1-2 Griesbrei ... klebt!
Ursprünglich wollte ich ihn Xeno nennen. Das aber gefiel meiner Tochter nicht und sooo glücklich war ich damit auch nicht. Herumprobieren auf dieser Basis brachte mich auch nicht weiter, also googelte ich einfach. Ich kann es zwar nicht ausstehen, wenn Werwölfe irgendwas mit "Lupus" heißen und wollte für einen Fuchs auch nicht von "Vulpes"(Fuchs) ausgehen. Trotzdem suchte ich probeweise unter "Name, Bedeutung Fuchs" - und fand den Mädchennamen Fenyra. Den setzte ich mit -o am Ende ins Männliche um, Kurzname Feno - woraufhin ich doch wieder bei dem Klang des ersterdachten Namens war. Und meine Tochter war damit auch einverstanden.
Der Besucher musterte sie ebenso neugierig wie sie ihn und Emm wurde sich bewußt, was er sah: Ein vierzehnjähriges Mädchen mit verwirrtem blonden Wuschelkopf, normal groß für ihr Alter, schlank und sehnig, gekleidet in schmale Jeans, ein rotschwarzes, viel zu weites Karohemd und schwarze Mokassins.
Um die Stille zu brechen, fragte Emm schließlich: "Wie war das - Feno?"
"Fenyro", verbesserte er und lächelte plötzlich. "Aber Feno ist die netteste Kurzform meines Namens, die ich bisher gehört habe. Und du?"
"Emm. Also - äh - eigentlich Emmalin, aber das find ich total bescheuert."
"Emm, gut. Ein Mensch, weiblich und noch jung. Zu jung eigentlich für einen Torwächter."
"Was für ein Tor?"
"Na, das da." Er deutete hinter sich und Emm wurde bewußt, dass ihr Besucher jetzt im Zimmer stand. Er war einfach aus dem Spiegel herausgetreten, der nun ein ganz normales Spiegelbild zeigte.
"Das ist ein Torspiegel", erklärte Fenyro jetzt. "Durch ihn können Wesen in andere Welten wechseln. Deshalb braucht es auch einen Torwächter, denn nicht alle, die hindurchgehen, haben lautere Absichten. Und der Schrat, dem ich auf den Fersen war, hatte das ganz sicher nicht."
"Schrat", Emm nickte. "Soll das ein Schrat gewesen sein, den meine Schwester gesehen hat? Sieht ein Schrat aus wie eine Katze?"
"Im Allgemeinen nicht, aber er kann sich in eine verwandeln. Meist eine schwarze."
"Lis hat eine schwarze Katze gesehen. Das hat sie so erschreckt, dass sie ihr Essen auf den Spiegel schmierte, damit nichts anderes mehr herauskommt."
"Das hat auch gewirkt", meinte Fenyro grinsend. "Diese Pampe hielt mich regelrecht fest. Nur war das zu spät, der Schrat war schon durch."
Emm setzte sich aufs Bett. "Und was genau ist ein Schrat? Bist du auch einer?"
"Ich? Nein, ich bin ein Kitsune - ein Fuchsgeist. Meine Familie überwacht die Tore in Eblis und kümmert sich darum, dass die monotonen – also die magisch unterentwickelten Welten nicht von magischen Wesen drangsaliert werden. Welten wie deine Menschenwelt sind leichte Beute für viele Geschöpfe, die Böses im Sinn haben."
Emm schwirrte der Kopf. "Du versuchst mir jetzt klarzumachen, dass all die Fantasy gar keine Phantasie ist, oder? Aber das ist doch absurd!"
Fenyro hockte sich vor ihr auf den Boden und betrachtete sie aufmerksam. "Ja, so ähnlich reagieren die meisten aus deiner Welt. Aber du scheinst es noch recht gut aufzunehmen."
"Du meinst also, du bist sozusagen aus der Anderswelt, ja?"
