Kapitel 7《November Rain》Eliza
Zwei Tage waren wir nun schon im Hausboot und dieser Aidan war bisher noch nicht hier aufgekreuzt. Fynn wurde so langsam unruhig und ihm schien die Umgebung nicht so recht zu gefallen. Wahrscheinlich muss er ständig an früher denken und vermutlich ist er in Gedanken noch bei Linus. Um ehrlich zu sein, fragte ich mich auch manchmal, was der jetzt wohl macht. Wird er irgendwann wieder Fynn besuchen oder hat er mit ihm abgeschlossen? Hoffentlich ist er nicht eingeschnappt.
„Lass uns doch gehen! Es war eine bescheuerte Idee hierhin zu kommen. Als ob er zufälligerweise ausgerechnet dann mal hier vorbeischaut, während wir da sind! Das bringt doch nichts. Wir werden noch Jahre brauchen, nur um Aidan zu finden! Wie soll das denn dann nur bei Tristan aussehen? Laufen wir dann überall herum, nur um herauszufinden, dass er gar nicht mehr in dieser ‚Stadt' ist? Das ist doch lächerlich..." Fynn sprang von dem Sofa, auf das er eben noch saß, und schnappte sich seinen Rucksack. Die ganze Zeit saß er angespannt da und hatte mit seinem Fuß nervös herumgezappelt. Das nervte mich schon die ganze Zeit, aber ich sagte nichts, sondern las seine Ausgabe von „Harry Potter und der Stein der Weisen", die er mir ausgeliehen hatte. Bisher kam ich noch nie dazu, die Buchreihe zu lesen.
Seufzend legte ich das Buch zur Seite und versuchte auf ihn einzureden: „Aber was, wenn er doch bald kommt? Und vielleicht finden wir mit Aidan Tristan leichter?" Fynn schnaubte verächtlich, nickte und schulterte seinen Rucksack. „Ja, natürlich werden wir mit Aidan Tristan finden... Vielleicht weiß er ja noch sogar was von dem? Ist ja nicht so, als hätten sie sich ganz arg gestritten." Seine Stimme triefte ja schon fast vor lauter Sarkasmus! Ich verrollte die Augen, musste aber zugeben, dass er mit der „wir finden Tristan schneller mit Aidans Hilfe" Sache recht hatte. Die Wahrscheinlichkeit war sehr gering, aber bestehen tat sie und solange sie das tut, habe ich Hoffnung.
„Linus kommt eher nochmal vorbei, als dass Aidan zufälligerweise in den nächsten Tagen hier aufkreuzt. Wir gehen jetzt!" Fynns Stimme war etwas leiser geworden, aber trotzdem bestimmt. „Nein", entgegnete ich dennoch, während ich aufstand, „Ich bleibe hier." Er sah mich kopfschüttelnd an. „Wenn Aidan hier herkommt, dann bringe ich ihn zu dir und erzähl ihm von dem Plan. Was soll schon passieren?" Jetzt brach er in schallendes Gelächter aus, was mich etwas erschreckte. Weshalb lachte er auf einmal so?
„Klar, sag ihm, dass du ihn mit Tristan versöhnen willst. Wird bestimmt gut gehen. Viel Spaß! Ich hole mir dann in ein paar Monaten ‚Harry Potter' ab, ja? Und grüß ihn von mir! Bis dann!" Noch immer lachend ließ er mich hier zurück. Ungläubig sah ich ihm hinterher. Weshalb hatte er denn auf einmal so einen Kurzschluss gehabt?
‚Na ja', dachte ich mir, ‚er wird sich schon wieder einrenken.' Ich setzte mich wieder hin und las weiter. Ich hatte noch nie Harry Potter gelesen und auch nur den ersten Film geschaut.
Jedenfalls saß ich da nun, las das Buch und hatte sonst nichts zu tun. Es war zumindest eine schönere Beschäftigung als ganz alleine und ohne wirkliches Wissen durch eine einsame Stadt zu irren.
