42

Ardy

Alles sah aus wie sonst auch. Sogar Lille. Sie war nicht mehr im Pyjama, sondern hatte sich eine Hose und einen Pullover angezogen. Ich hingegen sah aus wie immer. Aber mir war auch egal, was sie über mich dachten.
"Es sah aus als würden Taddl und du euch wieder verstehen.", sagte Lille.
"Hm... ich denke nicht, dass wir uns verstehen. Er will nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich kann es ihm nicht verübeln."
"Aber kann es auch sein, dass er dir vergibt obwohl du jemand anderen geküsst hast? Passiert das manchmal?"
Ich wunderte mich über ihre Frage. "Weißt nicht. Bestimmt gibt es Leute die sowas verzeihen."
"Ah... okay."
"Warum fragst du das?"
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da mehr hintersteckte.
"Nur so. Ich mag Taddl und dich. Und vielleicht kann Taddl ja mal wieder dazukommen. Aber, wenn ihr euch nicht versteht, dann nimmst du ihn nicht mit hierher oder?"
"Nein, Lille. Tut mir leid."
"Aber du kommst doch nochmal oder?"
"Ja, ich komm nochmal wieder."
Wir hörten wie sich die Haustür öffnete und Karin kam herein.
"Hey, ihr beiden."
"Mama!", rief Lille glücklich und umarmte sie.
"Na, wie geht's dir?"
"Gut! Was ist mit Papa?"
"Es geht ihm gut soweit. Hattet ihr Spaß?"
"Ja! Ardy muss nochmal kommen, okay?"
Karin schaute mich lächelnd an, was ich aber nicht erwiderte.
"Ja, das kriegen wir bestimmt mal hin."
"Gut, dann geh ich jetzt mal." 
Ich schnappte mir meine Jacke und zog sie an.
"Ardy, ein Moment.", hielt Karin mich auf. "Ich soll dir das hier noch von deinem Vater geben."
Sie drückte mir 50€ in die Hand. Sein Ernst? Ich will dieses dreckige Geld nicht. Aber damit kann mal wenigstens Feuer machen. Also nahm ich es einfach und steckte es ein.
"Es geht ihm soweit gut. Er muss noch zwei Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Aber die Tests heute morgen zeigen, dass er nochmal Glück gehabt hat. Er ist im Klinikum auf der Südseite, falls du ihn Besuchen willst."
Das werde ich ganz bestimmt nicht. 
"Okay.", sagte ich nur und verschwand dann.
Es war immer noch arschkalt und ich entschloss einen anderen Weg zu nehmen, da dieser eventuell sogar kürzer sein könnte. Kann aber auch sein, dass ich mir das nur einbilde. Dieser Weg führte an Colins Haus vorbei. Ich sah etwas genauer hin und bis jetzt sah es nicht danach aus, als wäre dort jemand ausgezogen. Oder es sind schon wieder neue Leute dort eingezogen.
"Ardy.", hörte ich eine Stimme hinter mir.
Sofort ging mein Puls schneller und die Wut rauschte durch meinen Körper.
"Wie läuft es mit Taddl?", fragte Colin grinsend.
Sofort ging ich auf ihn zu und schlug ihm ins Gesicht. Er taumelte zurück und hielt sich die Nase. Doch das interessierte mich nicht. Ich stürzte mich auf ihn und schubste ihn zu Boden. Nun saß ich auf ihm drauf und schlug immer wieder auf ihn ein.
"Was hast du getan?!", schrie ich ihn an und merkte erst jetzt, dass ich meine Hände um seinen Hals gelegt hatte. 
Aber ich übte keinen Druck aus. Ich will hören was er zu sagen hat. 
Aus seiner Nase lief das Blut nur so raus.
"Sag es mir!", schrie ich weiter. "Ich hab diese Nachrichten nie geschrieben! Was ist passiert?!"
"Fuck, das Zeug ist besser als ich dachte. Hätte nicht gedacht, dass es dich so weghaut.", sagte er mit kratzender Stimme.
"Was laberst du?!"
"Ich hab versucht dein Vertrauen zu gewinnen, in dem ich mich bei dir entschuldige. Du hast mir wirklich geglaubt, dass wir wegziehen und hast auch noch meine Entschuldigung angenommen. Wir haben ein Bier zusammen getrunken. Du dachtest ich hab dir da was reingemischt, hast mir nicht getraut. Erst als du gemerkt hast, dass der Kronkorken noch fest draufsitzt, hast du es angenommen. Aber was du nicht bemerkt hast, ist die kleine Einstichstelle auf dem Kronkorken. Dadurch konnte ich dir etwas in das Bier mischen. Und als du dann gerade noch so laufen konntest, sind wir zusammen in mein Auto gestiegen und zu dem Haus gefahren. Du warst so benebelt, dass du nicht mal mehr gemerkt hast wie ich dir die Klamotten ausgezogen habe. Du hast alles mit dir machen lassen. Es war sogar total einfach in dein Handy zu kommen. Ich hab einfach deinen Finger genommen und schon war ich drin. Scheiß Fingerabdruck, was?"
Die Wut in mir kochte immer höher. Mein Griff um seinen Hals wurde fester.
"Du Wichser!", schrie ich ihn an.
"Fühlst du dich verarscht?", fragte er hustend. "So muss sich Taddl auch fühlen."
Ich übte noch mehr Druck auf seinen Hals aus. Dieser beschissene Wichser. Er hat gerade alles zugegeben. Er ist Schuld daran, dass ich Taddl verloren habe. Er ist Schuld daran, dass Taddl mir nicht mehr vertraut.
"Ich bring dich um!", schrie ich ihn an und drückte meine Hände noch fester um seinen Hals.
Colin packte mich an den Handgelenken und zerrte dran, damit ich von seinem Hals losließ. Doch ich dachte nicht mal daran. Ich war so blind vor Wut, dass ich nicht mal mitbekam wie er nach Luft rang.
Plötzlich spürte ich einen starken Schlag unter meinen Kinn. Ich ließ von Colin ab und fiel zur Seite.
"Du kranker Bastard!", schrie Colin hustend und stand langsam auf.
Auch ich stand auf und beobachtete Colin dabei wie er sich von mir entfernte.
"Fick dich! Du wolltest mich echt umbringen?!"
"Du hast Schuld! Du hast es nicht anders verdient!"
Ich kam ihm wieder näher und ballte meine Hände zu Fäuste.
"Du wirst Taddl die Wahrheit sagen! Du gehst zu ihm und sagst ihm genau das, was du mir gerade erzählt hast!", drohte ich ihm.
"Pff, nö. Sind wir mal ehrlich Ardy, früher oder später hättet ihr euch sowieso getrennt. Eure Beziehung war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Dir wäre das irgendwann zu langweilig geworden und dann hättest du ihn sowieso betrogen."
Seine Wörter rauschten durch meinen Kopf, meine Wut ließ nach. 
Hatte er vielleicht Recht? Bin ich wirklich nicht für eine Beziehung gemacht? 
Ich hatte noch nie eine Beziehung, da ich nie Bock hatte mich zu binden. Aber irgendwie hat Taddl mir was anderes gezeigt. Es fühlte sich anders an. Aber für wie lange hätte es sich anders angefühlt, bis mir wieder langweilig geworden wäre?
So wie jedes Mal.
Jedes Mal, wenn etwas langweilig wird, probiere ich was neues aus.
Und so ist es wahrscheinlich auch, wenn ich mit Taddl in einer Beziehung wäre.
Colin hatte Recht. Die Beziehung war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, dass Colin sich bereits verpisst hat.
Scheiße man, ich bin echt kaputt...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top