Thirty-Nine | Palmen und Pinien | XXXIX

PoV. Leo

"Leo!", ruft Ty aus und schlingt ihre Arme um mich. Etwas überrumpelt sehe ich über ihre Schulter zu Mrs. Perkins und Nikita. Perkins wirkt sehr vertraut mit ihm. Etwas komisches geht hier vor. Ich erwidere Tys Umarmung etwas unbeholfen. "Geht es dir gut?", fährt sie dann fort, entfernt sich leicht und mustert mich von oben bis unten. Ich starre sie nur an. Dann wieder Mrs. Perkins. Dann Nikita. Er grinst nur, dreht sich um und setzt wahrscheinlich etwas Tee auf. Er hat eine beachtliche Teesammlung, das muss man ihm lassen.

"Ja... mir geht es ganz okay", erwidere ich etwas trocken. Seit mehreren Wochen sind die beiden die ersten anderen Menschen, zu denen ich Kontakt habe. "Ich vermisse Scott ungemein", fahre ich fort und sehe die beiden an, besonders Ty. Bedacht, auf jede ihrer Reaktionen zu achten. Sie nickt nur mitfühlend. "Ja, das verstehe ich", erwidert sie dann. Meine Kinnlade klappt runter. "Bitte was? Normalerweise würdest du jetzt ein riesiges Theater veranstalten", fahre ich sie fast schon empört an. Sie lacht nur. "Tja, 'normalerweise' ist eben vergangen", giggelt sie dann albern und folgt Mrs. Perkins und Nikita nach draußen.

Der Holztisch liegt bereits im Schatten des Hauses. Die Sonne geht bald unter. Die Wellen rauschen angenehm, der Wind ist leicht und lau. Die Pinienbäume wiegen sich leicht, als würden sie tanzen. Wir setzen uns, Nikita stellt das Tablett mit Tee ab, dann schweigen wir kurz. "Also, was sind die Neuigkeiten?", bricht Nikita dann das Schweigen und sieht Perkins an. "Elena ist immer noch an den Schläuchen. Sie wird aber gut behandelt. Ray kümmert sich um sie", erwidert Perkins dann, als wäre es ganz normal.

"Sorry jetzt mal", grätsche ich dazwischen, "aber was wird hier gespielt? Wieso seid ihr beide so... vertraut?". Nikita lacht leicht, Perkins sieht mich schief an. "Sollten wir nicht?", fragt sie etwas dümmlich nach. Irgendwie sieht sie besser aus als sonst. Ihre Haare wirken gekämmter, ihre Klamotten nicht ganz so ausgefranst. "Naja... ihr arbeitet für verschiedene Seiten. Sie... sie sind Scotts Mutter! Sie sollten für die NERO und Cade Harvey arbeiten... und Nikita, er ist Silverstones Vater! Sie sollten doch verfeindet sein-", erkläre ich immer hysterischer, als wäre ich der Einzige, der den Ernst der Lage verstehen würde.

"Nun, nicht ganz", erwidert Perkins nur. "Die Wahrheit soll Elena dir erklären. Sie hat dies angeordnet", übernimmt Nikita und nimmt einen Schluck seines Tees. Ich mache nur ein "Tss" Geräusch und schnappe mir meine eigene Tasse. Dann stelle ich sie etwas zu harsch wieder ab. "Wissen Sie, wie es Scott geht?", richte ich das Wort wieder an Perkins. Sie schüttelt bedauernd den Kopf. "Ich weiß leider nicht mehr als du", antwortet sie mir, wobei ehrliches Bedauern mitschwingt. Was ein Unsinn. Sie ist seine Mutter aber hat keine Ahnung, was mit ihrem Sohn ist.

"Wahrscheinlich hat...", ich murmle in meine Tasse, "... Elena... auch eine Erklärung dafür". Perkins fokussiert mich. "Ich an deiner Stelle würde ich mich nicht so über meine Mutter lustig machen", haut sie raus. Ich verschlucke mich an meinem Tee. Will Perkins mich provozieren? Ich stelle die Tasse abermals ab, etwas sanfter. Grade will ich etwas erwidern, da sieht mich Nikita beschwichtigend an. "Wie wäre es, wenn Ty und du etwas gehen am Strand spazieren?", schlägt er dann vor und sieht Ty an. Diese nickt sofort, als wäre sie eingeweiht worden. Ich rolle mit den Augen. "Na gut, von euch kriege ich eh nichts Sinnvolles mehr", murmle ich dann und erhebe mich.

