22) Realtalk
Ein paar Eindrücke vom Irland-Urlaub und dem Mullingar-Besuch gibt's am Kapitelende😂🇮🇪😏
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„Voilà." Entspannt ließ Zayn sich neben mir auf die Couch fallen. Den Teller mit der dampfenden Tiefkühlpizza stellte er vor uns auf den Tisch, auf dem schon zwei Gläser mit Wasser und Orangensaft standen. „Ich bin nach wie vor gespannt, wie du die Pizza kauen willst. Du siehst aus, als hätte man dir die Weisheitszähne entfernt."
Ich warf ihm einen schrägen Blick zu, während ich dankend den frischen Kühlbeutel entgegennahm, den er mir hinhielt. Im Gegensatz zu vorhin trug er nun eine Jogginghose und ein weites, viel zu durchsichtiges T-Shirt. „Ich wusste gar nicht, dass einem bei der Weisheitszahn-OP die Nase eingeschlagen wird."
„Nur den ganz besonderen Patienten."
„Gut zu wissen." Ich beugte mich vor, um mir ein Stück von der Pizza zu stibitzen. Nach unserer Ankunft in Zayns Wohnung hatten wir ohne jedes Wort beschlossen, dass sich jetzt niemand ewig zum Kochen in die Küche stellen wollte. Zayn hatte noch versucht, mich bei meinem Wunsch nach Pizza zur Vernunft zu bringen, aber ich war standhaft geblieben.
Mal sehen, ob sich diese Standhaftigkeit nun als sinnvoll erwies. Probehalber knabberte ich an meinem Pizzastück, ehe ich davon abbiss – und prompt musste ich das Gesicht verziehen, als mein Kiefer mit pochendem Schmerz protestierte. „Autsch."
„Genau das meine ich." In einer Mischung aus Belustigung und Tadel schüttelte Zayn den Kopf. „Ich hab's dir doch gesagt. Willst du nicht doch was anderes?"
„Nachdem ich fast eine halbe Stunde auf diese Pizza gewartet habe?" Trotzig nahm ich noch einen Bissen, wobei ich mir diesmal jede Grimasse verkniff. „Auf gar keinen Fall."
Zayn schien noch eine Bemerkung auf der Zunge zu liegen, doch er verkniff sie sich und griff seinerseits nach einem Pizzastück. Während er darauf herumkaute, begutachtete er zum zigsten Mal prüfend mein Gesicht, als hätte er nicht vorhin eigenhändig das Blut fortgewischt und die Schramme an meinem Kiefer mit Desinfektionsmittel und Heilsalbe betupft.
„Das wirst du noch tagelang spüren." Scheinbar geistesabwesend streckte er die freie Hand aus, strich mir vorsichtig über die lädierte Wange. „Hast du noch Kopfschmerzen?"
Meine Haut schien unter seiner Berührung förmlich zu brutzeln, auf die positivste Art und Weise überhaupt, versteht sich.
„Nope." Schwerfällig schluckte ich nach einem langwierigen Kauprozess die Pizza in meinem Mund hinunter. „Nach der Schmerztablette nicht mehr."
„Gut." Zayn ließ die Finger von meiner Wange gleiten, um sich nach seinem Wasserglas zu strecken. „Soll ich dich morgen Früh heimfahren?"
Ich hielt inne. „Zayn, deine Sorge ist herzerwärmend, aber ich bin nicht unter einen Panzer geraten oder so. Ich werde morgen ganz normal in die Uni gehen und abends mit dem Zug heimfahren."
„Hm." Er nippte an seinem Wasser. „Ich würde morgen Abend mit dem Auto nach Kensburg fahren und könnte dich mitnehmen."
Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen. „Du veräppelst mich doch. Niemand, der nicht pendelt, fährt so oft zwischen Dublin und Kensburg hin und her."
„Ich veräpple dich nicht." Mit spitzen Fingern zupfte er eine hinuntergefallene Paprika von seinem Shirt. „Ich habe Familie dort." Er warf mir einen schnellen Blick zu. „Also, keine Blutsfamilie, sondern eine Pflegefamilie, falls du dir schon den Kopf über meinen Nachnamen zerbrochen hast. Ich kann mir vorstellen, dass deine Mutter dich darüber ausgequetscht hat. Sie wirkt wie jemand, der die dreiviertelte Stadt persönlich kennt."
„Tut sie. Inklusive alle Familienstammbäume." Interessiert musterte ich ihn. „Dann bist du also auch in Kensburg aufgewachsen?"
