Kapitel 26 - Ein Roboter und eine Platine

In den nächsten Wochen begann Jan sich mit der neuen Normalität zurechtzufinden. Es schmerzte ihn zwar, keine Briefe an seine Eltern schreiben zu können, nicht mehr mit Blitz am Wasserfall zu fliegen und in ständiger Sorge vor einem Angriff zu leben, aber erstaunlicherweise wurde die Situation für ihn schnell so alltäglich, wie die sich bewegenden Bilder in der Zeitung.
Viel Zeit über die rätselhafte Lage der Schule nachzudenken, blieb ihm ohnehin nicht, denn die Arbeiten sorgten für eine unfreiwillige Ablenkungen. Die meisten Lehrer schrieben noch die ersten Halbjahresarbeiten vor den Osterferien. Besonders vor Frau Schmidts Prüfung in Einfache Zauberei hatte Jan so große Sorge gehabt, dass er nur wenige Gedanken für die Abschottung seiner Schule übrig gehabt hatte.
Außerdem bereitete ihm sein Fortschritt im Selbstverteidigungsunterricht Mut. Auch wenn er viel länger brauchte als Levi, um die Zauber zu lernen, so war er mit seinem Expelliarmus-Zaubern nach einigen Wochen schon ganz zufrieden.

Die Nachmittage, die er nicht mit Lernen verbrachte, nutzte er, um beim Bau von Filios Maschine dabei zu sein. Der Junge mit der Igelfrisur war beim Planen überaus sorgfältig, was Jan so gar nicht von ihm kannte. Er erklärte seine Zeichnung erst für vollendet, nachdem er selbst und einige von Hannes' Freunden aus Ehuras sie mehrmals kontrolliert hatten. Dann begann der zweite Teil von Filios Plan, das Bauen. Und Jan stellte schnell fest, dass dieses mindestens genauso anspruchsvoll war. Er versuchte mittlerweile gar nicht mehr, das Vorhaben seines Hauskameraden nachzuvollziehen. Er genoss einfach die gemeinsame Zeit mit seinen Freunden und versuchte zu helfen, wo er es ansatzweise konnte.

Der erste Bauschritt der Maschine war ein hohler Holzwürfel, den Filio mit verschiedensten magischen Artefakten und Zaubern ausstatten wollte. Hier fanden auch die Lilienthalschrauben ihrenEinsatz. Und auch wenn sie für Jan immer noch nach Ausschussware aussahen,musste er zugeben, dass sie erstaunlich gute Arbeit taten.
Während ihre Bauarbeiten meistens im Gemeinschaftsraum der Haistras oder in einem leeren Klassenzimmer im Erdgeschoss stattfanden, brachte Filio seinen Schatz jede Nacht in den Schlafsaal, wo er einen festen Platz auf seinem chaotischen Schreibtisch gefunden hatte. So auch an dem Abend eines Dienstags, an dem die vier Jungen müde und erschöpft ins Bett gingen. Der Aufsatz für Herrn Egger hatte ihnen fast den ganzen Abend gestohlen, aber Filio hatte darauf beharrt, trotzdem schon eine alte Platine aus seiner Chaosschublade mit ein paar komplizierten Zaubern zu versehen und in den Holzwürfel einzubauen.

Dabei hatte Filio versehentlich dem Tisch, auf dem seine Maschine gestanden hatte, ein Bein abgezaubert, was dazu geführt hatte, dass er krachend in sich zusammengebrochen war. Zwar hatte Levi den Holzwürfel dank eines Schwebezaubers noch vor einem zerstörerischen Fall retten konnten, vor den mahnenden Worten seines Bruders, dem Haussprecher von Haistra, hatte er sie aber nicht bewahren können.
Daraufhin hatten sie sich von den Mädchen verabschiedet und waren in ihren Schlafsaal gegangen, wo Filio noch zwei weitere Male sein Glück versucht hatte, ohne den Erfolg den er sich gewünscht hatte. Zwar gab der Würfel nun ein mechanisches Surren von sich, das Jan noch lange von Schlafen abhielt, aber sonst keine weiteren Fortschritte mit sich brachte.

