15 Der Todesser
Es war einfach, zu vergessen, dass Draco in Wirklichkeit nichts für sie empfand. Wenn er und sie zusammen waren, waren beide andere Menschen. Er war nicht der mürrische Einzelgänger, der maximal Blaise neben sich duldete und ihre Trauer, die sie seit dem Krieg immer begleitet hatte, streifte sie ab, wie einen Mantel, wenn sie ihn sah.
Es war überraschend, dass sie beide so ausgelassen lachen konnten, wenn sie beisammen waren. Sie lernten oft gemeinsam für die Schule oder unterhielten sich einfach.
Heute hatte er Quidditch trainiert und das, obwohl es geregnet hatte. Der Duft von Petrichor lag in der Luft, von dem Regen, der auf die trockene Erde gefallen war. Selbst bei Regen und Wind saß Dracos Frisur beinahe perfekt, bei seiner Landung. Sie lachte laut auf. Ihres wurde vom Sturm zerzaust und stand sicher schon in alle Richtungen, aber sie genoss es dennoch. Sein Haar war sooo anders als ihres, wo keine Strähne jemals das tat, was sie sollte. Er kam grinsend auf sie zu. Sie bemerkte, dass der Wind an seiner Kleidung gezerrt haben musste, als sie auf ihn zu rannte. Sein Cape saß immer noch ganz schief. Sie küssten sich kurz, bevor sie versuchte, seine Kleidung etwas zurechtzurücken. Dann sah sie es. Das dunkle Mal prangte ihr, auf seinem linken Unterarm, entgegen.
Er blickte sie beinahe genauso entsetzt an, wie sie ihn. Dann drehte sie sich um und rannte so schnell und weit sie konnte. Erinnerungen des Krieges jagten sie. Er rief ihr nach, doch sie schaute nicht einmal mehr zurück. Ihr Blick wurde glasig und Tränen rannen ihr über das Gesicht.
Draco war ein Todesser. Er war wirklich einer gewesen. Es waren nicht nur Gerüchte! Er hasste Muggel und Muggelgeborene. Oder sollte sie besser Schlammblüter denken, wie er? Wie viele Menschen hatte er umgebracht? Wie viele?
Wie konnte jemand, den sie so gut leiden konnte, nur so ein Mensch sein? Vollkommen erschöpft war sie schließlich am dunklen See angekommen.
„Hi", ertönte da eine Stimme neben ihr. Hermione fuhr zusammen, entspannte sich jedoch schnell wieder, als sie Luna erkannte. Sie waren zwar nicht beste Freundinnen, aber sie vertrugen sich... irgendwie...
„Hi", antwortete Hermione und konnte dabei ein Schluchzen nur schwer unterdrücken.
„Was ist passiert, dass du so aufgewühlt bist?", fragte die Ravenclaw geradeheraus. Hermione überlegte, ob sie lügen sollte, entschied sich dann jedoch für eine Gegenfrage. „Wusstest du, dass Draco das dunkle Mal trägt?"
Luna zuckte nur mit den Schultern. „Er ist dein Freund, nicht meiner. Du solltest es besser wissen als ich."
Auf gewisse Weise hatte Luna ja recht, dachte Hermione bitter.
„Also, hat er das Mal?", diese Frage wiederum brachte Hermione komplett aus dem Konzept. „Ähhh... ja?", antwortete sie verdattert.
„Aha", war alles, was Luna als Kommentar dazu abgab, nur um ihrerseits mit einer Gegenfrage zu kontern. „Hast du da drüben einen Rohrstelzer gesehen?"
Hermione sah kurz in die Richtung, bis ihr klar wurde, mit wem sie da sprach. „Es gibt so was wie Rohrstelzer nicht!", protestierte sie. „Und was soll das überhaupt sein?"
„Es sind Vögel, die aussehen wie Schilfrohre. Nur weil du noch nie einen gesehen hast, heißt es nicht, dass es sie nicht gibt!", forderte Luna sie heraus. Es war sinnlos, mit ihr über so etwas zu diskutieren. „Wenn du meinst", flüsterte Hermione gerade so laut, dass die andere es hören musste. „Und nur weil du bei Malfoy das dunkle Mal siehst, heißt das nicht, dass er dich nicht lieben kann oder dass er ein schlechter Mensch ist. Das sind Dinge, die man nicht sieht, aber von denen man weiß, dass sie da sind. Die Rohrstelzer dagegen kann man sehen, wenn man nur genau genug hinsieht."
Es war Lunas verquere Logik, dachte Hermione bei sich. Damit konnte man nicht argumentieren.
Dann erst sickerte bei ihr durch, was Luna über Draco gesagt hatte.
„Was meinst du damit?", wollte sie aufgeregt wissen.
„Das Rohrstelzer Meister der Tarnung sind", gab Luna fasziniert zurück.
„Nein, das, was du über Draco gesagt hast?", wollte Hermione wissen.
„Ach das... nun, Draco ist jung und er hat nie den Eindruck auf mich gemacht, dass er kaltblütig morden kann. Was sollte der, dessen Namen nicht genannt werden darf, also mit ihm wollen? Mein Vater hat immer gesagt, es gibt nur drei Dinge, an denen der, dessen Name nicht genannt werden darf, interessiert ist. Die Unsterblichkeit, Macht und anderen Schaden zuzufügen. Malfoy hätte ihm keine Unsterblichkeit bringen können. Auch Macht besitzt er nicht viel. Also bleibt nur eine Möglichkeit, weshalb er ihn zu einem Todesser gemacht hat."
