63

Ardy

"Robert! Hallo, lange nicht gesehen.", begrüßte Peter ihn überrascht. "Du kennst Ardy?"
"Ja... Er ist mein Sohn."
Ich bin nicht dein Sohn.
"Ach, ja wir haben gerade kurz drüber gesprochen. Was ein Zufall ihn genau hier zu sehen, was?"
"Mhm...", sagte ich nur genervt.
"Ich hätte dich hier nicht erwartet. Warum bist du hier?"
"Ich bin mit Taddl hier."
"Taddl?"
"Meinem Freund."
War das gerade der wohl denkbar schlechteste Zeitpunkt ihm von unserer Beziehung zu erzählen? 
Ja.
Tat ich es trotzdem?
Auf jeden Fall.
"Wer weiß Robert, vielleicht sind wir beide dann bald mal Trauzeugen.", witzelte Peter.
"Trauzeugen?", fragte Robert etwas wütend. "Moment, Taddl und du? Ein Paar?"
"Jap."
"Und du tolerierst das einfach so?", fragte er nun Peter. "Dass dein Sohn hier ist mit einem Jungen? Schwul? Ardy, spinnst du eigentlich?!"
"Hey, Robert. Fahr mal einen Gang runter.", sagte Peter. 
"Wie soll ich denn dabei ruhig bleiben? Mein Sohn sagt mir gerade, dass er eine Schwuchtel ist? Tickst du nicht mehr richtig?"
Ich bin nicht dein Sohn.
"Doch, schon.", sagte ich ruhig.
"Robert, es reicht jetzt! Sei doch einfach mal froh, dass dein Sohn in einer glücklichen Beziehung ist."
Ich bin nicht sein Sohn.
"Darüber sprechen wir ein anderes Mal. Nicht hier."
"Mhm.", sagte ich nur mit verschränkten Armen.
Wir werden gar nicht mehr miteinander reden.
"Robert? Alles okay?", fragte eine ekelhafte weibliche Stimme, bei der ich fast gekotzt hätte.
Natalie.
"Ja, alles gut. Ich habe gerade nur Ardy und einen alten Kollegen getroffen. Das ist Peter."
"Hallo, Natalie. Wir kennen uns ja schon. Ihr seid zusammen hier?", fragte Peter.
Sag jetzt nicht ja. Sag nicht ja.
Wenn er ja sagt, darf ich nicht ausrasten. Ich muss ganz ruhig bleiben. Taddl wird mich sonst für immer hassen.
"Ja.", antwortete er.
"Oh! Ich wusste ja gar nicht, dass ihr ein Paar seid."
"Sind sie nicht.", antwortete ich ruhig und wütend.
Peter drehte sich fragend zu mir um.
"Sie ist nur seine Affäre. Er ist eigentlich mit Karin zusammen und hat ja auch noch zwei Kinder zuhause. Nicht wahr?"
"Ardy....", sagte Robert warnend.
"Was? Ist doch so. Lille kommt ja nicht umsonst zu mir und erzählt mir alles."
"Ardy, hör sofort auf!"
"Nein, Robert, du hörst auf!", sagte Peter mit harscher Stimme. "Ich weiß schon warum ich den Kontakt zu dir nie gehalten habe. Du bist immer noch der gleiche Arsch von früher. Und das ist mittlerweile fast 20 Jahre her. Ich dachte wirklich, dass du dich so langsam geändert hast und erwachsen geworden bist. Aber stattdessen versaust du immer noch dein ganzes Leben und verletzt jeden in deinem Umfeld."
Wow, das war hart. Aber es gefiel mir. Anscheinend hatte nicht nur ich diesen Eindruck von ihm.
"Nein, nein. So ist das nicht.", sagte Robert. "Ardy, will nur-"
"Hör auf ihn damit reinzuziehen.", unterbrach Peter ihn. "Du willst ihn jetzt als Ausrede benutzen, damit du besser dastehst. Aber das ist nicht, Robert."
Ich sah im Augenwinkel, dass Taddl auf mich zukam und eine Hand um eine Hüfte legte.
"Ähm... Was ist hier los?", flüsterte er mir in mein Ohr.
"Psst, es wird gerade spannend."
"Entweder du änderst dich jetzt endlich oder du wirst alles in deinem Leben verlieren. Einschließlich deinem Sohn."
Ich bin nicht sein Sohn und er hat mich schon lange verloren.
"Es wäre besser, wenn ihr jetzt geht.", sagte ich. "Sonst gucken die Leute gleich."
Das Argument scheint ihm anscheinend zu reichen. Ohne ein weiteres Wort verschwanden die beiden.
Also ich hätte ja mit allem gerechnet aber nicht damit, dass Taddls Vater zu mir steht. Der Mann, der mich anfangs gehasst hat.
Was für eine Ironie.
"Ich hätte echt gedacht, dass er sich geändert hat...", sagte Peter an mich gewandt und klang dabei ein wenig enttäuscht.
"Du kanntest ihn?"
"Von früher. Lange Geschichte. Er hat damals schon seine Freundinnen nach Strich und Faden betrogen und tut es anscheinend immer noch."
"Alter, was hab ich in den letzten paar Minuten verpasst?", fragte Taddl verwundert.
"Ardy und ich haben uns kennengelernt. Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass er einen sehr guten Einfluss auf dich hat."
"Hast du getrunken?"
Peter und ich fingen an zu lachen. 
"Tut mir leid, dass ich nicht eher gesehen habe wie gut Ardy dir tut und was für ein netter junger Mann er ist. Ich war blind von den ganzen Vorurteilen. Aber die sind mit diesem Abend alle wie weggeblasen. Und jetzt lasst uns darüber nicht weiter reden und den Abend genießen."
Soweit man den überhaupt genießen konnte. Spannender als die Begegnung mit Robert wird es garantiert nicht mehr.

