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Ardy
"Du siehst heiß aus.", sagte ich zu Taddl.
"Du auch."
"Nein, ich sehe aus wie ein Spast."
"Hör auf. Das stimmt nicht."
Taddl gab mir einen Kuss auf die Stirn.
Wir standen vor einem verfickt großen Haus und waren tatsächlich zu spät.
Aber das war nicht meine Schuld! Wir standen tatsächlich wegen einem Unfall in einem Stau, auch wenn das wie eine Ausrede klang.
"Meine Eltern sind jetzt schon sauer.", meinte Taddl, als wir uns auf das Haus zu bewegten.
"Du kannst da doch auch nichts für, dass da ein Stau war."
"So siehst du das. Aber meine Eltern denken so nicht."
"Dann entschuldige dich einfach mit den Worten, dass da mehrere Rettungswagen und Polizisten und ein Hubschrauber die Straße versperrt hatten, weil sie um ein Menschenleben gekämpft hatten."
"Wow, das klingt hart."
"Ist aber die Wahrheit gewesen."
"Ja, ersparen wir ihnen lieber diese Details."
Im Haus wurden wir als erstes mit einem Sekt empfangen, welchen wir beide dankend annahmen. Das Haus war so groß, dass ich mir garantiert in den ersten paar Minuten darin verirren werde und elendig in einem Keller sterben muss, weil mich keiner finden wird.
Okay, vielleicht ein wenig übertrieben. Aber verlaufen werde ich mich trotzdem.
"Da drüben sind meine Eltern."
Anne sah uns zuerst, aber ich konnte ihren Blick nicht zuordnen. Aber ich denke sie war sehr überrascht Taddl und mich zusammen zu sehen.
Während wir auf Taddls Eltern zuliefen, nahm Taddl meine Hand in seine.
Okay, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet. Aber ich war stolz auf ihn, dass er zu uns stand und den Mut hatte es allen so öffentlich zu zeigen. Höflich grüßten wir seine Eltern.
Sie grüßten uns zwar nicht ganz so höflich zurück, aber das war schon okay.
Schneller als gedacht wurden Taddl und ich in ein Gespräch von einem Geschäftsmann verwickelt. Ich interessierte mich wirklich absolut nicht für seinen Umsatz und seine Aktien, bemühte mich aber interessiert zu klingen.
Taddl hatte das schon besser drauf. Er stellte sogar Fragen zu seiner Geschichte.
Interessierte er sich wirklich für den Scheiß, den der Typ da gerade von sich gibt?
Immer wieder bemerkte ich "heimliche" Blicke von Taddls Vater auf mir. Aber diese ignorierte ich gekonnt.
Nachdem der Typ endlich fertig mit seinem Gelaber war, verschwand er.
"Du hattest echt Bock auf das Thema, was?", fragte ich.
"Absolut nicht. Ich weiß nur, wie man interessiert tut."
"Okay, ich weiß nicht ob mich das jetzt unbedingt beruhigt. Woher weiß ich denn jetzt, dass du dich für meine Gespräche interessierst?"
Taddl fing an zu Lachen. "Keine Sorge. Ich interessiere mich für alles, was du mir erzählst."
"Hmm... Davon muss ich mich erst selbst überzeugen."
Gerade als ich dachte, dass wir uns nichts mehr über Aktien anhören müssen, kam der nächste Wichtigtuer an.
"Ich geh mal kurz in den Garten.", sagte ich zu Taddl und strich dabei über seinen Oberarm.
Ich musste mich unbedingt selbst vor diesem langweiligen Gespräch schützen.
"Alles klar."
Er schenkte mir ein Lächeln und drückte noch einmal meine Hand, bevor ich verschwand.
Den Garten zu finden war Gott sei Dank nicht so schwer. Außerdem war ich sehr beruhigt als ich sah, dass mehrere Leute hier draußen im Garten standen zum Rauchen.
Ich entfernte mich ein wenig von den ganzen Leuten, damit sie mich nicht volllabern. Ohne Taddl war ich bei diesen Themen aufgeschmissen. Ich lehnte mich an einen Zaun von welchem ich auf einen Reiterhof gucken konnte.
Während ich meine Zigarette genoss, beobachtete ich die Pferde. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es Leute gibt die gerne zu so einer komischen Feier gehen. Was wird hier überhaupt gefeiert?
Wer hat den dicksten Schwanz mit dem meisten Geld?
Da gefielen mir die Partys auf die ich sonst gehe, viel besser. Da gab es wenigstens vernünftigen Alkohol.
Ein paar Minuten war ich alleine und überlegte wie ich Taddl in diesem riesigen Konstrukt, was man Haus nannte, gleich wiederfinden sollte.
"Taddl hat sich verändert."
Ich schaute nach links um zu sehen, von wem dieser Satz kam.
Taddls Vater.
Natürlich. Wen habe ich denn erwartet?
"Seid er dich kennt.", fügte er noch hinzu.
