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Ardy

"Hattest du wenigstens Spaß?"
"Ja! Kann ich nochmal mitkommen?"
"Klar, kriegen wir hin, aber erzähl es nicht deinen Eltern."
"Mach ich nicht. Das wird unser Geheimnis bleiben."
"Dann geh mal hoch duschen. Und ich wasche solange dein Kleid, damit keiner mitkriegt, dass du dich dreckig gemacht hast."
Lille nickte, reichte mir ihr Kleid und lief nach oben. Ich ging solange in die Waschküche und schmiss ihr Kleid hinein. Dann ging ich in die Küche um Lille und mir eine Limonade zu machen.
Meine Mom hat diese früher für mich gemacht und man brauchte nur drei Zutaten.
Tatsächlich waren alle diese Zutaten im Haus. Hätte mich auch gewundert, wenn nicht. Aber in diesem Haushalt weiß man ja nie. 
Plötzlich hörte ich einen extrem lautes Geräusch. Es klang so als hätte jemand eine Nachricht bekommen. Wer war hier denn so schwerhörig?
Ich füllte die Limonade in eine Karaffe um und wieder kam dieser nervige Ton.
Okay, wo kam der Scheiß her? Das ist ja nicht auszuhalten.
Erst als der Ton zum dritten Mal erschien, bemerkte ich, dass es von dem Laptop aus dem Wohnzimmer kam. Dieser war geöffnet, nur der Bildschirmschoner war an.
Ich weiß, ich sollte nicht dran gehen, aber ich muss diesen bescheidenen Ton etwas leiser drehen. Der PC war nicht passwortgesichert, was mich wunderte, aber okay.
Sofort ploppte ein Fenster mit einem Chatverlauf auf.

Wo bist du? Warum bist du nicht im Büro? Ich wusste nicht, dass du eher Feierabend machst.

Eher Feierabend? Die Nachricht wurde um 14 Uhr geschickt. Wenn er eher Feierabend gemacht hat, warum hat er Lille dann nicht vom Kindergarten abgeholt?

Robert, es sieht immer schlechter aus.
Melde dich bei mir!

Diese drei Nachrichten hat irgendeine Natalie geschrieben. Warum schrieb sie mit meinem Vater? Da ich ein wenig neugierig war, scrollte etwas weiter nach oben.

Robert
Hab ihn kennengelernt, aber er vertraut mir überhaupt nicht.
Natalie
Nur Geduld. Das kommt schon noch, wir machen das Schritt für Schritt. Ardy ist die einzige Chance diese Firma zu retten.
Robert
Ich weiß. Aber was ist, wenn er gar nicht will? Ich kann ihn doch nicht zwingen.
Natalie
Das musst du auch nicht. Er wird von selbst wollen. Das Angebot kann er doch gar nicht abschlagen. Er wird der zweite Chef werden, einer riesigen Firma und einen Haufen Kohle verdienen. 
Robert
Du hast Recht. Ich hoffe nur, dass er bald anfängt mir zu vertrauen. Er muss einfach.
Natalie
Und sobald er das tut, kannst du dich entspannt zurücklehnen, sehen wie die Aktien wieder steigen und das Geld von zuhause einkassieren.
Robert
Ich hoffe es klappt, wie wir es uns vorstellen. Ich melde mich sobald es was Neues gibt.

