9. Dinner mit dem Feind
Als ich am nächsten Morgen aufwache, genehmige ich mir erstmal eine ausgiebige Dusche. Ich denke über das nach, was gestern alles passiert ist und was für einen schönen Tag ich doch hatte.
Agent zu sein, ist nicht nur gefährlich oder tödlich, nein, es ist auch aufregend und schön. Gerade, wenn ich an den Spieleabend mit Rose und Seven zurückdenke, erfüllt es meinen Körper mit einer angenehmen Wärme.
Die nächsten Tage gehen schnell vorbei. Wir warten gespannt auf das verabredete Dinner mit Mr. Ross und treffen noch ein paar Vorbereitungen. Rose hat es irgendwie geschafft, noch einen heißbegehrten Platz in Ross Lieblingsrestaurant zu bekommen. Nun bereiten wir unsere Wohnung vor, falls Mr. Ross sie doch noch unbedingt besichtigen will.
Ich verbringe viel Zeit zusammen mit Seven im Trainingsraum. Wir trainieren für einen eventuellen Kampf mit den ehemaligen Agenten und Mr. Ross.
Seven ist durch seine Verletzung noch etwas eingeschränkt, gleicht das aber mit seiner Schnelligkeit und Brutalität wieder aus. Trotzdem gelingt es mir einmal, meinen Mentor in einer Runde Kickboxen zu besiegen.
Seven ist für mich wie ein großer Bruder geworden. Gerade die sechs Monate der Ausbildung haben uns zusammengeschweißt. Seven war ein geduldiger Lehrer und meine besondere Verbindung zu ihm hat mich zu Höchstleistungen angespornt. Ich wollte und will ihn nicht enttäuschen. Ich habe schon viel zu viele enttäuscht. Meine Mutter ist wegen mir gegangen und mein Vater wegen mir dem Alkohol verfallen. Nur, weil ich eine so große Enttäuschung bin.
Der SWS hat mir die Möglichkeit gegeben, diese Vergangenheit hinter mir zu lassen und noch mal neu anzufangen.
„Tiger, ziehst du dich um? Wir wollen in zwanzig Minuten los!", ruft Rose und ich zucke zusammen. Schnell lege ich die Boxhandschuhe hin und genehmige mir eine rasche Dusche, um danach in Jeans und Pulli zu schlüpfen und meine Haare zu stylen. Dann gehe ich nach unten und ziehe meine Nike-Schuhe an. Erst dann sehe ich zu Rose und Seven auf, die schon ungeduldig auf mich warten.
Seven hat sich einen schwarzen Anzug mit einer dunkelgrünen Fliege angezogen. Sein längeres Haar ist ordentlich gekämmt und zurückgebunden.
Rose trägt ein dunkelgrünes Abendkleid und auffälliges Make-Up. Ihre Haare sind zu einer Hochsteckfrisur gesteckt und einige Locken umrahmen ihr Gesicht.
Die beiden wirken wie das perfekte Paar, ich dagegen, wie ihr rebellischer Sohn. Genauso soll es sein. Zufrieden schnappe ich mir meine Jeansjacke, bevor wir mit dem Fahrstuhl nach unten fahren.
Der Chauffeur, den uns die SWS für heute zur Verfügung gestellt hat, kommt in einer schicken Limousine. Ich muss ein wenig lächeln, als ich auf dem luxuriösen Polster platznehme.
Wir fahren bis zum Lieblingsrestaurant von Mr. Ross. Seven, ganz der Gentleman, hilft Rose aus dem Auto und bringt sie bis zum Eingang. Ich folge ihnen.
An unserem Tisch angekommen, ist Mr. Ross noch nicht da. Enttäuscht setze ich mich. „Er wird schon noch kommen, Tiger.", meint Rose leise zu mir. Automatisch fällt mein Blick auf Seven, der leicht angespannt neben mir sitzt.
Normalerweise ist er ein netter und aufmerksamer Kerl, dass gilt aber nicht, wenn er auf Missionen ist. Dort ist er wachsam, schweigt und verbirgt seine Gefühle.
Ich weiß nicht, ob ich mich verstelle, aber natürlich ist man auf einer Mission ein anderer Mensch. Man hat zwar noch ähnliche Charakterzüge, aber bei Seven merkt man deutlich den Unterschied zwischen dem Menschen und den Agenten in ihm.
Endlich kommt Mr. Ross auf uns zu. Rose und Seven erheben sich sofort, um ihrem Zielobjekt die Hand zu schütteln, doch ich bleibe noch kurz sitzen, um die Rolle des Rebellen auszuführen. Erst dann stehe ich auf.
„Tut mir Leid, Sir, dass ich Sie umgefahren habe.", sage ich und blicke kurz zerknirscht zu Boden.
„Ach, mein Junge, das war nun wirklich keine schlimme Sache.", meint Mr. Ross und zwinkert mir zu.
Etwas perplex nicke ich. Der Feind scheint so nett zu sein. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er Seven angeschossen haben soll. Allerdings lauern hinter den nettesten Fassaden immer die dunkelsten und finstersten Geheimnisse.
Ich bin froh, als Mr. Ross den Blick von mir abwendet und wir uns alle setzen. Nachdem wir bestellt haben, beginnen Seven und Rose, sich mit ihm zu unterhalten. Ich lehne mich zurück und tue so, als würde ich etwas auf meinem Handy schauen, doch in Wahrheit lausche ich ihrem Gespräch.
Das Essen, was wenig später verteilt wird, macht diesen Abend perfekt. Das saftige Fleisch des Hamburgers zergeht auf meiner Zunge und ich muss zugeben, dass es der beste Bürger ist, den ich je gegessen habe.
Die Krönung des Abends besteht allerdings daraus, dass Seven und Rose endlich die ersehnte Einladung zur Gala bekommen. Ich werde leider nicht eingeladen, da Mr. Ross sich nicht ganz sicher ist, ob mein Benehmen da willkommen ist. Ich tue so, als würde mich das Ganze einen feuchten Dreck interessieren und ich nur wegen dem guten Essen mitgekommen bin, doch in meinem Inneren bin ich enttäuscht.
Ich wäre gerne mitgekommen, auch, wenn das nicht zum ursprünglichen Plan gehört hat. Es sei zu gefährlich, da waren sich der SWS, Rose und Seven einig.
Ich würde aufpassen, dass die beiden nicht in lebensgefährliche Situationen gerieten.
847 Wörter
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top