TANZEN

Soundtrack: Daniel Pemberton - Growing up Londinium aus dem King Arthur OST

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Ryvebridge, 429 nach der Eroberung


„So?" Sliv stand kerzengerade in der Mitte des Hofes, einen Huf nach vorn, einen nach hinten. Seine linke Hand mit dem Parierdolch hielt er zackig hinter dem Rücken, seine rechte umklammerte den Griff seines Rapiers, das er weit von sich gestreckt hielt, als könnte es ihn beißen.

Solofar musterte ihn von oben bis unten. „Du siehst aus wie ein Blechsoldat", befand er missbilligend.

Sliv seufzte gereizt, verdrehte die Augen und ließ den Arm sinken, doch Solofar gab ein warnendes Geräusch von sich, und er hob die Waffe wieder. Fluchend korrigierte er seine Haltung. „Und jetzt?"

Sein Freund gab ein trockenes Schnauben von sich und trat auf ihn zu, sein eigenes Schwert in der Hand. „Den linken ein Stück nach vorn." Flink schlug Solofar mit der Klinge an das Bein des Grauen. „Den Rücken gerade, aber nicht steif." Ein weiterer Schlag in die Nierengegend. Sliv zuckte zusammen, doch Solofar beachtete ihn nicht. Erneut fuhr seine Klinge vor und klirrte hell gegen Slivs Armreif. „Den Arm höher. Gerade, aber..."

„..nicht steif", beendete Sliv finster. „Verdammte Höllen, bis ich aus dieser Haltung wieder raus bin, hat mich mein Gegner in Scheiben geschnitten."

Solofar ließ sein Rapier wirbeln. „Nicht, wenn du schnell genug bist. Und jetzt von vorn." Er stellte sich seinem Freund gegenüber, mehrere Schritte von ihm entfernt, die Arme locker herunter hängend, die Waffen lose in den Händen, Sliv tat es ihm gleich.

Ihre Blicke begegneten sich. Solofar hob das Schwert, in die Haltung, die er Sliv soeben beizubringen versuchte, und der Graue folgte seinem Beispiel. Trotzdem sieht es schrecklich aus. Solofar schauderte, und sah, wie Sliv die Augen verdrehte.

Er führte das Schwert senkrecht vor den Kopf, dann schlug er schräg abwärts in die Luft, Slivs Bewegungen einen Wimpernschlag nach seinen. Solofar sah die Angst in seinen Augen. Angst ist nie gut. Er trat einen langsamen Schritt auf Sliv zu, der sich offensichtlich bemühte, nicht zurückzuweichen. Einen weiteren.

Blitzartig riss er die Waffen hoch und stürzte sich auf Sliv. Der Graue riss die Augen auf, das Weiße schimmerte im Zwielicht, und parierte hektisch Solofars Angriffe.

Für einen Moment genoss Solofar das schadenfrohe Gefühl der Überlegenheit bei dem Anblick seines nervösen Freundes. Aber wir sind nicht zum Spaß hier. Er muss es auch lernen, und wir sind nicht umsonst zusammen angehende Ritter. Er hielt sich zurück, ließ ein paar Angriffe zu, und beobachtete, wie Sliv selbstsicherer wurde. Seine Schläge wurden gewagter, seine Paraden überschwänglich. Solofar beobachtete ihn, jede seiner Bewegungen. Er wird mich entwaffnen wollen. Aber das lasse ich nicht zu.

Slivs Klinge schoss als silberner Streifen über Solofars Kopf hinweg, als der Schwarze geduckt einem Angriff auswich. Solofars Rapier zuckte vor, nutzte Slivs ungeschützte Seite, schlug ihm mit einem hinterhältigen Schlag das Schwert aus der Hand und setzte ihm die Spitze seiner Klinge an die Kehle. Sliv riss erneut die Augen auf, sein linker Arm spannte sich an, doch Solofar ahnte, was er vorhatte. Schnell setzte er ihm den Dolch an die Kehle und rammte ihm in der gleichen Bewegung die Breitseite seines Rapiers gegen das Handgelenk.

Sliv fluchte deftig, klirrend fiel sein Dolch zu Boden. „Verdammt, Solofar, du hast mir fast die Hand gebrochen!", fauchte er.

Solofar tat sein bestes, um zerknirscht auszusehen. „Tut mir leid."

„Tut es ums Verrecken nicht!" Sliv spuckte aus, hob seine Waffen auf und schlurfte mürrisch zur Waffenkammer. „Bei den Höllen, ich werde nie so gut sein wie du. Und wenn ich meine Seele der Mistress opfere."

„Dann vielleicht schon." Solofar schloss zu seinem Freund auf. „Sliv, es ist schwer, im Fechten so gut zu sein wie ich."

