Ardy

"Nun sag erstmal, wie war es da so? Was hast du so gemacht? Sind da wirklich so geisteskranke Leute die den Teufel sehen?"
"Kilian. Dünnes Eis.", warnte Nina ihn. 
"Scheiße, sorry. Wenn du nicht drüber reden willst ist auch okay."
"Ne, alles gut. Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es waren jeden Tag die gleichen Sitzungen. Wir haben immer wieder über die Vergangenheit geredet und sowas. Also eigentlich total langweilig für euch. Das Geile war, dass wir jeden Mittag warmes Essen bekommen haben."
"Oha, was?", staunte Nina. 
"Luxus.", meinte Kilian.
"Ne man.", widersprach ich ihm. "Ich hab euch und solche Abende wie diese hier vermisst. Aber genug über mich. Was hat sich hier so verändert?"
"Nicht soviel. Alles beim Alten.", sagte Ilja.
"Abgesehen von der Schule.", meinte Kilian.
"Wieso? Was ist damit?", fragte ich.
"Sie ist pleite.", antwortete Nina mir.
"Was? Und jetzt? Unterrichtet euch keiner mehr?"
"Ja, doch. Wir sind jetzt in einer anderen Schule untergekommen. Dir wird nur nicht gefallen, wo das ist...", sagte Kilian.
"Sag schon."
"Du kennst die Privatschule noch?",
"Ich bin nicht dement. Klar kenne ich die."
"Da sind wir jetzt auch."
Ich konnte nicht glauben was ich da hörte. Privatschule? Bei den ganzen Schnöseln?
"Wir müssen genauso viel zahlen, wie auf unserer alten Schule auch. Sie mussten uns mit aufnehmen, da es keine andere Schule in der Nähe gibt und es auch kein Geld gibt um eine neue zu gründen.", erklärte Nina mir.
"Die Schule ist total beschissen.", meinte Ilja. "Die Schüler, genauso wie die Lehrer, behandeln uns wie Dreck. Sie denken alle, dass sie was besseres sind. Außer halt die Lehrer, die auch an unserer alten Schule waren. Das ist aber nur eine Handvoll. Alle anderen hassen uns. Egal was passiert ist, einer von uns hat immer Schuld. Sie wollen nichts mit uns zu tun haben."
Wut breitete sich in mir aus. Wie konnten diese reichen Wichser eigentlich denken, dass sie was besseres sind, nur weil sie Geld haben. Sie haben doch überhaupt keine Ahnung wie das richtige Leben funktioniert. Sie kriegen alles was sie wollen und haben keine Ahnung was es heißt für etwas sparen zu müssen. Zu überlegen, ob man sich heute Abend noch ein Abendessen leisten kann.
"Und wir dürfen auch nicht an den Angeboten der Schule teilnehmen. Heißt, keinem Verein oder sowas beitreten. Abi können wir da auch nicht machen, weil das theoretisch nicht an unserer Schule angeboten werden würde und wir zahlen ja sozusagen nur für unsere Schule. Für alles andere müssten wir den Preis der Privatschule zahlen.", erklärte Nina weiter.
"Ich fass es nicht. Solche dreckigen Pisser. Wie lange seit ihr schon auf dieser Schule?", sagte ich wütend. 
"2 Jahre.", antwortete Killian. 
"Aber Ardy wäre nicht Ardy, wenn er das einfach auf sich sitzen lassen würde.", sagte Ilja.
"Richtig. Ab nächste Woche sollten wir mal drastisch was an dieser Schule ändern und ihnen zeigen was wir von ihrem Geld halten."
"Also da bin ich dabei.", lachte Kilian.

(...)

