3-9 Shoppen mit Elben

Schicksal, göttliche Bestimmung, Karma - man kann dran glauben oder auch nicht. Und sich darüber streiten, wie es funktioniert - werden wir sanft gelenkt und ist es unsere Aufgabe, den richtigen Weg zu finden oder ist alles vorherbestimmt und wir können ohnehin nichts ändern?

Letzteres ist in der Fantasy besonders beliebt. Irgendeine mysteriöse Kraft hat prophezeit, wie alles ablaufen soll und die Helden dürfen sich bemühen, diese Prophezeiung auch brav zu erfüllen. Ich bin allerdings ein Anhänger des freien Willens. Darum ist mir eine Wesenheit lieber, welche die passenden Leute zusammenführt, es aber ihnen überläßt, ob und wie weit sie diesen Weg dann weitergehen wollen. Und ob sie bereit sind, sich dabei ihren Ängsten zu stellen, sie sich bewußt zu machen und sie zu überwinden. Wenn nicht - ich glaube auch nicht daran, dass es für jede Aufgabe nur eine einzige Person gibt, die sie lösen kann.

Feno sah sie erstaunt an und wollte etwas sagen, als Tenyve sich vor ihm aufbaute. „Feno, für wen hast du das Einhorn-Hemd gedacht?"

Feno seufzte. „Erstens heißt das T-Shirt, sagte Emm und zweitens habe ich an niemand besonderen gedacht. Die Menschen fertigen Hunderte von gleichen Kleidungsstücken an und sortieren die in bestimmte Größen; wenn das Shirt euch beiden gefällt, kann ich noch eins holen." Er grinste. „Oder noch besser, wir gehen zusammen einkaufen, dann könnt ihr selbst welche aussuchen. Aber ohne Streit dann bitte!"

Tenyve sah Arniri fragend an und die Elbin lachte. „Ja, Tenyve, da sind riesige Hallen voller Kleider und man kann sich nehmen, was man will, anprobieren und was man haben will, bezahlt man und nimmt es mit."

Tenyves Augen wurden groß. „Das möchte ich sehen!"

Emm stöhnte nur.

Im Konferenzraum trafen sie wieder auf die vier erwachsenen Kitsunen. Manee grübelte noch über ihren Papieren, Sito und Fenravi sprachen leise miteinander, doch Inari sah auf und lächelte die Jugendlichen an. „Setzt euch und bedient euch", sie wies auf den Tisch, auf dem einige Gläser und Karaffen aus schwarzem Glas standen.

Arniri griff sofort nach einer Karaffe und schenkte sich an. „Du auch?" fragte sie Emm leise. „Das ist Hagebuttentee mit Himbeersaft, das kennst du doch sicher auch."

„Nicht in der Mischung, aber das klingt lecker", Emm hielt ihr ein Glas hin, während sich Feno aus einer anderen Karaffe bediente, die nach Pfefferminz und Ingwer roch.

„Ich glaube, wir können beginnen", Inaris Stimme unterbrach die geflüsterte, aber heftige Diskussion zwischen Sito und Fenravi. „Am besten gehen wir dem Alter nach vor und beginnen mit Fenyro – ja, was ist?"

Feno hatte die Hand erhoben. „Ich glaube, zuerst sollten wir Emm etwas beruhigen. Als ich sie abholte, fragte sie mich besorgt, ob man jetzt wisse, wer gewonnen habe. Vielleicht ist es besser, sie zuerst über den Sinn des Wettkampfs aufzuklären, bevor sie hier vor lauter Beklemmung wie auf schmelzendem Eis sitzt."

„Auf brennenden Kohlen ..." rutschte es Emm heraus, bevor sie es zurückhalten konnte. Manee lächelte sie freundlich an. „Das ist für einen Menschen sicher eine schlimme Vorstellung, für uns Kitsunen eher nicht."

Inari sah ihren Sohn sinnend an, wollte sich eine weitere Notiz machen, unterließ das dann aber. „Das vergesse ich sicher nicht", murmelte sie. Dann blickte sie zu Emm. „Entschuldige, wir hätten dir das wohl eher erklären sollen. Das ist kein Wettbewerb zwischen euch dreien gewesen, sondern ihr lagt im Wettkampf mit euren Ängsten und Abneigungen. Nur wer diese besiegen kann, wenn es notwendig ist, ist geeignet, die Terminatoren zu überwinden und..."

