{0.1}
Als ich schließlich zu mir kam, realisierte ich, dass Kopfschmerzen der Grund meines Erwachens waren. Es war beinahe unerträglich, wie wenn jemand in meinen Schädel bohren würde und er gleich in zwei Hälften zerbrechen würde. Ich ließ meine Augen zusammengekniffen und ließ ein Ächzen von mir, das man durch das zu laute Geräusch von Metall, das gegen Metall rieb, fast nicht verstehen konnte.
Als ich mich an das Dröhnen in meinem Schädel gewohnt hatte, öffnete ich meine Augen und begegnete fast vollkommer Finsternis. Ich schaute mich so gut es ging um, bis meine Augen sich an den starken Mangel an Licht gewöhnt hatten. Es schien, als wäre ich in einer Kiste- nein, Fahrstuhl, und als würde ich nach oben zu einem Ziel, das mir unbekannt war, befördert werden.
Eine andere Sache, die mir auffiel, war, dass ich keine Erinnerungen hatte. Die einzig klare Sache, die in meinem Gehirn verankert war, war, dass ich am Leben war, in einem Aufzug und nach oben befördert wurde. Wohin hatte ich nicht die geringste Ahnung. Auf einmal bemerkte ich, dass ich meinen Namen nicht wusste. Meine Erinnerungen waren schwach und identitätslos; ich konnte mich an die Schule erinnern, aber nicht daran, wer mich unterrichtet hatte, und ebenfalls an Freunde, deren Bilder aber verschwommen waren. Es steigerte meine wachsende Panik nur.
Ich hörte ein Ächzen aus der Ecke, es überraschte mich, als ich realisierte, dass ich nicht alleine war. Meine Augen wandten sich der Quelle zu und passten sich sogar weiter an, sodass ich die Umrisse eines Jungen, der in der Mitte der Kiste stand, ausmachen konnte. Ein plötzliches, starkes Beben brachte ihn dazu, auf den Boden zu fallen, mit einem dumpfen Aufschlag, was sich schmerzvoll genug anhörte und mich erschaudern ließ.
„Geht es dir gut?", fragte ich ihn. Meine Stimme war heiser, da ich sie lange nicht benutzt hatte. Ich fing an, auf ihn zuzukrabbeln, aber er sprang panisch zurück, rutschte in die Ecke und presste sich seine Knie an die Brust. Ich kicherte. „Hey, ich werde dir schon nicht wehtun."
Er blinzelte, um mich anzusehen, seine Augen waren fast schwarz in der Dunkelheit. Sein Haar war ebenfalls schwarz und klebte an seiner Stirn. Er war blass wie nochwas, mit einer leichten Schweißschicht auf seinem Gesicht, das es glänzen ließ. Es schien, als wäre er ziemlich groß, seine Beine waren lang und schlank. Er sah aus wie fünfzehn oder sechzehn.
Er hörte auf, sich die Augen zu reiben, als er sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, entspannte sich, als er bemerkte, dass ich genauso verwirrt wie er war und ihm nichts tun würde. Er räusperte sich.
„Ja, mir geht's gut", antwortete er. Seine Stimme war höher als ich erwartet hatte, was mich überraschte. Sie war auch leicht krächzig, da er sie wohl auch lange nicht benutzt hatte.
„Bist du sicher? Du bist ziemlich krass hingefallen", stellte ich fest, als ich mich ihm näherte. Als er diesmal nicht flüchtete oder mich wegscheuchte, setzte ich mich etwa einen halben Meter neben ihn und lehnte mich an die Wand neben der er saß. Unsere Knie berührten sich fast.
Der Junge nickte. „Mir geht's gut." Er pausierte und seine Nase zog sich zusammen, wie wenn er fest nachdenken würde. Einige Sekunden vergingen, bevor er wieder etwas sagte, vermischt mit dem grausigen Quietschen des Metalls. „Moment mal, hast du Erinnerungen?"
Ich schüttelte den Kopf und fühlte mich beunruhigt, da er sich ebenfalls an nichts erinnerte. Es beunruhigte mich noch mehr als ich überhaupt schon war- wurden wir verletzt? War eine große Leere in unserem Kopf die Folge von Amnesie? Daran zu denken jagte einen stechenden Schmerz durch meinen dröhnenden Schädel, bis ich zusammenzuckte „Nein, gar keine und du?"