Ty folgt mir über den Kiesweg zum Strand mit der Mauer davor, wo ich eben noch drauf saß. Ty spinkst über diese Mauer. Ich grinse. "Bei Flut kann man sich auf die Mauer setzen und die Füße ins Wasser halten", erkläre ich ihr etwas unbeholfen. Schließlich sind wir uns zuletzt als Feinde begegnet. Mein Blick gleitet über den Sand, der bei Ebbe zum Vorschein kommt. Ich spüre, wie Ty mich ansieht. Die Sonne wirft ein dunkel-orangenes Licht auf uns. Bald wird der Ozean sie verschlucken. Ty seufzt. "Leo...", beginnt sie dann, "der Tribe ist am Ende. Es gibt keinen Omega-Tribe mehr. Jedenfalls nicht mehr so wie früher".

Ihre Worte verklingen in den Wellen. Ich starre das Wasser an. "Wie meinst du das?", erwidere ich monoton. Sie seufzt erneut. "Naja, alle haben Jamie als neuen Führer mehr oder weniger akzeptiert. Doch mit ihm an der Spitze verlaufen alle Ziele und originalen Werte. Der Typ ist krank, Leo", erklärt sie mir. Dann schweigen wir. Ich vermeide es, sie anzusehen. Wenn wir uns nicht hassen liegt irgendwie etwas komisches zwischen uns. Dann höre ich, wie sie erneut Luft holt.

"Leo... ich wollte mich entschuldigen. Ich habe euch allen unglaubliches Unrecht getan. Damals in unserem Dorf", beginnt sie mit brüchiger Stimme. Jetzt sehe ich sie doch an. Sie versucht, meinem Blick standzuhalten, dann sieht sie zurück auf das Meer. Ihre Haare sind voluminöser als früher. Nicht so glatt, nicht so ordentlich. Ich lege den Kopf schief. Was soll ich davon jetzt halten? Sie lacht bitter und sieht zu Boden. "Ich... ich wollte ihnen immer gefallen", fährt sie bitter fort, "was eine Illusion". Etwas irritiert sehe ich sie an. "Wen meinst du, Ty?", frage ich verwirrt nach.

"Bitte lass uns ein Stück gehen. Ich kann nicht, wenn wir so stehen bleiben", flüstert sie fast schon. Ich nicke und deute auf die einsame Straße, die von dem Haus wegführt und sich in der ewigen Küstenlandschaft verliert. Sie wird von Palmen gesäumt, was dem ganzen einen total tropischen Look gibt. "Bist du diese Straße jemals bis zum Ende gegangen?", fragt sie mich, nachdem wir einige Schritte getan haben. Ich schüttle den Kopf. "Tagsüber ist es viel zu heiß dafür. Nikita fährt immer über diese Straße zum nächsten Ort", erkläre ich ihr dann. Sie nickt. "Little Pinecrest. Ein süßes Örtchen", beginnt sie zu erzählen. Sie will ablenken.

"Ty? Bitte erzähl, wer 'sie' sind", bringe ich sie zurück zum Thema. Sie lässt den Kopf hängen, während die Sonne beginnt, unterzugehen. "Also schön", setzt sie an, "Zeit für meine Lebensgeschichte". Ihre Stimme klingt irgendwie traurig. Und doch etwas erleichtert. Vielleicht freut sie sich, es endlich jemandem erzählen zu können. Sie holt tief Luft, als sie nach Worten sucht. "Du weißt ja, dass der große Krieg den gesamten Kontinent in Aufruhr gebracht hat. Und auch, dass er sich nicht auf einmal gelegt hat. Er spaltete sich in viele kleine Konflikte. Unter anderem auch in den Krieg zwischen Xi Tyang und Ryat", erklärt sie dann.

Ich nicke. Na klar, die berühmten Ryatkriege.

"Meine Familie hat dort gelebt. In Xi Tyang. Ich habe es ebenfalls, bis ich fünf Jahre alt war. Ich hatte zwei große Brüder. Einer Beta, einer Omega", fährt sie fort und lächelt leicht. "Unsere Eltern waren streng aber fair. Während seit fast einem Jahrzehnt überall der Krieg vorbei war verteidigte sich Xi Tyang unerbittlich gegen Ryats Angreifer. Es war Alltag. Es war total normal". Ihre Stimme verklingt erneut, während wir die Straße entlangschreiten. Langsam wird es zwielichtig. 