"DIE Anderswelt?" Fenyro lachte bellend. "Emm, es gibt viele andere Welten oder Dimensionen. Die meisten von ihnen sind magisch, einige jedoch wie die deine monoton. Manche sind sehr abgelegen, andere haben viele Kontakte untereinander. In jeder Welt leben andere Wesen und es gibt andere Gesetze. Aber es gibt auch Gesetze, die für alle Gültigkeit haben. Und dass diese Gesetze eingehalten werden, dafür sorgt meine Familie - neben etlichen anderen."
Emm dachte darüber nach. "Und eines der Gesetze ist vermutlich, dass Schrate nicht hierherkommen dürfen?"
"Oh, sie dürften schon - wenn sie das könnten, ohne Unheil anzurichten. Bei diesem Schrat hier ist das ganz sicher nicht der Fall. Er war in seiner Dimension eingekerkert, weil er selbst für die Schrate zu bösartig war, ist aber entkommen."
"Aha, und du bist so ne Art Polizist und sollst ihn zurückholen?"
Fenyro errötete und senkte den Kopf. "Nein, eigentlich nicht. Ich sollte nur helfen, ihn einzukesseln und ins Netz zu treiben, aber eine meiner Schwestern ließ ihn versehentlich durchschlüpfen. Sie waren alle der Meinung, er wolle in die Schmiede - die Dimension der Gnomen, weißt du - um sich Waffen zu holen, aber ich glaubte eher, dass er sich erstmal hilflose Wesen zum Triezen suchen würde. Daraus nämlich gewinnt er Kraft. Und euch Menschen kann man wunderbar quälen, da ihr nicht an ihn glaubt."
"Emm?" Lis klopfte leise und als Emm nicht gleich antwortete, öffnete sie vorsichtig die Tür. Fenyro war mit einem Satz hinter der Tür, so schnell, dass es für Emm aussah, als habe sich der Fuchsgeist in die Gestalt ihrer kleinen Schwester verwandelt.
"Ja, Lis, was ist?" fragte Emm und hoffte, dass Lis ihren Besucher nicht entdecken würde. Die Kleine hatte schon genug Schrecken erlebt an diesem Tag.
Lis streckte Emm einen großen Bogen Papier entgegen. "Ich hab dir ein Bild gemalt, zur Entschuldigung", sagte sie kleinlaut.
"Oh, Lis, das ist lieb von dir!" Emm nahm das Blatt entgegen und studierte das Bild. "Das ist ja mein Spiegel, den hast du wirklich toll gemalt!"
"Ja, und hier ist das Tier, das da rauskam", zeigte Lis.
"Oh, das sieht wirklich erschreckend aus. Kein Wunder, dass du Angst hattest! Lis, das Bild ist klasse, das hänge ich nachher auf, ja?"
"Und du bist nicht mehr böse auf mich?" Lis schielte zu ihr hoch und Emm mußte lachen. "Nein, du Fratz, bin ich nicht, aber mach das nicht wieder, okay?"
"Bestimmt nicht", erleichtert sauste Lis ab und schloß sorgfältig die Tür hinter sich. "Damit du deine private Fähre hast", erklärte sie noch. Emm mußte lächeln. Es war ihr einfach nicht möglich, lange mit der kleinen Schwester zu zürnen.
Fenyro kam hinter der Tür hervor und sah auf das Bild. "Wenn ich noch Zweifel hätte, wären sie jetzt beseitigt", meinte er.
"Hm?"
Er wies auf die schwarze Katze, der Lis lange Zotteln an Kopf und Kinn und dunkelrote Augen gemalt hatte. "Eindeutig ein Schrat in Katzengestalt. Sie pflegen nie ihre Haare."
"Im Gegensatz zu dir, der seine Haare fein bürstet, frisiert und auch noch färbt", spottete Emm.
"Färbt?" Fenyro sah sie verdutzt an. "Das ist meine natürliche Haarfarbe."
"Wieso, als Fuchsgeist müßtest du doch rothaarig sein?"