„Nein", seufzte er und spielte ununterbrochen mit seinen Fingern. Er befeuchtete nervös seine Lippen. „Etwas kommt aber trotzdem langsam."
„Das ist gut." Ich lehnte meinen Kopf gegen die Metallwand und schloss meine Augen. Das Dröhnen in meinem Kopf wurde besser, als ich es ruhen ließ, was mir mehr Zeit gab, über kleine Erinnerungsfetzen nachzudenken. Was war mein Name? Ich hoffte, es würde mir wieder einfallen. „Ich schätze mal, wir stecken im selben Boot, nicht?"
„Schätze schon. Wenn wir nur wüssten, was dieses ‚etwas' wäre." Der Junge rutschte hin und her, es war wohl unbequem. Ich konnte es ihm nicht verübeln- das Metall war nicht gerade das Bequemste, an das man sich lehnen konnte. „Was denkst du, wie lange werden wir hier drinbleiben?"
Ich zuckte mit den Achseln. „Ich habe nicht die geringste Ahnung."
„Weißt du, wo es uns hinbringt?"
„Du stellst ja eine ganze Menge Fragen", lachte ich leicht. „Und wie ich es schon gesagt habe, meine Erinnerungen wurden ausradiert wie deine."
Die längere Pause unserer Konvesation gab mir Zeit, mich umzusehen. Der Fahrstuhl war völlig leer bis auf den Jungen und mich, das machte ihn ziemlich geräumig. Ich konnte nun die gegenüberliegende Wand von meinem Platz aus sehen. Wir bewegten uns noch immer nach oben, mit nicht dem geringsten Anzeichen, wann das aufhören würde oder die geringsten Zeichen von Licht.
„Thomas", platzte mein Begleiter auf einmal heraus.
„Wie bitte?", fragte ich und drehte meinen Kopf, um ihn anzusehen. Er sah aus, als hätte das Wort ihn hart geschlagen, seine Augen waren weit geöffnet und sein Mund leicht geöffnet, als er sich kurz schüttelte und mir in die Augen sah.
„Mein Name", sagte er leise, ein Anflug von Ehrfurcht auf seinem Gesicht, „er ist Thomas."
„Oh." Meine Lippen zogen sich zu einer geraden Linie zusammen. Ich freute mich für ihn, aber ich wünschte, ich könnte mich an meinen erinnern. Aber je mehr ich versuchte, mich daran zu erinnern desto tiefer sank er in den Hohlraum mit zufälligen Erinnerungsbrocken aus dem Gedächtnis, die nicht wirklich da waren. „Schön dich kennenzulernen, Thomas."
„Ebenfalls."
Ein komisches Gefühl kam über mich und meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich war in einer komischen Kiste mit einem komischen Jungen und ich wusste nicht wer ich war oder wo wir hingebracht wurden. Also saß ich still da und versuchte nicht zu verrückt zu werden bei dem Gedanken, dass wir vielleicht in den Tod geschickt wurden.
Über eine halbe Stunde war vergangen, als der Fahrstuhl quietschend anhielt. Das plötzliche, harte Ruck der Kiste, das darauf folgte sandte einen unerwarteten Ruck und Thomas und ich fielen auf den staubigen Boden. Ich stieß schmerzvoll an die Wand auf der anderen Seite, stöhnte, als mein Rücken die Wand mit einem klong traf. Thomas zog seine Beine zu sich und bis die Box ruhig genug war, dass er stehen konnte.
Eine Minute verging. Dann zwei. Nichts passierte, und die Erwartung, was kommen würde, fraß mich von innen auf. Ich setzte mich auf und beobachtete Thomas, wie er umherkrabbelte und nach einem möglichen Ausgang suchte. Ich stand auf und entschloss mich, ihm zu helfen. Meine Finger ließ ich sanft über die Wand fahren. Als ich Thomas' dabei traf, stöhnte er vor Frustration und Verwirrung. Ich hatte mir nicht gedacht, dass wir etwas finden würden, aber es war es trotzdem wert gewesen, wenigstens nachzusehen.
Ich sprang kurz auf, als seine Fäuste anfingen, gegen die Wand zu schlagen, was die Box leicht zum Schwanken brachte und man so das Echo in der Dunkelheit hörte. Ich beobachtete seine Hände, wie sie erbarmungslos dagegen hämmerten. Es verstärkte das Pochen in meinen Kopf bis mir fast übel war.
Immer noch nichts.
