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Ardy

Die Tage vergingen wie im Flug und viel schneller als mir lieb war, saß ich auch schon bei meinem Dad und seiner "tollen" Familie beim Weihnachtsessen. Ich hatte niemanden von ihnen ein Weihnachtsgeschenk besorgt. Okay, fast niemandem. 
"Das Essen war wirklich lecker, Mom. Und danke nochmal für die tollen Geschenke."
Ich hab von meinem Dad und Karin ein Armband bekommen, was ich niemals tragen werde, weil es einfach total hässlich ist. Und vermutlich trotzdem teurer als unser Wocheneinkommen.
"Darf ich mit dem Puppenhaus spielen gehen?", fragte Lille.
"Ja, Schatz. Du darfst aufstehen."
Ich wette einen Zehner drauf, dass sie sich mehr über eine Carrerabahn gefreut hätte.
Ich entschuldigte mich auch kurz um auf die Toilette zu gehen. Aber eigentlich ging ich ins Wohnzimmer zu Lille.
"Hey, ich hab da noch was für dich.", sagte ich zu ihr und gab ihr eine kleine Schachtel.
Sie packte es schnell aus und hielt vor Freude den Atem an.
Dort waren mehrere kleine Autos und ein Bagger drin. Sie gehörten mal mir, aber eigentlich lagen sie nur rum.
"Cool! Danke!"
Sie umarmte mich stürmisch. "Ich hab mir schon immer so einen Bruder wie dich gewünscht."
Bruder? 
"Du weißt, dass ich nicht wirklich dein Bruder bin oder?"
"Aber Papa hat das gesagt."
"Er weiß manchmal nicht wovon er redet."
"Also bist du nicht mein Bruder?", fragte sie traurig.
"Nicht wirklich."
Ich ging zurück ins Esszimmer und setzte mich wieder. Es war jetzt kurz vor 10. Und so langsam will ich echt abhauen.
"Ardy? Willst du noch was trinken?", fragte Karin mich.
"Ne, ich mach mich auf den Weg. Bin noch woanders eingeladen."
"Lass mich dich zur Tür begleiten.", sagte mein Vater und stand auf.
Schweigend gingen wir zur Tür und ich hörte wie jemand angerannt kam.
Bevor ich reagieren konnte umarmte Lille mich. 
"Kommst du bald wieder?", fragte sie mich mit großen Augen.
"Wir werden sehen.", sagte ich, aber mit einem Grinsen auf den Lippen.
"Bis bald.", sagte sie und umarmte mich noch einmal.
"Soll ich dich fahren?", fragte mein Vater mich.
"Nein, ist schon gut. Ich laufe. Tschüss."
"Bis bald."
Bis bald? Das werden wir noch sehen.
Ich war froh endlich aus diesem Dreckshaus raus zu sein und freute mich nur noch auf den Alkohol im Diner. Dort traf sich das ganze Dorf jedes Jahr an Heiligabend um zu feiern.
Als ich im Diner ankam, war es dort bereits total voll. Ich sah mich nach meinen Freunden um und fand sie schnell auf einer großen Bank sitzen.
"Hey! Da bist du ja endlich!", rief Killian mir zu und fiel dabei fast von der Bank.
Nina konnte ihn gerade noch so festhalten und ihn wieder auf die Bank ziehen.
"Er hat schon das ein oder andere Getränk zu viel gehabt."
Ich fing an zu Lachen. "Killian, es jedes Jahr das Gleiche mit dir."
Ich setzte mich zu ihnen und Lydia schob mir ein Getränk rüber. Die Clique wusste mittlerweile Bescheid, dass Taddl und ich nicht mehr zusammen waren. Und sie nahmen diese Nachricht genau so auf, wie ich es erwartet habe. Ich musste mir Sprüche anhören wie: "Es gibt eh bessere als ihn." "Hat mich sowieso gewundert, dass du plötzlich eine Beziehung hast." "Scheiß einfach drauf."
Und ich war ihnen dankbar, dass sie nur solche Sprüche rausgelassen haben. Und nicht so was wie: "Wie gehts dir?" "Du kannst immer zu mir kommen." "Lass uns was unternehmen, um dich abzulenken."
Auf so einen Mitleid hatte ich wirklich keinen Bock. Wir kippten ein Getränk nach dem nächsten und mich wunderte es ehrlich gesagt, dass Killian noch nicht kotzend auf dem Boden lag.
Die Musik wurde lauter, die Temperaturen im Raum immer wärmer und der Alkohol wurde immer mehr. 
"Was hast du von deinem Vater bekommen?", fragte Erik mich.
Ich bin kurz an den Tisch gegangen an dem er saß, damit er Bescheid weiß, dass ich da bin.
"Ein Armband."
"Zeig mal her."
"Ne, nicht jetzt. Ist eh voll hässlich. Son Scheiß trag ich nicht."
"Vielleicht kannst es ja für teures Geld verkaufen."
"Gar keine so schlechte Idee.", sagte ich lachend.
Dann spürte ich wie sich zwei Hände auf meine Schultern legten.
"Willst du mit rauskommen?", fragte Ilja mich und ich nickte.
Wir nahmen alle unser Getränk mit und liefen zum Sportplatz. Okay, eigentlich schlichen wir zum Sportplatz, weil wir alle schon einen sitzen hatten und Killian gar nicht mehr ohne Hilfe laufen konnte.
"Ich hab ja gesagt, dass wir ihn hätten nach Hause bringen sollen.", stöhnte Nina, welche Killian stützte.
"Ich geh nirgenwo hin, auuusssser zum Sportplat."
"Wundert mich, dass du dich daran erinnerst.", murmelte Nina und setzte Killian auf der Tribüne ab.
Ich schaute auf den Sportplatz, atmete die frische Winterluft ein und versank in meinen Gedanken.

"Ich glaube du stehst auf Schwänze. Du weißt es nur selbst noch nicht." Meine rechte Hand wanderte an Taddls Hinterkopf, meine linke Hand ruhte auf seiner Hüfte.
"Beim nächsten Mal, wenn du siehst wie ich es mit einem Typen treibe, frag einfach nach ob du mitmachen darfst. Ich würde nicht nein sagen."

Unwillkürlich musste ich grinsen. Sein Blick damals, war göttlich. Zugegeben ich habe ihn gerne mit solchen Sprüchen aufgezogen, auch als wir zusammen waren. Er ist so vernünftig und würde niemals so mit mir reden.
"Waum lachs du sso?", fragte Killian.
"Ich lach über dich.", sagte ich nur.
"So, ich hab nh paar Joints.", sagte Luke. "Aaaaabbbeeerrr, ich hab auch Eve. Was wollt ihr?"
"Boah, auf Pillen hab ich gar kein Bock. Ich nehm einen Joint.", sagte Ilja.
"Ich auch.", stimmte Felix ihm zu.
Ich nahm eine Pille aus der Tüte und schluckte sie mit etwas Alkohol runter. Ich weiß selbst, dass das eine dumme Idee ist, aber ich merkte wie die Gefühle für Taddl bei mir hochkamen, die ich in den letzten Tagen so gut unterdrückt habe. Und darauf habe ich kein Bock.
Nicht jetzt.
Niemals wieder.

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