14. Der Filmabend

Nachdem die Pizza aufgegessen war, verabschiedeten sich Nicole, Susan und Kenai bald.

Stella räumte die Küche auf und machte eine Schüssel Popcorn.

Zum Abschluss des Abends war es noch geplant einen Film zu schauen. Stella hatte einen Animationsfilm ausgesucht, den Antony mit gucken konnte.

„Wollt ihr auch noch ein Tasse Tee?", fragte sie in die Runde.

Alle schüttelten den Kopf.

„Okay, dann mache mir für mich alleine eine Tasse."

Sie ging in die Küche und betrachtete ihre Teesammlung. Sie überlegte, was für einen Tee sie trinken wollte.

Er sollte auf keinen Fall zu anregend sein, denn sie wollte später noch schlafen.

Allerdings hatte sie auch ein wenig Angst davor, dass sie wieder von dem seltsamen Mann träumen könnte, sobald sie einschlief.

Sie holte eine Teemischung aus dem abgeschlossenen Teil ihres Regals. Diese Mischung sollte es ihr erlauben, schnell fest einzuschlafen, sobald ihr Körper den Schlaf forderte. Dabei sollte die Tiefschlafphase so schnell eintreten, dass sie gar nicht erst zum Träumen kommen konnte.

Nachdem sie sich eine Tasse von diesem Tee aufgebrüht hatte, stellte sie den Rest der Mischung zurück in das Regal und schloss die Türen wieder ab.

Sie nahm die dampfende Teetasse und ging in das Wohnzimmer. Dort setzte sie sich auf das Sofa neben Michael und kuschelte sich an.

Sie trank die Tasse in der ersten Hälfte des Filmes leer und ging wenig später auf die Toilette.

Als sie wiederkam, fühlte sie sich noch nicht sehr müde.

Sie schmiegte sich wieder an Michael an und genoss seine Nähe. Seine Körperwärme wirkte beruhigend auf sie und ihre Augen wurden dann doch immer schwerer.

Irgendwann während der zweiten Hälfte des Filmes merkte Michael, dass Stellas Atmung immer gleichmäßiger und schläfriger wurde. Er beschloss jedoch, nichts zu sagen und sie einfach bis zum Ende des Filmes weiter schlummern zu lassen.

Als der Film zu Ende war, schickte Michael Antony ins Bett. Er versuchte danach, Stella vorsichtig zu wecken, indem er zuerst ihre Wange streichelte. Dies bewirkte nichts.

Er kitzelte sie dann an der Nase, woraufhin sie ein kleines Niesen von sich gab. Er fand das zwar niedlich, ließ es aber dann bleiben, weil es ebenfalls nichts bewirkte.

„Die Woche muss sie echt fertig gemacht haben, dass sie jetzt so fest schläft. Sonst reicht es oft, wenn man sie nur ansieht, damit sie aufwacht", sagte Michael leise zu Steve.

„Ich werde sie ins Bett tragen müssen", folgerte er.

„Soll ich helfen?", fragte Steve.

Michael lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Das Fliegengewicht hier schaffe ich selbst."

Er nahm Stella vorsichtig auf den Arm, wobei sie instinktiv ihre Arme um seine Schultern legte. Mit ihr auf dem Arm stand er vorsichtig auf und blieb dann einen Moment stehen, weil ihm etwas einfiel.

„Eines kannst du doch für mich tun: Du kannst mir die Tür öffnen", sagte er zu Steve.

Dieser ging voraus zur Schlafzimmertür und öffnete sie.

Anschließend wünschten sich die Männer gegenseitig eine gute Nacht. Steve ging herüber in das Gästezimmer und machte sich dort bettfertig.

Michael legte Stella vorsichtig auf dem Bett ab und zog ihr ihre Sweatjacke, ihre Schuhe und ihre Hose aus, sodass sie nun nur noch ihr T-Shirt und ihre Unterwäsche an hatte.

Auch davon bekam sie nichts mit.

Er deckte sie vorsichtig zu und ging dann ins Bad, um sich die Zähne zu putzen.

Zurück im Schlafzimmer zog er sich seinen Schlafanzug an und legte sich zu seiner Frau ins Bett. Er nahm sie vorsichtig in den Arm und schlief eine Weile später ein.

