7

Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich gen Himmel. War ich in einer Kutsche?
Ich stemmte mich hoch.
„Bist du wach Runa?", jemand saß neben mir, er sprach mit tiefer ruhiger Stimme, seine Rüstung schimmerte silbern, mit einem Emblem in Form eines Falken auf der Brust.
„Steh auf", sagte der Mann. Ich setzte mich sofort gerade auf. Es fühlte sich an wie ein Zwang, das zu tun, unter allen Umständen.
„Erinnerst du dich, was deine Verpflichtung ist?" redete er weiter. Ich sah ihn kurz an.
„Ja, Meister. Ich bin im Auftrag der Kirche der Geheiligten hier". Ich redete darauf los, ohne darüber Nachdenken zu können, als hätte ich es jahrelang so einstudiert.
Er nickte anerkennend.
Ich kannte seinen Namen, doch ich wusste ich darf ihn nur mit Meister ansprechen.
,,Weißt du auch den Grund dafür", fragte er mich und ich nickte erneut ehe ich bewusst realisierte was er eigentlich von mir wollte.
,,Ich wurde vom Gott bereinigt und habe für meine Sünden gebüßt, als Wiedergutmachung habe ich mich freiwillig in den Dienst der Kirche gestellt, ihr gilt meine vollste Loyalität". Antwortete ich monoton.
Was redete ich da eigentlich?
„Sehr gut", sagte mein Meister und zeigte auf das Emblem auf seiner Brust und fragte mich weiter. "Was bedeutet dieses Symbol?".
„Das ist der Falke Gottes, der Diener der Kirche, er bedeutet Gerechtigkeit".
Er grinste. „Sage mir nun, an welche Regeln du dich halten musst".
„Natürlich, Meister. Aufträge der Kirche gelten absoluter Priorität, absoluter Loyalität und perfekter Ausführung. Diese sind niemals infrage zu stellen, ihr Leben über meines".
„Da gibt es noch etwas, das du niemals vergessen darfst" setzte er fort. Ich wusste was er meinte, obwohl er es gar nicht ausgesprochen hatte.
„Ich darf den Kristall in meinem Arm niemals anrühren".
Mir wurde schwindelig. Ein gleichgültiges Gefühl keimte in mir auf. Ich habe mich an die Regeln zu halten, Regeln, die in meinem Geist auftauchen und mir einreden sie wären richtig. Etwas ist hier aber alles andere als normal.

Nach ungefähr einer Stunde erreichten wir einen großen Hafen. Möwen kreisten am Himmel und gaben seltsame Töne von sich. Es war beängstigend. Das Meer rauschte, Stimmen murmelten. Wilder Trubel herrschte in fast allen Ecken der kleinen Stadt.
"Wir sind da", sagte mein Meister und ich folgte ihm schweigend. Seine blonden Haare wehten im Wind. Die Art wie er sich bewegte hatte eine besondere Eleganz, es vermittelte das Gefühl er sei Herr über jeden seiner Schritte. Eine Art Unerschütterlichkeit, die keiner brechen konnte. Er musste Jahrzehnte Kampftraining hinter sich gebracht haben.
Die Sonne blitzte in meine Augen, als sich mein Meister einem anderen Mann zudrehte und die Spiegelung seiner silbernen Rüstung die Sonne reflektierte. Ich trug ebenfalls eine solche Rüstung, es diente als Symbol, dass die Ordnung erhalten wird. Wir waren wie eine Sicherheitskraft für das Land, überall im Einsatz und mit großem Einfluss. Dennoch fühlte ich immer noch den Kloß im Hals, wenn ich daran dachte.

Mein Meister tauschte sich nicht lange mit einem Mann aus, der dieselbe Auszeichnung hatte wie er. Ein General, man erkannte sie an den goldenen Federn, die ihre Schultern schmückten. Der andere General sah mich kurz an, er hatte seinen Helm auf und daher erkannte ich sein Gesicht nicht. Ohne Worte drehte er sich um und ging, mein Meister tat es ihm gleich. Ich folgte meinem Meister weiterhin schweigend.

