Thirty-Six | Echos der Zeit: Teil 2 | XXXVI

(A/N: 'Echos der Zeit: Teil 1' wurde überarbeitet. Am besten liest du es nochmal, sorry :p).


Leo umrundet von Agenten des Omega Tribes

"Ich vertraue dir jetzt einfach mal, Alpha" -  "Danke, ich dir nicht, Ty"

"Elena Silverstone"

"Du musst mit mir kommen. Bitte, Leo. Nur du bist der Schlüssel"

"Der Omega Tribe kriegt eine neue Führung"

...

PoV. Leo

Meine Lunge brennt, als wir endlich zum Stehen kommen. Die Umgebung ist dunkel und heruntergekommen. Es riecht nach altem Beton. Meine Lunge brennt als stünde sie in Flammen. Schwer atmend lehne ich mich gegen eine der Wände. Erschöpft lasse ich mich zu Boden sinken und starre in die Runde. Scott scheint keineswegs Ausdauerprobleme zu haben. Während ich auf dem Boden kauere zielt er mit einer Omega-Tribe-Waffe in die Richtung, aus der wir kamen. Rick währenddessen zielt in die andere Richtung des Korridors. 

"Was zum Fick ist grade passiert", flüstere ich in die Stille. "Keine Ahnung, man", erwidert Ty. Ihre Stimme zu hören ist so unglaublich komisch. Warte- das ist Ty! Sofort fahre ich hoch und springe zurück. "Du!", schreie ich sie dann an, doch sie hält mir nur den Mund zu. "Shhht, du verrätst uns!", erwidert sie flüsternd. Rick lässt seine Waffe sinken. "Halt's Maul, Prinzessin", fährt er sie barsch an und dreht sich zu uns. "Lasst uns zum McCorny Bunker. Er ist auch an die Labs angeschlossen. Vielleicht glauben die uns ja", übertönt er dann Tys Protest.

Alle Anwesenden stimmen zu. Ty nimmt ihre Hand von meinem Mund und wendet sich von mir ab. Mein Blick landet auf Scott. Mein Herz schlägt etwas höher. Verdammt, mit dieser Waffe sieht er so gut aus! Er grinst mich an. Dann kann ich mich nicht zurück halten. Ich laufe auf ihn zu und schlinge meine Arme um ihn. Sofort ist die ganze Angst von eben vergessen. Mein Herz schlägt für diesen Typen. Er lacht leicht und legt seine Arme vorsichtig um mich. "Ey, nehmt euch ein Zimmer", keift Ricks Stimme, schon etwas entfernt. "Ist schwierig hier", erwidert Scott nur unbeeindruckt.

Ich giggle und löse mich von ihm. Während wir den anderen vorsichtig folgen komme ich aus dem Grinsen nicht heraus. Die Anlage wird immer maroder. Der Boden knirscht unter unseren Füßen. "Wo sind wir eigentlich hier?", flüstere ich nach einigen Minuten. Scott schweigt erst. "In den Underground-Labs. Die Regierung hat hier früher Experimente an Omegas durchgeführt. War wohl ziemlich heftig. Wurde zum Glück eingestellt. Dann konnten sich hier reiche Familien Bunker reinbauen. Aber vieles ist noch unverkauft", erklärt er mir schließlich. Ich schlucke. Experimente also. Wir kommen an mehreren vernagelten Türen vorbei. Ich schlucke erneut. Schaurig ist das.

"Doch warte mal!", höre ich Scott auf einmal rufen, "wieso bist du eigentlich hier, Kleiner?". Ich sehe ihn an, während er mich fast schon streng ansieht. Der Kosename hat ein Kribbeln ausgelöst, welches mich nicht klar denken lässt. "Ich... ähhh... wurde hergelockt", gebe ich dann resigniert zu und lasse den Kopf hängen. "Sie haben mir eine Nachricht geschickt und so getan, als wärst du es", füge ich dem hinzu. "Und ich dachte, Perkins hätte dich hergebracht", murmelt er. Dann schnaubt er. "Wer auch immer dafür verantwortlich ist, ich mach die Typen fertig. Wie können sie dich in so eine Gefahr bringen?", flucht er dann.

