2. Kapitel

„Aufstehen, Aufstehen!", Mimi wurde vom Geschrei ihrer Schwester geweckt. Diese stand bei Mimi und ihrer Mutter im Hagebuttenbusch. „Aufstehen!", rief Lili erneut. „Ich will jagen lernen!" „Jaah", gähnte Mia.

Einige Zeit später standen die Katzen auf der Lichtung. Mia zeigte ihren Töchtern, wie man sich richtig anschleicht.

Sie übten das Anschleichen fleißig, was Mimi sehr viel Spaß machte.Doch Lili hatte bald keine Lust mehr und nervte Mimi sehr. Als Mia gerade erklärte, wie man weit springen kann, jagte Lili einem Schmetterling nach. „Jetzt pass doch mal auf!", schimpfte Mia. Mimi rief ihrer Schwester nach: „Hey, komm zurück! Ich will jetzt wirklich jagen lernen."

„Tschuldige", miaute diese, als sie zurückkam. „Aber der war so schön. Und das Jagenlernen läuft uns ja nicht weg, oder?" Ihre Mutter antwortete streng: „Aber die Mäuse, die sind jetzt alle weggelaufen."

Als Mia ein paar grundlegende Dinge erklärte, fing Lili an zu motzen: „Ich hab gedacht, wir jagen und hören uns keine Vorträge an, die den ganzen Tag dauern! Können wir mal was anderes tun, als nur rumzustehen?" Mimi entgegnete: „Wir haben doch vorhin Anschleichen geübt. Das war doch etwas anderes, als rumstehen."

Aber das war ja mal wieder typisch Lili. Wütend fügte Mimi hinzu: „Aber das war ja mal wieder klar, dass du nicht zuhören kannst. Das konntest du noch nie!"

„Aber du kannst nicht-" „Stopp! Hört auf zu streiten!", unterbrach Mia die Streitenden. „Wir haben genug für heute getan, morgen üben wir weiter."

Als Mimi abends wieder unter dem Hagebuttenbusch lag, hatte sie schlechte Laune. Sie wusste genau, dass ihre Mutter das Jagenlernen nur wegen dem bescheuerten Verhalten ihrer Schwester abgebrochen hatte. Mimi hätte sehr gerne noch weiter geübt.

„Ich muss mal.", murmelte Lili und lief aus ihrem Busch.

Mimi war schon fast eingeschlafen, als sie einen Schrei hörte. Die beiden Katzen sahen sich entsetzt an.

Mia rannte in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Mimi folgte ihr. Was war nur passiert?

Mimi sprang über einen niedrigen Strauch.

Da sah sie Lili. Und drei Menschen. Die Menschen trugen ihre Schwester in ein Auto. „Mama! Mama!", jammerte sie. Im Auto klapperte etwas. Dann wurde die Autotür geschlossen und das Auto fuhr los.

Mimi fühlte sich, als wäre sie zu Stein erstarrt. Sie konnte sich nicht bewegen. Mia schien es genauso zu gehen. Mimi hatte riesige Angst um ihre Schwester. Was würden die Menschen mit ihr machen? Würden sie sie töten? Und essen? Bei diesem Gedanke wurde ihr eiskalt.

Da fühlte sie neue Entschlossenheit. Sie konnte sich aus der Erstarrung lösen.

„Hinterher!" rief sie und rannte los. Ihre Mutter folgte ihr. Seite an Seite rannten sie über den Waldweg.

Das Auto wurde immer schneller und der Abstand zu den beiden Katzen vergrößerte sich. Mia überholte ihre Tochter. Mimi konnte sie keuchen hören. Auch ihre Lunge brannte. Doch die Angst um ihre Schwester trieb sie an, noch schneller zu laufen.

Weiter vorne teilte sich der Weg. Das Auto bog nach links ab. Sie konnten die Scheinwerfer des Autos noch kurz durch die Bäume hindurch sehen. Dann war es weg. Mit Lili. Doch sie rannten weiter. Es war so dunkel, dass sie kaum noch etwas sehen konnte. Sie stolperte, konnte sich aber noch fangen. Sie rannte so schnell sie konnte. Doch auch ihre Mutter stolperte und blieb am Boden liegen. „Es bringt nichts.", murmelte sie.

„Aber...", wollte Mimi protestieren. „Morgen, morgen suchen wir sie. Aber jetzt ist es zu dunkel." Mimi war entgeistert. Wollte ihre Mutter etwa so leicht aufgeben? Das konnten sie nicht zulassen! Doch dann verstand sie sie. Sie konnte ja nichts mehr sehen und das Auto war viel zu schnell. Außerdem war sie so müde, dass sie sich kaum noch auf den Pfoten halten konnte.

„Komm!", Mia riss ihre Tochter aus ihren Gedanken. Sie hatte sich unter einem Busch zusammengerollt. Aber Mimi wollte noch ein bisschen alleine sein. „Ich komme gleich.", miaute sie.

Sie setzte sich auf den Weg und sah zu den Sternen auf. Wenn sie dort oben wäre, könnte sie bestimmt sehen, wo sich ihre Schwester gerade befand. Bestimmt hatte Lili mächtige Angst. Mimi vermisste sie sehr. Wie gerne würde sie jetzt mit ihr spielen. Wenn Lili jetzt neben ihr sitzten würde...Lili nervte Mimi oft, aber jetzt würde sie gerne von ihr geärgert werden, geweckt, aus diesem Albtraum.