„Erst ab meinem vierzehnten Lebensjahr. Davor war ich noch bei meinen leiblichen Eltern." Nachdenklich trommelte er mit den Fingern gegen sein Glas. „Als man mich aus der Familie genommen hat, war ich noch zu jung, um zu begreifen, dass das etwas Gutes ist. Im Nachhinein weiß ich das und bin dankbar dafür. Mein Vater hatte Aggressionsprobleme, meine Mutter war schizophren. Keine gute Mischung. Ich hatte noch eine ältere Schwester, aber die ist geflohen, sobald sie achtzehn war. Kontakt habe ich keinen mehr, also kann ich mir nicht sicher sein, aber ich vermute, dass sie kurz nach ihrem Auszug zum Jugendamt gegangen ist und uns gemeldet hat. Schade, dass ich mich nie bei ihr dafür bedanken konnte."
Unschlüssig betrachtete ich erst meine Pizza, dann wieder ihn. „Entschuldige die etwas taktlose Frage, aber du klingst so ... ruhig? Ich meine, deine Kindheit ist mit Sicherheit kein Zuckerschlecken gewesen, wenn ich dir so zuhöre, es muss der blanke Wahnsinn gewesen sein, das alles zu verarbeiten. Hast du denn noch Kontakt zu deinen leiblichen Eltern?"
„Dass ich so ruhig klinge, liegt daran, dass ich ruhig bin." Er lächelte mir zu, wie um mir zu sagen, dass meine Frage in Ordnung ging. „Es hat mich Jahre der Therapie, der Verarbeitung und der Selbstfindung gekostet, aber ich habe damit abgeschlossen. Mein Erzeuger sitzt wegen einer seiner Gewalttaten im Gefängnis, soweit ich weiß, und meine Mutter ist dauerhaft stationär in Behandlung. Aber diese Info ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre alt, keine Ahnung, was jetzt ist."
„Respekt." Ich meinte das vollkommen ernst. „So mit sich ins Reine zu kommen, schafft nicht jeder. Das ist wohl auch der Grund, warum du dich für einen sozialen Job entschieden hast, hm?"
„Richtig. Eigentlich wollte ich in die Familienhilfe, aber letztendlich habe ich begriffen, dass das doch nichts für mich ist. Also bin ich in der Behindertenarbeit gelandet. Und in der Lehrarbeit." Zayn schnappte sich das nächste Stück Pizza. „So. Das war mehr über mich, als ich eigentlich wollte. Erzähl du doch mal, warum studierst du Psychologie? Unglaublich, dass ich dich das noch nie so direkt gefragt habe."
Ich quittierte diese Aussage mit einem schrägen Blick. „Na ja, wann auch? Wenn wir uns sehen, beschäftigen wir uns überwiegend mit unseren Geschlechtsorganen. Ich bin nicht gut darin, private Infos auszupacken, wenn jemand in mir steckt."
Zayn verzog das Gesicht. „Wenn du es so formulierst, tut es regelrecht weh."
„Sorry." Ich grinste ihn an, ehe ich mich gerader hinsetzte und mir über seine Frage Gedanken machte. „Meine Motivation ist mein großer Bruder. Er hat Trisomie 21 und obendrauf noch eine psychische Erkrankung mit selbst- und fremdverletzendem Verhalten." Ich bemerkte Zayns hochgezogenen Augenbrauen und seufzte. „Schau mich nicht so an. Ich hab die Diagnose oft genug gehört und gelesen. Außerdem gibt es keine umgangssprachlichen Worte, mit denen man sie umschreiben könnte. Jedenfalls habe ich von klein auf mitbekommen, welches Personal in diesem Zusammenhang tätig ist und wie wichtig diese Arbeit ist, und dachte mir, ich versuche mich mal daran. Vielleicht kann ich auch etwas Gutes tun. Vorzugsweise auch mit meiner Gitarre."
Zayn hatte aufmerksam gelauscht. „Eine schöne Motivation. Wo lebt dein Bruder denn?"
„In einem heilpädagogischen Heim. Geschlossene Wohngruppe." Ich räusperte mich. „Es ging zu Hause nicht mehr. In seinem Wahn hat er immer öfter zugeschlagen, Sachen geworfen oder die Möbel zu Kleinholz verarbeitet. Meine Eltern waren hilflos. Sie sind immer noch hilflos, um ehrlich zu sein. Sie richten ihr ganzes Leben nach ihm aus und ..."
„...und sie erwarten von dir, dass du dasselbe tust?" Zayn wirkte nicht überrascht oder schockiert oder fassungslos. Er nickte nur, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. „Eine Situation wie aus dem Bilderbuch. Als ich noch in den Familien unterwegs war, ist mir das ständig untergekommen. Manche Eltern verlieren sich selbst aus den Augen, wenn sie ein schwerbehindertes Kind betreuen. Es ist eine wahnsinnige Leistung, dass sich deine Eltern eingestanden haben, dass es zu Hause nicht mehr funktioniert. Diesen Schritt schaffen viele erst, wenn bei ihnen im Alter die körperlichen Gebrechen beginnen. Und man muss verstehen: Für das Kind ist es umso schlimmer, nach dem Tod der Eltern plötzlich in einem Heim zu landen und Mama und Papa nie wieder zu sehen, weil sie tot sind, als schon früher auszuziehen und sich mit der aktiven Begleitung der Eltern in einem Heim einzuleben." Er unterbrach sich, kratzte sich verlegen im Nacken. „Sorry. Da kam der Sozpäd in mir hoch."