Ich grinse leicht. Dann stocke ich. Perkins! Scott weiß es doch noch gar nicht! Dass Mrs. Perkins... eigentlich Mrs. Harvey ist. "Scott...", beginnt ich doch stocke, da Perkins mir verboten hat, Scott davon zu erzählen. Doch ich will! Er ist mein Boyfriend. Er soll aufhören, sich über seine Mutter Sorgen zu machen. "Mrs. Perkins...", beginne ich und überwache jeden seiner Gesichtszüge, wobei ich fast in Ty reinlaufe, da die Gruppe stehen geblieben ist. Ich schlucke, doch sehe immer noch nur Scott an. Der Boden unter mir knarzt. Er besteht nur aus einzelnen Balken, über denen eine dünne Schicht Beton liegt. Darunter ist gähnende Leere.

"Mrs. Perkins ist eigentlich nicht Mrs. Perkins", beginne ich dann dramatisch zu hauchen und genieße die Aufmerksamkeit, die sich auf mich gelegt hat. Ich suche nach Worten. Ich habe etwas Angst vor Scotts Reaktion. Ich sehe in die Runde. "Also...", fahre ich fort.

"Mrs. Perkins ist deine Mutter, Scott", lasse ich dann die Bombe platzen und halte die Luft an.

Rick prustet los, Jason zieht die Augenbrauen hoch. "Wer ist das überhaupt?", höre ich Ty. Doch Scott starrt mich nur an, als hätte ich gesagt, dass sein Vater so lieb wie der Weihnachtsgans wäre. "Bitte was?", wispert er bedrohlich. Etwas blitzt in seinen Augen. Etwas, was ich nie hätte aktivieren sollen. Doch er muss es erfahren. Ich nicke. "Sie hat es mir gesagt. Als ihr in der Akademie wart. Sie wurde entführt vom Omega-Tribe. Sie ist geflohen, hat mich aus der Sklaverei geholt und dann-"

Sein Schlag trifft mich mit voller Wucht. Ich fliege zurück und pralle gegen die Wand. Diese Kraft ist unglaublich. "Scott!", ruft Jason und schlingt seine Arme von hinten um ihn, um den vor Wut schnaubenden Alpha zurückzuhalten. Seine Augen blitzen wie Dolche. Ich wimmere und drücke mich gegen die Wand. "Bist du Okay?", höre ich Ty, welche meine Wange inspiziert. Doch ich sehe nur Scott. "Was erlaubst du dir, Arschloch?", fährt er mich mit einer Stimme an, bei der mein Herz zu brechen droht. "Ich... ich dachte... du freust dich", wimmere ich ängstlich. Er macht mir unglaublich Angst. Er ist wie früher. Wie damals.

Was habe ich getan?

Auf einmal höre ich ein Knacken. Dann noch eins. Langsam sehe ich nach unten. Tausend kleine Risse rennen wie Ameisen, die eine Spur hinter sich herziehen, über den Beton. Ich sehe zu Ty, welche sich an mich geklammert hat. Dann zurück zur Gruppe. "Leo!", höre ich Rick schreien, welcher auf uns zugesprungen kommt. Dann kracht der Boden unter uns weg.

Ich schreie, während ich falle. Ein zerbrochener Balken fällt mit uns. Fünf, sechs, sieben...

Die Luft ist kalt.

Und dann endlich treffe ich auf etwas, was noch kälter ist. Wasser? Mein Puls pocht wie ein Presslufthammer. Meine Sinne brauchen etwas, um sich von meinem Freifall zu erholen. Dann realisiere ich den fehlenden Sauerstoff. Ich reiße die Augen auf und sehe verschwommen die Wasseroberfläche über mir. Auf einmal jagt ein Impuls durch meinen Körper und ich betrete die Realität. Panisch schwimme ich hoch. Das Wasser ist so unglaublich kalt, dass meine Gliedmaßen schmerzen. Endlich stößt mein Kopf durch die Fläche und meine Lungen füllen sich mit rettendem Sauerstoff.

