Kapitel 4

An der Schule angekommen bedankt sich Max bei dir, setzt ihre Kopfhörer auf, steigt aus dem Wagen und geht in die Schule.
Während der Fahrt habt ihr kaum gesprochen. Max wirkte heute sehr in sich gekehrt. Wohl kein guter Tag.
Du steigst aus dem Auto und schließ die Tür hinter dir. Du schließt dich trottend dem Strom der Schüler, die in das Gebäude laufen, an.
Den Unterricht lässt du über dich ergehen und versuchst immer wieder krampfhaft, nicht mit dem Kopf auf der Tischplatte einzuschlafen. In der Mittagspause entschließt du dich, die Cafeteria zu meiden. Irgendwie schaffst du es heute nicht, Eddie zu sehen. Am liebsten würdest du wieder schwänzen, aber das kannst du dir nicht erlauben.
Als du nach dem Schellen der Glocke wieder das Gebäude betrittst, kommt Mitch auf dich zugestürmt.
"Hey Izzy, Jason schmeißt am Samstag eine Party, bist du dabei?",fragt er aufgeregt und drückt dir einen Flyer in die Hand.
"Freibierparty!",prangt in schwarzen Lettern auf gelbem Grund darauf.
"Mal sehen",sagst du und drängst dich an ihm vorbei.
"Ms. Winchester!",hörst du eine Stimme.
Du drehst dich um.
Ms.Click kommt auf dich zu.
Na toll, das hat dir gerade noch gefehlt.
"Wo waren Sie denn gestern nach der Mittagspause?",fragt Ms. Click und stemmst die Hände in ihre Hüften.
"Mir ging's nicht gut, da bin ich heim gefahren",lügst du und hoffst, das sie es schluckt.
Ms. Clicks Gesichtszüge werden weicher.
"Das nächste Mal, sagen Sie bitte einem Lehrer Bescheid. Ansonsten heißt es Nachsitzen!",sagt sie und du atmest erleichtert aus. Du schenkst ihr ein Lächeln.
"Natürlich, entschuldigen Sie."
Ms. Click nickt und wirkt zufrieden.
"Nun aber los, sonst kommen Sie wieder zu spät!",sagt sie, beinahe großmütterlich, und du gehst an ihr vorbei, weiter den Gang hinunter, bis zu deiner Klasse.

Als es endlich schellt und somit das Ende des heutigen Schultages einläutet, atmest du erleichtert aus.
Du schlenderst zu deinem Wagen. Aus irgendeinem Grund, hattest du gehofft, Max würde an deinem Auto warten. Ein wenig Gesellschaft würde dir gut tun. Im Laufe des Tages wurden deine Gedanken immer dunkler und inzwischen bist du an dem Punkt, an dem du dich fragst, ob du überhaupt das Richtige tust. Jeder, der den Film, Die Zeitmaschine gesehen hat, sollte wissen, das man den Tod nicht austricksen kann. Auch nicht mit Zeitreisen. Was ist, wenn du Eddie rettest und er dann auf andere Weise stirbt. Einfach weil es so sein soll? Du versucht die Gedanken abzuschütteln, und spürst bereits, wie dir die Hitze ins Gesicht steigt. Du öffnest das Auto und wirfst deinen Rucksack auf den Beifahrersitz. Dabei fällt der Flyer raus und du nimmst ihn in die Hand, betrachtest ihn. Vielleicht wäre das deine Chance, an Chrissy heranzukommen. Sie wird garantiert auf Jasons Party sein.
Tja, dann wirst du wohl am Samstag auf die, mit Sicherheit vor Sunnyboys nur so triefende, Party gehen.

Seufzend schwingst du dich hinter dein Lenkrad und startest den Motor. Mit queitschendne Reifen rast du über den Parkplatz davon. Laute Musik dröhnt aus den Boxen und du trommelst im Takt auf deinem Lenkrad.
Eddies Van steht nicht vor seinem Trailer, als du ankommst.
Wo er wohl steckt?
Bestimmt bei der Schlampe von letzter Nacht. Und schon wieder fragst du dich, ob du überhaupt das Richtige tust. Eddie scheint glücklich zu sein. Vielleicht machst du das alles nur, weil du seinen Verlust nicht ertragen kannst. Vielleicht solltest du einfach Elfi aufsuchen und mit ihr gemeinsam Vecna zur Strecke bringen. Dann könntest du sicher sein, das Eddie nichts geschieht. Er würde es nie erfahren und könnte sein Leben genießen. Und du würdest ins Jahr 2022 zurückkehren. Doch Elfi hat ihre Kräfte noch nicht zurück und du brauchst die anderen, um Vecna bezwingen zu können. Nur du und Elfi allein werdet ihn nicht töten können. Also musst du es aushalten, das Eddie in deiner Nähe und doch unerreichbar ist.
Du öffnest die Tür deines Trailers und betrittst das Wohnzimmer. Wieder fliegt dein Rucksack achtlos in die Ecke. Du gehst zum Plattenspieler und legst eine Platte von Dio auf. Du hattest schon immer einen Faible für den kratzigen Klang von Vinyl. Deshalb hast du deinen Plattenspieler mit nach Hawkins genommen. Auch wenn die meisten Haushalte inzwischen Kassetten bevorzugen.
Die Musik hallt durch den Raum und du holst dir ein Bier aus dem Kühlschrank. Dann lässt du dich auf die Couch fallen, legst die Füße auf den Tisch und wirfst den Kopf in den Nacken. Wieder kein guter Tag. Oder vielleicht doch. Immerhin hast du es geschafft, Eddie konsequent aus dem Weg zu gehen. Doch morgen schaffst du das nicht. So weit du dich erinnerst, habt ihr englische Literatur zusammen. Allein der Gedanke daran, eine Schulstunde mit Eddie in einem Raum zu sein, jagt dir einen Schauer über den Rücken.
Du beginnst den Ring an deinem Finger hin und her zu drehen und augenblicklich überrollt dich wieder diese riesige Welle der Trauer. Du beginnst zu weinen und schlägst dir die Hände vors Gesicht.
Schluchzend beugst du dich vor.
Es ist so schwer, hier zu sein, in Eddies Nähe zu sein, ohne ihm sagen zu können, wieviel ihr euch bedeutet habt. Wie sehr ihr euch geliebt habt. Wie sehr du ihn immernoch liebst und immer lieben wirst. Dein Herz zieht sich schmerzhaft in deiner Brust zusammen und du schnappst nach Luft. Immer, wenn dich die Trauer so unvorbereitet überrollt, fühlt es sich an, als könntest du nicht einen Tag länger überleben.

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