Okay, jetzt reicht's.
Es ist mir egal, ob Izzy mit mir reden will oder nicht. Sie wird mir zuhören müssen. Ich halte es nicht mehr aus.
Ich springe aus meinen Bett und gehe durch den Flur zur Tür.
"Wohin, Junge?",fragt Wayne und schaut vom Fernseher auf.
"Komm gleich wieder",sage ich und öffne die Tür.
"Grüß Izzy von mir, ich mag die Kleine",sagt Wayne und ich seufze.
Ich lasse die Tür hinter mir zufallen und stapfe zu Izzys Trailer. Im Inneren brennt Licht und Steves Auto steht vor der Tür.
Moment.
Steves Auto?!
Ich spüre, wie Wut in mir hochkocht.
Das darf doch nicht wahr sein!
Wehe er ist da drin allein mit ihr, dann kann ich für nichts garantieren!
Ich spare mir das Anklopfen und drehe stattdessen am Knauf.
Die Tür ist nicht verschlossen und ich trete hindurch.
Im Trailer ist es still.
Ich schaue mich um.
Auf dem Boden liegt ein leerer Sack Streusalz und ich runzle überrascht die Stirn.
Was soll das denn?
Plötzlich höre ich ein Rauschen und das Knacken eines Funkgeräts.
Ich folge dem Geräusch bis ins Bad und bleibe wie angewurzelt stehen.
Izzy liegt in der Badewanne, nur mit einem Slip und einem Top bekleidet. Auf der Nase hat sie eine Taucherbrille, die mit Klebeband zugeklebt wurde. Sie rührt sich nicht.
Vor der Wanne hockt Steve.
Und ich sehe augenblicklich rot.
Ich stürze mich auf Steve, der mich viel zu spät bemerkt. Ich packe ihn am Kragen und ziehe ihn grob auf die Beine. Dann stoße ich ihn gegen die Wand, lege meine Hand um seine Kehle und drücke zu.
"Was zum Teufel machst du da mit ihr?!",brülle ich und Steve versucht sich panisch aus meinem Griff zu winden.
"Lass mich los, Munson!",presst er atemlos hervor.
"Was machst du mit ihr?!",wiederhole ich und drücke noch ein wenig fester zu.
"Es ist nicht das, wonach es aussieht",krächzt Steve.
Ich hole aus und meine Faust trifft sein Gesicht. Sein Kopf schlägt dumpf gegen die Wand.
Er stöhnt auf und als ich ihn loslasse, sackt er zu Boden. Sofort hebt er schützend seine Arme vor sein Gesicht.
Ich beuge mich zu ihm runter, packe ihn am Kragen und hole erneut aus.
"Eddie! Eddie hör auf! Lass ihn los!",höre ich plötzlich Izzys Stimme und halte inne. Ich drehe meinen Kopf in Izzys Richtung.
Sie sitzt aufrecht in der Badewanne und hat die Taucherbrille abgenommen.
Sie sieht mich aus erschrockenen Augen an.
"Was läuft hier?!",fahre ich sie an, ohne Steve loszulassen, der zappelnd versucht, meinen Griff zu lockern.
"Hier läuft gar nichts, Eddie! Lass Steve los!",faucht sie und ich schnaufe.
"Das sieht aber ganz anders aus!",brülle ich sie an.
Sie steigt aus der Wanne, kniet sich neben mich und legt eine Hand auf meine, die Steves Kragen immer noch fest umklammert hält.
"Lass ihn los!",sagt Izzy ruhig aber bestimmt und fixiert mich mit ihrem Blick.
Zornig lasse ich von Steve ab, der erleichtert ausatmet, und stürme aus dem Bad.
Izzy folgt mir.
Ich drehe mich Haare raufend zu ihr um.
"Hasst du mich so sehr, das du jetzt schon  mit Steve Harrington vögelst?!",brülle ich und sehe in Izzys Augen Zorn aufblitzen.