Ich japse panisch und sehe mich um. Neben mir ist grade Ty aufgetaucht. Ich sehe hoch. Ein Lichtstrahl fällt in die Dunkelheit. Oben erkenne ich noch Schemenhaft die Umrisse der Anderen, welche sich über das entstandene Loch gebeugt haben. "Alles okay bei euch?", schallt Jasons Stimme zu uns wie aus weiter Ferne. Ich sehe zu Ty. Sie streicht sich schwimmend die nassen Haare aus der Stirn und sieht ebenfalls hektisch atmend hoch. "Ich... ich denke schon", erwidere ich zaghaft. "Bleibt da bis ihr vergammelt", höre ich dann Scott. Ich höre Jasons dumpfe Stimme etwas sagen, jedoch ist es an Scott gerichtet, also höre ich es nicht.

"Es tut mir leid, Scott... bitte", schluchze ich schon fast, gehe dabei jedoch leicht unter und schlucke Wasser. Hustend schwimme ich zum Rand dieses komischen Beckens. "Wir treffen uns in einer Stunde am McCorny-Bunker. Wenn ihr bis dann nicht da seid, kommen wir euch suchen, okay? Ansonsten finden wir uns nie!", höre ich Rick dann rufen. Scott schweigt. Ich nicke ihn nur an, dann verschwinden die Gestalten. Ich krabble auf die Eisenplattform, welche dieses Becken umrundet. "Ty, alles okay?", rufe ich dann und sehe zu dem Mädchen, welches panisch zur Plattform paddelt.

Als wir beide auf dem Trockenen sind und uns etwas beruhigt haben sehe ich mich endlich vernünftig um. Ein riesiger, schwach erleuchteter Raum. "Wo sind wir?", wispere ich leise, während ich mein Shirt auswringe. "In den Underground-Labs", wispert Ty ehrfürchtig. Ich entdecke eine kleine Treppe, welche von der Plattform herunter führt. Als wir diese hinunter geklettert sind drehe ich mich um die eigene Achse. Wir kommen von einem komischen, gigantischen Glaskubus, der mit Wasser gefüllt ist, in das wir eben reingefallen sind.

Von ihm geht ein mysteriöses Glimmen aus, was die ganze Halle in Zwielicht taucht. Um ihn herum stehen mehrere Geräte. Sie sehen aus wie medizinisches Zeugs, was in science-fiction Filmen auf der Krankenstation steht. Ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit. "Das sind die Underground-Labs", wispere ich dann und sehe zu Ty. Mit ihren nassen Haaren sieht so so kindlich aus. Oh, ich habe ganz vergessen, sauer auf sie zu sein! "Lass uns einfach schnell den Bunker finden", murre ich dann und steuere die große Tür an der Wand an.

"Hey, was hast du denn jetzt?", ruft Ty und läuft mir hinterher. Ich ziehe an der Türklinke, welche sich jedoch nicht bewegt. "Ich bin sauer auf dich! Du hast uns alle verraten!", zische ich und versuche erneut, an der Tür zu ziehen. Ty schnaubt nur. "Ich habe getan, was man von mir verlangt hat. Und so wie dich Scott eben behandelt hat... was ein Arsch!", erwidert sie nur. Dann ertönen mehrere Piepser. Ich fahre herum und entdecke Ty an einer dieser Konsolen, welche an den Wänden stehen.

"Was tust du?", fahre ich sie an aus Angst vor einem weiteren Verrat. "Komm runter, ich versuche nur, die Türe zu öffnen", erwidert sie. Dann beginnt das Gerät zu reden. "Bitte nenne Sie ihre Anfrage", dudelt eine Stimme aus dem Touchscreen. Ty verdreht die Augen. "Öffne die Türe", erwidert sie dann dem Ding. "Fehler, unzureichende Berechtigung", antwortet ihr die synthetische Stimme. Ty versetzt dem Ding einen Kick, dann sieht sie zu mir. "Toll", kommentiere ich trocken.