(...)

Da Taddls Eltern mich nun mochten, beschlossen wir einfach bei Taddl zu übernachten.
Erschöpft ließ ich mich ins Bett fallen.
"Was ein Tag.", stöhnte ich. "Erst die Nachricht von Colin und dann tauchte auch noch Robert auf."
"Colin?", fragte Taddl verwirrt.
"Achja, da gibt es etwas, was ich dir noch nicht gesagt habe."
Ich erzählte Taddl schnell alles, was Ilja und Killian mir erzählt hatten und Taddl schaute ungefähr genauso geschockt wie ich.
"Die sind krank."
"Colin auch. Ich würde lügen, wenn ich mich nicht freue, dass er dahinten jetzt ist. Wir haben endlich Ruhe vor dieser Evolutionsbremse."
"Wo holst du nur diese Wörter her?", fragte Taddl lachend.
"Erfahrung."
Ich legte meinen Kopf auf Taddls Brust ab und schaute an die Decke.
"Soll ich dir mal was cooles zeigen?", fragte er.
"Sexuell?"
"Nein."
"Dann ist es bestimmt langweilig."
Er schnappte sich eine Fernbedienung die neben ihm lag und drückte einen bestimmten Knopf. Die Decke fing an zu leuchten und man hatte das Gefühl, dass man unter einem Sternenhimmel liegt.
"Sowas kommt also dabei raus, wenn man zuviel Geld hat?"
"Arsch.", sagte er lachend und schlug mich.
"Du wirst immer frecher."
"Dann musst du dich halt wehren."
"Das würde ich tun, wenn ich nicht so müde wäre."
"Du und müde? Sowas gibt es?"
"Ja, manchmal. Liegt an dir, weil du mir alle Nerven raubst."
"Du mir auch."
Er gab mir einen Kuss auf den Kopf. Wir verschränkten unsere Hände ineinander und starrten einfach nur auf diese Decke, während der Regen beruhigend ans Fenster klatschte. 

Ich konnte mir gerade kein besseres Leben vorstellen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top