen bemerke und wie schwer sich sein Brustkorb hebt und senkt. Mit einem Ruck drängt er mich weiter gegen die Wand, weswegen sich meine Hände unbewusst um etwas schließen. Und dieses etwas ist seine Hand um meinen Hals, mit der er einen Druck ausübt, der mich flach atmen lässt.
»Wolltest du eben nicht etwas sagen?«, fragt er mit einer vor Belustigung verzerrten Stimme.
Ein krächzendes Lachen entkommt mir und ich versuche, etwas an seiner Hand zu ziehen, damit sie sich von meinem Hals löst - vergebens. Und verdammt! Ich muss meine Libido ein Tritt zwischen die Beine verpassen, damit das hier nicht zum ausartet und das Würgen zum erotischen Würgen wandelt, wenn ich meine Lippen auf seine presse.
»Pff, dass ist wohl ein Scherz«, flüstere ich mit kaum vorhandener Stimme. Bedeute mit meinem Kinn auf das zwischen uns. Möchte der Badboy hier gerade seine Dominanz behaupten? Wenn ja, dann ist er für das Alpha Gehabe bei mir völlig falsch. Das kann er nämlich sowas von vergessen!
Der Druck um meinen Hals wird mehr und ich bin gezwungen meinen Kopf in den Nacken zu legen, ihn dadurch in die Augen zu blicken. Dieser dunkle Schimmer scheint wie gebrochen und dennoch ist er für mich verschlossen - in seinen Tiefen unergründlich. Gerade glaube ich, etwas Licht in den so finsteren Augen zu erkennen, da trennen sich seine rosafarbenen Lippen voneinander.
»Genauso unlustig wie die Tatsache, dass du dein Höschen auf der Mittelkonsole meines Kätzchens vergessen hast.« Eine unangenehme Gänsehaut bildet sich auf meinem Körper und ich muss schwer schlucken, was er spüren muss, denn er grinst mich schief an.
Mit einem Ping machen die Aufzugtüren auf sich aufmerksam, dass sie sich ein weiteres Mal aufschieben. Der Mechaniker verfolgt meinen Blick und schüttelt kaum merklich seinen Kopf. Ein trügerisches Lachen entkommt ihm, ehe etwas so schnell geschieht, dass mir schwindelig ist und ich bunte Farben vor Augen sehe.
Erneut knalle ich gegen die Aluminiumverkleidung des Aufzuges, dieses Mal beinah mit dem Kopf gegen die Konsole, wo sich unzählige Knöpfe befinden. Darunter ein fetter Knopf, der anhand seiner stechenden roten Farbe schon danach schreit, dass er nur für den Notfall gedacht ist.
»Ich bin noch nicht fertig mit dir, Prima-Donna«, nuschelt er mit zusammengepressten Lippen, als er auf den Notfallknopf eindrückt.
Prima-Donna? Wie die Marke meines Höschens? Das ich nicht lache.
Eben wollten sich die Aufzugtüren öffnen, nun sind sie in ihrer Bewegung eingefroren, ehe sie sich wieder zusammenschieben. Erneut verliere ich für einen Moment den Boden unter den Füßen, als der Aufzug zu rütteln beginnt.
»Ganz dünnes Eis, Badboy, ganz dünnes ...«, werde ich leiser, als er immer mehr meinen Hals drückt.
»Psst«, macht er. »Dir steht es mal die Klappe zu halten.«
Meine Augen forme ich zu Schlitzen. Wie bitte?
»Also, Prima-Donna, ich erkläre dir ein paar Formen des Respekts, den ich von dir mir gegenüber erwarte«, beginnt er und beleckt seine Unterlippe. »Erstens wirst du niemals mehr mit mir sprechen, als wäre ich dein Köter, den du sonst wohin mitschleppst. Irgendwann bist du nämlich diejenige, die nach bettelt ...«
Er vernichtet den letzten Abstand, der bislang dafür sorgt, dass ich meine Libido in Zaun halten konnte. Jetzt streift sein heißer Atem an meinem Kiefer entlang, bis ich seine weichen Lippen für einen Moment an meiner Ohrmuschel spüre. »Du wirst nach mehr betteln und ich werde entscheiden, ob du mehr verdient hast.«
Ein Schauer jagt mir die Wirbelsäule hinunter und ich spüre, wie mein Puls zu rasen beginnt.