Sie schüttelt nur den Kopf. Dann packt mich die Wut. "Ganz toll, Ty! Deine tolle Silverstone kann dir jetzt nicht helfen!", feuere ich drauf los. Grade als Ty etwas erwidern will, wird sie unterbrochen. "Zwei Einträge zu Silverstone. Erster Eintrag: Silverstone, Elena", beginnt die Konsole wieder zu reden, "Testsubjekt der Beta-Reihe, Kennnummer null, null, null, drei, vier, sieben, neun". Ich starre Ty an, dann das Gerät. Aufgeregt stolpere ich neben sie und starre auf das Display. "Das ist eine Akte über... Silverstone?", flüstert Ty. Auf dem Display ist ein Bild von Silverstone, eine Abbildung ihres Körpers und diverse Daten und Fakten.

"Was hat Sie hier gemacht?", richte ich die Frage an das Gerät. Die Daten ändern sich um. "Testsubjekt war Teil der Umwandlungsreihe. Testsubjekten sollte das Sekundärgeschlecht entfernt werden", erklärt mir die Stimme. Ich starre den Display an. Meine Augen verweilen auf dem kleinen Text in der Ecke. 'Status der Entfernung: erfolgreich'.

Auf einmal öffnet sich die Eisentür. Ich quieke auf und springe zurück. Ty duckt sich und versteckt sich hinter der Konsole. Ich tue es ihr gleich. Mein Herz pocht.

"Kommt raus. Ich weiß, dass ihr da seid", vernehme ich Silverstones Stimme. Oh scheiße! Was soll das denn jetzt! "Leo, Ty... hinter der Konsole, die ich grade mein Leben offenbart hat... kommt raus", fährt sie fort und betritt den Raum. Ty ist die Erste, die sich bewegt. Mit erhobenen Händen tritt sie hinter der Konsole hervor. Doch ich bleibe dahinter. Ich sehe Ty nur kopfschüttelnd an, dann greift Ty nach meinem Handgelenk und zieht mich unsanft auf die Beine. Sofort fällt mein Blick auf die Frau in weiß.

Ihre Haare sind offen und leicht zerzaust. Ihr silberner Blick lasert mich. Ich weiche etwas zurück. Auch wenn ihre Aura nicht mehr wirklich bedrohlich wirkt, durch die Abwesenheit der Tribe-Agenten, habe ich dennoch Angst vor ihr. "Was macht ihr hier so alleine? Wo sind eure tollen Alpha-Freunde?", fragt sie uns neutral. "Wir haben sie verloren... ich... ich wollte mich entschuldigen, Boss", schluchzt Ty auf einmal los und wirft sich vor Silverstone auf die Füße. Doch diese gluckst nur. "Lass gut sein, Ty. Ist jetzt eh egal", gibt sie dann zu und atmet geräuschvoll aus.

Ty sieht hoch. "Wieso?", piepst sie dann. Silverstone lacht bitter. "Jamie ist mir in den Rücken gefallen. Verdammter Psychopath. Und die Agenten finden es toll. Sie wollen Jamie als neuen Führer des Tribes", presst Silverstone heraus. Ich starre sie an. Sie ist also nicht mehr... hinter mir her? Hinter Scott her? "Leo", wispert sie dann und sieht mich an. Och ne! Geh' doch weg! "Es tut mir unglaublich leid, was alles passiert ist. Ich will dir doch nur die Wahrheit zeigen!", versucht sie sich zu rechtfertigen, ich stolpere jedoch nur weiter zurück.

Sie lässt die Arme sinken. Dieser Anblick ist komisch. "Sieh' nur, was sie aus mir gemacht haben. Diese Hunde! Glaubst du wirklich, sie wären die Guten?", beginnt sie dann etwas lauter und deutet auf den Glaskubus. "Da war ich drinnen, ich wurde gefoltert! Tag für Tag!", schreit sie fast schon. Ich starre sie jedoch nur weiter an. Sie schüttelt den Kopf und sieht wieder zu Boden. "Mein Leben ist eh nichts mehr wert", flüstert sie dem Boden zu. 

