16|Wettbewerbsbeitrag

Beschwert euch bei -TheBibliophile-, die veranstaltet diesen Wettbewerb. Fire präsentiert:

Eine Kurzgeschichte über Mobbing:

Molly Harper

Einfach nicht aufschauen, einfach nicht aufschauen. Es ist wie ein Singsang, ein eindringliches Gebet, das sich immer wiederholt, so ähnlich wie die Gedanken sich entwickeln, wenn man nicht einschlafen kann. Nur dass das hier schlimmer ist als jede Nacht, in der ich wach liege.

"Na, wie geht's unserer kleinen Freundin denn heute?", fragt Molly Harper. Ich schlucke, dann schweige ich. "Bist du schon wieder nicht gesprächig? Warum das denn?", fragt sie weiter, blickt mir eindringlich in die Augen. Ihre kleinen Schweinsäuglein blitzen vor Boshaftigkeit. Es glaubt wohl niemand, dass die zu solchen Dingen fähig sind, wenn man Molly im Park begegnen würde. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass mir das noch nicht passiert ist.

Molly drückt mich fest gegen die Schulwand. Ein paar ihrer Freundinnen helfen ihr dabei, während sie mich beleidigt. Ich senke den Blick, versuche einfach, an etwas anderes zu denken. Aber woran denkt man, wenn einem vorgehalten wird, wie beschissen man eigentlich ist? Ich versuche, daran mir vorzustellen, wie heute meine Cousine zu Besuch kommt. Wir wollen zusammen zur Malschule gehen. Vielleicht lerne ich dann endlich, wie man richtig schattiert.

Das alles ist Molly egal. Sie kann sich in ihrem kleinen Hamstergehirn nicht vorstellen, dass ich irgendetwas können könnte. Ich bin nur Abfall. Abfall, der noch lernen muss, dass er Abfall ist. Abfall, der lernen wird, dass er Abfall ist.

Vielleicht sollte ich jemandem davon erzählen. Vielleicht meinen Eltern. Oder der Polizei. Oder zumindest meiner Cousine. Vielleicht auch einem Lehrer. Aber was ist, wenn die nicht helfen können? Wenn ich alles nur noch schlimmer mache? Eigentlich komme ich damit ja ganz gut klar.

Es ist mir einfach so rausgerutscht. Als wir losgehen wollten, meine Cousine und ich, zur Malschule, da musste ich daran denken, wie ich an dieser Aussicht heute
schon einmal festgehalten habe. Und dann bin ich in Tränen ausgebrochen, mitten in einem Witz von meiner Cousine. Dann habe ich ihr alles erzählt.

Molly Harpers Gesicht, wie sie hier vor dem Schulleiter, unserem Klassenlehrer und meinen und ihren Eltern sitzt, lässt sich mit einem Ausdruck beschreiben: Angst.
                  
343 Wörter ohne Einleitung

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