"Wir wussten, wir könnten es schaffen. Ryat war nicht so zäh, wie sie dachten. Doch alles kam anders", Tys Stimme bricht. Ihre Augen sind wässrig. Sie sieht mich an, dann wieder den Asphalt. Die Luft über diesem flimmert noch Leicht von der Hitze der Mittagssonne. Ich schlucke. Ich glaube ich weiß, was jetzt kommt. "Jessie Harvey gab den Befehl... ", versucht Ty es tapfer erneut, "sie gab den Befehl,... alle Streitkräfte Ryats mit Alpha-Streitkräften aus Alypolis aufzustocken". Ein ungutes Gefühl baut sich in mir auf. Ein sehr ungutes.

Ty schüttelt den Kopf, als wolle sie etwas leugnen. "Sie vielen über uns her. Jede Nacht wurde es schlimmer. Die Streitkräfte von Alypolis, die im Namen von Ryat kämpften, setzten alles in Brand, bombardierten die Häuser. Wir hatten keine Chance...", flüstert Ty ergeben. Ich bleibe stehen und sehe sie an. "Deine Brüder", hauche ich dann, woraufhin sie nickt. Ich schlucke und schließe sie dann in meine Arme. In meinen Augen haben sich auch Tränen gesammelt. Ich weiß, was Ty getan hat. Und ich weiß jetzt auch, was sie durchgemacht hat. Und auch wenn ich sie für ihre Taten hassen will...

ich kann es nicht.

"Sie wurden getötet, bevor wir flüchten konnten", schluchzt Ty gegen meine Schulter. "Ein... ein Alpha-Soldat aus Ryat hat sie getötet". Ich sage nichts. Zu überfordert bin ich mit der Situation. Das habe ich nicht erwartet. Ich habe noch nie von Tys Geschichte gehört, obwohl ich sie so lange kenne. Auf einmal kämpf sie sich aus meinen Armen frei, schnieft leicht und sieht mich dann tapfer grinsend an. "Entschuldige bitte", bringt sie dann heraus. Ich nicke nur und lächle ebenfalls etwas. "Ist okay... wieso hast du es mir nicht viel früher erzählt?", stelle ich dann die Frage, die mich schon die ganze Zeit beschäftigt.

Ty setzt sich wieder in Bewegung und sieht den Asphalt an. "Meine Eltern... sie schlossen sich verzweifelt dem Tribe an, nachdem wir in Shaneya das erste Mal mit ihm in Kontakt kamen. Und tatsächlich schafften sie es", Ty schnieft, "...schafften sie es, von Silverstone persönlich geehrt und als Spione in die SafeZone eingeschleust zu werden. Und naja...", sie endet mit einem leichten Grinsen und sieht mich an. "Dort traf ich dann auf einen fantastischen Freund", fügt sie noch hinzu. Doch dann verfinstert sich ihre Miene. "Doch meine Eltern hassten fortan alles, was mit den Alphas zutun hatte. Auch ich werde dieses Gesicht nie mehr vergessen. Dieser Alpha, der meine Brüder auf dem Gewissen hat...".

Ihre Worte rotieren in meinem Kopf.  Wir schweigen, während wir der Sonne beim Untergehen zusehen. "Ich verstehe", beginne ich schließlich leise. "Ich verstehe es jetzt. Deine ständige Abneigung. Dein ständiger Hass auf Scott und die anderen", füge ich hinzu und sehe sie an. Sie lächelt nur traurig und nickt. "Aber ich weiß, dass Scott niemand ist, der so etwas machen würde. Ich habe mich geändert", erwidert sie mit fester Stimme. Ich sehe wieder auf das glitzernde Wasser. "Ich...", beginne ich langsam, "ich muss dir auch etwas erzählen". Ich hole ebenfalls tief Luft.

