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Ardy (15 Jahre)
Ich wachte mit heftigen Kopfschmerzen auf.
Wie spät war es?
Langsam stand ich auf und mir wurde schlagartig übel. Ich rannte zur Toilette und übergab mich. Erneut. Soweit ich mich erinnere ist mir das diese Nacht schon zwei Mal passiert.
Ich wusch mir den Mund und lief in die Küche.
Draußen wurde es gerade hell. Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen und brauchte einen Moment, bis ich mit den Kopfschmerzen klarkam.
Plötzlich wurde das Licht in der Küche angemacht.
"Ardy?", fragte Erik verschlafen.
"Hm?", brachte ich nur hervor.
Ich hörte Erik seufzen, dann setzte er sich mir gegenüber und schaute mich genau an.
"Hast du was genommen?", fragte er ruhig.
Ich schüttelte mit dem Kopf. Okay, schlechte Idee. Dadurch wurde mir nur wieder übel.
"Was hast du genommen?", fragte er jetzt.
"Alkohol.", sagte ich knapp angebunden.
"Und?"
"...Koks..."
"Noch irgendwas?"
"Ja, aber ich weiß nicht was das war."
"Ich weiß, dass dir der Tod deiner Mutter nicht leicht fällt. Aber Ardy, du brauchst Hilfe. Und damit meine ich echte, professionelle Hilfe."
"Ja... ich weiß..."
Taddl
"Wie war die Schule?", fragte Mom mich und Anne, als wir in die Küche kamen.
"Gut.", sagte ich knapp und nahm mir eine Saft.
"Ja sie war ganz okay. Wir hatten nur ein paar Unterbrechungen wegen den anderen Schülern."
Mit anderen Schülern meinte Anne die Schüler, welche vor zwei Jahren auf unsere Schule gekommen waren, weil ihre Schule kein Geld mehr hatte. Sie alle hatten so gut wie kein Geld, das sah man ihnen auch an. Eigentlich war das eine reine Privatschule, doch aus irgendeinem Grund, den ich nicht ganz verstand, musste die Schule diese Schüler aufnehmen.
"Ich verstehe nicht, warum eure Lehrer euch mit diesem Gesindel zusammen unterrichten.", regte sich mein Vater auf.
"Ich auch nicht. Und ich glaube auch nicht, dass die Lehrer von dieser armen Schule euch genauso unterrichten können wie die Lehrer von der Privatschule."
Ich glaube zwar nicht, dass die Lehrer von der Privatschule eine andere Ausbildung hatten, aber dazu sagte ich mal nichts. Sonst öffne ich nur ein Fass.
"Taddl, wir haben dir übrigens das neue Handy gekauft."
"Ehrlich? Geil! Danke. Aber das hätte nicht sofort sein müssen."
Ich hatte meinen Eltern gestern beiläufig erzählt, dass mein Handy sich aufgehängt hat und deswegen der Anruf abgebrochen war.
"Ach was, du musst dich ja nicht mit einem Handy herumschlagen, welches sich aufhängt. Und ich war sowieso im dem Shop um einen neuen Laptop und ein Tablet zu kaufen. Anne, du sagtest ja, dass du gerne ein neues Tablet haben willst, oder?"
"Ja! Danke, Dad. Danke Mom."
"Ich geh heute Abend übrigens mit ein paar Freunden feiern. Können wir hier vortrinken? Im Garten?"
"Ja, aber übertreibt nicht.", warnte meine Mom nicht.
"Versprochen."
Ich war ja froh, dass ich überhaupt feiern gehen darf. Anne war ein Jahr jünger als ich und das absolute Gegenteil. Sie hasst Alkohol, sie hasst es sogar zu feiern. Ich liebe feiern. Darf es aber erst seit ich volljährig bin. Und wenn ich ehrlich bin, traue ich mich auch nicht total voll von einer Party zurück nach Hause zu gehen. Ich will nicht wissen, was meine Eltern mir dann für Strafen auftischen.
"Und morgen gehen wir zu Lisa. Sie feiert eine Houseparty."
"Wer ist Lisa?", fragte Mom.
"Kennt ihr doch. Die wohnen am Ende der Straße. Sie haben doch einen Tesla und den Lamborghini. Und diesen riesen Pool mit den LEDs und ihnen gehört ein Stück des Strandes."
"Ja, jetzt weiß ich wen du meinst. Ihr Vater ist Kunde bei mir in der Bank."
Datenschutz wird hier groß geschrieben.
(...)
"Und Taddl, in der Stimmung heute ein geiles Mädel aufzureißen.", fragte Niko auf dem Weg in die Disco.
"Tja, mal schauen.", lachte ich nur.
"Komm schon T. Wann hattest du das letzte Mal Sex? War das nicht mit Veronika? Ist doch bestimmt schon zwei Monate her."
"Nur, weil du alles vögelst was nicht bei 3 auf dem Baum ist, muss ich das doch nicht auch tun."
"Ist aber geil."
"Achja? Sagen das die ganzen Geschlechtskrankheiten an deinem Ding auch?"
"Weiß ich nicht. Willst du sie fragen?"
"Okay, Jungs. Reicht!", mischte Luna sich ein. "Ich will diesen Abend nichts mehr von Nikos Geschlechtskrankheiten hören."
"Gut, ich nämlich auch nicht.", stimmte ich Luna zu.
Wir blieben abrupt stehen, als uns eine Glasflasche vor die Füße geworfen wurde.
