2. ein Tag ohne Sorgen*
Alles muss echt sein, der Schmuck, der Pelz, die Handtasche. Die Menschen legen so viel Wert auf Echtheit, dass sie selbst nicht sehen, wie sie die Form einer einfachen Kopie annehmen.
Erst nach zwei Stunden voller Mathematik, konnte ich mich wieder entspannt aufrichten. Der Lehrer legte den Stecken mit einem lauten Knall auf das Pult und verkündete die Hausaufgaben, obwohl die Hälfte der Klasse schon heraus gestürmt war. Ich blieb hocken und wartete bis Sam neben mir auftauchte.
"Und wie gefällt es dir bis jetzt?", fragte sie ein wenig zaghaft.
"Es ist wirklich...", seufzend winkte ich mit der Hand ab und stand auf.
Während wir gemeinsam durch die Gänge liefen, hielt ich Ausschau nach dem Jungen von vorhin.
"Wer war eigentlich dieser Typ neben mir?", fragte ich nach einer Weile. Aber Sam war zu beschäftigt damit auf ihrem Handy herumzudrücken und irgendwelchen Leuten zu schreiben.
-
Es war Mittag und die meisten Schüler befanden sich im Garten der Schule, während ein kleiner Rest sich in die Aufenthaltshalle verkrümelte.
Inzwischen hatte ich einen Stundenplan erhalten und wusste auch schon besser Bescheid, wo was zu finden war.
Ich folgte Sam auf Schritt und Tritt, bis sie vor einem kleinen Tisch stehen blieb. Eine Gruppe Schüler saß schon dort, aber ohne groß von ihnen Notiz zu nehmen, setzte ich mich einfach auf einen freien Stuhl.
Zwischen all den Schülern in der Cafeteria entdeckte ich auch Riley. Wie durch einen Zufall stand er genau neben einer Gruppe Jungs, unter denen sich ebenfalls der Typ von meiner Mathelektion befand. 1:0 würde ich sagen.
Ich stand langsam auf und lief in die Richtung von meinem Bruder. Zuerst sah er mich ein wenig misstrauisch an, als ich schweigend neben ihm stehen blieb.
"Was ist los Jess?", fragte er.
"Ich wollte nur hallo sagen."
"Hei, Rei!", schrie einer der Jungs ihm zu. Einen Spitznamen hatte er also auch schon.
Mein Bruder sah in die Richtung, aus der sein Name gekommen war.
"Freitag schmeißt Ed eine Party. Lade sie doch auch ein", meinte ein blonder Junge grinsend.
Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte ich ihn an.
"Ist sie nicht zu jung dafür?", fragte der Typ aus meiner Matheklasse. Verwundert sah ich ihn an. Was sollte das jetzt?
"Reifer als du, bin ich sicher", gab ich ihm zurück und die Jungs hinter ihm brachen in großes Gelächter aus. Auch er grinste ganz kurz, ehe er sich wieder seinem Essen widmete.
Ich beeilte mich weder zu Sam zu kommen. Diese starrte bestimmt schon seit Minuten nach hinten zu uns.
"Kennst du die?", raunte sie mir zu.
"Meinen Bruder ja, den Rest nein." Ich ließ mich wieder auf den freien Stuhl fallen.
"Das sind Alex und seine Clique. Sie sind alle im Footballteam." Ihre Augen bekamen einen träumerischen Blick und sie zeigte auf einen von ihnen. Demnach musste dieser Alex sein.
"Und wie heißt der dunkelhaarige mit den hellen Augen?", flüsterte ich ganz leise.
"Ach du meinst Jack?", rief sie halb durch die ganze Mensa. Die Alex-Clique sah in unsere Richtung, während ich mich hinter meinem Schulrucksack zu verstecken versuchte.
"Er ist ganz okay. Jedoch läuft da glaube ich etwas mit Lindsey."
Lindsey? Ehe ich nachfragen konnte, kam die Blonde von heute Morgen mit wippendem Haar an uns vorbei und zu dem Tisch mit den Jungs. Sie beugte sich zu Jack und schien ihm etwas zuzuflüstern, bevor sie wieder kichernd einen Tisch weiter weg sich niederließ. Dieser schüttelte nur den Kopf.
Die Glocke klingelte und schnell packten wir unsere Sachen zusammen.
Sam folgte mir. So weit wie ich mitbekommen hatte, kam jetzt Sport.
"Am Freitag macht Ed eine Party, kommst du auch?", fragte sie mich während wir uns umzogen.
"Ich weiß nicht."