Ich musste mich gerade wirklich zusammenreißen nicht alles klein zu schlagen. Ich wusste es. Ich habe es von Anfang an gewusst. Er wollte mich nie kennenlernen um ein guter Vater zu sein. Er wollte nur, dass ich seine verfickte Firma übernehme, damit er nicht pleite geht und gleichzeitig weniger Arbeit hat. 
"Was ist das?", fragte Lille, welche in der Küche stand.
Ich lief zu ihr und versuchte mir nichts anmerken zu lassen.
"Ich hab uns Limonade gemacht.", sagte ich und schenkte ihr ein Glas ein.
Sie setzte sich neben mich auf einen der Hocker und trank ein Schluck.
"Haben du und Taddl sich wieder vertragen?"
Ich schüttelte langsam den Kopf. "Nein. Und ich glaube das werden wir auch nie wieder."
"Nur, weil du jemand anderen geküsst hast?"
"Ja. Das war nicht okay, was ich getan habe. Ich hab Taddl damit verletzt."
"Oh..." Sie schaute in ihre Limo und ich sah genau, dass sie etwas bedrückte.
Warum sonst fragt sie so oft nach ob Taddl und ich uns wieder vertragen haben.
"Lille, was ist los?"
"Nichts.", sagte sie und sofort erhellte sich ihr Gesicht wieder.
Sie war ne verdammt gute Lügnerin. Aber das war ich auch, deswegen erkannte ich einen Lügner.
"Du lügst. Warum fragst du mich das immer? Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst oder?"
Sie stellte ihre Limonade weg und fing an, an ihren Fingern zu knibbeln. Ich musste ein wenig Grinsen, da ich genau das auch immer tat, wenn ich jemandem etwas beichten musste oder nervös war.
"Ich hab Papa versprochen es niemandem zu sagen..."
"Ich will dir nur helfen. Ich sehe doch, dass dich etwas belastet."
"Ich hab Papa und eine andere Frau gesehen. Und sie haben sich geküsst."
Okay, Ardy. Ganz ruhig bleiben. Lille kann da nichts für. Raste jetzt nicht aus.
"Wann war das?"
"Ist schon länger her. An dem Tag hat er mich vom Kindergarten abgeholt. Und einmal da war Mama am Wochenende mit ihren Freundinnen weg. Da kam diese Frau auch Abends. Isabel und ich waren schon im Bett, aber ich konnte nicht einschlafen und als ich ins Wohnzimmer gegangen bin, hat Papa sie wieder geküsst. Papa hat dann zu mir gesagt, dass ich im Zimmer bleiben soll, weil er wichtige Sachen mit der Frau machen muss. Und ich soll niemandem davon erzählen, weil sonst ist Mama sauer und es kann sein, dass ich Papa danach nie wieder sehe..."
Ich sah, dass Lille mit den Tränen kämpfte.
"Ich will nicht, dass Mama und Papa sich wegen mir trennen."
Dieser Wichser. Er hat sich die ganzen Jahre kein Stück geändert.
Ich stand von meinem Hocker auf, nahm Lille auf den Arm und umarmte sie.
"Du kannst da nichts für.", beruhigte ich sie. "Papa hat einen Fehler gemacht, genau wie ich."
"Aber du darfst nichts erzählen."
"Ist okay..."
Ich kann aber nicht versprechen, dass ich ihm nicht eine reinhaue.
"Und das nächste Mal, wenn du irgendwas hast, dann erzählst du es mir sofort, ja?"
Lille nickte mehrmals.
"Hallo!", hörte ich seine verfickte Stimme durch die Tür. "Ist alles okay bei euch?"
Ich ließ Lille wieder runter und beugte mich zu ihr.
"Tust du mir einen Gefallen? Ich muss noch unbedingt mit Dad über die Schule sprechen. Gehst du in deinem Zimmer spielen?"
Lille nickte, lächelte ihren Vater an und ging hoch in ihr Zimmer.
"Ist alles gut bei ihr?"
"Du bist so ein Wichser.", sagte ich leise, damit Lille es nicht hörte.
Erst, als ich sicher war, dass ich hörte wie ihre Zimmertür zugemacht wurde, wurde ich lauter.
"Du wolltest mich nicht kennenlernen um ein guter Vater zu sein. Es geht dir nur ums Geld, richtig?"
"Was? Was redest du?"
"Ach, jetzt lüg hier nicht herum. Du bist so dumm und hast deinen PC offen gelassen. Da hab ich die Nachrichten von dir und dieser Natalie gelesen. Fickst du sie auch?"
"Ardy, ganz ruhig, ich wollte es dir noch erzählen."
"Mir was erzählen? Dass du mich nur ausnutzen wolltest?!"
"Nein, so ist das nicht. Du musst mich auch verstehen. Ich habe mir diese Firma ganz alleine aufgebaut und sie ist kurz davor pleite zu gehen. Du als zweiter Chef würdest uns nochmal mehr Geld einbringen und ich würde von Hause arbeiten und dann-"
"Halt die Fresse! Ich will das nicht hören. Du wolltest mich nur ausnutzen. Wenn es bei deiner Firma gutlaufen würde, hättest du dich bis heute nicht bei mir gemeldet, oder?! Sag mir die Wahrheit!"
"Ja, du hast Recht. Aber-"
"Nein! Ich will keine Ausreden hören. Schlimm genug, dass du mich verarschst! Aber dann muss ich von Lille erfahren, dass du eine andere Frau fickst?!"
"Scheiße..."
"Du sagst es! Du bestichst deine eigene Tochter! Du bist einfach nur widerlich! Aber hätte mir klar sein sollen, dass du keine Ahnung von guter Erziehung hast. Du hattest schließlich auch kein Bock auf mich!"
Ich war so sauer, dass ich die Karaffe mit der Limonade auf den Boden schmiss. Und tatsächlich tat das gerade echt gut meine Wut so rauszulassen. 
"Du lernst nicht aus deinen Fehlern!", schrie ich ihn weiter an. "Erst betrügst du deine erste Frau mit meiner Mom und jetzt deine zweite Frau. Du kannst nichts, außer Familien zu zerstören!"
Meine Wut baute sich immer weiter auf und ich lief durch die Wohnung.
"Ardy..."
"Zwingst du diese Frau auch ihr Kind abzutreiben, wenn sie schwanger wird?! So wie du Mom zwingen wolltest?!"
Ich schmiss eines der Familienbilder runter, welches an der Wand hing. Das Glas zersplitterte in mehrere Teile.
"Jetzt komm wieder runter..."
Er kam auf mich zu, was ein Fehler war. Er kannte mich wirklich nicht. Man sollte mir nicht zu nahe kommen, wenn ich wütend bin. Er streckte eine Hand nach mir aus.
Doch bevor er sich versah, hatte er meine Faust auch schon im Gesicht.

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