„Ganz bescheiden, Darke", knurrte der Graue und drückte dem Soldaten vor der Tür seine Waffen in die Hand.

„Du bist deswegen noch lange nicht schlechter als ich!" Solofar hielt ihn auf. „Einen Tanz noch. Komm schon, Slivrael Elvengrave." Heftig versuchte er, das Lächeln, das ihn bei der Erinnerung an die Macht von Schwert und Stahl überfiel, aus seinem Gesicht zu bannen.

Sliv verzog das Gesicht und hielt inne. „Ein Tanz noch", echote er.

Solofar trat einen Schritt rückwärts und ließ die Waffen wirbeln. „Genau."

Sliv blickte nachdenklich auf die Klingen in den Händen des Wachmanns. „Entscheide dich, Elvengrave", brummte der Mann mürrisch.

„Schon geschehen." Sliv nahm die Waffen und schnallte den Gürtel fest. „Solofar?"

„Ja?" Der Schwarze ließ die Klingen in den Händen wirbeln. Die Erwartung auf den Kampf ließ sein Herz flattern.

„Wer zuerst bei den Küchen ist." Sliv wirbelte herum und rannte los. „Der Verlierer bringt morgen den großen Drachen zur Schwemme!", rief er sich über die Schulter.

„Du verfluchter Sohn einer hässliche Hure!", brüllte Solofar, während er gleichzeitig versuchte, seine Klingen in die Scheiden zu stecken und aufzuholen, ein unmögliches Unterfangen. Ich kann nicht mit den Waffen in den Händen rennen. Hyatt reißt mir den Kopf ab, schoss es ihm durch den Kopf, doch zugleich war er nicht willens, Sliv gewinnen zu lassen.

Die Schwerter fest in den Händen, hetzte er hinter seinem Freund her, seine Hufe donnerten auf dem unebenen Steinboden, hinein in die hohen, dunklen Flure der Festung, breite Treppen hinauf und schmale, ausgetretene Stufen hinunter, bei denen ein einziger Schritt einen langen, schmerzhaften Fall bedeutete, und Solofar wusste, wenn er stolperte, würde er sich mit seinem eigenen Schwert aufspießen. Sie rannten vorbei an überraschten Dienstmädchen, amüsierten jungen Soldaten, nur wenige Jahre älter als sie, und an Offizieren, die ihnen Flüche hinterher brüllten.

Schlitternd kam Sliv vor der schweren Tür zur Küche zum Halt, Solofar lief einen hastigen Schlenker, um nicht in ihn hinein zu rennen. „Du elender Bastard, das zahle ich dir heim", keuchte er und fuchtelte unbestimmt mit dem Schwert in Slivs Richtung.

„Halt die Klinge ruhig, oder du schneidest dir selbst damit die Augen aus", zitierte Sliv außer Atem. „Wenn Hyatt dich gesehen hätte, hätte er dir die Ohren abgeschnitten."

„Wenn ich jemals wieder atmen kann, schneide ich dir die Ohren ab", hustete Solofar und lehnte sich gegen die kalte Felswand. „Was sollte der Scheiß?"

„Ich verschaffe dir deinen Tanz. Wenn wir wieder gehen können, ohne zu sterben."

„Kämpfen könnten wir doch auch im Hof. Was wollen wir dann hier?"

„Tanzen."

Solofar sah sich um. „Hier?"

„Nein. Im großen Saal."

„Hyatt bringt uns um, wenn wir im großen Saal fechten."

„Du blöder Idiot, wer sagt was von Kämpfen?"

„Du! Die ganze Zeit!"

„Ich rede von Tanzen."

„Sage ich doch!"

„Das richtige Tanzen. Mit einem Mädchen. Und Musik." Sliv grinste diabolisch.

Solofar erstarrte und wich zurück. „Oh nein."

„Du wolltest tanzen, du bekommst deinen Tanz. Ein Tanz noch. Komm schon", imitierte er Solofars Aufforderung im Hof.

„Deinen Tanz kannst du dir sonst wohin schmieren!"

Sliv lachte. „Es ist ganz einfach. Wie kämpfen, nur, dass du niemanden dabei abstechen willst."

Solofar betrachtete wütend seine Klingen. „Es juckt mir verdammt in den Fingern, dich jetzt abzustechen, du hinterhältiges Arschloch!"

Die Tür zur Küche öffnete sich, ein Diener trat heraus und verneigte sich kurz vor den beiden. Sliv grinste ihm zu, packte den wütenden und verwirrten Solofar an der Mähne und stieß ihn in das heiße, duftende Chaos. Feuerzungen schossen in die dampfige Luft, Messer arbeiteten sich durch Tierleiber. Zielsicher manövrierte Sliv ihn an dem vernarbten, dürren Küchenmeister, herumlungernden Dienern, hektischen Hilfsköchen und schwatzenden Bäckerinnen vorbei zu den Mägden.

