2

Sam

Tick.

Mein Leben verstreicht von Sekunde zu Sekunde und ich kann nichts machen, als ihm gnadenlos dabei zu zuhören.

Tick.

Erstaunlich was für eine große Auswirkung ein so leises Geräusch doch haben kann.

Tick.

Genauso erstaunlich wie ein einziger Fehler einem so dermaßen das Leben versauen kann, sodass einem jede weitere Sekunde auf dieser gottverdammten Welt wie die Hölle vorkommt.

Tick.

Ich reiße meinen Blick von der quietschgelben Uhr an der leuchtend pinken Wand gegenüber von mir los und starre stattdessen auf die neongrüne Tür, die sich unter ihr befindet.
Die verschiedenen grellen Farbtöne, die absolut nicht zu einander passen, bereiten mir Kopfschmerzen, weshalb ich mir jeweils Zeigefinger und Mittelfinger auf beide Schläfen presse.

Normalerweise würde ich meinen Montagnachmittag mit Rumliegen in meinem abgedunkelten Zimmer verbringen, stattdessen muss ich jetzt dank Ruths Änderung der Therapiezeiten hier in einem viel zu stickigen Wartezimmer sitzen mit Farbkombinationen, die mich fast umbringen.

Meine Hände fangen an zu zittern und ich verspüre den Drang auf etwas einzudreschen. Vorsichtig nehme ich sie von meinen Schläfen und lege sie stattdessen ineinander verschränkt in meinen Schoß.
Einen weiteren Wutanfall diese Woche kann ich mir nicht leisten.

Erst recht nicht, wenn die Woche erst heute angefangen hat.

Ich war so froh diesen Raum für zwei Wochen mal nicht sehen zu müssen.

Hätte sich die alte Schachtel nicht noch länger Urlaub nehmen können? Ich verabscheue sie und ihre dämliche Praxis. Genauso wie Dad, dessen grandiose Idee das Ganze hier war.

,,Es ist nur zu deinem Besten", betonte er immer zu sagen. Ich bin der Meinung er wollte mir damit einfach nur eins reindrücken und damit hat er vollen Erfolg. Und genau das macht mich so wütend. Ich hasse es, dass ich die Therapie hasse, weil das meinem Vater Genugtuung gibt.

Es verleiht ihm Macht. Und das ist das, wonach er strebt.

Ich seufze.
Ich verstehe einfach nicht, warum Mom ihn nicht schon längst verlassen hat. Sie hat was Besseres verdient.

Im Gegensatz zu mir.

Das Piepen der gelben Uhr reißt mich aus meinen Gedanken. Es ertönt zu jeder vollen Stunde und leitet gerade eben meinen Therapiebeginn ein.

Da Ruth immer pünktlich ist und somit auch auf die Pünktlichkeit ihres Gegenübers besteht, atme ich tief ein und wieder aus, bevor ich mich auf den Weg zur Tür mache, dessen Farbe mir droht die Augen weg zu ätzen.

Gerade will ich die Klinke herunterdrücken, als die Tür schon von alleine aufschwingt und eine zierliche Gestalt unbeholfen hinaus stolpert.

Sämtliche meiner Alarmglocken schrillen, während alle Luft aus meiner Lunge weicht.

Mir wird schlecht und ich habe Angst mich übergeben zu müssen, doch ich kann nicht anders als wie gelähmt die Person vor mir anzustarren, während immer wieder derselbe Satz in meinem Kopf kreist.

Das kann nicht sein.

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