„Wir sollen gegen den Terminator kämpfen?" platzte Emm erschrocken heraus. Alle sahen sie verdutzt an, bis Feno lächelte. „Ein weiteres Schreckenstheater deiner Welt, Emm?"

Emm nickte verlegen. „Zählt zwar als Actionfilm, aber man kann ihn auch als Horrorfilm ansehen, ja."

„Inari meinte mit Terminatoren die Grenzen zwischen den Welten", erklärte Sito nun. „Ob Hüter, Wanderer, Wächter oder Wechsler, es bedarf gewisser Eigenschaften, um diese Grenzen zu erkennen, zu überqueren und sich im Land auf der anderen Seite zurechtzufinden."

„Und auch dazu diente dieser Wettbewerb; herauszufinden, ob ihr diese Eigenschaften habt", fuhr Inari fort und lächelte Emm zu. „Und ich sehe schon die nächste Frage auf deiner Stirn: Und wenn einer nicht alle nötigen Eigenschaften aufweist? Nun, ihr wurdet als Gruppe, als Arbeits-gemeinschaft geprüft und in einer Gemeinschaft kann einer die Schwächen vom anderen ausgleichen. Nicht alle jedoch sind dazu bereit. Auch das war bei euch dreien die Frage, könnt ihr einander ergänzen oder läßt einer die anderen in Stich?"

„Bei euch dreien kam jedoch noch ein Element ins Spiel – die Runenzeichen von Arniris Großmutter." Sito runzelte die Stirn. „Die haben uns ehrlich gesagt etwas verwirrt. Ihr drei scheint ein Schicksal zu teilen, unter einer gemeinsamen Vorsehung zu stehen. Wir ahnten schon etwas, als Fenyro auf der Suche nach dem Schrat ausgerechnet durch Emms Spiegel kam – und sofort sah, dass Emm die Voraussetzungen für eine Wächterin hat. Zudem habt ihr beide hervorragend zusammengearbeitet, um den Schrat zu fangen. Dass kurz darauf Arniri durch die Tunnel stolperte und bei Emms Spiegel herauskam, war ebenfalls auffällig. Emms Torspiegel war lange Zeit ungenutzt geblieben und hätte daher weder dem Schrat noch Arniri besonders ins Auge fallen sollen. Trotzdem wählten beide diesen Weg. Das ist eigentlich die klassische Methode solcher Bestimmungen – die Protagonisten wie durch einen Zufall zusammen zu führen."

„Nur geschieht das in der Regel nicht Kindern – Jugendlichen", verbesserte sich Inari hastig. „Schon gar nicht Jugendlichen, die sich keineswegs durch herausragende Fähigkeiten auszeichnen – was jetzt nicht abwertend gemeint ist. Bei solchen Vorfällen werden in der Regel Wesen zusammengeführt, die zusammen eine besonders schlagkräftige Truppe bilden. Das tut ihr drei eigentlich nicht. Emm ist aus einer monotonen Welt und besitzt keine eigene Magie. Arniri ist eine Elbin, die zwar über Magie verfügt, aber noch kaum weiß, wie sie einzusetzen ist. Fenyro ist ein Kitsune, dem schon allein aufgrund seines Geschlechts nur ein Bruchteil der Kräfte seiner Rasse zur Verfügung steht. Und doch wiesen auch die Runen von Cluyranda – Arniris Großmutter – auf eben euch drei hin. Darum schickte euch Sito sogleich in den Wettkampf des Schreckens – um herauszufinden, warum ausgerechnet ihr zusammengeführt wurdet."

„Eine Zwischenfrage", meldete sich Emm, die durch die Nettigkeit der Kitsunen etwas mutiger geworden war. „Was sollen solche Teams denn machen? Wer sagt ihnen das? Und sind das immer drei?"

„Nun, es sind in der Regel zwischen 2 und 8 Personen", erwiderte Manee. „Einer alleine bildet keine Gruppe und von mehr als 8 ist mir aus den Archiven nichts bekannt. Der Zweck solcher – Teams, wie du sie nennst – nun, wir nennen es die Ordnung bewahren. Die Dimensionen sollen in Frieden leben, sowohl innerlich als auch miteinander und Untaten sind überall unerwünscht. Die Friedenswahrer greifen in solchen Fällen ein, so wie du es mit Feno schon im Falle Ukriens getan hast. Entweder beauftragt ein Lenker – hier ist das Inari – die Friedenswahrer oder die Gruppe stößt von selbst auf etwas, was in Ordnung gebracht werden muss. Manchmal scheint es direkt, als würden die Dimensionen selbst eine Gruppe Friedenswahrer anfordern und sie dorthin locken, wo ein Problem gelöst werden muss."