"Das gilt für Rotfüchse. Ich bin ein Silberfuchs."
"Oh. Das erklärt es, nehme ich an."
"Allerdings. Hat deine Schwester eigentlich gesehen, wohin der Schrat gelaufen ist?"
"Sie meinte, er wäre unter mein Bett gekrochen, aber da war nichts."
"Moment", Fenyro begann plötzlich vor ihren Augen zu schrumpfen. Gleichzeitig verteilte sich sein Haar auf den ganzen Körper, die Kleidung verschwand, die spitze Nase wuchs, die Hände bekamen Krallen. Nach etwa 30 Sekunden stand dann ein sonderbares Tier vor Emm. Der Form nach ein Fuchs, mit den typischen schwarzen Beinen und der weißen Schwanzspitze. Aber der Rest des Schwanzes war grau-schwarz, der Körper schwarz-silber gesprenkelt. Nase, Ohren und das Fell um die Augen waren schwarz, der Rest des Gesichts silberweiß.
"Oh", sagte Emm schwach. "Das ist also ein Silberfuchs."
"Genau", der verwandelte Fenyro verschwand unter Emms Bett und Emm hörte kräftiges Schnaufen und Schnüffeln. Schließlich tauchte Fenyro wieder auf. "Er war da und hat sich verlustiert, ist aber wieder weg." Mit der Nase am Boden folgte er einer unsichtbaren Spur, die quer durchs Zimmer, dann aber zum Fenster führte. "Er ist rausgesprungen."
"WAS hat er unter meinem Bett gemacht?" Emm sah schon Schreckensvisionen von verkotenen Wollknäueln und uringetränkten Büchern vor sich.
"Sich verlustiert, nach Art der Schrate." Fenyro, wieder in Menschengestalt, bückte sich und zog Emms Handarbeitskiste hervor. "Sowas lieben sie."
"Oh nein!" Emms Wollknäuel waren allesamt aufgedruselt und miteinander verfilzt und verknotet, ihre halbfertige Häkelmütze aufgeribbelt.
Fenyro wies auf die verwuschelten Fransen an Emms Bettvorhang. "Das war er sicher auch. Das heißt aber auch, dass er zurückkommen wird, um sich daran zu weiden, wie du das wieder entwirrst."
"Na, toll!"
"Naja, dann können wir ihn fangen. Ich fürchte nur, dass er in der Zwischenzeit noch mehr anstellt, also sollte ich ihn besser suchen."
"Ich helfe dir", sagte Emm wütend. "Meine schöne Wolle! Das büßt der mir. Was kann denn so ein Schrat noch alles anstellen?"
"Hm, sie ärgern gerne Tiere, verlegen wichtige Dinge, legen Feuer, machen viel Lärm und würgen oft Schlafende."
Emm überlegte. "Und das alles macht ein Schrat als Katze?"
"Aber nein! Schrate können sich unsichtbar machen, wenn sie genügend Kraft haben. Nachdem dieser hier deine kleine Schwester erschreckt und dieses Wirrwarr angerichtet hat, dürfte er dazu schon genügend Stärke gesammelt haben. Und die eigentliche Gestalt eines Schrats ist menschenähnlich, aber etwa so groß", Fenyro deutete eine Größe von ca. 80 cm an. "Sie sind hager, ungepflegt und haben meist langes, zotteliges Haar und Bart. Und ungewöhnlich lange Finger, die überaus geschickt sind. Wie du da an deiner Wolle sehen kannst."
"Also ist ein Schrat ein Zwerg?"
"Nein, er ist gehört eher zur Gruppe der Hausgeister. Schrate leben in Erdhöhlen im Wald und könnten dort ein friedliches Leben führen, aber wie die Brownies, Boggarts, Penaten und Fenodyree zieht es sie immer wieder zu den "Großen" hin, die in Häusern leben. Manche dieser Wesen richten Schabernack an, andere helfen, wo sie können. Schrate sind die bösartigsten unter ihnen, ihr Ziel ist es, soviel Chaos wie nur möglich anzurichten. Je mehr die Menschen unter ihren Streichen leiden, umso mehr Kraft ziehen die Schrate daraus. Und dann können sie wirklich großes Unheil anrichten. Nach allem, was wir wissen, hat Ukrien genau das vor."