Mitten in der Nacht wurde Jan allerdings von einem Krachen geweckt. Er sah einen orangenen Lichtblitz, hörte ein Zischen, dann war wieder Ruhe. Nur ein schwefeliger Gestank hing in der Luft. Mit einem »Ach du rotes Erinnermich, was war denn das?« zeigte Levi, dass auch er von der Explosion geweckt worden war. Kurz darauf ertönte ein »Lumos«, von seinem Bett aus und das spärliche Licht seines Zauberstabs erhellte den Raum. Jan konnte sehen, wie auch die anderen sich verschlafen aus ihren Betten erhoben und verwundert die Ursache der Explosion suchten. Levi hatte sie nach kurzer Zeit entdeckt.

»Filio, deine Praline«, begann er vorsichtig und hielt das Licht seines Zauberstabs auf den Schreibtisch, wo die angefangene Maschine stand. Sie war an einigen Stellen stark verrußt und ein hässliches Loch prangte in ihrer Oberfläche. Neben ihr lag ein unförmiges, schwarzes Teil, das wohl einmal die Platine gewesen war, die Filio eingebaut hatte. Sie qualmte abscheulich und Jan sicher, dass von ihr der Gestank ausging.
Hannes trat einen Schritt näher an die Maschine und versuchte es mit einem »Reparo«.

Der Zauber flickte zwar das Loch in der Oberseite, aber die rußigen Stellen an Holzwürfel und Platine blieben.
»Meine Maschine, meine Zauber, meine Platine«, stammelte Filio. »Mein Beitrag für meinen Baum.«
»Und unsere Zimmerdecke«, ergänzte Levi und hielt seinen Zauberstab an eine Stelle über dem Holzwürfel. In der hölzernen Deckenkonstruktion klaffte ein Loch, ungefähr in der Größe von Filios Platine. Auch um es herum war es rußig schwarz, Qualm ging von der Einschlagstelle aus.

»Bei Lilienthals Zauberbuch«, stieß er aus und kletterte auf den Tisch, um sich die Unglücksstelle genauer ansehen zu können. Auch er erzeugte ein Licht an seinem Zauberstab und hielt ihn ganz nah an das Loch in der Decke. Feine Risse, die sich ein ganzes Stück durch die Decke zogen, wurden sichtbar.
»Du kannst das nicht zufällig reparieren?«
Fragend sah Filio zu Levi.
Der machte eine spiralförmige Bewegung mit dem Zauberstab und versuchte es mit dem gleichen Zauber wie Hannes eben, doch sein Erfolg fiel ähnlich gering aus. Die Risse verschwanden zwar teilweise, das Loch und die Rußflecken blieben nahezu unverändert.

Doch Levi war ein zielstrebiger und optimistischer Mensch. Während Jan bereits besorgt seine Hände knetete, probierte der stets gut gelaunte Schüler den Reparo-Zauber noch einige Male bis selbst seine Hoffnung ein Ende fand.
»Nichts zu machen«, meinte er zerknirscht und betrachtete sein Ergebnis. Zwar waren die Risse stark reduziert worden und das Loch nach Jans Meinung nicht mehr ganz so groß, aber es war noch da und die verkohlten Stellen auch. Und somit auch ihr Problem.

»So ein Ärger, dass ich mein Buch gestern abgeben musste«, schimpfte Filio sehnsüchtig. »Da gab es einen Zauber für alles. Sogar einen, um eine Maus in eine Tabakdose zu verwandeln.«
»Dann leihen wir uns das nach der Schule wieder aus«, entschied Levi nach kurzem Überlegen. »Heute Nachmittag reparieren wir den Schaden dann wieder. Und bis dahin hoffen wir, dass uns die Decke nicht auf den Kopf fällt. Besonders nicht, während wir schlafen.«
Jan warf einen Blick auf seine Armbanduhr, die auf seinem Nachttischschrank lag. 5:23 Uhr.