"Danach sieht das für dich aus?! Bist du bescheuert?!",brüllt sie zurück, "Ich vögle nicht mit Steve! Ich bin nicht wie eins von deinen kleinen Flittchen, die du so flachlegst!",brüllt sie und ich mache einen Schritt auf sie zu.
Sie weicht nicht zurück, steht tropfend mit geballten Fäusten vor mir.
"Was ist es dann, was ihr da veranstaltet?!",frage ich mit bebender Stimme.
"Das kann ich dir nicht sagen",sagt sie und der Ausdruck in ihrem Gesicht verändert sich schlagartig. Sie sieht verängstigt aus.
"Wie bitte? Was soll das heißen, du kannst es mir nicht sagen?!",knurre ich und mache einen weiteren Schritt auf sie zu.
"Es ist kompliziert!",sagt sie.
Die Tür fliegt auf und Dustin betritt, mit einem Funkgerät in der Hand und vor Schreck geweiteten Augen, den Trailer.
"Was zum...?! Henderson?!",entfährt es mir.
"Eddie! Hi! Ehm...wie geht's so?",stottert Dustin und ich starre ihn an.
Steve kommt aus dem Bad gestolpert, stützt sich mit einer Hand an der Wand an.
Wieder kocht Wut in mir hoch und ich balle die Hände zu Fäusten. Gerade als ich auf Steve losgehen will, stellt sich Izzy vor mich und legt ihre Hände auf meine Brust.
"Eddie, nicht!",sagt sie "Sieh mich an!"
Widerwillig löse ich meinen Blick von Steve und schaue Izzy an.
"Eddie, ich schwöre dir, es ist nicht so wie du denkst!",sagt sie sanft und ich entspanne mich augenblicklich. Ihre Hände auf meiner Brust und ihre sanften Augen holen mich zurück auf den Boden.
Ich amte hörbar aus und lege den Kopf in den Nacken.
"Dann sag mir bitte, was hier los ist! Was zum Teufel machen die beiden hier und was habt ihr da im Bad gemacht?",will ich wissen und meine Stimme zittert.
Izzy sieht abwechselnd zwischen Dustin und Steve hin und her.
Sie wirkt verunsichert.
"Sag es ihm",sagt Dustin, "Er wird sowieso nicht locker lassen. Vielleicht kann er helfen."
"Nein,"sagt Izzy bestimmt und lässt von mir ab.
"Das geht nicht,"sagt sie und schüttelt den Kopf. Ihre nassen Haare schleudern kleine Wassertropfen durch die Luft.
"Wieso nicht? Er wird es verstehen!"
"Ach ja?! Würdest du es verstehen, wenn du es nicht schon selbst gesehen hättest?!"
"Hallo? Könnt ihr mal bitte aufhören über mich zu reden, als wäre ich gar nicht hier?! Ich stehe hier! Ich höre jedes Wort! Und jetzt, verdammt nochmal, sagt mir bitte endlich jemand was hier los ist!",brülle ich und alle verstummen.

Ich sitze auf der Couch und Izzy trocknet sich die Haare mit einem Handtuch, während Steve auf einem Stuhl hockt, mit einem Beutel Eis auf dem Gesicht.
Dustin läuft nervös auf und ab.
"Also",sagt Dustin und kommt zu stehen.
"Das, was wir dir jetzt sagen werden, ist vielleicht etwas schwer zu verdauen",sagt er ruhig und setzt sich vor mir auf den Couchtisch.
"Okay...",sage ich stirnrunzelnd.
Ich schaue zu Izzy, die mir, sichtlich nervös, verstohlene Blicke zuwirft.
Was zum Teufel ist hier bloß los? Was bringt sie so aus der Fassung?
"Du weißt, das die Leute sagen, Hawkins sei verflucht, richtig?"
Ich nicke stumm.
"Sie liegen nicht ganz falsch. Es gibt eine andere Welt, eine düstere Welt, unter Hawkins. Manchmal kommen Dinge aus dieser anderen Welt in unsere",erklärt Dustin.
"Wie Geister und son Scheiß?",frage ich.