"Auch ich habe schlechte Erfahrungen mit Alphas gemacht", beginne ich langsam. Ich spüre Tys Blick auf mir. Sie sagt kein Wort, sondern sieht mich nur an. "Du weißt ja, zu welcher Verbindung ich zu Silverstone stehe. Ich wurde ihr weggenommen, von Jessie Harvey. Ich wurde in eine widerliche Sklaverei gesteckt. Und da...", fahre ich fort, doch stocke. Bilder flimmern über meine Augen. Bilder, die immer in falscher Reihenfolge sind. Was ist damals passiert, verdammt? Eine Betonwand, Neonröhren, das Lager... unsicher taumle ich umher, während die Bilder mit der Realität verschmelzen.

"Leo!", höre ich Ty von irgendwo da draußen. Ich sehe mich um. Ich bin nicht mehr auf der Küstenstraße. Ich bin im Betongang. Die Wände sind kahl und karg. Vor mir befindet sich endloses Dunkel, in das der Gang mündet. Links von mir zweigt eine Türe ab. Ich kann Stimmen hören. Vorsichtig nähre ich mich der angelehnten Tür aus der das Licht strahlt. "Ich habe dir gesagt, du sollst den kleinen Bastard finden!", schallt eine arrogante und aufgebrachte Stimme heraus. Ich zucke etwas zurück. Was geht hier vor? Wer soll wen finden?

"Ich... ich habe Lydian schon drauf angesetzt, Sir", erwidert eine andere, jüngere und ängstlichere Stimme. Ich starre den Lichtstreifen auf der anderen Korridorseite an, der durch die leicht geöffnete Tür entsteht. Doch ich nehme ihn nicht wirklich wahr. Der Name rotiert in meinem Kopf. Noch nie war eine der Visionen so klar wie diese. Sein Name ist Lydian. Der große, böse Mann. Der mich jedes Mal wieder im Keller einfängt. Sein Name ist Lydian! Sein Name ist Lydian!

Die Wände lösen sich auf und bilden sich neu zusammen. Ich sehe mich um. Ein modriger Geruch. Metallregale stehen herum. Kartons sind auf dem Boden verteilt. Die Neonröhre flackert über mir. Auf einmal öffnet sich die schwere Metalltür. Ich stolpere etwas zurück, als ein kleiner Junge hineinläuft. Die Wände beginnen, sich erneut aufzulösen. Nein! Noch nicht! Ich muss sehen, was passiert! Ich muss sehen, was mit mir passiert! Der Junge flüchtet panisch hinter einige Regale und spinkst durch sie hindurch.

Mit einem Ruck fliegt die Tür erneut auf, doch da verwirbelt alles in Nebel, als hätte der Schwung eine Unmenge an Staub aufgewirbelt. Nein! Verdammt! Bleibt stehen! Ich sehe grade noch, wie der unheimliche Mann auf den Jungen zustampft. Er hebt ihn hoch und schreit ihm ins Gesicht, schlägt ihn ein paar Mal. Dann verschwindet alles endgültig im Staub. Ich starre die Wirbel an, als hätte ich gerade einen verstörenden Film gesehen. Etwas hat sich geändert. Normalerweise würde ich es aus meiner Perspektive erleben, nicht als Zuschauer.

Auf einmal durchzieht mich ein Ruck. Der Nebel legt sich, ich stehe in einer Halle. Mein Blick fällt auf eine Gruppe Kinder, welche alle an den Händen gefesselt wurden. Sie stehen ordentlich in einer Reihe und sehen zu Boden. "Welch gute Ausbeute", schallt eine ohrenbetäubende Stimme durch den Raum. Ich halte mir die Ohren zu und versuche, die Stimme ausfindig zu machen. Die Kinder sehen weiterhin verängstigt zu Boden. "Ja, Mrs. Harvey. Wir sind außerordentlich zufrieden", erwidert ihr die Stimme aus dem Korridor von vorhin. 

Meine Augen weiten sich. Das ist Jessie Harvey! Es geht nicht anders! Ich muss hier raus! Muss hier weg. Ehe ich mich versehe stehe ich selber in der Reihe an Kindern. Ich starre den schmutzigen Boden an. Bitte! Irgendjemand! Rettet mich! Jessie Harvey hatte es alles in der Hand! Mein Schicksaal, Tys Schicksaal, Scotts Schicksaal! Ihr ist es zu verdanken, wie viele Leben zerstört wurden! Ausgelöscht, verbrannt wurden! Bei ihr laufen die Fäden zusammen! Sie hat die Underground-Labs erschaffen! Sie hat die Omega-Kinder entführen lassen! Ich will weg, bitte!

