Entführung

Monate später war ich schon so sicher im Messerwerfen, dass ich meine Spielzeugpistole wegwarf und komplett aufs Messer umstieg, es war eh viel unauffälliger. Im Gegensatz zu einer Waffe musste man allerdings ganz anders in Kampfsituationen rangehen, weil eine Kugel schneller, als ein Messer war. Für mich war es aber kein Problem, sich umzustellen und mir gefiel diese neue Methode besser, als die alte. Hierbei hielt man sich viel mehr im Hintergrund, was mir sehr zusagte, als eine offene Konfrontation. Anschließende sollte ich meine Gegner von nun an mehr von Hinten überraschen und an sich näher an sie rankommen (das wiederrum fand ich nicht ganz soo gut, war aber okay)

Im Sommer hatte ich meinen ersten Auftrag mit dem neuen Messer, er war ein extrem Scharfes, von Falk angefertigtes Kampfmesser, dass von beiden Seiten sehr scharf geschliffen war. Der Griff war aus geschmeidigem Kirschholz und hatte einen Schaft aus verstärktem Leder. Es hatte sich sofort gut in der Hand angefühlt, besser, als ein Pistolengriff.

Verla hatte mich sicherlich mit Absicht einige Monate hängen gelassen, ich schätzte wegen der Sache mit Nelly, aber auch, damit ich mehr mit dem Messer übern konnte, was ich auch machte. Nach viel Training lernte ich schließlich, mit zwei Messern gleichzeitig zu arbeiten und meine Koordination zu verbessern.

An einem gewittrigen Frühlingstag rief Verla mich endlich wieder zu sich, um mir meinen nächsten Auftrag zu erteilen. Schnell ging ich den Weg runter in den Keller und öffnete die Tür zum Büro. Verla schien nicht viel Zeit zu haben. Denn die kam, kaum dass ich durch die Tür war, schon zur Sache „Hi Luke, setzt dich, es geht um einen kleinen Jungen, Lösegeld etc. Das wichtigste steht auf diesen Blättern" Ich war so zu sagen grade erst am Schreibtisch angekommen, als sie die Papiere zu mir schon. Flüchtig blätterte ich sie durch und war zufrieden, es handelte sich um einen lukrativen Job, der außerdem recht einfach klang, der auch nicht mal so viel Zeit verlangte. Nur deine Sache störte mich „Warum muss ich mit Nelly zusammenarbeiten?" „Weil ich das will" entgegnete sie knapp, während sie weiter irgendetwas sortierte, irgendwie abwesend „Ich aber nicht" „Das" jetzt schaute sie zum ersten Mal seit unserem Gespräch an „Ist mir völlig egal" „Mir auch" provozierte ich sie „Dann machst du den Auftrag eben nicht" „Wie einfallslos" entgegnete ich enttäuscht und ergänzte „Natürlich mache ich das, von mir aus auch mit Nelly. Mir meinem Bruder würde ich es auch machen" hing ich dann doch noch an „Ihr seht euch zu ähnlich, man könnte sich an euch wegen eurer Ähnlichkeit erinnern. Tarnung ist alles, das weißt du doch. So du kannst jetzt gehen" ihre Stimme klang ungeduldig und sie schien keine Lust zu haben, mit mir zu diskutieren „Na ja gut" ich rollte die Blätter zusammen und ging wieder aus dem Büro raus, um mich auf das beobachten des Jungen vorzubereiten und alles mit Nelly abzustimmen. Da sie eh Angst vor mir hatte, würde das wohl ganz gut funktionieren.