Am nächsten Morgen wachte Stella etwas später auf als Michael. Er schaute sie verträumt an und streichelte ihre Wange.

Sie lächelte entspannt und sagte leise: „Guten Morgen!"

„Guten Morgen!", antwortete er und gab ihr einen zärtlichen Kuss, den sie erwiderte.

Die Küsse wurden langsam intensiver und Michael begann sie an den Stellen zu liebkosen, die ihr deutlich machten, dass er jetzt mir ihr schlafen wollte. Stella hielt einen Moment inne.

„Warte mal. Wir haben das Fenster offen und Steve könnte auf der Terrasse sein. Er könnte uns hören."

„Hmm, das Problem können wir lösen."

Michael streckte sich ein wenig, um den Griff des Fensters zu erreichen, und schloss es leise.

„Und wie ist es jetzt?", hauchte er, bevor er sie erneut küsste.

Sie gab ihm zu verstehen, dass er weiter machen durfte. Als Michael fertig war, nahm er sie noch eine Weile in den Arm, um mit ihr noch ein bisschen zu kuscheln.

Sie hätte noch ewig so mit ihm liegen bleiben können, doch ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es wohl langsam an der Zeit war aufzustehen.

„Du stehst schon auf?", fragte ihr Mann.

„Ja, Antony sitzt bestimmt schon vorm Fernseher und guckt Cartoons. Außerdem habe ich langsam ein bisschen Hunger. Ich werde mal Frühstück machen. Bleib du ruhig noch ein wenig liegen."

Sie ging sich im Bad waschen und zog sich dann bequeme Sachen an. Danach machte sie sich auf den Weg in die Küche.

Als sie im Wohnzimmer ankam, bestätigte sich ihre Befürchtung. Steve war auf der Terrasse. Er war dieses Mal bereits wach und genoss die Morgensonne.

Sie errötete leicht und begrüßte ihn knapp durch die offene Terrassentür.

Antony kam gerade aus seinem Zimmer und fragte, ob er etwas fernsehen dürfe. Stella erlaubte ihm, so lange fern zu sehen, bis das Frühstück fertig war.

Zum Frühstück bereitete Stella dieses Mal Pancakes und Rühreier zu. Dazu gab es den Rest von dem Obstsalat, den sie am Vortag zubereitet hatte.

Michael stand bald auch auf, begrüßte sie mit einem Kuss und deckte dann den Tisch.

Als alle am Tisch saßen, redeten sie über ihre Pläne für den Tag. Stella wollte ein bisschen was im Haushalt aufarbeiten. Michael hatte sich mit Freunden verabredet, um mit ihnen gemeinsam in einer Sportbar die Übertragung eines Footballspiels anzuschauen, und bot Steve an mit zu kommen. Dieser wollte jedoch noch einmal laufen gehen und lehnte ab.

Nach dem Frühstück räumte Michael den Tisch ab. Später verließ er die Wohnung, um rechtzeitig bei seinen Freunden zu sein.

Stella machte sich daran, die Dinge, die unter der Woche im Haushalt liegen geblieben waren ab zu arbeiten.

„Lass mich helfen. Wenn ich hier schon übernachten darf, möchte ich euch wenigstens zur Hand gehen." Bat Steve sie.

„Nein, lass gut sein. Ich mach das schon."

„Und wenn ich wenigstens das Gästezimmer putze? Schließlich bin ich ja im Moment der Einzige, der es nutzt."

„Das habe ich auch im Nu erledigt."

Er wollte gerade zu einem weiteren Überredungsversuch ansetzen, als Antony dazu kam.

„Ich wollte dir noch mein Zimmer zeigen!", warf das Kind ein.

Steve ließ nicht auf sich warten und folgte dem Jungen. Er zeigte ihm seine Spielzeugautosammlung, seine Legos und einen Roboter.

„Hast du den alleine gebaut?", fragte Steve interessiert.

Antony schüttelte den Kopf. „Nein, Grandpa hat mir ein wenig geholfen. Ich bekomme jedes Jahr ein Erweiterungspaket. Der Roboter kann dadurch immer mehr", erklärte das Kind begeistert.