"Ich will nur Scott", wispere ich, erstaunt von mir selber. Dann sieht sie mich an. Etwas blitzt in ihren Augen. Etwas kaltes, etwas Silverstone-Artiges. "Okay, pass auf. Ich mache dir ein Angebot. Ich helfe dir, Scott zu finden und lasse euch gehen. Und ihr helft mir, Jamie aus dem Weg zu schaffen, okay?", sagt sie dann mit deutlich festerer Stimme. Ich schlucke, dann sehe ich zu Ty, welche heftig nickt. "Der Tribe ist grade für uns alle eine Gefahr. Besonders mit Jamie an der Spitze", erklärt mir Ty dann fachmännisch.

Ich sehe zurück zu Silverstone. "Okay... ich bin dabei", wispere ich dann und sehe in diese kalten Augen, mit denen ich mich grade verbünde. Silverstone lächelt dankbar. Dann dreht sie sich um. "Fabrice, du kannst reinkommen", ruft sie dann in den Gang. Ich gefriere zu Stein. Das kann nicht sein! Nicht der! Was soll das denn!

Auch Ty weicht zurück, als Fabrice ins Licht tritt. Doch er grinst nur. "Hey", richtet er dann das Wort an uns. "Ich dachte, ich trete euch erstmal alleine gegenüber", richtet Silverstone dann das Wort wieder an uns. Okay, sie ist durchtrieben. Ich muss höllisch aufpassen. "Wie bist du entkommen?", zischt Ty ihn an, doch er hebt nur die Hände. "Ich habe den Code doch vorher schon geknackt, Superhirn. Dann wollte ich mich durch die Lüftungsschächte an den Verhörraum anschleichen, weil ich wusste, dass ihr Leo helfen wollt. Und dann habe ich diese komische Szene mit dem Juniorboss gesehen und auf die Lampe gefeuert", erklärt er uns dann, als wäre es eine lustige Geschichte.

"Tja, einige Alphas sind doch verlässlich", grinst Silverstone ihn an, wie eine stolze Mutter. Ich schnaube nur. Doch Fabrice ignoriert das. "Kommt jetzt, wir müssen die Anderen finden", erwidert Fabrice und winkt uns in den Gang hinein.

Eine unheimliche Allianz...

...

PoV. Scott 

"Du bist nicht mehr ganz dicht!", flucht Jason weiter. Doch ich bin stocksauer. Während in mir drinnen alles wieder zu zerbrechen droht. Wie kommt Leo auf so einen Schwachsinn? Wieso sagt er so etwas dummes? Ich musste mein Inneres verteidigen. Ich musste es-

"Du hast uns alle in Gefahr gebracht! Nur weil du deine blöden Aggressionen nicht unter Kontrolle hast!", fährt Jason mich an. "Es reicht jetzt, Jasy", flucht Rick gestresst, welcher uns durch den Komplex führt. Sein Vater war damals mit daran beteiligt, diese Gänge zu entwerfen. "Das hilft alles nichts, stimmt", murrt Jason, als wir endlich vor der Sicherheitstür der McCorny-Bunkerkomplexe stehen bleiben. Rick beginnt, mit den Wachen davor zu reden. Erst verschränken sie die Arme, doch als sie mich erblicken, wechselt ihre Miene sofort, sie lassen ihre Waffen sinken und öffnen die Türe.

"Na endlich!", schallt sofort Pias Stimme zu uns. Fast im gleichen Augenblick stürmt sie aus der Tür und kracht fast in Rick rein. "Rickyyyy!", ruft sie aus und umarmt den etwas verdutzten Rothaarigen. Dann entdecke ich noch jemanden hinter Pia. "Rae!", ruft Jason aus. Warte, wieso klingt er so freudig? Rae grinst leicht und tritt zu uns auf den Gang. "Kein Wort zu meinen Eltern", raunt Pia den Wachen zu, welche zu mir sehen und dann nicken. "Gut", erwidert Pia knapp, greift sich Ricks Hand und zieht ihn mit. "Hey! Sachte!", protestiert dieser, während wir ihm langsam folgen.