"Ukrien ist der Schrat, den du verfolgst?"
"Ja, und ich mache mich am besten gleich auf den Weg." Fenyro ging zum Fenster.
"Halt", bremste ihn Emm. "So kannst du nicht rausgehen."
"Wieso nicht?"
"Weil, wie du selbst gesagt hast, die Menschen nicht an Wesen wie dich gewöhnt sind. So wie du angezogen bist, werden sie dich allenfalls für einen buddhistischen Mönch halten und sich wundern, dass du keine Bettelschale dabei hast."
"Ich bettele nicht!" bellte Fenyro empört.
"Hab ich ja auch nicht gesagt", Emm wühlte bereits in ihrem Kleiderschrank. "Hier, die Jeans ist eh noch zu groß, von meinem Kusin geerbt, weißt du. Und meine Karohemden sind sowieso alle weit, die müssten dir passen." Sie bückte sich und zog ein paar Turnschuhe hervor. "Ich hab große Füße, da könnten die dir passen, selbst mit deinen Krallen."
Fenyro blickte zweifelnd drein, schlüpfte jedoch folgsam aus Kittel, Sandalen und Hose und streifte Emms Sachen über. Emm stellte dabei fest, dass seine einzige Unterwäsche aus einer Art Radlerhose bestand und dass sein schlanker, sehniger Körper eine beachtliche Muskulatur aufwies. Es schien nicht ratsam zu sein, sich mit diesem Fuchsgeist anzulegen.
"Okay so?" Emm blickte ihn an. In Jeans, weißen Turnschuhen und grüngelbem Karohemd wirkte Fenyro ziemlich normal. Sie schnappte sich ihre Brasilien-Kappe vom obersten Bord, setzte sie Feno auf und zog seinen Schweif - wie sie seinen Pferdeschwanz inzwischen bezeichnete - über dem Klettverschluß durch. "So, jetzt fällst du überhaupt nicht mehr auf."
Fenyro betrachtete sich zweifelnd im Spiegel. "Ich hoffe, das ist nicht die typische Kleidung für Mädchen in deiner Welt."
"Nein, keine Sorge, im Gegenteil", beruhigte ihn Emm. "Mama und Lara schimpfen immer, weil ich mich am liebsten wie ein Junge anziehe." Sie verstaute Fenyros Kleidung im Schrank.
"Gut, dann lass uns der Spur folgen, bevor sie verduftet", Fenyro strebte zum Fenster und sah kurz hinaus. "Aha", er nickte und sprang dann aus dem Stand aus dem Fenster - Kopf voran. In der Luft schlug er einen Salto und landete dann in der Hocke auf dem Garagendach. Emm starrte ihm verblüfft nach. Um zu ihm zu gelangen, mußte sie wie üblich auf das Fensterbrett klettern, sich aufs Außensims setzen und sich dann vorsichtig abstoßen. "Hoppla!" Sie stolperte beim Aufprall und Fenyro fing sie rasch auf. "Mann, und ich hielt mich für sportlich", brummte sie.
Fenyro zuckte die Schultern. "Mag sein, aber du bist eben kein Fuchs. Wir können von Natur aus gut klettern und springen." Er schnupperte sich über das Dach der Gemeinschaftsgarage entlang. "Hier", stellte er fest und sprang auf Rudis Hundehütte herunter und von da aus in Hegemanns Garten. Emm folgte ihm rasch, damit ihn Lara oder ihre Eltern nicht für einen Einbrecher hielten. "Und jetzt?"