Auf einmal durchzieht mich ein weiterer Ruck. Ich fahre herum, als sich alles in Nebel auflöst. Zwei Augen sehen mich an. Zwei Hände halten meine. Unendliches Grün. Diesen Farbton würde ich unter Millionen erkennen. "Scott?", wispere ich in die ungreifbaren Farben. Ich erkenne schemenhaft, wie er lächelt. Langsam materialisieren sich seine Konturen. Dann nickt er leicht, während er immer noch meine Hände hält. Er hält sich einen Finger vor die Lippen, während wir wie in einem Turbo-Aufzug in die Höhe schießen.

Irgendwo durch das Rauschen höre ich Ty meinen Namen rufen. Ich schließe die Augen und lasse mich von Scott an die Oberfläche des Bewusstseins zurücktragen. Es ist wie als würde ich in kalte Luft eintauchen. Als würde Eis zerbrechen. Scott verschwindet in den Nebelschwaden. Doch hat er mir genug Schwung gegeben, dass ich selber bis ganz nach oben komme. Und dann schlage ich die Augen auf. Ich atme schwer. Ty und Nikita haben sich über mich gebeugt. Ich liege auf dem warmen Asphalt, schwer atmend.

"Mein Gott, hast du uns eingejagt einen Schrecken", atmet Nikita erleichtert aus und hebt mich dann sachte mit beeindruckender Kraft hoch. Ty hopst aufgeregt um uns herum. Währenddessen überkommt mich eine unglaubliche Müdigkeit. "Es war alles... Jessie Harvey... sie... ist es Schuld...", hauche ich kraftlos. Und dann lächle ich leicht. Scott hat mich gerettet. Ein zweites Mal. Und beim zweiten Mal war er nicht mal anwesend. Er ist wirklich mein Mate. Sogar tausende Kilometer können das nicht ändern.

...

PoV. Scott

Ich schrecke auf und starre meine Zimmerdecke an. Mein Herz rast wie nach einem Marathon. Ich schwinge die Beine aus meinem viel zu großen Bett und stolpere hastig ins Badezimmer. Nachdem Eva mich betrunken gemacht hat wollte ich früh schlafen gehen. Doch der Traum grade hat mich wieder wachgemacht. Was um alles in der Welt ist da passiert? Die Spiegelbeleuchtung dimmt sanft an, als ich in das Zimmer stolpere. Ich starre mich selber an. Ich habe ihn gesehen. In einer Halle, mit einigen anderen. Er hat gezittert und geweint. Meine Großmutter war auch da.

Er hat geschrien, jemand solle ihn retten. Es hat sich so verdammt real angefühlt. Es war unmöglich nur ein Traum. Mein Spiegelbild sieht völlig fertig aus. Ich spritze mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht und beruhige mich langsam. Ich kann immer noch nicht verarbeiten, was da passiert ist. Auf jeden Fall hat Jessie eine wichtige Rolle gespielt. Die große Heldin des Kontinents. Wie in Trance verlasse ich das Badezimmer, stolpere zurück in mein eigenes Zimmer und steuere die Tür an. Ich will zurück zu Jason. Ich muss es ihm erzählen. 

Während ich durch den Flur wanke komme ich an den Gemälden von König Elijah Harvey vorbei. Heroisch streckt er sein dämliches Schwert in die Höhe. Angeblich soll er die Welt von allem Unheil befreit haben. Doch sein eigener Sohn, Prinz Nico, hat sich gegen ihn gewendet und seine Lügen aufgedeckt. Einer der größten Verrate unserer Geschichte. Doch ist das alles jetzt egal. Ich wanke die Treppe hinunter. Draußen schneit es immer noch. Es ist komplett dunkel. Die Eingangshalle ist nur matt beleuchtet. Obwohl ich kein Shirt trage, ist mir warm. Viel zu warm.

Ich steuere das Wohnzimmer an. Ich muss mit Jason reden! Unbedingt. Ich lege meine Hand auf die Klinke. Mit irgendjemandem muss ich doch reden. Ich drücke die Klinke hinunter. Ich muss das unbedingt loswerden! Ich reiße die Türe auf und setze an, doch stocke. Ich starre die beiden an. Jason und Rae. Eva ist nicht hier. Nur die Beiden. Mein Kopf ist kurz leergefegt.

"Stör' ich?"

(2790 Words)

...

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