„Diese Gruppen können verschiedene Ausrichtungen haben", fuhr Inari fort. „Manche sind gut darin, Übeltäter aufzuspüren und gefangen zu setzen, andere lösen geschickt Konflikte und Streitigkeiten auf, wieder andere sammeln Informationen und erforschen die Welten. Bei euch würde ich vermuten, liegt die Stärke ebenfalls auf dem Erforschen. Arniri sucht jemanden, Emm ist neugierig und geht allen Dingen auf den Grund und Fenyro", sie lächelte ihren Sohn an, der leicht errötete, „ist so begierig auf Wissen, dass er öfters mal entwischt und alleine durch die Dimensionen streift."

„Und das trotz aller Strafen, die er dafür bekommt", gab Fenravi dazu. „Es ist nämlich sogar Erwachsenen verboten, allein in gefährliche oder wenig erforschte Dimensionen zu reisen."

„Und doch ist ihm nie etwas geschehen", grübelte Sito. „Allmählich begreife ich auch, warum."

Inari nickte. „Und gleichzeitig hat sich bei diesem Test die wohl größte Angst herausgestellt, die Fenyro umtreibt - dass man ihn nicht ernst nimmt, seine Fähigkeiten nicht erkennt und ihn als kleines Kind behandelt."

„Ja, das wurde bei Fennys Streit mit Eira deutlich", nickte Fenravi.

„Dabei, aber auch bei Listronas Forderung", Inari wandte sich an ihren Sohn. „Ich entschuldige mich bei dir, Fenyro. Immerhin gehöre ich auch zu denjenigen, die dich nicht ernst genug genommen haben. Eine meiner größten Ängste ist es nämlich, eines meiner Kinder zu verlieren und bei dir ist diese Angst besonders groß, weil ... nun ja, auch darum, weil ich glaubte, dass du dich nicht so gut verteidigen kannst."

Feno sah seine Eltern forschend an. „Und habe ich diese Angst eurer Meinung nach bewältigt?"

„Aufs beste!" versicherte Inari. „Sowohl meine als auch deine. Du hast mehr als einmal gezeigt, dass es nicht großer Elementarkräfte bedarf, sondern der Fähigkeit, die eigenen Kräfte gezielt und dosiert einzusetzen. Und du hast der Versuchung widerstanden, deine Kraft zu demonstrieren, als es nicht angebracht war. Hättest du dich mit Feuer gegen Eira gewehrt, wäre Listronas Haus wohl völlig zerstört worden. Zudem hast du dich trotz deiner Furcht vor Hohn bewußt entschieden, dein Haar für sie zu opfern, obwohl du wußtest, dass dir das noch mehr Spott einbringen wird. Glaub mir, Feno, das hätte kaum ein Kitsune getan."

Feno zuckte die Achseln. „Mich verspotten sie eh, weil ich nur einen kurzen Schweif habe. Wenn der dann noch weiter gekürzt ist, macht das auch keinen großen Unterschied mehr. Es wächst ja eh nach bis zu vorbestimmten Länge. Und Listrona hat es absolut verdient, nach allem, was sie bereits für uns getan hat."

„Das stimmt und dennoch bat sie dich und nicht mich", meinte Sito. „Ich hätte ehrlich gesagt gezögert, ihren Wunsch zu erfüllen und das wußte sie wohl."

„Mich hat beeindruckt, wie du deine Kräfte eingesetzt hast", fügte Manee an. „Mit so wenig Aufwand wie möglich und dennoch überaus wirksam. Das wäre mir nicht eingefallen."

Emm kicherte. „Jetzt verstehe ich, warum plötzlich einige Eisflecken auf dem Boden waren, als Tennao erzählte, wie Feno die Jungsgang von Arniri abhielt."

Inari grinste und sah die anderen an. „Ihr habt es auch gleich ausprobiert?"