Lautes Bellen ließ sie zusammenfahren. Erst jetzt wurde Emm bewußt, dass sie die ganze Zeit bereits leises Kläffen und Winseln gehört hatte. Und nun wurde das Geräusch lauter, da Emms Freundin Lara gerade die Haustür öffnete und mit dem Collie Rudi an der Leine heraustrat. "Hi, Emm", sagte sie überrascht. "Wen hast du denn da mitgebracht?"
"Oh, das ist Feno", erwiderte Emm unbestimmt. "Was ist denn mit Rudi los?" Der Shetland Collie zerrte wild an der Leine, zuckte immer wieder zusammen, winselte und bellte und schien immer wieder nach etwas zu schnappen, was keiner außer ihm sehen konnte.
"Das wissen wir eben nicht", meinte Lara hilflos. "Er benimmt sich seit etwa einer Stunde so seltsam und ich will jetzt mit ihm zu Tierarzt."
"Ich glaube, ich weiß, was mit ihm los ist", meldete sich Fenyro. "Darf ich ihn mir ansehen?"
"Sei vorsichtig", mahnte Lara. "Rudi ist Fremden gegenüber erstmal mißtrauisch."
"Das werden wir schon klären", versicherte Feno lächelnd und hielt Rudi die Hand hin. "Komm her, mein Schöner."
Rudi fuhr herum, als er Fenyros Stimme hörte und schnupperte argwöhnisch an der dargebotenen Hand. Dann jedoch begann er freudig zu fiepen und näherte sich Feno, soweit es die Leine erlaubte. Verblüfft ließ Lara die Leine lockerer und Feno kniete sich zu dem Hund und vergrub seine Finger in dessen langem Fell. "Hier", er zog eine große Klette heraus. "Habt ihr eine Bürste? Das arme Ding ist voll von Kletten und Dornen."
"Aber wo hat er die eingefangen?" wunderte sich Lara. "Er war heute nur kurz im Garten und hier haben wir keine Kletten."
Feno zuckte die Schultern. "Er hat langes Fell, vielleicht hatte er sie schon länger drin. Jetzt sind sie getrocknet und härter und als er sich hinlegte, kamen sie an die Haut."
"Achso", Lara rannte ins Haus, um die Bürste zu holen und Emm blickte zu Feno. "Der Schrat?" fragte sie. Feno nickte. "Eine klassische Tierquälerei. Als der Hund eben zusammenzuckte, war der Schrat noch hier, unsichtbar, und steckte ihm eine weitere Klette ins Fell."
"So ein Biest, der arme Hund kann sich ja gar nicht wehren", fuhr Emm auf. "Konntest du den Schrat sehen?"
Feno schüttelte den Kopf. "Nein, wenn er sich unsichtbar macht, ist er es auch für mich. Aber ich konnte ihn riechen. Nur verschwand er ganz schnell, als er mich erkannte." Er sah zu Emm auf. "Komisch, dass er nicht gleich fortrannte. Offenbar erkannte er mich in dieser Kleidung nicht und merkte erst an meiner Stimme, wer ich bin."
"Kennt er dich so gut, dass er deine Stimme erkennt?"
Feno lachte. "Nein, sicher nicht. Aber er konnte heraushören, was ich bin." In diesem Moment kam Lara zurück, mit gleich zwei Hundebürsten in der Hand. Eine reichte sie Feno, der mittlerweile noch weitere Kletten gelöst hatte und gemeinsam bürsteten sie den dankbaren Hund aus. Rudi kläffte erfreut und versuchte ständig, ihnen die Hände zu lecken, was die Aktion natürlich etwas erschwerte.
"Vielen Dank, Feno", sagte Lara schließlich. "Du scheinst dich auf Hunde zu verstehen."
"Ja", Feno lächelte rätselhaft. "Meine Familie befaßt sich schon sehr lange mit Hunden. Darf ich deinem Hund etwas schenken?"
"Sicher, was denn?"