»Schlafen gehen brauchen wir jetzt auch nicht mehr«, meinte er, auch wenn er dabei ein Gähnen nicht unterdrücken konnte. »Bis wir eingeschlafen sind, ist es wieder Zeit zum Aufstehen.«
Filio sah nachdenklich in die Finsternis hinter ihrem Fenster.
»Wenn wir ohnehin schon wach sind, können wir die Bibliothek heute Morgen schon aufsuchen«, überlegte er. »Dann habe ich auch eine Beschäftigung für Einfache Zauberei.«

Und auch wenn Jan daran zweifelte, dass der Junge unbemerkt so ein großes Buch lesen konnte, willigte er ein.
Nachdem sie sich fertig gemacht hatten, verließen sie den Gemeinschaftsraum der Haistras in Richtung Bibliotheksflügel. Da V-O-I-B zu jeder Zeit arbeitsfähig war und weder Schlaf brauchte, noch sich über zu viel Arbeitszeiten beschwerte, war es Schülern außerhalb der Schlafenszeiten immer möglich, dort Bücher auszuleihen oder einfach die Ruhe zwischen den ordentlich gefüllten Regalen zu genießen.

Als die vier Haistras das Herz der Bibliothek betraten, fiel ihnen aber auf, dass sie ein kleines Problem hatten.
»Wir haben Anna gar nicht dabei«, stellte Filio fest. »Und ich weiß nicht mehr wirklich, wo das Buch überhaupt war.« Er kratzte sich nachdenklich am Kopf.
In diesem Moment ertönte allerdings ein mechanisches Rollen. Im nächsten Moment kam ein Roboter angefahren, der Jan jedes Mal aufs Neue faszinierte – V-O-I-B. Er stand auf zwei Rädern und hatte einen regalförmigen Körper, der in vielen bunten Farben leuchtete, sodass er ein wenig an einen Papagei erinnerte. Auf den Regalböden lagen einige Bücher, die vermutlich noch darauf warteten, an ihren Platz gebracht zu werden. Die Arme waren aus den verschiedensten Teilen zusammengebaut und boten so jede Menge Sonderfunktionen, die Herr Lurcus ihnen bei ihrer Führung durch die Schule gezeigt hatte.

Der Kopf hingegen war rund, rostig braun und mit zwei Augen und einem Mund versehen, die sich tatsächlich bewegen konnten. Er erinnerte Jan an die überdimensionierte Version eines Lego-Kopfs.
Der Bibliothekar fuhr elegant vor die Schüler und winkte ihnen freundlich mit seiner rechten Hand, die eine seltsame, blaue Wolke umgab, sodass sie Jan so vorkam, als käme sie aus einem Science-Fiction-Film, während der Rest von V-O-I-B eher einem Kinderbuch entstammen könnte.

FIlio winkte ihm fröhlich zurück und klopfte dann vorsichtig auf den Regalkörper des Bibliothekars.
»Guten Morgen V-O-I-B«, grüßte er ihn, als würde er mit seinem besten Freund und nicht einem Roboter sprechen. »Ich bräuchte nochmal das Buch, das ich dir gestern zurückgegeben habe. Die gesammelte Enzyklopädie der Zaubersprüche von Mc ... äh ...«

Nachdenklich überlegte der Junge mit der Igelfrisur nach dem Namen der Autoren.
»McGonagall und Flitwick«, kam ihm Levi zur Hilfe.
»Genau, McGonagalls & Flitwicks gesammelte Enzyklopädie der Zaubersprüche«, erinnerte sich Filio.
V-O-I-Bs Mundwinkel bewegten sich nach unten. Er drehte sich einmal auf der Stelle und holte dann seinen Zauberstab aus seinem linken Arm. Elegant schrieb er in grünen Buchstaben leider bereits verliehen in die Luft und strich es mit einer schnellen Handbewegung wieder weg, sobald die vier seine Nachricht gelesen hatten. Dann formte er seinen Mund allerdings wieder zu einem Lächeln. Er drehte sich wieder im Kreis und fuhr dann auf eine Tür zu, über der ein Schild mit der Aufschrift fortgeschrittene Zauberei aufgehängt war.