Auf dem Weg zu den Anlegestellen durchschritten wir einen riesigen Marktplatz, der Geruch von gebackenem Teig und Fisch durchtränkte jeden Winkel in der Stadt. Es war beinahe verlockend, sich einfach ein Gebäck im Vorbeigehen zu schnappen und es zu kosten.
"Hallo Junge Dame, möchten sie eines meiner Früchte haben? Sie sind die Besten der ganzen Stadt". Ich drehte mich zu ihr um und sah sie an, eine hagere Dame mit freundlichem Gesicht. Noch ehe ich etwas sagen konnte, berührte mich jemand an der Schulter. Ich sah den bösen Blick meines Meisters über die Schulter und wusste, dass es keines dieser leckeren Mahlzeiten geben wird.

Wir bogen viel zu oft nach rechts oder links ab, es schien ganz so, als hätte mein Meister hier gelebt und kennt jeden Winkel. Für mich war es wie ein Labyrinth, daher hoffte ich das wir baldigst an unserem Ziel ankommen würden. Irgendwann blieb er vor einem Haus stehen und trat an die Tür heran. Er klopfte zweimal und eine Frau öffnete ihm die Tür, dann drehte er sich zu mir um, "warte hier, ich bin sofort wieder zurück". Mit diesen Worten verschwand er hinter der Tür.

Es verging eine Ewigkeit. Was auch immer mein Meister besprach, er ließ sich verdammt viel Zeit.
Ein Mann lief aus einer Seitengasse und kam trottend auf mich zu, er war gehüllt in einen schwarzen Umhang. Dann hob er seinen Kopf und entblößte eine Narbe in seinem Gesicht, tiefschwarze Augen und ein unheimliches Grinsen umspielte seine Lippen. Der Mann griff nach meinem Arm, als ich mich umdrehen und einfach in das Haus gehen wollte, in das mein Meister vor einer Weile verschwand. "Ganz schön ungewöhnlich für einen Ritter der Kirche hier alleine herumzustehen, ihr seid doch normalerweise mindestens zu zweit". Ich wollte ihn von mir wegdrücken, er kam mir viel zu nahe.
"Bitte lassen Sie mich in Ruhe", sagte ich und drückte gegen seinen Arm, seine Hände packten stattdessen immer fester zu. "Jetzt seid doch nicht so" er lachte und mich erreichte seine Alkoholfahne. Angewidert holte ich mit dem freien Arm aus und verpasste ihm einen rechten Haken. Er ächzte und stolperte ein paar Schritte zurück. "Wie kannst du es wagen!", brüllte er und hob seine Faust, um zuzuschlagen, als plötzlich eine silberne Klinge seine Kehle berührte. Mein Meister tauchte aus dem Nichts auf. "Im Namen der Kirche der Geheiligten, treten sie unverzüglich zurück!", knurrte mein Meister. Der Mann riss erschrocken seine Augen auf und schaute entsetzt. "Gewalt an den Rittern der Kirche auszuüben ist eine Straftat und wird mit 10 Jahren Gefängnis bestraft, ich rate ihnen sofort zu verschwinden!", sprach mein Meister mit ernster Stimme weiter. Im Bruchteil einer Sekunde verbeugte sich der Fremde, murmelte noch eine Entschuldigung, um dann geschwind in der nächsten Seitengasse.
Das silberne Schwert verschwand wieder in der Scheide meines Meisters und er sah mich vorwurfsvoll an.
Ich verbeugte mich tief zur Entschuldigung. "Ich bitte um Verzeihung, das wird nicht wieder vorkommen", sagte ich und blieb verbeugt.
"Das nächste Mal, kümmerst du dich selber um solche Angelegenheiten, verstanden?", sagte er schroff. Ich nickte nur.
,,Wir haben einen neuen Auftrag. Am Hafen ist ein Schiff, das legt bald ab und fährt zur Insel Pakka. Dort liegt das Hauptquartier. Unser Heeresführer möchte dich gerne selbst unter Augenschein nehmen, bevor wir in den Krieg ziehen. Deinetwegen hatten wir ziemlichen Ärger und unheimlichen Aufwand und mich würde brennend interessieren, was so interessant an dir sein soll.", ohne eine Antwort zu erwarten, lief er los.
Was meinte er damit. Uns steht ein Krieg bevor und wir gehen zur Front?
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meiner Bauchgegend aus. Meine Beine liefen stetig weiter, obwohl ich merkte wie sich Angst in mir ausbreitete.
Was soll ich an der Front? Ein Mädchen, das keinerlei Kampfausbildung hatte, nur das nötigste Grundwissen wusste ich, doch das reichte doch längst nicht aus, um auch nur eine Minute im direkten Kampf durchzustehen. Der Heeresführer musste mir Antwort und Rede stehen, immerhin war ich doch einer von Ihnen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top