Fenravi lachte leise. „Ja, ich denke, wir wollten alle versuchen, ob wir das auch können. Seltsam, ich hätte einen Sturm erzeugen können, aber meine Kräfte in so dosiertem Maß einzusetzen, schien fast anstrengender zu sein."

„Fenyro hat uns allen bewiesen, dass die Beherrschung der Elementarkraft wichtiger ist als ihre Stärke." Sito wirkte nachdenklich. „Vielleicht müssen wir da auch ein bißchen umdenken und beim Training mehr Wert auf die Kontrolle legen."

Manee grinste Feno an. „Mich wundert das nicht. Ich hatte immer schon so ein Gefühl, dass Feno eher Erkunder ist wie ich. Nur dass er im Feld forscht und ich in alten Papieren."

„Welten erkunden, Rätsel lösen – das ist doch auch was Schönes", träumte Emm und Arniri nickte eifrig. „Es gibt noch so viele unbeantwortete Fragen!"

Alle lachten. „Somit ist wohl klar, womit ihr drei euch vorrangig beschäftigen werdet", stellte Inari fest.

„Gut, Fenos Position wäre soweit geklärt. Lass uns mit Arniri weitermachen." Unter Sitos Blick sank die Elbin ein wenig zusammen. „Du scheinst dich hauptsächlich vor dem Tod und körperlichen Gefahren zu fürchten. Du bist vor allem dann erschrocken, wenn du dich einer Gefahr gegenüber sahst, die du entweder nicht einschätzen konntest oder nicht alleine hättest bewältigen können. Die Technik der Menschen jagte dir keine Angst mehr ein, als Emm dir erklärte, das sei die Magie der Menschen und dir dadurch klarwurde, dass die Menschen die Maschinen so beherrschen wie ihr Gentry die Magie. Sobald du etwas verstehst und weißt, wie du dich wehren kannst, schwindet deine Angst. Das bedeutet, je mehr du lernst, umso weniger wird dich deine Furcht beherrschen."

„Bei Emm hingegen sehe ich eine ganz andere Art von Furcht", fuhr Inari fort. „Als die jungen Männer sich von Arniris bloßem Oberkörper angelockt fühlten, da gab Arniri an, sich vor dem zu fürchten, was sie mit ihr machen würden. Emm hingegen hatte Angst davor, aufzufallen, durch Arniris Verhalten und durch eine mögliche magische Attacke von ihr oder Fenyro. Auch das Einkaufen schien ihr unangenehm zu sein. Emm, du meintest dann, es sei gar nicht so schlimm wie erwartet gewesen – warum?"

Emm zog die Schultern hoch. „Naja, wenn ich mit Mama, meiner Freundin oder Schulkameradinnen gehe, dann wollen sie immer, dass ich mich mädchenhafter anziehe. Ich will das aber nicht. Arniri suchte sich selbst „Mädchenzeug" raus, akzeptierte aber, dass mir das nicht gefällt."

Inari nickte. „So etwas habe ich mir gedacht. Emm, du fürchtest dich hauptsächlich davor, dass dich jemand ändern will und dich nicht so annimmt, wie du bist. Darum willst du auch nicht auffallen; du willst keinen darauf aufmerksam machen, dass du deinem Gefühl nach anders bist. Die Frage ist nur, akzeptierst du selbst dich nicht oder befürchtest du, Familie und Freunde können sich abwenden, wenn sie dein „wahres Wesen" erfahren?"

Emm schluckte. So deutlich hatte sie sich niemals klargemacht, worin ihre Probleme bestanden. Inari hatte recht, stellte sie fest, aber wie sollte sie damit fertigwerden?

„Du brauchst nicht zu antworten", beruhigte sie Inari rasch. „Ich gehe davon aus, dass du die Antwort darauf noch lange nicht haben wirst. Ich möchte dir nur eine Anregung geben, damit du diesen Gefühlen etwas mehr auf den Grund gehen kannst."

„Die Runen beschrieben euch als jene, die noch lernen", sagte Sito sanft. „Damit ist zweifellos gemeint, dass ihr euch selbst noch kennenlernen müßt und euch eurer Kräfte und Fähigkeiten erst noch bewußt werdet."

„Aber ich habe doch keine!" rief Emm erschrocken.

„Was für ein Unsinn!" protestierte Feno sofort. „Dann wäre dein Spiegel doch nicht aktiv gewesen!"