Jan sah verwundert zu den anderen.
»Man hätte ihm mit einem Zauber noch eine Stimme geben sollen«, sprach Filio seine Gedanken aus.
Doch in diesem Moment kam V-O-I-B bereits zurück. Er stellte sich wieder vor die vier Haistras und zog ein Buch aus seinem Regalkörper. Es hatte die Aufschrift 100 nützliche Zauber für den Alltag. Ein zufriedenes Lächeln füllte Filios Gesicht.

»Das sieht auch gut aus«, meinte er und nahm das nicht ganz so dicke Buch dankend entgegen.
V-O-I-B formte seinen Mund zu einer ähnlichen Form wie Filio und klappte ein Fach an seinem linken Oberarm auf, aus dem er einen Stift und einen Zettel holte. Dann bewegte er seinen Zauberstab und ließ damit den Stift das Rückgabedatum und Filios Namen notieren. Als er fertig war, reichte er dem Jungen mit der Igelfrisur den Zettel und verstaute Zauberstab und Stift wieder in seinem linken Arm. Dann winkte er ihnen zum Abschied und verschwand wieder zwischen den Regalen.

Auf dem Weg zum Frühstück begann Filio bereits das Inhaltsverzeichnis zu studieren.
»Könnte was Nützliches drinstehen«, überlegte er, während sie am Kiosk vorbeiliefen, das diese Woche sein Schaufenster mit Ware der englischen Marke Weasleys Zauberhafte Zauberscherze gefüllt hatte. In den vergangenen Tagen hatte Filio bereits einiges an Geld für diese Sonderaktion ausgegeben. Jan musste zugeben, dass auch ihn die Schönschreibkulis oder die Fieberbonbons faszinierten. Levi hatte allerdings inzwischen etwas ganz anderes in den Blick gefasst.

»Es sieht merkwürdig leer hier aus, findet ihr nicht?«
Auch Jan lenkte seine Aufmerksamkeit nun auf den Gang um den Kiosk herum. Auch wenn mittlerweile schon einige Schüler unterwegs zum Frühstück waren, so fehlte doch irgendetwas.

»Es hängen keine Zeitungen an den Wänden«, stellte Hannes schließlich fest.
Jan schlug sich die Hand vors Gesicht. Wie hatte er das nur übersehen können. Der Gang, der sonst mit der täglichen Eule tapeziert war, wirkte mit seinen kalten Steinwänden nun irgendwie merkwürdig nackt.
»Hoffentlich wurde die Eule, die die Zeitung bringt, nicht von meiner explodierten Maschine so erschreckt, dass sie gegen die Burgmauer geflogen ist«, sagte Filio und Jan war sich nicht sicher, ob der Junge mit der Igelfrisur das ernst meinte.
»Dann würde hier trotzdem die Zeitung von gestern hängen«, meinte Levi, während sie durch das Tor in den Innenhof traten, »Nora und Leander wechseln die Blätter immer erst, wenn wir vom Frühstück zurückkommen.«

Sie setzten sich an einen freien Platz am noch fast leeren Haistra-Tisch und bald kamen auch die Mädchen aus ihrem Jahrgang zu ihnen.
»Hast du schon eine Idee, wie Herr Jorski mit dem Knall heute Nacht in Verbindung stand?«, fragte Lina spöttisch, nachdem sie sich begrüßt hatten.
Jan warf Levi, Filio und Hannes alarmierte Blicke zu. Er hätte nie geglaubt, dass man die Explosion außerhalb ihres Raumes gehört hatte und auf einmal kam ihm Filios Idee über die Zeitungseule gar nicht mehr so unrealistisch vor. Linas spitze Bemerkung war ihm im Moment egal, viel wichtiger war für ihn jetzt, dass die explodierte Maschine keine unangenehmen Nachwellen mit sich brachte.