"Was hast du denn bei Pia gemacht?", höre ich Jason an Rae gewandt. "Sie hat mich hergeholt. Meine Familie hat keinen Bunker hier unten", erwidert Rae. Wieso verstehen die zwei sich so Bombe? "Hey! Wo ist eigentlich Leo?", ruft Pia aus und sieht uns alle misstrauisch an. Etwas kleinlaut sehe ich zu Boden. "Ehem...", mache ich dann. Jason schnaubt. "Scott hat Leo geschlagen, dann ist der Boden eingekracht und Leo und Ty sind-"

"TY IST HIER?!", kreischt Pia auf einmal. Ich zucke zusammen. "Nicht so laut! Jemand könnte uns hören!", zischt Rick sie an, doch sie sieht nur zwischen uns hin und her. Doch bevor jemand antworten kann höre ich eine weitere Stimme. "Ich wusste doch, sie sind hier irgendwo". Die Stimme ist noch weit entfernt. Und doch erkenne ich sofort Fabrice. Meine Nackenhaare stellen sich auf. "Was macht der Hurensohn hier?", flüstert Pia und geht in Angriffsstellung. Und dann nehme ich etwas anderes wahr. Leos Duft!

"Hey, meine alten Freunde!", grinst Fabrice uns an, als er um die Ecke biegt. "Du!", zischt Pia und ballt die Hände zu Fäusten. Doch Fabrice hebt nur die Hände. "Frieden. Wir sind auf der gleichen Seite", grinst er uns an. Hinter ihm tauchen Leo und Ty auf, komplett durchnässt. Und dahinter - meine Augen weiten sich - Silverstone! Ein Zischen geht durch die Gruppe. Rick und ich heben unsere Waffen und zielen auf die Neuankömmlinge.

"Keinen Schritt weiter, Lady!", ruft Rick, während Fabrice, Leo und Ty aus Ricks Schusslinie hasten. Doch Silverstone seufzt nur und hebt resigniert die Hände. "Was soll das hier?", wispert Pia. "Wir sind wirklich ein Team", höre ich Leo rufen. "Sie will uns helfen, zu fliehen, wenn wir ihr helfen, den Psycho auszuknocken!", fügt er hinzu. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Das glaubt er doch nicht wirklich, oder?

"Psycho ausknocken?", höre ich auf einmal Rae neben mir. "Ich weiß genau den Richtigen dafür".

...

Der Beton fühlt sich kalt an. Fabrice liegt neben mir. Der Lüftungsschacht lässt grade mal Platz für uns beide. Unter uns thront Jamie auf dem Stuhl, auf dem Leo gefesselt war, welcher jetzt aber zur Tür gedreht wurde. Einige Agenten stehen um ihn herum. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie hier auftaucht", höre ich Jamie. Dann sehe ich zu Fabrice. Er sieht zu mir. Wir beide nicken. Dann klopft Fabrice dreimal gegen das Blech des Luftschachtes.

Ich kann förmlich spüren, wie die Schwingungen durch das Metall übertragen werden, bis Pia sie an dem anderen Ausgang hört. Das große Schauspiel kann beginnen. Ich kneife die Augen zusammen und ertaste die Waffe an meinem Gürtel. Nur für den Notfall. Silverstone hat darauf bestanden, dass Jamie am Leben bleibt. Und da höre ich sie schon. "Verdammt, wo ist Jamie nur hin", ertönt ihre Stimme von außerhalb des Raumes. Jamie macht ein süffisantes Handzeichen, dann stürmen die Agenten durch die offene Tür, um Silverstone zu schnappen.

Fabrice grinst, während Rick, Jason, Pia und Ty die Agenten ausknocken. Wieso musste ich eigentlich mit diesem blöden Typen hier rein? Wer hatte diese kack Idee? Therapeut Jason? "Was geht da vor?", vernehme ich Jamie, welcher seine Messer hervorholt und geübt in seinen Händen rotieren lässt. Er erhebt sich von dem Stuhl und macht einige Schritte auf die Türe zu, stockt dann aber.