Seit einigen Tagen schon beobachtete ich den kleinen 8 jährigen Jungen, der entführt und gegen Lösegeld wieder hergegeben werden sollte. Ein Teenager fiel da natürlich nicht, bzw. weniger auf, weil niemand sich vorstellen konnte, dass ein Kind jemanden entführen könnte. Die Entführung gehörte zu meiner Aufgabe, den Rest würden Chris und Falk meines Wissens nach erledigen.
Nach der Schule stand ich da und guckte, über welchen Weg er nach Hause kam und auch in seiner Freizeit achtete ich darauf, was er machte. So fiel mir auf, dass er in der Nähe seines Hauses eine kleine Selbstgebaute Hütte hatte, zu der er regelmäßig kam, um an ihr zu bauen, oder einfach dort abzuhängen und Süßigkeiten zu futtern, wahrscheinlich durfte er das Zuhause nicht oder so, war mir aber auch ziemlich egal.
Der Wald in dem die Hütte stand, war relativ dicht und so konnte ich mich ganz in der Nähe verstecken. Am ersten Tag, ich hatte alles herausgefunden, was ich wissen musste, um ihn entführen zu können, sah ich ihn nicht bei seiner Hütte, aber da sehr gutes Wetter war und auch in den nächsten Tagen so bleiben sollte, war ich mir sicher, dass er bald mal auftauchen könnte.
Am nächsten Tag, während ich im Gebüsch wartete, ging ich im Kopf noch mal alles durch was ich über den Jungen und sein Umfeld wusste. Der Junge hieß Jakob von Horn und lebte mit seiner Familie hier in der Nähe auf einem kleineren Landwesen. Der Junge hatte noch zwei kleinere Brüder, die Zwillinge waren erst wenige Monate alt. Jakobs Eltern hatten wenig Zeit für ihn, da beide gefragte Anwälte waren und jede Menge Geld besaßen. Das Lösegeld war eine Summe von 5 Millionen, die die beiden ganz sicher hatten, weil sowohl der Mann, als auch die Frau ein gutes Erbe mit in die Ehe gebracht hatten.
Ich hörte es im Unterholz knacken und sah aus meiner Deckung heraus, wie der ordentlich gekleidete Junge zu seiner Hütte gelaufen kam. Unter Laub hatte er eine Dose versteckt, in der einige Leckereien waren, die er nun anfing zu Naschen. In der ganzen Zeit, die ich an diesem Fall gearbeitet hatte, hatte ich Handschuhe und lange Kleidung getragen, um möglichst keine Spuren zu hinterlassen. Zumindest in der Unmittelbaren Umgebung von der Hütte war ich extrem vorsichtig, damit man später keine Spuren finden können würde. Warum wir so etwas überhaupt machten? Bei Einbrüchen ging es meistens eher um Sammlerstücke die jemand haben wollte, oder um Leute die verschwinden mussten, dafür wurden wir sehr gut bezahlt, aber bei einer Entführung mit Lösegeld wollte die Leute ja selbst Geld bekommen. Von den 5 Millionen bekamen wir 3 und falls es brenzlig für uns werden sollte, hatten unsere Auftragsgeber unterschrieben, dass sie die Verantwortung übernehmen würden, damit wir unentdeckt bleiben würden. Würden sie es in einem solchen Fall nicht machen, würden sich Hinweise auf ihre Personen finden. Aber so hatten sie für die Tatzeit ein Alibi und würden gar nicht erst in Verdacht geraten und die Wahrscheinlichkeit, dass etwas daneben gehen könnte, war zudem sehr gering. Unsere Auftraggeber wussten dass und deswegen engagierten sie uns. Was sie nicht wussten, war, wie wir es machten, denn wir wollten möglichst wenig über uns bekannt geben. Das war aber von vornherein klar und es war für uns eine gute Möglichkeit Geld zu verdienen und für die Täter einfacher und sicherer. Zudem war es eine gute Übung auf die Kosten und die Verantwortung von anderen Leuten.
Ich hatte den Lappen mit dem Chloroform vorbereitet und mich mit meiner üblichen Maske Maskiert, weil es Tag war, trug ich zusätzlich noch eine Sonnenbrille, um auch den Rest meines, mit der Sturmhaube und Kapuze bedeckten Kopfes, zu verstecken – kein Risiko!
Vorsichtig schlich ich mich von hinten an den Jungen ran, er machte gerade ein Bonbon auf, weshalb er mich durch das Geraschel seines Papiers noch schlechter hören konnte. Als er meinen Schatten bemerkte war es schon zu spät für ihn, ich hatte seinen Nacken von hinten Gepackt und ihn in den Schwitzkasten genommen, peinlichst darauf bedacht, dass er nicht merkte, dass ich kein Erwachsener war, meinen Körper also nicht erkannte, um später keine Angaben gegenüber der Polizei machen zu können. Bevor er einen Schrei von sich geben konnte, drückte ich ihm das Tuch vors Gesicht. Verzweifelt versuchte der 8 Jährige Junge sich zu winden, doch das Chloroform erzielte schnell seine Wirkung und er wurde ruhiger. Um nicht seine Gesundheit zu gefährden, nahm ich das Tuch wieder von seinem Gesicht. Der Junge war nicht ganz betäubt, aber so ruhig, dass er sich kaum bewegte und liegen blieb. Schnell verband ich ihm die Augen und fesselte seine Hände, dann ließ ich das Tuch in einer Tüte in meinem Rucksack verschwinden. Sein Gesicht wischte ich auch ab, damit das Chloroform nicht nachzuweisen war.(Je weniger Anhaltspunkte für die Polizei später, desto besser) Wir hatten 16 Uhr, mein Opfer musste um 17.30 Uhr zuhause sein – wir hatten ab jetzt noch 1 Stunde und 30 Minuten Zeit. Um den kleinen Jungen möglichst schnell und unauffällig hier weg zu schaffen, hatte ich einen kleinen Bollerwagen am Wegesrand unter frischem Laub in einer kleinen Vertiefung versteckt. So konnte ich ihn ungesehen dort hin bekommen und zu einem Auto in der Nähe bringen, wo Chris und Falk auf uns warteten. Die Wirkung des Chloroforms würde nicht lange Anhalten und ihn nochmals zu betäuben war mir zu Riskant. Schnell trug ich ihn zum Wegesrand, deckte den Bollerwagen ab und legte ihn rein, nicht ohne dem Kind einen Knebel in den Mund zu tun und seine Beine ebenfalls zu fesseln. Über ihn legte ich einige Picknickdecken und stellte an eine Seite einen Picknickkorb. Am Weg selber wartete Nelly schon auf mich, damit wir wie zwei normale Geschwister aussahen. Sie setzte sich in den Bollerwagen, damit uns der Junge nicht verriet oder man sah, wie sich die Decken bewegten. Die Maske und Sonnenbrille zog ich aus, über mein schwarzes T–Shirt streifte ich eine hellblaue Sweatjacke, die ich zuzog. Eine schwarze Hose war normal und so sahen wir beide wie normale Kinder aus, die ein Picknick machen wollten. Unterwegs begegneten uns einige Spaziergänger, teilweise mit Hunden, die uns aber alle freundliche Blicke zuwarfen und wahrscheinlich sofort wieder vergaßen. 16.18 Uhr, wie hatten noch genug Zeit. Ich zog den Wagen über die holprigen Wege, bis wir den abgelegenen Parkplatz erreichten. Der Boden war sehr trocken, weshalb weder wir, noch das Auto Abdrücke hinterlassen würden. So etwas, oder ähnliches hatte jeder von uns mehrfach durchgezogen, es war fast schon eiskalte Routine. Den Jungen in den Wagen zu verladen war eine Kleinigkeit und auch den Bollerwagen zu verstauen war schnell erledigt. Wir stiegen ein und widmeten uns unserer Kleidung. Nelly und ich wechselten unsere Schuhe und taten sie in eine Plastiktüte. Später würden sie in unserer Hausverbrennungsanlage verbrannt werden und niemand würde sie mehr finden können. Schuhabdrücke würde man von mir auch nicht finden können, denn ich hatte, nachdem ich den Jungen betäubt hatte, meine Schuhe mit einem anderen Profil vergrößert und am Waldweg wieder abgenommen. Ich ging ohnehin nicht davon aus, dass sie welche finden würden, da der Boden wegen fehlendem Regens Staubtrocken war.
Wir brachten den Jungen in unser HQ und sperrten ihn in eine der Zellen. Sie waren sauber und trocken, sie lagen zwar im Keller, aber je nach Tageszeit war es da drin auch hell oder dunkel. Durch eine Klappe erhielten unsere Gefangenen Essen und Trinken, wir achteten natürlich immer darauf, dass sie unsere Gesichter nicht sahen.
Den Rest mit der Lösegeldforderung regelten andere, aber ich war froh, nicht mehr die zwei Stunden bis zum Ort der Entführung fahren zu müssen.
Nach einer Woche fand die Lösegeldübergabe statt und ich erhielt ein nettes Taschengeld. Dadurch, dass ich in letzter Zeit keine Aufträge mehr gehabt hatte, freute ich mich besonders, dass mal wieder Geld reinkam.