„Nein, erzähl ruhig", wischte ich seine Entschuldigung vom Tisch. „Solches Wissen ist wertvoll für mich. Mein Glück, dass ich Vitamin B habe und solche Sachen auch außerhalb der Uni kriege."
„Aha." Zayns Mundwinkel zuckten. „Dann weiß ich jetzt auch, warum du dir ausgerechnet einen Dozenten herausgepickt hast."
„Ja, klar. Weil damals im Murphy ‚Ich bin Dozent' auf deiner Stirn geschrieben stand."
„Absolut. Und auf deiner stand ‚Ich bin zweiundzwanzig'".
„Nein, nicht ganz." Verschwörerisch zwinkerte ich ihm zu. „Es stand ‚Ich suche einen schlauen Sugardaddy' darauf."
Zayn gab ein Zischen von sich. „Manchmal bist du so ein kleines Biest."
„Ich weiß." Ich gab meinen Bedürfnissen nach und rutschte näher an ihn heran, bettete die unverletzte Wange auf seine Schulter. Zufrieden nahm ich wahr, wie Zayn den Arm um mich schlang, ohne zu zögern und ganz natürlich, als gäbe es dahingehend überhaupt keine Diskussion. Doch die gab es. Oh, und wie es diese in meinen Augen gab, aber ich war froh, dass Zayn das anders zu sehen schien. „Danke nochmal, dass ich hier crashen kann."
„Ist doch klar."
„So klar ist das nicht."
„Für mich schon", hielt er dagegen. „Außerdem habe ich dich gern hier."
„Gut zu wissen."
Langsam schälte ich das Gesicht aus seiner Schulter und fing nur kurz seinen Blick auf, ehe ich ihn küsste. Sein Bart war rau gegen meine Wange, sein Körper warm unter meinem, seine Haare flossen weich wie Samt durch meine Finger, und es dauerte nicht lange, bis sich die wohlvertraute Hitze in mir zu Wort meldete. Ich wollte mehr.
Leider blieb es beim Wollen.
„Moooment." Nachdrücklich hielt Zayn mich davon ab, an den Kordeln seiner Jogginghose zu fummeln. „Du wirst heute keinen Sex haben."
„Was? Wieso?" Ich zog einen enttäuschten Flunsch. „Vielleicht sind sexuelle Aktivitäten gut für den Heilungsprozess. Schon mal daran gedacht?"
„Vergiss es." Zu meinem Entzücken schob er mich jedoch nicht von seinem Schoß herunter, sondern zog mich noch näher an sich, seine Arme kräftig und haltgebend an meinem Rücken. „Ich stehe nicht so auf Schmerzen beim Sex."
„Du hättest ja keine. Vielleicht stehe ja ich darauf."
„Nein." Ungerührt küsste er mich auf die Lippen. „Tust du nicht."
Jeglicher Protest meinerseits war aussichtslos, also gab ich mich damit zufrieden, mich wenig später in seinem Bett an ihn zu schmiegen, meine Wange auf seine Brust zu legen und seinem stetigen Herzschlag zu lauschen. Auch sein Magen grummelte immer wieder, wahrscheinlich wegen der fettigen Tiefkühlpizza, aber das war mir egal. Mit dem Gefühl von Zayns nackter Haut unter meinen Fingerspitzen und dem Geräusch seiner regelmäßigen Atemzüge in den Ohren schlief ich irgendwann ein.
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We're back from Ireland (and Mullingar)😏 Letzteres war ja eines meiner absoluten Highlights. Hier mal ein paar Eindrücke von den 1D- & Niall-relevanten Dingen😂🥰
irishkween & moi waren ✨very excited✨. Das Fangirl-Outing erfolgte umgehend nach dem Aussteigen direkt am Bahnhof.
*screeching*
Visiting the Niall wall im Lewis Capaldi Style.
Ich war so 🤏 kurz davor, mir das Vinyl mitzunehmen. Mein Geldbeutel hat es mir ausgeredet.
We met One Substraction. Ein kleiner Test auf Level 101: Wer ist wer?😏 Wir waren bei der Auswahl der Accessoires sehr thoughtful *hust*
Danke auch an moontosun für die ehrwürdige Begleitung & die Fotos😂💕
Auch wenns nicht so aussieht, haben wir während unseres Urlaubs auch normale Dinge gemacht💀 Mein Tipp: Macht einen Trip nach Irland. Es lohnt sich🍀🇮🇪
Danke euch fürs Lesen & für eure Unterstützung und liebe Grüße!
Andi🌈
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