Aber zugegebenermaßen wurde es auch mir dann irgendwann zu langweilig. Also legte ich das Buch zur Seite, seufzte und sah mich um. Gibt es nicht vielleicht hier noch irgendwas zu finden? Ich stand auf und ging zuerst in das Schlafzimmer. Vielleicht hatte dieser Aidan dort ein Versteck wo er irgendwelche Sachen untergebracht hat?
Ich untersuchte wirklich alles in dem Zimmer, aber ich konnte rein gar nichts finden. Enttäuscht ging ich wieder und nahm in der Küche nochmal alles unter die Lupe. Aber auch hier fand ich nichts Auffälliges. Murrend ließ ich mich wieder auf das Sofa fallen, legte meinen Kopf in den Nacken und sah abwesend die Decke an.
Das war doch auch nicht richtig! Jetzt sitze ich hier alleine und warte darauf, dass Fynns Freund hier aufkreuzt. Da könnte ich doch genauso gut vor dem angesprayten Zeichen der Rebellion hocken und warten, bis dort jemand auftaucht und mich aufnehmen will.
Als ich daran dachte, war ich auf einmal wütend auf Fynn, was eigentlich total unbegründet ist. Immerhin hätte ich ihm folgen können. Vielleicht sollte ich auch wieder zu seiner Hütte gehen. Er hat schließlich recht; es ist wirklich sehr unwahrscheinlich, dass wir so viel Glück haben, dass Aidan in den nächsten Nächten das Hausboot besucht. Und trotzdem sagt da Etwas in mir, dass ich diese Nacht noch hier bleiben sollte. Da es sowieso keinen Unterschied machen würde, ob ich noch diesen Abend oder erst morgen früh zurück zur Hütte gehe, beschloss ich hier zu bleiben.
Ich wollte die Nacht aufbleiben, falls jemand hier einbrechen sollte oder falls es Aidan ist, der dem Hausboot einen Besuch abstatten will. Das klappte nur leider eher weniger, denn ich war wirklich sehr müde, weshalb ich mich dann auch ins Bett legte und einschlief.
Lange sollte ich dann aber nicht meine Ruhe haben. Ich wurde von dem Quietschen der Eingangstür des Hausbootes geweckt. Sofort schreckte ich hoch, kletterte möglichst lautlos aus dem Bett und griff nach der Bratpfanne aus meinem Rucksack. Bisher habe ich noch nie mit jemandem gekämpft, demnach war ich auch unerfahren, was wiederum bedeutete, dass ich in ernsthafter Gefahr bin, wenn da jemand reingekommen ist, der nichts Gutes im Schilde führt. Mein Herz klopfte vor lauter Aufregung tausendmal schneller.
Meine zitternden Beine trugen mich tapfer zur Tür, welche meine ebenso zitternde Hand öffnete. Ich schluckte noch einmal, schloss kurz meine Augen und befahl mir, Ruhe zu bewahren. Das ist natürlich - wie so oft - leichter gesagt als getan, aber ich gab mein Bestes.
Die Schlafzimmertür führte direkt zur Wohnküche, die auch den Eingangsbereich darstellte, sodass ich sofort den Lichtkegel der Taschenlampe des ungebetenen Gasts sehen konnte. Schnell versteckte ich mich hinter der Tür, umklammerte den Griff der Bratpfanne und hoffte, dass es sich um diese unbekannte Person da entweder um Aidan oder Fynn handelte.
Vorsichtig beobachtete ich die Person weiterhin. Sie leuchtete mit ihrer Taschenlampe quer durch den Raum. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich vor dem Licht hinter der Tür in Sicherheit bringen. Das war schonmal nicht Fynn, so viel war klar. Er würde das nicht machen. Er wäre direkt ins Schlafzimmer gegangen und hätte mich geweckt. Oder?
Schweiß bildete sich rasant an meiner Stirn und mein Mund wurde trocken, dafür wurden meine Hände feucht. Mein Kopf dröhnte. Ich verfluchte mich dafür, dass ich nicht mit Fynn gegangen war.
Unsicher spionierte ich wieder die fremde Person aus. Sie öffnete einen Schrank und fand offenbar etwas Interessantes. Vielleicht war das wirklich Aidan?
