Kapitel 6 - Macht
Das weiße Reptil betrachtete voller Aufmerksamkeit die erwarteten Besucher. Weißer Rauch dampfte aus seinen Nüstern und große Fühler flogen in der Luft als tröge sie Magie. Die Schuppen leuchteten in der sonst so unscheinbar dunklen Räumlichkeit. In ihnen spiegelten sich die blauen Fackeln, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden angebracht waren wieder.
Elyon erkannte einen Altar, eine Empore aus Stein, dessen Material er noch nie zuvor gesehen hatte. Es funkelte mit veränderlichen Farben, die glitzernd und wandelnd immer wieder ihre Ausstrahlung veränderten.
Der Drache saß auf einem Haufen aus Gold und Schmuck. Große Kisten, die bis zum Überlaufen voll waren, spuckten Ketten und Ringe aus. An einigen Stellen lagen lieblos filigran verzierte Statuen herum, wertlos behandelt und gar nicht beachtet. Dabei wären sie an der Oberfläche sicherlich einige Vermögen wert.
In Elyon erwachte der Wunsch seine Hand nach dem Reichtum auszustrecken und so griff er nach den Zetteln auf dem glitzernden Altar. Als der Drache sich zu regen begann und seine Augen aufschlug. Die eiskalte Bläue strahlte ein Mischung aus Liebe und Boshaftigkeit aus. Elyon erkannte nicht, was genau es war.
Mit einem ohrenbetäubenden Grummeln wandte sich der mächtige Hals herab auf den winzigen Menschen. Der Haufen an Gold weinte unter der Gewichtsverlagerung. Lawinen an Münzen rauschten herab und begruben staubigen Boden.
„Du! Von allen Dingen, die hier liegen, greifst du das Papier als erstes", sprach der Drache mit einer tiefen erschütternden Stimme. Fix und elegant wandte er seinen Kopf durch den Raum, um den Menschen neugierig zu betrachten.
„Ich wählte das Papier. Denn das Gold Interessiert mich nicht. Ich bin interessiert an der Erkenntnis und nicht an den Goldschmiede- oder Steinmetzkünste. So schön ihr Glanz auch scheinen mag, vermögen sie mir nicht das Wissen darüber zu geben. Ich befürchte einzig die Schriften, geben mir das Wissen, dass mir verlangt."
„Ich, Aareon, der Drache der den Wind und die Luft schuf, habe diese Schriften nur für einen Freund aufbewahrt. Sie sind geschrieben in eurer Sprache, so bürgen sie ebenfalls für mich keinen Wert. Aber deswegen hast du mich nicht aufgesucht, Mensch! Ich spüre es deutlich, dich bringt der Wunsch nach Macht her. Nur selten habe ich so machthungrige Menschen gesehen und die meisten wagten ihre Hände nach meinen Schätzen auszustrecken."
Elyon erhob seinen Blick in die Augen des listigen Drachenkopfes. Die Fühler sprangen aufgeregt in der Luft herum und die olivgrünen Schlangenaugen waren in Neugier getränkt.
„Was wäre den geschehen. Wenn ich die Hand nach deinem Gold gestreckt hätte?"
„Ich hätte dich auf der Stelle in Rauch verwandelt und getötet. Du wärst nur ein weiterer unbedeutender, der die Gier nicht zurückhalten könnte."
Elyon wollte weitersprechen, auch wenn seine Sinne noch immer vom Klang und Tanz vernebelt waren.
„Die Schriften, die ich las, ergaben, dass ich wie ihr werden kann. Ich bin Interessiert an deiner Macht und daher habe ich das Rätsel gelöst und mich meiner Belohnung einzufordern!", rief Elyon.
„Oh! Das sehe ich, dass es dir gelungen ist zu mir vorzudringen. Andernfalls wärst du wohl nicht hier, oder? Aber ganz so einfach verschenke ich meine Kraft nicht."
„Aber es ist in dieser Schrift vermerkt."
„Ich sagte bereits. Es interessiert mich nicht, was ihr in eurer Sprache verfasst habt."
„Auch ihr Drachen habt euch an eure Regeln zu halten."
„Wohl wahr, wenn du wirklich die Macht möchtest, musst du aber auch bereit sein etwas, zu opfern!"
Elyon grinste. Er wusste, dass dieser Moment kommt. Für sein Ziel würde er egal was opfern. Denn ein übernatürliches Wesen zu werden, war sein absolutes Ziel. Er blickte gierig auf Moh, der regungslos und ehrfürchtig das Reptil betrachtete. Er wagte keinen Knochen noch einen Finger zu rühren.
