Kapitel 9 -Schaffer
Zusammen brachen sie nach langer Überlegung in Richtung einer Schenke auf. Der schäbige äußere Schein der Schankstube schrie förmlich, dort keinen Fuß hineinzusetzen, doch Elyon ließ sich nicht abhalten. Er behauptete fest, dass die Preise in heruntergekommenen Lokalen besonders niedrig seien, da sie sich über jeden Gast freuen würden, der sich dorthin verirren würde.
Voller Selbstvertrauen öffnete Elyon die Tür und lief dem lauten Musizieren schutzlos entgegen, der geballten Lautstärke und der übertönenden schreienden Menschenmenge. Als er die Taverne betrat, überdachte er seine Worte erneut. Sie war keineswegs wenig besucht. Im Gegenteil – Die Menschen quetschten sich an die Tische, mit Fremden. Obwohl der Platz auf den Bänken noch so klein schien, passten trotzdem weitere zwei Personen darauf, wenn man nur genügend drängelte und schubste oder trat. Schreiend und sich pressend erzwang sich jeder Willige einen Platz an den begehrten Tischen.
Die Getränke flogen durch die Luft, während Kellnerinnen große Krüge Wein und Bier durch die Gänge trugen und immer wieder von den Menschen angehauen wurden.
Elyon schloss kommentarlos die Tür.
„Vielleicht sollten wir uns doch nach einem anderen Lokal umsehen. Dieses scheint überfüllt zu sein."
Moh seufzte und sagte: „Wie möchtest du eigentlich bezahlen? Du hast all dein Geld für diesen Fluch bezahlt", er hatte ohnehin kein Mitpsracherecht. Elyo würde seiner Meinung keinen Glauben schenken.
„Für den Abend werden wir wohl auf dein Geld zurückgreifen müssen, und ich lege die Hand ins Feuer, dass ich dir jeden Silberling zurückzahlen werde."
„Ich bin ein Schaffer. Ich darf nicht in den Besitz von Geld gelangen."
Die weit aufgerissenen Augen verrieten Elyons Verwunderung. Dann kam es ihm in den Sinn. Moh trug eine große Narbe auf seinem Rücken. Sie war eingebrannt in Gewebe und Fleisch und nur dank seiner Kleidung, die provisorisch geflickt war, versteckt. Nun fiel ihm auch auf, dass er Moh längst hätte melden müssen – ein läufiger Schaffer, war nicht mehr wert als eine Ratte in einer Küche die dem Hochadel kochte. Noch genoss Elyon die Zweisamkeit mit dem Jungen. Er hatte gar nur mit Hilfe von Moh sein Rätsel lösen können.
„Sprich es nicht aus! Behalte die Worte für dich. Verschwende nicht meine Zeit mit solch Unnötigkeit. Ich bin nicht an Ausbeutung und Strafe interessiert, sondern an Wissen. Ich schere mich einen Dreck um die gesellschaftliche Etikette. Die Menschen werden mich wohl hämisch belachen, der Meinung eines Schaffers Gehör zu schenken. Aber Moh, ich sehe das Potenzial in dir, dass was gesellschaftliche Normen und Stand niemals erkennen würde..."
Elyons lobpreisende Rede wurde unterbrochen, vom abscheulichen Geräusch, das sein Magen von sich gab - ein Poltern einer tiefdunklen und vor allen leeren Höhle seines Bauches.
„Elyon auch ich hungere", entgegnete Moh.
„Nun wie dem auch sei. Auch ich hatte mich auf eine wohltuende Mahlzeig gefreut. Eiferte bereits auf ein gekochtes Stück Fleisch hin und ich muss dir sagen, dass ich seit langer Zeit keinen aufwendig gedeckten Tisch mehr gesehen habe. Zu lange war ich in dem Tempel im Dschungel, als dass ich mich an das letzte Mahl erinnern könnte."
„So gehen wir nun, doch in dieses Lokal?", fragte Moh fast bittend und flehend.
Als Elyon nickte erkannte. Ein freudiges Grinsen – eine Glückseligkeit, wie er sie so noch nie zuvor bei Moh erkannt hatte. Der Junge freute sich, als wäre ihm die Angst aus dem Herzen genommen.
„Wenn er nur wüsste, was für eine Kraft in ihm schlummere sein Arm ist gesegnet von einem Drachen, dachte sich Elyon. Er war erstaunt und verwundert zugleich, dass nicht einmal die Verwandlung des Armes von Moh den Jungen aus dem erbärmlichen Stand eines Schaffers erlöst haben. Traurig sah er dem Jungen hinterher, welch schwere Bürgschaft dieser nun schon mit seinen jungen Jahren tragen musste. Eine Welle aus Mitleid überschwappte Elyons Körper von Fuß bis Stirn schüttelte sie ordentlich durch. Er fühlte gar die Schuppen seines Beines kribbeln.
„Halt! Warte!", sagte Elyon. „Ich möchte dir diesen Mantel geben. Er ist sehr lange in meinem Besitz. Doch bin ich herausgewachsen aus ihm. Er hat sicherlich seine besten Tage hinter sich und die Motten haben bestimmt einige Löcher hineingefressen und ihre Bäuche gefüllt. Allerdings hat er mich gut warm gehalten und soll nun dein sein. Vor allen deinen Rücken bedecken, damit nicht die Narbe sichtbar wird. Damit nicht dein zerschlissenes Gewand den Falschen Einblick gewährt."
Moh blieb stehen. Er zögerte in seiner Bewegung. Und seine Augen strahlten Furcht aus. Angst. Es war nicht erlaubt, dass ein Schaffer Geschenke empfing.
„Du weißt, ich darf nicht!"
„Ich weiß! Es bedarf der Erlaubnis deines Herren, ein Geschenk zu erhalten", antwortete Elyon.
„Und nur das Verdecken es wird nicht die Wirkung ersticken. Vielleicht das Leuchten, wenn mein Besitzer in der Nähe ist, aber nicht das Unterdrücken meines Willens!", entgegnete Moh, so sehr er diese Geste schätzte.
„Dann lass es nur das Leuchten sein, was erstickt wird. Es ist besser als gar nichts. Noch lebt dein Besitzer."
„Und ich fürchte mich auf eine Wiedersehen. Ich habe keine Erinnerungen. Doch jedes Mal wenn ich über diese Stelle wische, sehe ich nur Schmerzen und Strafe. Ich möchte nicht mit ihnen konfrontiert werden. Sie gar wiedersehen oder Erinnerungen an diese Bestien gelangen. Alles in meinem Körper ist verängstigt von einer Sache die ich nicht mehr kenne. Elyon!"
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