Mimi schüttelte sich. Sie war ganz entschlossen, ihre Schwester zu finden. Dafür würde sie morgen viel Kraft brauchen. Also lief sie zu ihrer Mutter und kuschelte sich neben sie. Bald fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Sie träumte, die Menschen würden sie gefangen nehmen.

Als sie aufwachte, war ihre Mutter nicht da. Mimi setzte sich auf und sah sich um. Wahrscheinlich war Mia jagen gegangen. Mimi putzte sich. Als sie gerade fertig war, kam Mia.

Sie trug eine Maus im Maul. Die zwei Katzen teilten sie sich, doch sie schmeckte nicht saftig, wie sonst. Sie sprachen nicht viel. Nach dem Essen, liefen sie nebeneinander den Weg entlang, den das Auto gefahren war.

„Bis hier hin konnte ich das Auto sehen." ,miaute Mia. „Es könnte natürlich überallhin gefahren sein, aber meistens bleiben Autos auf einer Straße oder einem Weg, also gehen wir hier weiter. Die beiden liefen weiter.

Doch kurz vor Mittag kamen sie an eine große Straße. „Wohin ist das Auto nur gefahren?",fragte Mimi verzweifelt und dachte: „Woher sollen wir wissen, wo wir lang müssen? Ist nicht alles umsonst? Selbst wenn wir hier in die richtige Richtung gehen, es gibt sicher so viele Abzweigungen, wie sollen wir da Lili finden?"

Doch ihre Mutter hatte eine Antwort: „Ich kenne mich im Wald gut aus. Bei der Abzweigung, wo wir übernachtet haben, geht es einmal in unsere Richtung und nach links. Da kommt man ein Stück weiter dort vorne raus." Mia zeigte mit dem Schwanz nach links. „Menschen sind vielleicht nicht gerade schlau, aber auch nicht dumm. Sie wären vermutlich nicht bei der Abzweigung nach links gefahren, wenn sie hier nach rechts wollen."

Also liefen die beiden nach links. Einige Zeit später erreichten sie eine riesige Stadt. „Ist das groß!", staunte Mimi. Die Häuser waren viel größer, als Mimi sie sich vorgestellt hatte. Mia klang belustigt: „Das ist nur ein winziges Dorf."

„Winzig?", dachte Mimi. Doch da sagte Mia: „Schau mal nach dort hinten! Das ist eine Stadt."

Mimi sah die Stadt. Sie war so riesig, dass sie sie gar nicht ganz sehen konnte. „Da habe ich mal gewohnt.", ergänzte Mia leise. „Müssen wir da hin?", fragte Mimi. „Das weiß ich noch nicht." ,erklärte Mia ihrer Tochter. „Wir wissen ja nicht, wo das Auto Lili hingebracht hat."

„Und wie willst du das denn herausfinden?"

„Ich habe eine Idee.", meinte die Kätzin nur. „Komm, weiter!" Was für eine Idee hatte Mia bloß? 

Mimi lief hinter ihrer Mutter her. Diese sah aufmerksam nach links und rechts, während sie die Straße ein Stück weiterliefen.

Mimi nahm viele sonderbare Gerüche wahr: Den ekelhaften Gestank von Autos, den leckeren Geruch von Essen und natürlich den Geruch nach Menschen. Und viele weitere Gerüche.

„Beeil dich!", unterbrach Mia die Gedanken ihrer Tochter. Sie rannte ein Stück vor und sprach einen hellbraunen Kater an: „Entschuldigung, hast du hier gestern Abend ein großes Auto vorbeifahren sehen? Es kam von dieser Richtung." Sie deutete auf den Weg, von dem sie gekommen waren. „Im Auto saßen zwei schwarzhaarige Männer.", fuhr Mia fort.

Der Kater schleckte sich lässig über die Pfote. „Ja. Da ist eins in diese Richtung vorbeigefahren. Da lang!" Er deutete auf eine Straße. „Danke für deine Auskunft.", bedankte sich Mia.

Mia und Mimi liefen diese Straße entlang. Ein Tropfen landete auf Mimis Kopf. Es begann zu regnen. Plötzlich fragte Mia: „Siehst du diese Spur?" Sie deutete auf eine Schlamm-Spur von einem Breiten Reifen. „Ja"

„Das ist die dicke des Reifens vom Auto. Also folgen wir ihr. Aber wir müssen uns beeilen, sonst wäscht der Regen die Spur weg." Mimi folgte ihrer Mutter so schnell sie konnte. Sie musste rennen um mithalten zu können. Aber sie merkte, dass Mia schneller laufen wollte. Alleine hätte Mia Lili sicher schon längst gefunden. Der Regen wusch die Spur langsam aber sicher weg. 

Würde es nicht Mimis Schuld sein, wenn sie ihre Schwester nicht finden könnten, weil die Schlammspur zu früh nicht mehr sichtbar sein würde? "Nein! Das darf nicht passieren! Das muss ich verhindern!", dachte Mimi. Sie zögerte kurz. Sie wollt nicht alleine sein. Aber Lili zu finden war wichtiger.

Entschlossen sagte sie zu ihrer Mutter: „Mama, ich hab mir gedacht, du bist ja viel schneller als ich."


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