Schon bald folgte der Sommer und ich fing an, ein Intensivtraining fürs Auto zu machen. So lernte ich nicht nur, sehr schnell und extrem zu fahren, sondern auch, wie man ein Auto reparieren konnte. Als ich das drauf hatte, meinte Verla auf einmal, ich wäre so weit, zu lernen, wie man ein kleines einmotoriges Flugzeug fliegen kann. Ich fand das echt cool, das legte sich aber, als ich nach zwei Monaten Theorie immer noch kein Flugzeug gesehen hatte. Dafür wusste ich alles Mögliche über verschiedene Flugzeugtypen und wie es Theoretisch geflogen werden musste. Zwischendurch hatte ich mal wieder einen Konflikt mit Verla, weshalb ich einen Monat unterbrechen musste und nur zwischen Schule und meinem Zimmer pendelte und erst in Oktober weitermachen durfte. Danach saß ich trotzdem erstmal im Flugsimulator und nachdem ich nicht mehr abstürzte, fing ich Anfang November an, richtig zu Fliegen. Es war ein Wundervolles Gefühl. Wenn wir flogen, waren wir immer einen ganzen Tag in der Luft und ich lernte eigentlich recht viel...doch ich hatte nicht mehr, als vier „Stunden", denn es passierte etwas, was mein bisheriges Leben fast zerstörte, sozusagen der SUPER- GAU.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top