"Es gibt Schlimmeres als Geister, Mann",sagt Steve.
"Ich spreche von Monstern",sagt Dustin und ich lache auf.
"Monster? Wollt ihr mich verarschen?"
"Ich hab doch gesagt, er wird es nicht verstehen!",sagt Izzy und sieht verzweifelt aus.
"Gib ihm doch etwas Zeit! Das ist nicht leicht zu schlucken!"
"Okay,"sagt sie und kommt auf mich zu. Sie lässt sich neben mir auf das Sofa fallen und dreht sich so, das sie mich ansehen kann.
"Hör zu, ich weiß, wie verrückt das alles klingt. Glaub mir. Du musst verstehen, das es da draußen Dinge gibt, die sich kaum logisch erklären lassen,"sagt sie ruhig.
Ich fahre mir seufzend durchs Gesicht.
"Okay, fein. Mal angenommen, ich glaube an den ganzen Monster- Gruselwelt- Scheiß. Was hat das mit der Badewanne zu tun?"

Ich sitze mit offenem Mund da und starre Izzy an, die nervös mit dem Ring an ihrem Finger spielt.
Ich sehe zu Steve und dann zu Dustin, die mir beide ernste Blicke zuwerfen.
"Das ist ein Scherz, oder? Ihr macht Witze!",sage ich und blinzle.
"Schön wärs, Mann",sagt Steve und drückt sich wieder den Beutel Eis auf das immer dunkler werdende Feilchen um sein Auge.
Ich wende mich wieder Izzy zu, die den Blick gesenkt hält.
"Du sagst also, du kommst aus der Zukunft. Und du bist hier um dieses übermächtige Monster aus dieser Schattenwelt zu töten, damit wir nicht alle draufgehen?"
Sie nickt kaum merklich.
"So ungefähr,"murmelt sie.
"Und du lagst in dieser Badewanne, weil du per Gedankenreisen in Dustins Geist eindringen wolltest?"
Wieder nickt sie stumm.
"Und du musst das lernen, um diesem Mädchen, Elfi, zu helfen, ihre Superkräfte zurück zu bekommen?"
Einstimmiges Nicken.
Ich fasse es nicht.
Das kann doch nur ein Scherz sein!
Stöhnend schlage ich mir die Hände vors Gesicht.
"Das ist...ich kann nicht...Jesus H. Christ!",rufe ich aus und springe auf.
"Eddie",sagt Izzy und streckt eine Hand nach mir aus.
"Lass mich",sage ich und schüttle sie ab.
"Das kann doch nicht euer Ernst sein?!"
"Eddie, es ist die Wahrheit! Du musst uns vertrauen!",sagt Dustin ruhig und kommt mit erhobenen Händen auf mich zu.
"Bleib bloß wo du bist, Henderson! Ich fasse es nicht! Ihr tischt mir hier eine völlig verrückte Geschichte auf und erwartet von mir, das ich euch glaube?!"
"Ich kann es dir beweisen",sagt Izzy leise und ich sehe sie an.
Sie erhebt sich langsam.
"Aber du musst mir versprechen, nicht durchzudrehen, okay?"
Ich schnaube.
"Schlimmer kann es ja wohl kaum werden!"
Izzy kommt langsam auf mich zu.
"Versprich es mir",sagt sie und legt eine Hand an meine Wange.
Ich zucke unwillkürlich zusammen.
Mit trockener Kehle nicke ich.
"Okay",sagt sie und schließt die Augen.
Meine Augen weiten sich, als hinter hier plötzlich eine Tür auftaucht.
Mitten im Raum.
Eine scheiß Tür!
Izzy öffnet ihre Augen und nimmt meine Hand.
Widerstandslos lasse ich mich von ihr zu der Tür ziehen.
Sie öffnet sie.
"Komm mit",sagt sie und ich gehorche.
Ich bin wie erstarrt. Ich kann nichts anderes tun als Izzy stumm zu gehorchen.
Wir gehen durch die Tür und ich schaue mich verständnislos um.