„Um jemandem zu schaden", sprach Hermione das aus, was Luna nicht getan hatte. Diese zuckte nur mit den Schultern. „Ich meine, das dunkle Mal ist nur eine Tätowierung. Es ändert nichts an dem Menschen, der es trägt. Und es wird gemunkelt, dass Malfoy auch auf Anweisung der Lehrer nie einen unverzeihlichen Fluch über die Lippen gebracht hat." Sie zuckte mit den Schultern. „Allerdings war ich ja das letzte Jahr genauso wenig da, wie du. Deshalb weiß ich es nicht sicher. Vielleicht solltest du ihn selbst fragen, wie er zum dunklen Lord steht. Aber jetzt müssen wir leise sein, wir verschrecken nur die Rohrstelzer."
Luna hatte, mit ihrer ganzen schrägen Logik recht. Es war nicht das dunkle Mal, dass Todesser zu schlechten Menschen machte. Es waren ihre Taten. Und was hatte Draco wirklich getan?
Sie sprang auf. „Danke Luna", rief sie, noch während sie in Richtung Quidditchfeld lief.
Sie fand Malfoy zusammengesunken gegen einen der Türme gelehnt. Krampfhaft hielt er seinen linken Arm umklammert und starrte ins Leere. War sie für seinen jetzigen Zustand verantwortlich? War er die ganze Zeit hiergeblieben?
Sie ging vor ihm auf die Knie. „Draco?", fragte sie vorsichtig. Seine glasigen Augen suchten die ihren, kurz bevor sich sein Mund zu einem spöttischen Grinsen verzog. „Bist du hier, um noch einmal nachzutreten? Der böse Todesser hat es doch nicht anders verdient, nicht wahr?"
Seine Worte schnitten ihr ins Herz. Immer noch hielt er seinen Arm, als wäre er verletzt. Vielleicht war er das auch, aber die Wunde ging tiefer als ins Fleisch.
„Zeig es mir", forderte sie ihn auf. Er starrte sie kurz an. Dann zog er seinen Ärmel nach oben. Wieder schien es fast, als würde ihm die Bewegung physische Schmerzen bereiten, als er ihr seinen Arm präsentierte. Er wandte seinen Blick ab.
Hermione zog ihren Zauberstab. Akribisch untersuchte sie das Mal. „Es sind noch Rückstände von Magie vorhanden, aber keine Verbindung mehr", sagte sie erleichtert und wusste nicht, ob der Adressat ihrer Worte Draco war oder sie selbst. Er zuckte nur mit den Schultern und ein freudloses Lachen kam über seine Lippen. „Einmal Todesser immer Todesser." Es musste ein Satz sein, den er nur zu oft gehört hatte. Vielleicht so oft, dass er ihn tatsächlich glaubte. Sie fuhr vorsichtig mit einem Finger die Tätowierung nach. „Die Haut darunter sieht komisch aus, ganz weiß und beinahe wulstig."
Sie konnte fühlen, wie er unter ihrer Berührung leicht erzitterte. „Ich habe versucht, es herauszuschneiden", begann er, „und als das nicht funktioniert hat, wollte ich es rausbrennen." Seine Miene verriet nichts als Abscheu. „Stell dir vor. Sobald sich die Wunde geschlossen hatte, war das Mal wieder da." Sie konnte an seinem Gesicht die Schmerzen sehen, die ihm das beschert haben musste. „Bei Merlin Draco...", war alles, was sie dazu sagen konnte. Endlich sah er ihr wieder ins Gesicht und wieder grinste er sie böse an. „Ich sagte doch, einmal Todesser, immer Todesser."
Sie beugte sich hinab und senkte ihren Kopf über seinen Arm. Es war nicht mehr länger das dunkle Mal, dass mit Voldemort verbunden war. Es war jetzt nur noch ein Teil von Draco. Das waren ihre Gedanken, als sie den Totenkopf so flüchtig wie ein Windhauch küsste.
Sie hörte, wie Draco nach Luft schnappte. „Was tust du da? Es sieht keiner zu, den du täuschen könntest."
Sie ließ sich nicht beirren und setzte weitere Küsse entlang des Schlangenkörpers. „Hermione?", seine Stimme klang beinahe verzweifelt. „Vielleicht muss es ein Schlammblut sein, das dir vergibt", flüsterte sie ihm zu. Es war, als hätten ihre Worte ihm wieder Leben eingehaucht.
Mit mehr Kraft, als sie ihm zugetraut hätte, packte er sie und presste nun seinen Mund auf den ihren. Der Kuss war innig und begierig. Anders, als die Küsse zuvor. Sie waren wie zwei Verdurstende, die nach Jahren endlich Wasser gefunden hatten. Ihre Körper pressten sich hart und verlangend aneinander.
Dieses Mal war nichts gespielt, dachte Hermione. Dieses Mal küsste Draco sie und auch in seinen Gedanken keine andere! Seine Gefühle galten ihr allein und nicht Daphne.
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Fluff all the way :D genießt es solange es noch währt ;P
Wir nähern uns der Mitte! :D
Das heißt jetzt nicht: wartet bis die Geschichte abgeschlossen ist, sondern lest ruhig weiter.
Es werden ein paar Kapitel kommen, die man verdauen muss ^.^
Vielen Dank schonmal an loveforever1112346 und MarlenesWritingWold für das Probelesen meines OS :D
Mit eurer Zustimmung tagge ich euch ;D (wenn ich verstehe wie das geht O_O)
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