Ich überlegte, was dort drinnen war, aber mir fiel nichts als gähnende Leere ein. In keinen der Schränke war irgendetwas übergeblieben, die Jungs hatten damals alles mitgenommen - oder es hatten sich irgendwelche Personen allerlei Sachen geklaut.
Das änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass der oder die Fremde sich nun auf das Sofa hin bequemte und seinen oder ihren Fund nun betrachtete. Zwar wurde dieser Fund von dem Licht der Taschenlampe angestrahlt, aber von meinem Versteck aus half mir das leider nicht wirklich. Alles was ich erkennen konnte war, dass es sich wohl um einen Zettel handeln musste. Was jedoch draufstand sah ich natürlich nicht.
Sollte ich mich bemerkbar machen oder lieber weiter hier versteckt bleiben? Wenn es sich wirklich um Aidan bei dieser Person handelte, dann sollte ich wohl besser was sagen. Ansonsten wäre diese ganze Aktion hier für die Katz gewesen. Was sollte schon dabei schief gehen?
Ich machte auf mich aufmerksam, indem ich die Tür öffnete. „Wer ist da?", fragte ich. Sofort schnellte der Lichtkegel zu mir, blendete mich, sodass ich meine Augen zusammenkneifen musste und ich meine Hand vor mein Gesicht hielt. „Wer bist du?", sprach der Fremde. „Ein Mädchen. Siehst du doch." Entnervt verrollte er die Augen und seine Haltung erschlaffte etwas. „So ein Gespräch wird das also?"
Er hatte noch immer seine Taschenlampe auf mich gerichtet und so langsam nervte es mich doch. „Könntest du bitte damit aufhören, mich zu blenden? Ich werde ja gleich noch blind!" Sofort richtete er den Lichtkegel gegen die Decke.
Ich wartete auf ein „Sorry" aber bekam keins. „Also nochmal", sagte er stattdessen, „wer bist du?" Kurz überlegte ich, ihn daran zu erinnern, dass ich eigentlich zuerst gefragt hatte, ließ es aber dann doch bleiben. Ich sagte ihm meinen Namen und fragte dann nach seinem. „Aidan"
Es war also wirklich Aidan! Das Etwas in mir hatte recht!
Ich ging zum Lichtschalter und machte das Licht an, so konnten wir uns besser sehen und er musste nicht diese Taschenlampe die ganze Zeit halten.
Jetzt konnte ich Aidan auch besser erkennen. Er hatte kurze braune Haare und seine grünen stachen sehr gut Augen hervor. Auf seinem Gesicht hatte er auch ein paar Sommersprossen, die man aber wegen seiner eher beigen Haut nicht so leicht erkennen konnte. Außerdem hingen ihm die Haare etwas ins Gesicht und verdeckten sein rechtes Auge etwas.
„Aidan also?", fragte ich nochmal. Misstrauisch nickte Aidan. „Ja, so heiße ich...", murmelte er. Skeptisch beäugte er mich, als würde er darüber nachdenken, ob es nicht doch besser gewesen wäre, mir nicht seinen Namen zu sagen. „Befreundet mit einem Tristan?", fragte ich weiter. Als ich Fynn erwähnte, spannte er sich sichtlich an, seine Miene verfinsterte sich und trotzdem lag da etwas in seinem Blick, was mir vermittelte, dass ich eine noch nicht verheilte Wunde geöffnet habe.
„Was weißt du von ihm und mir?", fragte er. Es war schon fast ein Fauchen. Ich hatte ihn definitiv gereizt, keine Frage. Hoffentlich rastet er nicht aus...
„Ich weiß, dass ihr befreundet wart und ihr euch in einem Streit getrennt habt", antwortete ich Aidan ruhig. Allerdings sah er nicht ruhiger aus als vorher, sondern eher im Gegenteil: Er wirkte angespannter und seine Miene verfinsterte sich etwas.
„Woher kennst du mich und Tristan überhaupt? Wer hat dir von uns beiden erzählt?" Seine Stimme klang dabei finster, kalt und auch ein wenig verletzt. Die Sache mit Tristan saß wohl sehr tief in ihm.
