Der fünfzehnte Glückskeks

»Verzeihen ist keine Narrheit, nur der Narr kann nicht verzeihen.«

Ich bin vor dir geflüchtet, okay. Aber das ist doch jetzt schon etwas her. Da hatte ich Angst davor dich besser kennenzulernen, dich zu gut kennenzulernen. Ich dachte ich würde sterben. Dann noch ein Leben mehr zu zerstören, wollte ich nicht. 19:58 

20:01 Das meine ich doch gar nicht. Ich rede von gestern, Lauren. Ich dachte du warst glücklich an meiner Seite. 

Was soll ich denn sonst gewesen sein? Das habe ich dir doch auch gesagt. 20:03 

20:04 Und doch hast du kurz danach Panik bekommen und konntest gar nicht schnell genug von diesem Ort, und von mir, wegkommen. 

Fuck. 20:05 

Fuck. 20:05

Ach scheiße! 20:06 

20:06 ? 

William, du hast da wirklich etwas missverstanden! 20:07 

Oh Gott. 20:07 

William, es tut mir so leid, so so leid. 20:08 

Ich hatte meinen Eltern versprochen nicht zu spät nach Hause zu kommen, deshalb habe ich Panik bekommen. Niemals wegen dir! Das musst du mir glauben! 20:09 

Nichts. Es passierte nichts. 
Bestimmt eine viertel Stunde lang.  
Keine Nachricht, nichts.  
Warum verdammt?    
Warum bin ich nur so dämlich?  
Aufgebracht lief ich in meinem Zimmer auf und ab, bis mein Handy klingelte.  
Erschrocken schrie ich auf und griff nach meinem Handy.  
Eingehender Anruf – William.   

Mein Herz machte einen Hüpfer.  
Okay, Lauren, ganz ruhig.   
„Hi.“    
„Hey.“, sagte William verlegen und räusperte sich.      
„Es tut mir leid, Lauren. Ich wusste das nicht. Ich…ich dachte du würdest das auf einmal bereuen. Und das…das hat wehgetan, so wehgetan.“    
Seine Stimme bebte.      
„Mir tut es leid, William. Ich bin so dämlich.“    

„Rede dir das ja nicht ein! Es ist nur so…wenn ich mit dir zusammen bin, habe ich die ganze Zeit Angst. Sehr große Angst. Dass du von mir wieder zurückweichst, dich wieder vor mir verschließt. Ich will dich nicht verlieren, Lauren.“   
Mittlerweile war seine Stimme nur noch ein Flüstern.      
Ich schluckte und drängte die Tränen zurück, die sich vor Rührung anbahnten.   
„Lauren?“   
„Lauren? Bitte sag…bitte sag doch was.“       

„Ich…“    
Meine Stimme brach. So sehr ich es auch versuchte, doch ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.   
„William, ich will dich doch auch nicht verlieren.“, schluchzte ich.   
„Am Anfang fand ich dich nervig, aber jetzt…da vermisse ich es, wenn du mich nicht nervst. Ich…bin froh, dass du so ein krasses Durchhaltevermögen hast…bester Freund.“   
William lachte.
Er lachte und ich ebenso.  

vier Tage später 

Ich hatte sturmfrei.  
Zum ersten Mal in meinem Leben.   
Meine Eltern wollten ausgehen.  
Das hätten sie seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht. Kein Wunder, bis jetzt hatten sie immer zu viele Sorgen mit mir gehabt.  
Aber jetzt konnten sie wieder an sich denken.  
Und was tat ich?   
Tat ich was gegen meine Beschwerden nie die Chance gehabt zu haben der Jungend von heute zu entsprechen und eine Party zu veranstalten?      
Nein.   

Erstens kannte ich nicht genug Leute, dass es sich gelohnt hätte und zweitens wollte ich es gar nicht.  
William würde später herkommen. Meinen Eltern sagte ich das natürlich nicht.  
Okay. Vielleicht tat ich doch etwas Verbotenes, immerhin war er ein Junge und meine Eltern wussten nicht, dass er vorbeikommen würde.  
„Tschüss Lauren! Stell bitte nichts an.“, rief Mum. 
„Viel Spaß euch.“, antwortet ich.  

Dann hörte ich auch schon die Tür ins Schloss fallen.    
Ich griff nach meinem Handy.  

Sie sind gerade gegangen. 18:47 

18:48 Schau mal aus deinem Fenster. 

18:48 Jedenfalls hoffe ich, dass es dein Fenster ist. 

Ich rollte mich von meinem Bett herunter und lief zum Fenster.    
William sprang herum und winkte mir, wie ein Irrer, zu.     
Ich wählte seine Nummer und wartete, dass er abnahm.   
„Sag mal was tust du da genau?“    
„Eigentlich wollte ich dir damit zu verstehen geben, dass du runter kommen sollst.“    
„Achso ja?“  
Ein Lachen konnte ich mir nicht verkneifen.  

„Ja. Also kommst du bitte runter?“   
„Wie bist du überhaupt in unseren Garten gekommen?“, wollte ich wissen.   
„Tja, das werde ich dir nur erzählen, wenn du jetzt deinen Arsch hier runter schwingst.“  
Lachend legte ich auf und lief dann die Treppe nach unten zur Terrassentür. Ich schob sie auf und lehnte mich mit verschränkten Armen in den Türrahmen.  
Er drehte sich in meine Richtung.   
„Komm her!“, rief er.  

„Du kannst doch auch reinkommen.“, antwortete ich herausfordernd.  
„Nein, kann ich nicht.“    
„Natürlich, kannst du das.“      
„Okay, aber ich will es nicht. Kommst du jetzt bitte zu mir?“  
Seufzend ging ich in seine Richtung, ganz langsam. Ein Lachen konnte ich mir nicht verkneifen.   
„Du bist bösartig!“, rief mir William zu.   
Genauso langsam kam er auf mich zu.   

Als er nur ein paar Zentimeter vor mir stehen blieb, wurde mir seine Größe erst wieder richtig bewusst. Belustigt schaute er auf mich herab. Ich streckte ihm die Zunge heraus, woraufhin er lachte und mich dann in eine Umarmung zog.   
„Hey.“, sagte er leise. 
„Hey.“, flüsterte ich. 
Als wir uns voneinander lösten, sagte kurz keiner von uns beiden etwas. William räusperte sich.  

„Ich hoffe du hast noch nicht gegessen.“, brach er die Stille.   
„Zufälligerweise nicht.“   
„Gut.“   
Er führte mich ans hintere Ende unseres Gartens, wo er eine Decke ausgebreitet hatte. 
„Wir picknicken!“, rief ich aus.   
„Ja, wir picknicken.“, antwortete er und blickte mich belustigt an.


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