Sliv blieb stehen, glättete mit der freien Hand seine Kleidung und setzte sein freundlichstes Lächeln auf. Solofar wand sich in seinem Griff und bedachte ihn mit geflüsterten Beleidigungen. „Charlene."

Eines der Mädchen, mit braun und weiß geschecktem Fell, die schwarzweiße Mähne zu kleinen Knötchen festgesteckt, wandte sich um. „Sliv!" Hastig wischte sie sich ihre Hände an der Schürze ab. „Was machst du hier?"

„Du kennst doch bestimmt Solofar, oder?" Sliv ließ Solofars Mähne los, sein Lächeln driftete ein wenig ins Hinterhältige. Solofar funkelte ihn wütend an. Ich erwürge dich, wenn ich dir jemals wieder allein begegne!

Charlene blickte zwischen ihnen hin und her. „Ja, natürlich", sagte sie schließlich. „Warum?"

„Nur ein Scherz", sagte Solofar schnell. „Wir sind sofort..."

„Solofar muss tanzen lernen", übertönte Sliv ihn. „Und zwar jetzt. Ich lerne seine Art zu tanzen und bin zum Speien schlecht darin, und nun ist er dran."

Charlene lächelte milde amüsiert. „Warum gerade ich? Warum nicht die, die normalerweise mit euch lernen?"

„Sie sind auf einem Manöver an der Küste."

Bei allen Höllen, ich wünschte, ich wäre auch auf einem Manöver an der Küste. Solofar bemühte sich, nicht allzu biestig dreinzublicken, doch er spürte, wie er scheiterte.

„Deswegen bist nun du gefragt. Und ich weiß, wie gut du tanzt." Sliv lächelte liebenswürdig.

„Das stimmt. Du auch." Sie blickte zu Solofar. „Und er nicht?"

„Er..."

„Ich kann gut für mich selbst sprechen", fuhr Solofar dazwischen. „Ich tanze so gut, wie ich es brauche."

„Er kämpft besser, als dass er tanzt", erklärte Sliv. „Was echt kein Kunststück ist." Solofar starrte ihn wütend an, und er verbesserte sich. „Um gerecht zu bleiben, er kämpft tadellos. Aber er tanzt wie ein Drache mit Entenfüßen."

Charlene kicherte mitleidig, und Solofar spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Er atmete zitternd durch und umklammerte die Griffe seiner Waffen. Das zahle ich dir dermaßen heim, Sliv. „Vielleicht ein wenig besser", knurrte er rau, um einen sachlichen Tonfall bemüht.

„Sliv, das ist alles schön und gut, aber ich kann nicht gehen. Reilly lässt mich niemals früher gehen."

„Wie schade", heuchelte Solofar. „Komm Sliv, sie kann nicht, wir..."

„Reilly!", rief Sliv. „Dürften wir Charlene entführen? Und Leaves?"

Ein großer, schlanker Junge mit dunklem Fell, in der Uniform eines Dieners, hob den Kopf. Der Küchenmeister wandte ebenfalls sich um, seine Narben verzogen seinen Mund zu einem unfreundlichen Lächeln. Sein Blick zuckte von Sliv über Charlene zu Solofar. „Geht ruhig, Masters", bellte er und widmete sich wieder seiner Arbeit.

Leaves trat zu Sliv. „Warum brauchst du mich?", wollte er wissen.

„Musik", sagte Sliv einfach.

Leaves zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Aye", sagte er. „Großer Saal?"

„Genau." Sliv blickte triumphierend zu Solofar, der die Zähne zusammenbiss und sich bemühte, nicht dem Impuls zur Flucht nachzugeben. „Hervorragend", sagte Sliv und winkte Solofar und Charlene hinter sich her. Hinter ihnen steckten die Mägde die Köpfe zusammen und kicherten.

Charlene wandte sich um. „Ich erzähle euch nachher alles", verkündete sie vielsagend. Das Kichern wurde lauter. Solofar unterdrückte einSeufzen. Sie bemerkte es. „Mach dir nichts draus. Wie du tanzt, interessiert sie einen feuchten Dreck." Ihr Blick flackerte zu Sliv vor ihr. „Was zwischen uns passiert, viel mehr", flüsterte sie.

Solofar verzog kurz das Gesicht, doch schwieg. Mürrisch stapfte er hinter dem fröhlich pfeifenden Sliv her, während Leaves davonlief, um sein Instrument zu holen. Nie wieder lasse ich mich zu Gnade herab. Nie wieder. Ich schlage ihn zu Schlamm, jedes Mal, wenn er mir unter die Klinge tritt.