Thomas hörte auf und kehrte in seine Ecke zurück, während ich weiterversuchte, Spuren auf dem Metall weiterzuverfolgen. Als es mir zu langweilig wurde, lehnte ich meine Stirn an die Wand, was sich eiskalt an meiner Haut anfühlte.
„Bitte ... wir brauchen ... Hilfe!", schrie Thomas aus tiefster Seele. Müde machte ich mich auf den Weg zu ihm und ließ mich auf den Boden fallen, mein Kopf kribbelte von der Temperatur des Metalls, gegen das ich mich gelehnt hatte. Ich hob mein Handgelenk und wischte mir das Maschinenöl von meiner Stirn. Als ich meine Finger aneinanderrieb, konnte ich dieselbe Substanz fühlen, die auch die Wand hinunterlief. Ich rümpfte die Nase.
Ein lautes Klong brachte mich zum Schlucken, voller Hoffnung. Eine helle Linie voller Licht erschien an der Decke, was mich dazu brachte, die Augen zusammenzukneifen, als es größer wurde und die Box mit der grellen Helle füllte, die meine Augenlider orange färbte. Große Türen wurden geöffnet und erschafften ein grausames quietschendes Geräusch, das mich erschaudern ließ.
Ich begann, neugierig zu werden, mit welcher Welt ich konfrontiert werden würde. So viele Emotionen überkamen mich in so einer kurzen Zeit, dass es schwer war, zwischen ihnen zu unterscheiden. Anstatt mich auf sie zu konzentrieren, fokussierte ich mich auf die Stimmen von oben. Sie hörten sich ziemlich tief an, männlich und interessant.
„Da sind zwei."
„Wie alt?"
„Dieser Strunk sieht aus wie Klonk in einem T-Shirt."
„Du bist der Klonk hier, Neppdepp."
„Junge, da unten riecht es nach Füßen."
„Warum zur Hölle sind da unten zwei? Bin ich der einzige, dem das Sorgen bereitet?"
„Ich hoffe, ihr habt den Hinfahrtsschein genossen, Frischlinge."
„Es gibt kein Ticket zurück."
„Warum zum Geier sind da unten zwei?!"
Ich zog verwirrt meine Augenbrauen zusammen, entfernte die Hände von meinem Gesicht. Einige Wörter waren mir völlig fremd.
Als meine Augen dem Licht erblickten, blinzelte ich und schaute auf, in die Richtung der Jungs. Anfangs konnte ich nicht mehr als Schatten ausmachen, ein Umriss vom Strahl des Tageslichts, aber bald verwandelten sie sich in Leute, einige von denen deuteten auf uns. Andere lehnten sich über das Loch oben hinüber. Sobald sie mein Gesicht sahen, schnappte die Gruppe gemeinsam nach Luft, bevor sie alle wieder in großes Geschnatter ausbrachen.
„Es ist ein verdammtes Mädchen."
„Was?!"
„Du hast mich gehört, Klonkgesicht!"
„Ein Mädchen? Also so ein richtiges, lebendiges?"
„Nein, Dave, sie ist tot. Was denkst du denn?"
„Oh, nun seid ihr Schrumpfköpfe aber besorgt."
Meine Sicht wurde vollkommen klar und nun konnte ich ihre Gesichter sehen. Sie waren männlich- alle (super). Sie sahen aus wie Teenager, und es waren ungefähr 50-60 von ihnen, alle hatten die verschiedensten Emotionen auf ihren dreckigen Gesichtern. Die meisten von ihnen waren ziemlich schlicht gekleidet, nur mit einem T-Shirt und einer Jeans oder Shorts.
Ein raues, kratiges Seil mit einer großen Schlaufe am Ende wurde von oben heruntergelassen. Ich sah Thomas an, der mich anwies, zuerst zu gehen. Vorsichtig steckte ich meinen rechten Fuß in die Schlaufe und nahm das Seil in die Hand, als ich in Richtung Himmel gezogen wurde. Niemand sprach bis auf ein gelegentliches Flüstern.
Eine Person sprach, als sie mir halfen, auf dem Boden zu stehen und ich wusste, dass ich mich an die Worte für immer erinnern würde.
„Schön, euch Strünke zu treffen. Willkommen auf der Lichtung."
Das GIF ist das Mädchen
Das YouTube Video ist der Trailer zum Buch :)
Ich hoffe, das erste Kapitel hat euch gefallen! Lasst doch Kommentare da :)
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