„Wie – aktiv?" Emm verstand gar nichts mehr. „Was hat der Spiegel damit zu tun?"

„Ein Torspiegel, dessen Wächter stirbt oder ihn verläßt, verriegelt und deaktiviert sich automatisch und löst die Verbindung zum Tunnelsystem", erklärte Manee. „Wäre das bei deinem der Fall gewesen, hätte weder Ukrien noch Arniri ihn gefunden. Du mußt ihn aktiviert haben."

„Aber – ich habe nichts gemacht. Ich habe ihn nur gesäubert und eingeölt. Kann er sich selbst wieder aktiviert haben, als er merkte, dass er wieder gepflegt wurde und sich jemand um ihn kümmert?"

„Nein, so ein Spiegel ist ja kein selbstständig denkender Tsukomogami – ein Geist, der sich in einem Gegenstand verbirgt und ihn nutzt." Fenravi ging wohl gerade noch auf, dass weder Emm noch Arniri etwas mit dem Begriff anfangen konnten. „Du mußt beim Putzen die richtigen Knöpfe in der richtigen Reihenfolge gedrückt haben. Und so etwas geschieht nicht durch Zufall, nur durch den Instinkt eines geborenen Wächters."

„Die Schnitzereien", fügte Feno an, dem Emms verständnislose Miene nicht entgangen war. „Sie sind Steuerelemente, durch welche die Aktivitäten des Spiegels gelenkt werden. Lusa hat sich schon bereit erklärt, dir das Wissen darum beizubringen."

„Das könnten zum Beispiel weder Fenyro noch ich tun", sagte Inari lächelnd. „Wir sind vom Wesen her Hüter, keine Torwächter und egal wie oft man uns die Funktion einzelner Schnitzereien zeigt, wir würden es wieder vergessen. Du hingegen wirst es sehr schnell lernen, denn das Wissen ist dir zu Eigen, du mußt es nur wachrufen."

„Oh!" Das mußte Emm erstmal verarbeiten. Sie hatte sich Kräfte und magische Fähigkeiten ganz anders vorgestellt. Offenbar konnte sie zwar niemanden in Tiere verwandeln oder tödliche Strahlen aussenden, besaß aber dennoch ihre eigene Form von Magie. Eine Art von Magie, die sie sich nie hatte vorstellen können.

„Laß uns den Rest noch besprechen", meinte Sito nun. „Eine Schicksalsgruppe muß aus Wesen bestehen, die einander beistehen und so die Summe ihrer Kräfte vervielfachen. Geschöpfe, die jeder für sich, aber nicht zusammenarbeiten, können nie mehr erreichen als gerade mal ihre Kräfte zusammengezählt. Dass ihr mehr könnt, habt ihr bei dem Brand von Listronas Haus bewiesen. Keiner von euch hatte die Kraft, den Brand alleine zu löschen. Aber Emm erkannte sofort einen möglichen Weg, Arniri konnte ihn ausführen und durch Fenyros Macht geschah es rechtzeitig – zu Fuß wäre Arniri zu spät gekommen. So habt ihr wesentlich mehr erreicht als jemand, dessen Kraft euch alle drei übertrifft."

„Zum Beispiel ich", setzte Tennao hinzu. „Ich konnte zwar eine Wolke manifestieren, aber da das Wetter an dem Tag ziemlich trocken war, hatte sie nicht genug Wasser in sich. Feno hätte auch nicht mehr Wasser herbeibeschwören können, aber eben weil keiner von ihnen diese Fähigkeit zur Beschwörung besitzt, kamen sie auf eine andere Lösung. Ehrlich gesagt, als Emm Arniri fragte, ob sie Wasser in ihrem Beutel transportieren könne, verstand ich die Frage nicht, weil ich nach einer Lösung über unsere Elementarkräfte suchte. Feno und Arniri begriffen Emm jedoch sofort, weil sie auch für andere Wege offen waren."

„Und das wären sie nicht gewesen, hätten sie alles mit reiner Magie oder Elementarkraft tun können", setzte Manee hinzu und grinste Tennao an. „Da stimme ich meinem Zwilling zu, wer sich zu sehr auf seine ihm bekannten Fähigkeiten verläßt, ist oftmals blind für andere Möglichkeiten."