"Bitte, wir können uns dann was Schönes anziehen und wenn es dir nicht gefällt gehen wir wieder."
Normalerweise würde ich nein sagen, aber dieser Blick den mir Sam zuwarf. Ich versuchte verzweifelt einen Ausweg zu finden.
"Ich, ehm."
"Ist das ein Ja?", raunte sie mir zu und fing dann an zu Lachen. Seufzend nickte ich.
Hoffentlich würde das keine große Party werden.
-
Als wir die Sporthalle betraten, waren einige aus unserer Klasse schon damit beschäftigt Runden zu joggen. Die Lehrerin war etwas jünger und hatte kurze blonde Haare. Sie stand mitten im Raum und beobachtete alles.
Ich entdeckte Lindsay in einem kurzen rosa Dress. Weiter hinten stand Alex. Jack konnte ich auch noch irgendwo weiter vorne ausmachen. Wieso hatte mein Bruder mit ihnen zu tun? Sie schienen zwar so alt wie er, aber immerhin besuchten sie mit mir Sport und Jack noch mit mir Mathematik.
"Jessica!", schrie die Lehrerin und pfiff so laut wie möglich in die Trillerpfeife. Erschrocken zuckte ich zusammen.
"Schenken Sie uns bitte auch Ihre Aufmerksamkeit?" Ich nickte nur ganz leicht. Ich hätte nicht gedacht, dass die Lehrerin meinen Namen bereits am ersten Tag kannte.
Sie rief uns alle zusammen und dann wurden wir in fünfer Teams eingeteilt. Ich und Lindsay, mit drei anderen die ich nicht kannte.
Bemitleidend winkte mir Sam kurz hinterher. Sie lief eilig zu ihrer Gruppe. Wir spielten Basketball, wenigstens etwas das ich gut kannte. Die Lehrerin pfiff erneut in die Trillerpfeife und dann stürmten alle auf einmal los. Lindsay bekam als erste den Ball zu fassen, ließ sich aber von Alex Rufen ablenken. Schnell rannte ich auf ihn zu und schnappte mir den Ball. Sam jubelte mir zu und erntete dafür ein paar böse Blicke aus ihrer Mannschaft.
Blitzschnell prellte ich den Ball nach vorne, das Ziel schon vor meinen Augen, da rannte mich beinahe Lindsay um.
"Zu mir!", schrie sie mir halb in mein Ohr. Ich ignorierte sie und machte einfach weiter, sprang ab und beförderte den Ball in den Korb.
Nach 15 Minuten gab es Mannschaftswechsel. Ich musste gegen die Gruppe von Jack spielen. Die Lehrerin pfiff an und alle rannten zu dem Ball. Einer aus Jacks Gruppe schnappte sich den Ball und spielte zu unserem Feld.
Sie spielten gut und bald stand es 8:3 für seine Gruppe. Ich lief nahe genug zu Lindsay und flüsterte ihr ins Ohr
"Vielleicht könntest du auch mal etwas anderes machen, als nur herumstehen." Wütend schnaubte sie auf und endlich kam Bewegung in das Spiel. Sogar Lindsay beteiligte sich daran und nach langem hin und her hatten wir Gleichstand und der Ball lag in meinen Händen. Triumphierend sprintete ich los, immer den Ball vor mir. Der Korb befand sich genau in meiner Nähe. Ich musste nur noch abspringen und werfen. Die Lehrerin zählte gerade die letzten Sekunden hinunter, da packte mich jemand von hinten an den Hüften und zerrte mich weg von dem Korb. Ich schrie auf und versuchte mich zu befreien, aber der Angreifer schleppte mich einfach mit auf das andere Feld, weit weg von meinem entscheidenden Siegestreffer. Erst als die Lehrerin den Schluss des Spieles anpfiff, wurde ich auf den Boden gesetzt.
Jacks helle Augen blitzten mir entgegen. Er lächelte ein kleines bisschen. Verwundert sah ich ihn an.
"Hallo, geht es noch?", fragte ich ihn nach einer Weile, als mein Bewusstsein endlich wieder da war. Er fuhr sich durch das längere Haar.
"Tut mir leid Prinzessin, aber hier gelten keine Regeln", meinte er zwinkernd und lief dann lachend zu Alex, der ihn siegessicher abklatschte. Ich verdrehte meine Augen und lief langsam zu Sam. Es war nicht sonderlich schwer sie in der Menge zu finden. Ihr hellviolettes Haar stach ziemlich heraus.
"Alles klar?", fragte sie.
Ich nickte. Diesmal hatte er vielleicht gewonnen, aber mal sehen wer nächstes Mal siegen würde.
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