»Sagt nicht, ihr habt das nicht mitbekommen«, sagte Marina verwundert. »Heute Nacht war da auf einmal so ein lauter Knall, der Lina und mich aus dem Schlaf gerissen hat. Nur Anna konnte er nicht wecken.«
»Die schläft ja auch wie ein Hodag in Winterstarre«, ergänzte Lina und warf ihrer Hauskameradin ein freches Lächeln zu. Anna wiederum verdrehte schmunzelnd die Augen.

»Wir haben das schon mitbekommen«, antwortete Hannes langsam. »Aber wir hatten gehofft, dass auch wirklich nur wir das mitbekommen hätten.«
Die Mädchen warfen ihnen verwunderte Blicke zu.
»Jetzt tut nicht so geheimnisvoll!«, entgegnete Lina. »Wenn ihr irgendein Problem habt, wird es nicht besser, wenn ihr es uns verschweigt.«
Levi legte besorgt einen Finger auf den Mund.

»Unser Problem wird aber sehr wohl schlimmer, wenn die ganze Schule davon erfährt«, erwiderte er schnippisch, allerdings immer noch mit dem für ihn so charakteristischen Lächeln auf dem Gesicht, das eine gewisse Gelassenheit und Zuversicht ausstrahlte. »Der Knall, den ihr gehört habt, der kam aus unserem Zimmer. Unsere Maschine ist in die Luft gegangen und hat ein Loch in der Decke hinterlassen. Wir sind zwar recht optimistisch, dass wir das heute Nachmittag wieder hinbekommen, aber das Wissen, dass möglicherweise ganz schön viele Leute unser Unglück gehört haben, ist natürlich nicht so beruhigend.«

»Die Maschine ist kaputt?«, wiederholte Anna und sah Filio mitleidig an. Jan bewunderte das Mädchen für ihre Empathie. Während andere sich vielleicht darüber aufgeregt hätten, dass die Bauzeit umsonst gewesen wäre, spürte sie, was das nächtliche Ereignis für Filio bedeutete.
Sie unterhielten sich noch eine Zeit lang aufgebracht über das nächtliche Ereignis, gingen aber schließlich ohne Ergebnis zu ihrer ersten Doppelstunde des Tages, Zaubertränke bei Herrn Jorski. Auf dem Weg kamen sie wieder durch den großen Gang, in dem sonst für gewöhnlich die Zeitung aufgehangen war. Doch noch immer waren die grauen Steinwände kahl und wirkten so ungewohnt, wie jeder Montag, der verging, ohne dass Blitz einen Brief von Jans Eltern brachte. Während sie an einer Gruppe Furhos vorbeiliefen, die das Wochensortiment des Kiosks bestaunten, entdeckten sie Nora, die gerade die Tür zu ihrem Lädchen öffnete.

»Hallo Nora!«, grüßte Levi die Drittklässlerin und winkte ihr zu. »Ist alles in Ordnung bei euch? Wir sind etwas verwundert darüber, dass die Zeitung fehlt.«
Nora drehte sich überrascht um, lächelte aber freundlich als sie die jüngeren Schüler erkannte.
»Das hat dein Bruder mich eben auch schon gefragt«, lachte sie und vergrub die Hände in den Taschen ihres pastellblauen Kapuzenpullovers. Dann verdunkelte sich ihr Blick aber. »Ich musste ihm allerdings das gleiche sagen, wie euch auch. Seit Montag ist keine Zeitung mehr bei uns angekommen. Und gestern Abend dachten Leander und ich, dass die Sonntagszeitung jetzt lange genug hier gehangen hat.«
Sie lächelte gequält und ließ ihren Blick über die leeren Steinwände schweifen.