Ich genoss noch den Rest der Woche ohne die Schule, doch heute war es soweit. Ich musste wieder hin und hatte absolut keinen Bock auf den Scheiß.
"Bereit die Hölle zu betreten?", fragte Ilja mich.
"Eigentlich nicht."
"Keine Sorge. Es wird schlimmer als du denkst. Ich führe dich da durch."
Wir standen vor einem riesigem weißen Gebäude. Von außen könnte man es auch mit einem Hotel verwechseln. Als wir durch die Eingangstür traten, sah man direkt mehrere Vitrinen mit vielen Pokalen drin. Darauf mussten sie ja ganz schön stolz sein.
"Hier lang, Ardy.", sagte Ilja und führte mich zwei Stufen hoch.
Die Wände, der Boden und die Treppen war auch alles in weiß. Generell war hier alles sehr schlicht gehalten. Aber es gab sehr große Fenster, sodass die Deckenlampen eigentlich gar nichts brachten, da genug Tageslicht reinkam. 
Aber wozu Strom sparen? Es gab ja genug Geld. 
Man betrat das Sekretariat durch zwei große Glastüren. Es war eher wie eine Rezeption aufgebaut.
Ich stellte mich an den Tresen und wartete bis die Frau aufgehört hat zu Telefonieren.
"So, was kann ich für dich tun?", fragte sie freundlich.
"Ardy.", sagte ich nur. "Bin seit heute auf dieser komische Schule."
"Ardy....Ardy..."
"Mhm, sprechen sie perfekt aus.", sagte ich leise und ironisch, weswegen ich Ilja im Hintergrund lachen hörte.
"Ah, da. Du warst davor auf der-"
"Auf der Schule für Arme. Ja, sagen sie es ruhig."
"Ähm... Okay. Also Schulbücher haben wir hier so gut wie keine. Jeder Schüler bekommt sein eigenes Tablett auf welchem alles drauf ist. Wenn du doch mal etwas in einem Buch nachschlagen willst, haben wir natürlich eine Bücherei."
"Darf man da so rein oder müssen wir dafür auch extra zahlen?"
Ilja fing im Hintergrund an zu husten. Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass er am Wasserspender stand und sich in dem Wasser verschluckt hatte. Das brachte mich zum Grinsen.
Die Frau ignorierte meine Sprüche gekonnt, was für mich aber okay war. Es reichte, wenn sie bei ihr ankamen.
"So, dann ist hier dein Tablett und deine Spindnummer ist die 156."
"Wow, ein Spind? Ilja, du hast mir nicht zu viel versprochen."
"Sag ich ja.", meinte Ilja und lief mit mir zu meinem Spind.
Auf dem Weg dorthin begrüßten mich immer wieder Leute aus meiner alten Schule. Sie waren alle froh mich zu sehen und ich war auch froh sie zu sehen. Das gab dieser ganzen komischen Schule ein wenig Normalität. 
"Was sollte das?!", schrie jemand.
"Überleg doch mal, du Vollidiot. Ihr habt es doch nicht anders verdient.", lachte Killian.
Killian? Oh nein, ich ahnte schlimmes. Ich drehte mich zu den beiden Streitenden um und sah tatsächlich Killian mit einem anderen Typen im Flur stehen.
"Ich könnte dir sowas von in die Fresse hauen.", drohte der Typ.
"Niko, beruhig dich.", meinte ein anderer Typ hinter ihm. 
Er war etwas größer und hatte ein paar Tattoos. Oha, ich hätte schwören können, dass diese Leute dachten, dass nur Verbrecher Tattoos hatten. 
Ich selber hatte auch Tattoos, doch meine waren alle illegal gestochen worden, als ich noch minderjährig war.
"Lass ihn doch Taddl. Soll er mich halt schlagen, traut er sich doch eh nicht.", lachte Killian.
"Alter, Killian kassiert gleich anders.", sagte ich zu Ilja.
"Jup.", stimmte er mir zu.
Ich ging langsam auf die beiden zu.
"Jetzt mach endlich!", rief Killian.
Der Typ holte aus und ich wusste Killian kriegt gleich richtig einen mitgegeben. Doch bevor das passieren konnte, stand ich auch schon zwischen den beiden und schlug dem Typen, welcher Killian bedrohte ins Gesicht. Sofort fing seine Nase an zu bluten.
"Nice, hast nichts verlernt.", meinte Killian stolz.
"Bist du behindert?!", schrie der Typ mich an.
"Nein, ich bin Ardy.", sagte ich ruhig. "Aber nett dich kennenzulernen. Hör zu, die Zeit, dass ihr hier mit eurem dreckigen Geld die Schule unter Kontrolle habt, war mal. Das Blatt wendet sich jetzt."
"Was ist hier los?", fragte ein Lehrer, der in schnellen Schritten auf uns zu kam.
"Dieser Idiot hat mich einfach geschlagen."
"Stimmt doch gar nicht.", sagte ich empört.
"Ich war das!", meldete sich eine Stimme neben mir.
Mira.
"Aber ich hab mich nur gewehrt! Er wollte mit einem Messer auf uns losgehen."
"Was, geht bei euch? Als ob er ein Messer dabei hat.", mischte sich jetzt sein Freund ein. Ich glaube Killian hatte gerade gesagt, dass er Taddl heißt.
"Und wie erklärst du dann das Ding in seiner Hosentasche?", meinte Nina, welche hinter Niko stand.
"Niko, das geht gar nicht!", rief der Lehrer. "Ihr kommt jetzt beide mit zum Direktor."
Ich grinste nur schmierig. Ich konnte mich perfekt auf meine Leute verlassen.
Mira nahm die Schuld auf sich und Nina hatte Niko gerade das Messer untergejubelt.
Niko verschwand aus meiner Sicht und nun sah ich nur noch diesen Taddl vor mir stehen. Er schaute mich mit gerunzelter Stirn von oben bis unten an.
Ich grinste ihm zu und zeigte ihm den Mittelfinger.