"Einen kleinen Glücksbringer", Feno griff in die Tasche seiner Jeans und zog einen kleinen, orangefarbenen Lederbeutel heraus. Emm erinnerte sich, diesen Beutel an seinem Gürtel gesehen zu haben.
Feno öffnete den Beutel und holte eine kleine, runde Scheibe heraus. "Sieh, das kann man einfach an seinem Halsband befestigen."
Emm und Lara betrachteten den Glücksbringer. Er war etwa so groß wie ein Zwei-Euro-Stück, silberglänzend wie ein Spiegel und vorne stark gewölbt. Als Emm ihn näher ansah, zeigte er ihr eigenes Gesicht, mit einer riesigen Nase und stark verzerrtem Gesicht. Sie kicherte. "Wie ein Zerrspiegel."
"Aber hübsch", fand Lara. "Gefällt dir das auch, Rudi?" Rudi kläffte und leckte Feno übers Gesicht. Sie lachten. "Das soll wohl heißen, danke für den reizenden Anhänger", grinste Lara. "Na, dann können Rudi und ich ja statt zum Tierarzt in den Park gehen. Kommt ihr mit?"
Emm sah Feno an, der die aparte Lara freundlich anlächelte. "Gerne."
"Gut, ich sag nur drinnen Bescheid", Lara verschwand wieder im Haus.
"Gefällt sie dir?", fragte Emm neugierig. Feno blickte verwundert drein. "Darum gehts mir nicht. Ich habe Ukriens Spur verloren und muss sie jetzt irgendwie wiederfinden. So wie sich Lara anhörte, geht sie öfter in den Park, was immer das ist und dann werden das wohl andere Hundebesitzer auch tun. Solange ich nicht weiß, wo der Schrat ist, ist ein Ort so gut wie der andere, um ihn zu suchen."
"Oh", das klang logisch. "Und was ist das für ein Glücksbringer?"
"Schrate mögen Spiegel nicht besonders, auch wenn sie die Torspiegel nutzen. Das liegt daran, dass sie so häßlich sind. Besonders schlimm für sie sind solche Zerrspiegel. Solange der Hund diesen Spiegel trägt, wird ihn Ukrien in Ruhe lassen."
Emm dachte nach. "Ich hab solche Dinger schon mal gesehen, am Geschirr von Pferden."
"Klar. Pferde werden gerne von Schraten geärgert, ihre Mähne und ihr Schweif können schließlich wunderbar verfilzt werden. Früher wußten die Menschen deiner Welt besser Bescheid und schützten die Tiere vor den Schraten."
"Und heute gilt das alles als Aberglaube", Emm nickte. "Bis vor einer Stunde hätte ich auch gesagt, dass das alles nur Märchen sind."
Lara kam zurück, einen Gummistock in der Hand. "Nach der Aufregung kann sich Rudi beim Apportieren austoben", sagte sie lachend.
Auf dem Weg in den Park sprachen sie wenig. Lara hatte Feno die Leine übergeben und der Hund tanzte freudig um den Kitsune herum, sprang an ihm hoch, leckte ihm die Hände und wedelte heftig mit dem Schwanz.
"Sowas, Rudi benimmt sich, als ob er ein lange vermißtes Familienmitglied wiedersieht", meinte Lara. "Das habe ich bei ihm nur einmal erlebt, als ich damals von der Klassenreise zurückkam."
"Diese Wirkung habe ich öfters auf Hunde", erklärte Fenyro und lachte leise. "Vielleicht sind meine Gene nach all den Generationen mit Hunden selbst schon hundeähnlich."
Lara lachte über etwas, was sie für einen Witz hielt. Emm dachte, dass vermutlich genau das der Schlüssel zu Rudis Verhalten war. Als Fuchs war Feno mit den Hunden eng verwandt, da er jedoch auch Mensch war, war er für Rudi jemand, der über ihm stand. Der Hund schien verrückt vor Freude darüber, dass einer der "Hohen" eindeutig ein Canide war wie er selbst.
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