Wahrscheinlich ist er erfüllt von Angst. Doch Angst ist ein Lügner. Angst bedarf es nur dann wenn das Wissen versagt. Der Junge wird noch viel lernen müssen, dachte Elyon.
„Nun was soll es sein? Ich gebe alles! Ich bin hier hergekommen, um alles zu opfern! Was brachst du!"
„Dein Geld."
„Mein Geld? Das ist alles? Hier nimm sie! Die gesamte Geldbörse mit allem Geld darin", rief Elyon und ließ seinen Worten taten folgen. Er benötigte ohnehin keine Münzen in diesem Tempel.
Ein Dumpfkopf dieser Drache, sobald ich wieder in der Stadt bin, werde ich leicht Geld verdienen. Mein Wissen kann mich unermesslich reich machen und diese Macht wird es weiterhin multiplizieren, intrigierte Elyon.
Erkennend nickte der Drache.
Dann umhüllte blauer Rauch Elyon. Er bemerkte wie sein rechts Bein zu schmerzen begann. In weiße Flammen gehüllt wird. Sie zerfraßen seine Kleidung, sie zerfraßen seine Haut und sein Fleisch, bis auf den Knochen. Allerdings schmerzte der Vorgang nicht. Das Bein erneure sich in schuppen des Drachen weiße Schuppen, die gebrannt aus Haut befestigt unzerstörbar erschaffen wurden waren. Seine Gelenke wurden agiler und einfach zu bewegen und bald schon war der Prozess beendet.
Elyon erhob seinen Fuß, erkannte, dass die Hose noch immer zerrissen war und nun sein Bein ähnlich wie die Füße der Drachen beschuppt funkelte. Seine Zehen zählten nur noch drei, allerdings waren es spitze klauen und er konnte jeden einzelnen problemlos getrennt voneinander bewegen.
Stolz erfüllte ihn.
„Und du Junge? Was ist mit dir?", fragte der Drache nun Moh „Auch du bist in meine Kammer vorgedrungen. Verlangt es dir ebenfalls nach der Kraft?"
Als hätte Moh geschlafen und die Worte des Drachen hätten ihn geweckt, begann er sich zu rühren. Er schaute zu Elyon, doch dieser war abgelenkt, sein neues Bein zu bewundern.
„Ich möchte nichts. Stattdessen möchte ich etwas geben. Zurückgeben! Schau dir meinen Arm an. Nimm sie weg! Die Klauen... Ich will sie nicht mehr!"
Der Drache öffnete die Augen so weit er konnte. Überraschung erfasste offenbar auch das Monstrum der ältesten Bücher.
„Nun, ich kann dir die Macht eines anderen Drachen nicht nehmen. Du musst dich wohl an den Drachen des Wassers widmen."
Moh nickte, sichtlich enttäuscht, verstand er jedoch die Entscheidung. Wie hätte Aareon die Macht eines anderen Drachen ersticken sollen. Dabei brachte sie so viel Angst in seinem Körper. Er wollte sie nicht. Er wusste nicht einmal warum er diese Kraft besaß. Alles was ihm diese unfassbar nutzlosen Hand gab, waren Alpträume. Sie fingen seinen Kopf in einem endlosen Abgrundes der Finsternis. Und immer diese schrecklichen Bilder wenn er seine Augen schloss. Die Symbole des schwarzen Kultes, die Schreie nach Blut. Die Wanderungen!
„Kannst du mir stattdessen. Die Alpträume nehmen. Bitte, sie plagen mich," sagte Moh fasst mit Tränen in den Augen.
„So soll es sein. Ich nehme dir das Träumen", sagte der Drache und Moh nickte erleichtert.
Einmal noch blickte der Drache auf Moh, dann hüllte sich alles in weißen Rauch und bald war verschwunden ohne, dass sich der etwas augenscheinlich veränderte.
„Eure Audienz ist beendet ich lege mich wieder zur Ruhe." Erklang eine befehlende Stimme, die mit Sicherheit nicht all zu schnell erneut geweckt werden wollte.
Dann verschwamm die Welt, die Wände wackelten. Die Töne wurden Laut und alles wurde undeutlich Moh blinzelte, schloss die Augen und als er sie öffnete stand er außerhalb des Tempels, der erneut von dicken Lianen und Pflanzen überzogen war.
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