»Aber vermutlich hast du recht, wir sollten etwas gegen die kahlen Wände hier machen. Ich rede mal mit Leander, vielleicht hängen wir einfach ein paar unserer Bilder aus dem Kiosk auf.«
Sie fuhr sich nachdenklich durch ihre lockigen Haare und erhaschte dabei einen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Jetzt ist es aber spät«, stieß sie verwundert hervor. »Ich sollte mich mal auf den Weg machen, bis in die Kellerräume muss ich noch ein ganzes Stück laufen. Euch noch einen schönen Tag.«

Und ehe die jungen Haistras eine Verabschiedung erwidern konnte, war Nora auch schon in der Schülermenge verschwunden.
»Das wird alles immer merkwürdiger«, seufzte Marina. »Erst fangen sie unsere Briefe ab und jetzt bekommen wir noch nicht mal mehr Zeitung.«
»Vielleicht steht da etwas drin, was wir nicht wissen dürfen«, überlegte Levi, während sie in den Gang bogen, der zum Fachraum für Zaubertränke führte. »Weil wir diese Information sonst gegen unsere Belagerer verwenden könnten.

Jan nickte nachdenklich. Levis Idee klang schlüssig.Allerdings konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, welcheInformation aus der Zeitung ihnen etwas helfen sollte. Schließlich war ihre Situation hoffnungslos. Sie waren eingesperrt in ihrer eigenen Schule und die Chancen zu entkommen, waren ähnlich hoch wie ein Gefängnisausbruch aus Askaban. Die einzige Information, mit der man ihnen helfen konnte, wäre ein Zauber mit dem man diesen unglückseligen Bann aufheben konnte. Aber so etwas stand schließlich nicht in der Zeitung. In Gedanken verloren betrat er den Raum für Zaubertränke und setzte sich auf seinen Platz neben Levi.

Herr Jorski stand bereits an seinem Pult und schrieb auf einem Papier herum.
»Schaut fast so aus, als würde er einen Brief verfassen«, flüsterte Levi und kniff prüfend die Augen zusammen. »Auch wenn er wirklich nett ist, finde auch ich ihn manchmal ziemlich geheimnisvoll.«
Danach blieb ihnen allerdings nur noch wenig Zeit zum Reden, denn Herr Jorski hatte wieder eine Praxisstunde vorbereitet. Diesmalsollten die Schüler einen Verholzungstrank brauen. Wie üblich sah das bei HerrnJorskis Demonstration noch völlig einfach aus, aber als Jan und Levi sichhinterher selbst am Brauen probierten, mussten sie ihre gesamte Konzentrationauf den kochenden Kessel lenken.

Was passierte, wenn man nicht mit einer solchen Aufmerksamkeit beider Sache war, bemerkten sie als der Kessel des Kestens Leonard Zahn lautstark überkochte und den ganzen Tisch mit Holzsplittern übersäte und auch den Pullover des Schülers verunstaltete. Schnell eilte Herr Jorski herbei und fragte Leonard nach der Ursache für das Missgeschick.
»Ich habe nichts gemacht« beteuerte der Kesten, wobei Jan ein freches Grinsen auf seinem Gesicht entdecken.

»Jede Reaktion hat einen Grund«, widersprach Jorski und zauberte eine Lupe an die Spitze seines Zauberstabs, mit der er Leonards Kessel inspizierte.
»Wer hat denn gesagt, dass etwas von dem Knoblauchsrauke jetzt schon in Kessel musst?«
Jan hätte ihrer Unterhaltung gerne noch weiter mit halbem Ohr zugehört, als etwas seinen Rücken traf.
Er warf noch einmal einen besorgten Blick auf seinen Kessel, dann drehte er sich um und entdeckte Filio, der sich über seinen Tisch zu Jan und Levi gebeugt hatte.
»Jede Reaktion hat einen Grund«, wiederholte er, »auch die Explosion von meiner Platine heute Nacht. Irgendetwas muss da passiert sein.«

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