„Du machst viel mit deinem Grandpa zusammen, oder?"

„Ja. Demnächst nehmen wir beide an einem Judo-Wettkampf teil. Grandpa ist aber in der Seniorenklasse", sprudelte es aus Antony heraus.

„Das klingt spannend! Ich wünsche euch beiden viel Erfolg."

Sie wurden durch die Türklingel unterbrochen. Der Nachbarsjunge stand davor, um Antony zum Spielen abzuholen. Antony durfte mit ihm mit gehen.

Stella hatte inzwischen die meisten Hausarbeiten erledigt und machte sich in der Küche einen Früchtetee.

„Magst du auch eine Tasse?", fragte sie Steve und stellte Kekse auf den Tisch.

„Ja, gern."

„Was hast du eigentlich damals in deiner Freizeit so gemacht? Hast du irgendwelche Hobbys?", fing Stella an, zu plaudern, nachdem sie sich an den Küchentisch gesetzt hatten.

„Hmm, na ja. Ich habe früher gern gezeichnet. Und ich war in einem Barbershop-Quartett. Bucky hat mir das Boxen beigebracht."

Stella hörte interessiert zu.

„Zeichnen und Barbershop - das klingt gut. Das könntest du doch heute auch tun, oder?"

„Na ja, bei dem Ersten stimme ich dir zu. Beim Zweiten habe ich vermutlich das Problem, dass die anderen drei Sänger fehlen."

„Und was hast du an den Wochenenden gemacht? Bist du ab und zu mal ausgegangen?"

„An den Wochenenden hat mich Bucky meistens in irgendwelche Bars und Clubs mitgenommen. Er hatte ein Händchen dafür schöne Frauen anzusprechen und bemühte sich oft darum, mir auch eine Verabredung zu verschaffen." Er lachte leise: „Ich selbst war dabei eher ungeschickt. Es war nicht so wirklich was für mich."

„Ist dir eine dieser Frauen besonders im Gedächtnis geblieben?"

Sie hat mich mit harmlosen Fragen angelockt und jetzt bin ich kurz davor ihr zu verraten, was sie eigentlich wissen wollte.

Er musterte sie einen Augenblick lang und überlegte, was er antworten sollte. Schließlich schüttelte er resigniert den Kopf.

„Wenn ich dir das jetzt nicht beantworte, fragst du später noch einmal nach?"

Sie zuckte mit den Schultern und sagte unschuldig: „Vielleicht soll ich auch einfach nur für Nicole abchecken, ob sie eine Chance bei dir hätte."

„Sie ist nett, aber nein, im Moment nicht. Ja, es gibt da jemanden, an den ich noch denken muss." Er lächelte wehmütig. „Sie war keine Bekanntschaft aus einer Bar. Ich habe sie kennen gelernt, nachdem ich rekrutiert wurde."

„Wie hieß sie?"

„Peggy. Und so, wie du guckst, willst du mir bestimmt auch bei ihr vorschlagen, dass ich nachforschen soll, was aus ihr geworden ist."

Stella nickte.

„Ich bin mir aber nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Es ist Jahrzehnte her. Sie wird einen anderen Mann gefunden und eine Familie gegründet haben. Ich würde da fehl am Platz sein."

Stella legte jetzt vorsichtig ihre Hand auf Steves und schaute ihm in die Augen. „Ich habe den Eindruck, dass sie sich trotzdem freuen könnte dich zu sehen. Und du musst dich dann nicht mehr fragen, wie es ihr ergangen sein mag."

„Ich werde darüber nachdenken", sagte Steve und nahm sich einen Keks.

„Darf ich dir im Gegenzug ein paar Fragen stellen?", fing Steve schließlich an.

Sie nickte.

Er überlegte, was er als Erstes fragen sollte. Er hatte Angst ihr vor den Kopf zu stoßen.

Er sah sich einen Moment in der Küche um und zeigte schließlich auf die Wand mit den Familienfotos.

„Ich finde es ungewöhnlich, dass es von euch an dieser Wand kein Hochzeitsfoto gibt und das ihr keine Ringe tragt. Habt ihr spontan im kleinen Rahmen geheiratet?"