»Zweitens ...«, setzt er erneut an, ohne sich von mir gänzlich zu entfernen. Lediglich unsere Nasenspitzen stupsen einander, als er sich teils aufrichtet und mir durchdringend in die Augen blickt. »Gewöhn dich am besten schon einmal daran, dass diese ganze Sache hier nach meiner Pfeife tanzt. Du hast auf mich zu hören und dich nicht wichtiger aufzuspielen, als du bist. Und drittens ...«
Der feste Handgriff um mein Hals lockert sich und ich spüre, wie mein Herz wieder beginnt stärker gegen meine Brust zu hämmern. Eben noch waren seine Lippen zu einem süffisanten Grinsen verzogen, jetzt sind sie zu einem schmalen Schlitz geformt. Er schaut mich mit einer bitteren Mine an.
»Vergiss dein Höschen noch einmal auf meiner Mittelkonsole und ich werde dir schwören, du wirst es niemals wieder ...«
Es ist meine Zunge, die seine Aufmerksamkeit erregt, als sie meine Unterlippe befeuchtet. Wenn ich ihn jetzt nicht unterbreche, kann ich für nichts mehr garantieren.
»Du wirst was mit mir anstellen?«, frage ich zuckersüß nach, klimpere mit den Wimpern. Ich komme ihn näher, weswegen sich der Griff seiner Hand vollends um meinen Hals lockert. »Mich bestrafen, weil ich ungehorsam war?«
Kaum merklich schüttelt er seinen Kopf und tritt von meiner Seite. In meinem Inneren jubelt mein Unterbewusstsein, während sich meine Libido unbegeistert auf dem Sofa niederlässt. Ich habe erneut die bekannteste Schwäche der Männer ausgenutzt. Und von ihm hängt nun die Sicherheit meines Lebens ab?
»Was denn? Gestern warst du genauso wenig wie dein Schwanz-«
»Gestern war ich auch nicht dein beschissener Personenschützer!«, übertönt er mich in der Lautstärke um einiges. Schwer hebt und senkt sich sein Brustkorb, seine Atemzüge einer tiefer als der davor.
Ich blinzle perplex. Mein Kopf ist wie leer gefegt, denn ich weiß nicht, ob ich diese Antwort wirklich ernst nehmen soll. Ich meine, gestern war er auch mein Mechaniker und dennoch ...
Die Aufzugtüren schieben sich ein weiteres Mal auf und instinktiv huscht mein Blick zum roten Knopf, der wieder hervorsteht und beinah unbenutzt aussieht.
»Ich erwarte dich morgen am Hafen«, bringt er monoton hervor, als wäre jegliche Emotion aus seinem Leben gestrichen. Er tritt aus dem Aufzug und bleibt zwischen den Türen ein weiteres Mal stehen.
»Und sei dir bewusst: Ich werde dich finden - immer. Komm nicht auf dumme Gedanken und mach diese Sache hier nicht unnötig kompliziert«, gibt er mir zu verstehen. »Einfach pünktlich sein.«
Moment, ich mache alles ›unnötig kompliziert‹?
Wie von selbst gehe ich ihn einen Schritt nach. »Komm du nicht auf dumme Gedanken und unterschätz mich lieber nicht!«
Doch mein Ruf geht in den schallenden Lauten der Eingangshalle vollkommen unter, genauso wie mein Möchtegern Badboy, der von jetzt auf gleich in der Masse verschwunden ist. Wenn er so spielen möchte - kein Problem, ich kann genauso gut spielen. Koste es, was es wolle.
. . .
Meine Lieben, ich habe mich in diese zwei Idioten verliebt. Doch ich vermute mal, dass sie sich gegenseitig durch ihren Drang nach Dominanz noch den Kopf einschlagen werden ... ;)
Dieses Kapitel widme ich dir hanniloop1 ❤️
(Vielen lieben Dank, dass du so fleißig mitliest und kommentierst! Du weißt gar nicht, was das mit meinem kleinen, unschuldigen Autorenherz anstellt *schnief*)
xx
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