"Ey ihr Schnösel! Wo wollt ihr hin?!", rief eine Gestalt aus der Dunkelheit.
Es waren irgendwelche Leute aus dem ärmeren Dorf. War ja eigentlich klar, dass wir die hier antreffen.
"Sie sind bestimmt auf dem Weg nach Hause! Ist ja bereits 12! Sonst werden Mami und Papi sauer."
"Dann gibt es für 2 Tage kein Geld mehr in den Arsch!"
Wieder wurde eine Flasche nach uns geworfen.
"Alter, ich prügel die so auseinander.", sagte Niko aggressiv.
"Niko, lass es.", meinte ich. "Sie sind es nicht wert. Kommt, lasst uns weitergehen."
"Ja verpisst euch! Ihr kleinen Weicheier."
Eine weitere Glasflasche wurde nach uns geworfen.
"Leute? Was soll das?", hörte ich eine weitere Stimme sagen, doch ich konnte nicht erkennen wer das war.
Aber egal wer es ist, er musste ganz schön angesagt sein, bei ihnen. Denn sofort kamen lauter Freudenschreie aus ihrer Richtung.
"Ich hasse diese Leute.", murmelte Niko. "Kommen auf unsere Schule und denken sie wären was besseres und könnten eine große Klappe haben."
Nun kamen wir in der Disco an, wir bezahlten den Eintritt und gleichzeitig auch noch das Geld für den VIP Bereich.
Ardy
Erik hatte mir ein Zugticket für den Heimweg gekauft. Jahre hatte es gedauert. Jahre war ich in dieser Psychiatrie. Ich hätte auch eher rauskommen können, doch jedes Mal, wenn sie mir etwas mehr Freiheit gaben, wurde ich rückfällig. Ich wollte mir etwas antun, hab wieder Drogen genommen. Aber endlich war ich soweit, dass ich mich beherrschen konnte. Ich war nicht mehr süchtig und wollte mir auch nicht mehr das Leben nehmen.
Das Einzige das ich jetzt wollte war nach Hause gehen und mich mit meinen Freunden treffen.
Sie wussten nicht, dass ich heute entlassen worden bin. Aber woher auch? Weder ich noch sie hatten ein Handy. Somit war die Überraschung wahrscheinlich groß. Und wenn ich ehrlich bin, freute ich mich auch ein wenig wieder auf die Schule. In der Psychiatrie hatte ich Einzelunterricht bekommen, um mit dem Stoff nicht hinterher zu hängen.
(...)
Zuhause angekommen lag ein Zettel von Erik auf dem Tisch.
Hey Kumpel,
wenn du ankommst, bin ich noch arbeiten.
Etwas zu Essen liegt im Kühlschrank.
Sag mir bitte Bescheid, wenn du heute Abend noch weggehst.
Bis dann!
Erik hat seit dem Tod meiner Mutter einen Job auf dem Schrottplatz angenommen. Er liebt diesen Job und ich bin froh, dass er ihn so gerne macht.
Ich schaute in den Kühlschrank und fand noch etwas Salat. Naja, besser als nichts. In der Psychiatrie hatte ich jeden Mittag warmes Essen bekommen, das war schon echter Luxus.
Aber wer braucht schon Luxus?
Auf den Zettel schrieb ich drauf, dass ich mich noch mit ein paar Leuten treffe und er nicht auf mich warten braucht.
Ich stellte die Schüssel ins Waschbecken und ging in mein Zimmer. Mein Bett war definitiv gemütlicher als das, aus der Psychiatrie. Und so passierte es, dass ich in den Schlaf abdriftete.
(...)
Ich wachte auf, als es draußen bereits anfing zu dämmern. Scheiße, wie spät war es?
Ein Blick auf meinen Wecker verriet mir, dass es bereits halb 12 war. Scheiße, ich wollte mich doch noch mit meinen Freunden treffen.
Da ich nun ein paar Stunden geschlafen hatte war ich nicht mehr müde und beschloss mich auf die Suche nach meinen Leuten zu machen.
Ich hatte keine Ahnung wo sie sein könnten. Also auf dem Sportplatz waren sie nicht und auch nicht in der Bar.
"Ardy? Ich fass es nicht. Wie geht es dir?", fragte Gion, der Barkeeper.
"Hey, mir geht es gut. Hast du Killian und die anderen gesehen?"
"Schau mal im Park in der Stadt, sie hängen da im Moment viel ab.", antwortete Sarah mir, die Mutter von Ilja. Auch er gehörte zu unserer Clique.
"Okay, danke."
Ja, ich war wirklich froh wieder hier zu sein. Das Dorf war nicht groß und jeder kannte jeden. Das war cool. Jeder wusste wahrscheinlich schon wo ich die paar Jahre abgeblieben bin, aber das war nicht schlimm. Ich entschied mich dazu mit dieser Situation ganz offen umzugehen.
Tatsächlich sah ich im Park ein paar Leute am Feiern.
"Ja verpisst euch! Ihr kleinen Weicheier."
Wow, es war nicht zu überhören, dass das Ilja war.
Plötzlich wurde eine Glasflache nach anderen Leuten geworfen, welche dort vorbeiliefen.
"Leute? Was soll das?", fragte ich.
Alle drehten sich verwirrt zu mir um, bis der Groschen fiel.
"Ardyyy!", rief Kilian als Erster und umarmte mich stürmisch.
Auch die Anderen freuten sich ziemlich mich zu sehen.
Sie hatten sich wirklich nicht verändert.
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