Ich erzählte von Fynn und davon, wie er mir die Geschichte anvertraut hatte.
Aidan entspannte sich wieder etwas, sah aber noch genauso finster aus, wie vorher. Er nickte und stieß Luft aus. „Und wo ist er jetzt?", fragte er. „In einer Hütte. Wir haben drei Tage hier auf dich gewartet und heute Nachmittag ist er zurück gegangen, weil es in seinen Augen keinen Sinn gemacht hat."
Jetzt verschränkte er die Arme und musterte mich. „Warum bist du dann hier geblieben? Immerhin kennst du mich nicht einmal und hast keine Ahnung, wie ich so drauf bin." Guter Einwand, allerdings hat er das A und O einer jeden Kinderserie vergessen: Das Band der Freundschaft. Ich war zwar nicht mit Fynn oder einen der anderen befreundet, aber sie waren es einst gewesen. Gerade heutzutage sind Freundschaften lebensnotwendig und obwohl Aidan ja seine Bande hat, bezweifle ich, dass er seine alten Freunde nicht vermisst. Schließlich verbindet sie eine sehr wichtige Zeit.
„Ihr wart befreundet und jetzt seid ihr alleine. Na ja, alle außer du."
Aidans Augenbrauen zogen sich zusammen. „Du hast doch keine Ahnung, was passiert ist! Du kennst uns alle doch nicht mal richtig! Wenn Fynn sogar kein Bock hat, für länger als zwei Tage auf mich zu warten, dann lass ihn doch! Wenn sogar er keine Lust hat, dass wir alle wieder zusammen sind, dann lass ihn! Das war sowieso nur eine Sache zwischen Tristan und mir. Es war nichts gegen ihn oder Linus. Und von dir lass ich mir nicht in mein Gewissen reinquatschen, das kannste vergessen!" Ich hatte wohl das Fass zum Überlaufen gebracht. Er sah mich fast schon hasserfüllt an und ging Richtung Ausgang.
„Wieso überlegst du nicht einmal, ob du dich wieder mit Tristan versöhnst?", rief ich ihm hinterher. Er drehte sich zu mir, sah mir in die Augen und entgegnete mir zischend: „Das geht dich nichts an! Wenn wir wieder Kontakt haben wollen, dann tun wir das auch, aber ich lass mir doch nicht von irgend so einem dahergelaufenem Mädchen sagen, dass ich mich wieder vertragen soll! Das ist immer noch unsere Sache und auch nur unsere Sache! Dass Linus und Fynn offenbar nicht mehr zusammen leben, ist ja wohl nicht unsere Schuld! Kümmer' dich doch um die und nicht um uns!"
Als er fertig war, verließ er den Raum. Ich blieb überwältigt davon, was gerade passiert ist, mitten im Raum stehen und sah zum Ausgang. Erst ein paar Sekunden später fiel mir noch eine wichtige Frage ein.
Sofort lief ich ebenfalls raus und fand Aidan zum Glück noch am Hafen. „Hey!", rief ich laut. Er drehte sich wieder um und fragte mich mehr als genervt, was denn jetzt noch sei. „Weißt du denn, wo Tristan steckt?"
Er schwieg eine Sekunde lang. Zwei Sekunden. Drei...
Fünf Sekunden brauchte er, bis er mir antwortete: „Er ist hier in der Nähe. Lebt dort, wo er sich am besten auskennt. Er geht nicht weiter weg, als bis zum Ortsausgangschild." Und dann ging er weiter.
Die Antwort hat mir jetzt nicht wirklich geholfen, aber vielleicht weiß ja Fynn mehr?
Morgen gehe ich einfach wieder zur Hütte und erzähl ihm alles.
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Habt ihr schon Ideen, was wohl der Grund für den Streit zwischen Aidan und Tristan sein könnte? Schreibt doch eure Theorien in die Kommentare, wenn ihr welche habt! :D
Jedenfalls kommt die Story erst jetzt richtig ins Rollen, wie ich finde. ^^
LG LMS
Aktuelle Version vom: 13. Juli 2021
Erstveröffentlichung: 16. April 2021
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