Sie stand jetzt auf und ging zu der Wand mit den Fotos.

„Doch, es gibt ein Hochzeitsfoto."

Sie zeigte auf ein bestimmtes Foto. Darauf waren Stella und Michael in ihren Uniformen auf einem Flugzeugträger zu sehen. Hinter ihnen stand ein höherrangiger Offizier.

„Ja, es war eine eher spontane Entscheidung. Wir waren auf dem Weg zu einem Einsatz, der recht riskant war. Michael hat schließlich vorgeschlagen, das wir heiraten sollten, damit jeweils der andere Antony besser versorgen könnte, falls etwas schief ginge. Wir waren zu dem Zeitpunkt aber immerhin schon ein paar Monate lang ein Paar."

Sie zeigte Steve jetzt ihren Ringfinger. An diesem hatte sie ein ringförmiges Tattoo.

„Und das ist der Ehering. Michael hat an Bord jemanden aufgetrieben, der sie uns spontan stechen konnte. Der große Vorteil ist, dass er nicht so einfach verloren gehen kann", lachte sie.

„Aber sehr romantisch ist das nicht", bemerkte Steve.

„Naja, in den Augen eines Piloten wahrscheinlich schon", scherzte Stella.

„War der Einsatz auch in Afghanistan?"

Stella war nach dieser Frage nicht mehr ganz so entspannt. Sie setzte sich wieder hin und verschränkte die Arme.

„Nein, dieser Einsatz war im Irak."

„Was ist in Afghanistan passiert? Worauf wollte Thomas bei eurer Diskussion hinaus?"

Die Fragen waren aus Steve herausgeplatzt und er bereute es, sie gestellt zu haben, als er ihren Blick sah. Sie war jetzt sichtlich angespannt und schien zu überlegen, ob sie die Frage überhaupt beantworten sollte.

Stella entschied sich dafür, auf die Frage einzugehen, weil sie sich erhoffte, Steves Vertrauen zu gewinnen.

„Okay, ich gebe dir eine Kurzfassung: Bei dem Einsatz handelte es sich ursprünglich nur um einen Transportflug. Wir sollten ein Lazarett an einer neuen Stellung errichten und hatten das Material, die Zelte und die Mannschaft hierfür dabei. Wir wurden abgeschossen und Michael konnte noch eine saubere Bruchlandung hinlegen. Dann wurden wir für mehrere Wochen gefangen genommen, bis uns eine andere Einheit befreien konnte."

Steve nickte verständnisvoll. „Und das ist immer noch schwer für dich?"

„Manchmal. Es ist nach wie vor kein Thema, über das ich gerne rede. Aber ich habe gelernt, mit den Erinnerungen daran zu leben. Und das ist das, wobei ich gerne auch dir helfen möchte. Es ist nachgewiesen, dass es einfacher ist, wenn man das Thema möglichst früh angeht. Wobei ich leider zugeben muss, dass die Erinnerungen nie weggehen werden. Aber man kann eben lernen, damit umzugehen."

Sie schaute ihm in seine Augen und sah darin wieder die Trauer, die in den letzten Tagen seinen Blick dominiert hat.

„Wenn man versucht es einfach in sich hineinzufressen, kann es sein, dass es einen irgendwann einfach auffrisst. Dass es alles was dich sonst ausmacht einfach überschattet. Du bist ein guter Mensch. Bitte lass nicht zu, dass dir das passiert."

Steve saß eine Weile schweigend da und schien nachzudenken.

Ihm lag die Frage auf der Zunge, was Stellas Einsatz in Afghanistan mit Antony zu tun hatte und worauf Thomas mit seiner Anspielung hinaus wollte. Er wagte es aber nicht, sie auszusprechen, denn er sah an ihrem Blick, dass sie ihm eigentlich schon mehr erzählt hatte, als sie wollte.

Er setzte stattdessen dazu an, sie zu umarmen, doch sie wich zurück.

„Im Moment nicht", sagte sie leise, um gleich danach von ihrem Stuhl auf zu springen und sich wieder der Hausarbeit zu widmen.

Steve seufzte und beschloss, nun wie geplant nach draußen zu gehen, um zu laufen.

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