"Wie zum Teufel...",presse ich hervor.
Wir stehen am Ufer des Lovers Lake. Ich drehe mich um und schaue durch die offene Tür, hinter der sich Izzys Trailer befindet.
"Das kann doch nicht...",stottere ich.
"Wie ist das möglich?"
Izzy schließt wieder ihre Augen und ich beobachte erstaunt, wie sich die Tür in weißen Rauch auflöst.
"Ich würde dir gerne meine Wohnung in 2022 zeigen, aber ich habe sie verkauft um hierher zurückkehren zu können",sagt sie und lächelt unsicher.
Ich stöhne laut auf und lasse mich in die Hocke sinken.
"Ich kann nicht glauben, was hier gerade passiert. Ich träume! Sag mir, das ich träume, Izzy!",murmele ich, während ich mir mit den Händen durchs Gesicht fahre.
"Tut mir leid, Eddie. Du träumst nicht"
Ich sehe sie an.
Sie kniet vor mir und betrachtet mich aus traurigen Augen.
Einen Moment lang starre ich sie an.
Dann lache ich laut los und sie zieht erstaunt die Augenbrauen hoch.
"Ich glaub's nicht! Du kommst aus der Zukunft! Du bist eine verdammte Zeitreisende! Das darf doch alles nicht wahr sein!",rufe ich prustend aus und Izzy legt verunsichert die Stirn in Falten.
"Ich glaub, ich verliere den Verstand!",flüstere ich und mein Lachen verstummt.
Ich durchlebe ein Wechselbad der Gefühle.
Von Erstaunen, über Unglaube bis hin zu Hysterie. Und Angst. Da ist so viel Angst in mir.
Ich schließe die Augen und lege den Kopf in den Nacken.
Plötzlich nimmt Izzy mein Gesicht in ihre Hände.
"Eddie",sagt sie sanft,"Ich weiß, wie du dich jetzt fühlst. Und ich kann verstehen, wenn du Zeit brauchst, um das ganze zu verarbeiten. Nur bitte...,"sagt sie heiser, "Bitte dreh nicht durch, okay?"
"Das ist gar nicht so einfach, Rotschopf",sage ich und schüttle den Kopf.
"Ich weiß",sagt sie und senkt den Blick.
"Aber vielleicht kannst du...vielleicht kannst du...",stottert sie und schluckt schwer,"...vielleicht kannst du irgendwann aufhören mich anzusehen, als hättest du Angst vor mir."
Ich erstarre.
"Shit! Tue ich das? Ich...das wollte ich nicht...ich...ich habe keine Angst vor dir!",sage ich schnell und hebe ihr Kinn mit meiner Hand an, sodass sie mich ansehen muss.
"Es tut mir leid, es ist nur...das alles ist so...so...",stottere ich.
"Unglaublich?",sagt sie.
"Angsteinflößend",korrigiere ich sie leise.
"Das verstehe ich",sagt sie und seufzt.
"Tut mir leid, das wir dich da mit reingezogen haben"
"Naja, genau genommen bin ich selbst schuld. Du wolltest es mir nicht sagen. Ich hab darauf bestanden. Und jetzt muss ich damit leben, das du eine Zeitreisende bist und es unter Hawkins eine Welt voller Monster gibt. Monster, die uns töten wollen",sage ich mit zitternder Stimme.
Izzy nickt kaum merklich. Ihre Augen füllen sich mit Tränen.
"Nicht",sage ich und drücke sie an mich.
"Bitte nicht weinen, Izzy. Ich werde das schon irgendwie verdauen. Es ist nur schwer zu schlucken",sage ich und drücke meine Lippen auf ihren Scheitel.
Sie drückt sich schluchzend an mich und ich komme nicht umhin, diesen Moment der Nähe zu genießen.
Auch wenn alles, was ich gerade erfahren habe, mich völlig fassungslos zurück lässt, gibt es zumindest etwas Gutes an der ganzen Sache. Izzy redet wieder mit mir.