Ich will jetzt ein Arsch sein, auch wenn dieser Typ eigentlich mal eine fette Beleidigung verdient hätte.
"Kann sein.", sagte ich nur und nahm einen weiteren Zug von meiner Zigarette.
"Ernsthaft Ardy."
Boah, will er mir jetzt wirklich eine scheiß Predigt halten? Er kann doch froh sein, dass sein Sohn kein Spießer ist und Spaß in seinem Leben hat. Aber stattdessen will er mich schlecht reden und mich wahrscheinlich dazu bringen mit ihm Schluss zu machen.
Ich weiß genau was er als nächstes sagen wird. Dass ich ein schlechter Einfluss bin, ihn nur ins Verderben reiße und ich mich gefälligst von ihm fernhalten soll.
"Ich habe euch gerade beobachtet. Er ist ganz anders. Er sieht viel..."
Viel glücklicher aus? Das ist er nämlich auch, weil er sich nicht mehr unterkriegen lässt und endlich zu sich selbst gefunden hat.
"...glücklicher aus."
Verwirrt schaute ich zu ihm rüber. Okay, ich habe nicht damit gerechnet, dass er das jetzt wirklich sagt.
"Er ist offener geworden und auch mutiger."
Taddls Vater lachte kurz. "Er hat mir echt die Stirn geboten und wollte unbedingt, dass du mitkommst."
"Kann ich mir vorstellen."
"Ich wollte es ihm ausreden. Ich wollte ihn zur Vernunft bringen, dass du nicht gut für ihn bist. Dass er eine Frau braucht, so wie es sich gehört. Aber er hat die ganze Zeit für dich eingestanden und dich verteidigt."
Taddls Vater machte eine Pause und schaute zu dem Reiterhof. Danach wieder zu mir.
"Am Anfang dachte ich mir, es kann doch nicht sein, dass Taddl jetzt so verkommen ist. Ich habe mich gefragt warum er nicht an seine Zukunft mit Kindern denkt. Ich habe mir Sorgen darüber gemacht was die Anderen von uns denken sollen."
Taddls Vater schüttelte mit dem Kopf.
"Aber die ganze Zeit über lag das Problem bei mir. Ich habe etwas falsch gemacht."
Wieder schaute er zu den Pferden und ich war gespannt was jetzt kam. Es sah irgendwie so aus, als wäre er in einem Konflikt mit sich selbst.
"Ich habe ihm nicht richtig zugehört. Ich bin nicht auf seine Wünsche eingegangen. Aber du hast es getan, Ardy. Du hast ihm zugehört und ihm gezeigt wie die Welt wirklich sein kann. Das Einzige was ich ihm gezeigt habe, war das Geld, die Karriere. Und du hast ihm genau das Gegenteil gezeigt. Die wahre Welt ohne viel Geld."
Alter, was wird das hier gerade? Fehlt nur noch, dass er vor mir auf die Knie geht und mich fragt ob ich seinen Sohn heiraten will.
Dann bin ich aber sowas von raus hier.
"Ich will mich aufrichtig bei dir entschuldigen."
Bin ich high? Hab ich irgendwas eingeworfen und kann mich nicht dran erinnern? Nein, dafür habe ich einen zu klaren Kopf.
"Ich habe dich die ganze Zeit falsch eingeschätzt und dir gar keine Chance gegeben dich richtig kennenzulernen. Ich vertraue Taddl und ich habe es noch nie gesehen wie er so sehr für jemanden einsteht. Wie gesagt, er ist wirklich glücklich und offen, seid du in sein Leben getreten bist. Danke Ardy. Danke, dass du für ihn da bist."
"Ähm... Klar, kein Problem."
Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich keine Ahnung hatte was ich sagen sollte.
Plötzlich hielt er mir auch seine Hand hin.
"Peter. Freut mich dich kennenzulernen."
"Mich freut es auch."
Langsam nahm ich seine Hand entgegen.
"Und bevor es unangenehm wird, du darfst mich gerne duzen. Nein, ich bestehe darauf."
"Das sollten wir hinkriegen.", sagte ich leicht lachend.
"Dann erzähl mir mal ein wenig über dich. Wer sind denn deine Eltern? Was hast du nach der Schule vor?"
Ich erzählte ihm alles offen und ehrlich. Okay, das mit Robert ließ ich aus. Ich erwähnte nur kurz, dass wir keinen Kontakt haben.
Er hörte mir wirklich interessiert zu oder er war ein genauso guter Schauspieler wie Taddl.
Doch er verzog nicht mal eine Miene, als ich ihm sagte, dass ich noch keine Ahnung habe, was ich nach der Schule machen will. Ich aber mit dem Gedanken spiele im Tattoostudio bei uns einzusteigen.
Wir unterhielten uns wirklich gut, bis eine dritte Person dazukam.
"Ardy? Was machst du denn hier?", fragte Robert.
Fuck...
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