Jetzt grinse ich. Bühne frei für ein spektakuläres Schauspiel mit zwei großen Aktören.

"Was willst du? Du siehst scheiße aus", spuckt Jamie der Person entgegen. "Ich weiß, tut mir leid. Neben dir sehe ich aus wie ein Scheißhaufen", erwidert der Junge. Diese Stimme tut so weh! Ich schließe die Augen. Es lässt mich immer noch nicht ganz los. Cyan kommt etwas auf Jamie zu. "Du siehst so verdammt episch aus auf deinem Thron", fährt Cyan fort und grinst breit. Kaum zu glauben, dass dieser Körper eben noch von dem sympathischen Rae geführt wurde.

Jamie hebt sein Kinn an und steckt die Messer wieder weg. "Was willst du?", zischt er Cyan an. "Du bist ein großes Vorbild von mir", schmeichelt Cyan ihm immer mehr. Zwei schwarze Löcher umkreisen sich. "Ich würde gerne von dir lernen", säuselt Cyan weiter. Jamie grinst und lässt sich wieder auf den Stuhl fallen. Ich halte den Atem an. Beide sind verdammt unberechenbar. Ich hoffe nur, dass Cyan sich an den Plan hält.

"Meinst du", beginnt Jamie lässig, "mein Talent?". Er grinst Cyan wieder an. Wie ein kranker Diktator. Und dann erhebt er sich blitzschnell, schnellt vor und hält Cyan eines der silbernen Messer an die Kehle. Ich zucke zusammen und will grade nach meiner Waffe greifen, da hält Fabrice mich zurück. "Oh ja... so hast du Silverstone besiegt. So krass", erwidert Cyan jedoch nur und lässt sich nicht an der Klinge stören.

Jamies Gesichtszüge entgleiten. "Woher weißt du das?", kreischt er dann. Ich schließe die Augen. Scheiße. Was machen wir jetzt? "Ich schlitze dich auf! Hier und jetzt! Ich werde-", kreischt Jamie weiter, doch Cyan drückt nur seine Hand runter. "Ich weiß, wie du bist. Du bist so wie ich", erwidert er dann. Jamie sieht ihn etwas verdutzt an.

Cyans Augen blitzen kalt. "Du bist einsam. Alleine. Du wünschst dir Freunde, doch niemand mag dich", wispert Cyan weiter auf Jamie ein, welcher zurückstolpert. "Nein! Nein! Du lügst!", kreischt er hysterisch und lässt die Messer fallen. Dabei schlägt er sich die Hände auf die Ohren, als würde er Stimmen hören. "Oh doch!", fährt Cyan fort und genießt die Macht, die er aufgebaut hat, sichtlich. "Ein einziger, erbärmlicher Mensch. Du wirst nie mehr sein als ein dämlicher Juniorboss. Nichts mehr!", zischt Cyan böse. Er kann es immernoch.

Jamie sinkt auf die Knie und beginnt, zu schreien. "Ich sprenge euch in die Luft! Sie haben Sprengladungen verteilt! Ich bringe euch um!", schreit Jamie weiter. Cyan sieht zu uns nach oben und nickt dann, nachdem er Jamies Messer aus dessen Reichweite getreten hat. Jamie wimmert den Boden an, während Fabrice und ich uns herunterschwingen.

Grade als wir Jamie k.o. schlagen wollen sieht dieser jedoch verheult zu uns auf.

"Ich hasse euch! Ich bring' euch um!"

Dann drückt er etwas an seinem Gürtel, und fernes Grollen ertönt. Ich sehe zu Fabrice, sehe zu Cyan, zu Jamie. Dann passiert alles in Zeitlupe. Ich stürme aus dem Raum, zu Leo.

Er sieht sich verschreckt um. Das Grollen wird so laut, dass meine Ohren piepsen. Ich schließe Leo in meine Arme, während die Labs in die Luft gehen.

Wir fliegen. Der Schmerz ist gigantisch. Ich verliere Leo aus meinen Armen. 

Es wird grell, dann dunkel. Dann kalt. Wo ist Leo?

Er ist weg...


(3664 Words) 

...

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