Durch einen Dienstboteneingang schlichen sie sich in den Saal. Riesig, schier endlos lag er vor ihnen, der polierte Marmorboden schimmerte wie Wasser im Dämmerlicht, das durch die hohen Fenster hineinfiel, flankiert von schweren, dunklen Vorhängen. Eingeschüchtert standen die drei Halbwüchsigen in der schmalen, beinahe unsichtbaren Tür und blickten ehrfürchtig in die unendlichen Weiten aus glattem Gestein hinaus.

Der hohe, helle Ton ließ sie alle herumwirbeln. Charlene stieß ein kurzes, erschrockenes Kreischen aus und klammerte sich an Solofars Arm. Leaves stand in einem zweiten Eingang, die Geige an der Schulter, ein Grinsen im Gesicht, und spielte den gleichen Ton erneut, hundertfach verstärkt und zugleich einschüchternd klein hallte er durch den Saal. Sliv lachte nervös und trat auf die glatte Marmorfläche. Solofar und Charlene starrten ihm erwartungsvoll hinterher, als würde sich der Boden auftun und ihn verschlingen, doch nichts dergleichen geschah.

Charlene löste sich von Solofar und hüpfte ebenfalls in den Saal hinein, schlitterte ein paar Meter, strauchelte und fing sich wieder. Ihr Kichern hallte von den Wänden wider. „Komm, Solofar!", rief sie leise.

Solofar verdrehte die Augen und blieb, wo er war, doch Sliv trat zu ihm und zerrte ihn hinter sich her. „Du hast viel zu lernen", proklamierte er großspurig, wenn auch im Flüsterton.

Leaves lächelte verschmitzt. „Was soll es sein, Sliv?", fragte er und spielte eine fröhliche Melodie.

„Oh, das schöne Weib von Ryvebridge!" Charlene drehte eine stürmische Pirouette. Leaves änderte sein Spiel, und das Mädchen erstarrte in der Bewegung. „Wo, bei allen Höllen, hast du dieses Lied aufgeschnappt?", wollte sie wissen.

„Ein paar Soldaten haben es neulich gesungen. Es ist ein einfaches Lied", erklärte er schulterzuckend.

„Welches ist es?", fragte Solofar, bevor er sich die Frage verkneifen konnte.

Charlene kicherte verlegen. „Es heißt Lavender Lavender. Es ist ein ziemlich... zotig." Sie kicherte erneut.

Sliv stimmte mit ein. „Leaves, wenn du nun vielleicht etwas spielen könntest, zu dem man tanzen kann...", versuchte er, zum eigentlichen Grund ihres Daseins im Saal zu kommen.

Oh, spielt einfach weiter eure Musik des Volkes, dann muss ich mich wenigstens nicht blamieren.

„Er spielt etwas zum tanzen", sagte Charlene fröhlich und vollführte eine weitere Drehung.

„Etwas höfisches", erklärte Sliv.

Erneut änderte Leaves sein Geigenspiel. Charlene murmelte etwas Mürrisches, doch drehte sich so weit, bis sie mit wirbelnden Röcken vor Solofar zum Stehen kam. Solofar blickte ihr schicksalsergeben entgegen.

„Schau nicht so traurig. Manche wären neidisch, dich mit einem der schönsten Mädchen der ganzen Festung tanzen zu sehen", wisperte Sliv an seinem Ohr. „Die rechte Hand an die Taille. Die linke an ihre rechte Hand", fuhr er lauter fort.

Mürrisch folgte Solofar seinen Anweisungen. Charlenes Hand in seiner hob sich schneeweiß von seiner schwarzen ab, ihre linke war ein warmes Gewicht auf seiner Schulter. Viel zu nahe.

„Also nun. Ein Schritt nach hinten..."

„Ich weiß, wie man dazu tanzt", unterbrach Solofar Sliv.

Sliv lächelte schmal. „Dann zeig es uns."

Solofar zählte im Kopf den Takt ab, dann führte er Charlene über den spiegelglatten Boden. Keine vier Schritte weiter unterbrach ihn ein Schlag auf den Arm. „Den Arm höher. Und gerade." Ein weiterer Schlag, diesmal auf den Rücken. Sliv kicherte und legte sein Schwert über die Schulter. „Gerade, aber..."

„Oh, wehe du sagst es."

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Hat irgendjemand hier FILLER gerufen? Nein? Egal, hier bekommt ihr ein komplett sinnfreies Kapitel, das ich nur geschrieben habe, weil es in meinem Kopf eine Montage von Sliv und Solofar war, in der sie miteinander kämpfen und mit Charlene tanzen und mit jedem Szenenwechsel älter werden, bis sie erwachsene Ritter sind. Filme können das. Bücher nicht. Noch so ein Nachteil des geschriebenen Worts.

Aber, oh my, sie sind so niedlich.

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