„Zwilling?" fragte Emm verdutzt. Manee stutzte. „Ja, entschuldige, Emm, weil Arniri uns schon etwas besser kennt, haben wir nicht daran gedacht, dass du es ja nicht weißt. Tennao und ich sind Zwillinge, Fenravi unsere Mutter und Sito ihr Bruder. Du siehst hier also nur Mitglieder unseres Familienclans vor dir."

Emm grinste plötzlich „Dormin sagte, Kitsunen seien oft so schnell, dass sie vergäßen, welche Infos die anderen schon haben und welche nicht."

Inari lachte auf. „Da hat er durchaus recht!"

Sito räusperte sich. „Um zum Ende zu kommen", fuhr er fort, als habe keine Unterbrechung stattgefunden. „Ihr drei habt sowohl eure Ängste offengelegt als auch bewiesen, dass ihr sie als Gruppe überwinden könnt, da ihr einander beisteht und keiner den anderen für Schwächen verachtet. Und nun kommen wieder die Runen ins Spiel. Sie wiesen Emm das Auge, Fenyro die Kraft und Arniri die Magie zu. Auch das habt ihr bewiesen und ebenso die Fähigkeiten eurer jeweiligen Rasse. Emm, indem sie schnell Erklärungen fand für das seltsame Verhalten ihrer Freunde. Arniri, indem sie nach dem ersten Schreck sofort begriff, dass bei euch Menschen Kinder nicht respektiert werden als unberührbar – wie soll ich das nennen .."

„Welpenschutz", schlug Feno vor. „Arniri rechnete nicht damit, dass sich jemand für ihren nackten Oberkörper interessieren würde, weil sie noch zu jung ist und es offensichtlich war, dass sie sich nur umziehen wollte. Sie hatte keine Signale ausgesandt und war überrascht, dass trotzdem eine Reaktion erfolgte, weil die Männer in Emms Dimension Dinge als Signal verstehen, die für Arniri harmlos sind."

Sito nickte. „Arniri war dies neu, aber sie machte sich das sofort zu eigen und verhielt sich dann so, wie es die Menschen von ihr erwarteten. Das ist die Gentrymagie der Assimilation und der Grund, warum die Gentry so lange unter den Menschen nicht auffielen.

Fenyro wiederum setzte mehrmals Elementarkraft ein, auf eine Weise, wie sie mir nicht eingefallen wäre. Mit einem Minimum an Magie und einem Maximum an Effekt. Womit er sich als echter Kitsune erwies, denn wir sind nicht nur auf unsere Elementarkräfte stolz, sondern auch auf unsere Intelligenz. Dass man beides so effektiv verbinden kann, war uns allerdings neu.

Ihr solltet jedoch nicht nur eure rassentypischen Eigenschaften beweisen, sondern auch eure Funktion in der Gruppe. Und das habt ihr ebenfalls getan. Emm, indem ihr alles Ungewöhnliche auffiel und sie dem nachging. Arniri, indem sie die Magie ihres Beutels für euch nutzte – ohne sie hättet ihr eure gewaltigen Einkäufe nicht unterbringen können und ihr anderen hättet den Beutel nicht gebrauchen können, da euch diese Art von Magie fehlt. Und Fenyro, der – wie Arniri schon deutlich sagte – nicht nur seine physische Kraft nutzte, um euch zu schützen, sondern auch seine Ruhe und Gelassenheit, um euch psychisch zu stützen."

„Letzteres wurde auch deutlich, als wir dieses Gespräch begannen", stellte Inari fest, „Denn Feno hatte Emms Unruhe bemerkt und bestand darauf, zuerst sie zu beschwichtigen. Das war auch wichtig, denn sonst hätte sie dieser Unterhaltung nicht wirklich folgen können, da sie von ihren Befürchtungen abgelenkt worden wäre."

Sie blickte die drei Jugendlichen an. „Und nun – um Emms Frage zu beantworten – ja, ihr habt gewonnen. Alle drei. Und wir werden euch als Schicksalsgruppe – als Team anerkennen und euch zu gegebener Zeit um eure Unterstützung bitten. Vorausgesetzt, ihr seid damit einverstanden."

Feno stieß Arniri an und wies auf Emm. „Was glaubst du, ist sie einverstanden?" flüsterte er lächelnd. Arniri sah auf die Freundin und grinste.

Emm strahlte geradezu vor Freude.

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