Achilles and his pal

Ich stand vor Manus Haustür und wartete darauf, dass meine Finger endlich die Klingel drückten. Mir kam die Situation viel zu sehr wie ein Date vor. Es war keins. Es war eigentlich genauso, wie als wir das erste Mal gemeinsam feiern gingen. Wir gehen nur auf einen Geburtstag, da ist nichts bei. Zwei gute Freunde, mehr nicht.

Schnell betätigte ich die Klingel. „Just two guys being dudes" schoss mir sofort in den Kopf.
Das Surren erklang keine Sekunde danach und ich musste gehen. Manu hatte schon auf mich gewartet, sonst wäre der Ton niemals so schnell danach gekommen. Scheiße, nur weil ich mir unfassbar dumme Gedanken mache.

Mit jeder Treppenstufe wiederholte ich „Ich bin ein Idiot" in meinem Kopf, bis ich dann bei ihm vor der Wohnungstür stand. Er hatte sich an den Türrahmen angelehnt. Meine selbsterniedrigende Stimme verschwand.
Er sieht einfach nur gut aus, selbst in sowas schlichtem wie seinem einzigen weißen Shirt unter einer grauen Hoodie Jacke mit schwarzen Jeans.

Wir begrüßten uns, gaben uns eine Umarmung und standen dann vor seiner Wohnungstür. „Du siehst gut aus", meinte ich und bereute es sofort. Er sah sonst auch gut aus und sagt man sowas zu einem Freund, der einen auf eine Geburtstagsparty begleitet?
„Also", stammelte ich deshalb, „du siehst immer gut aus, aber- ähm... Also, ich finde das Outfit super!" Ich bemerkte, wie meine Wangen heiß wurden, kratzte mich am Nacken und als ich auch noch sah, dass Manu ebenfalls rot wurde, hatte ich die Befürchtung, dass ich an Überhitzung sterbe.
„Danke. Es ist halt nur ein einfaches T-Shirt und eine Jeans", antwortete er, grinsend. „Ich- ich weiß, aber dein Gesicht ist dann der Fokus und deine Augen stechen dadurch mehr hervor."
Ich hatte wieder etwas gesagt, ehe ich nachdenken konnte.

Manus Grinsen wurde breiter. Das hieß meistens nichts Gutes für einen, aber ich liebte sein Grinsen. Mein viel zu schnell schlagendes Herz machte gerade meiner Überhitzung Konkurrenz, was meine Todesursache anging.

„Stehst du etwa auf meine Augen?", fragte Manu jetzt. Ich lachte und versuchte mein „Und wie!" so scherzhaft wie möglich klingen zu lassen. „Was kann ich sagen?", meinte er, in seiner Diva Stimme. „Ich habe wirklich wunderschöne Augen!" Erneut lachte ich. Er hatte recht, definitiv.

„Okay, bist du bereit zu gehen?", fragte ich ihn, bevor ich noch etwas Peinlicheres sagen konnte. Er nickte, schloss die Tür hinter sich und ging neben mir die Treppe runter.

Es fühlte sich noch immer wie ein Date an und es musste auch wie eines für Außenstehende aussehen, aber es war keins und das ist unglaublich traurig.

Sichtwechsel: Manu

Wir haben nicht viel getrunken. Palle und ich haben getanzt. Es war schön. Wir mussten uns erstmal darauf einigen, wer führt, aber wir haben getanzt vor allen anderen und es hat Spaß gemacht.

Wir saßen gerade zusammen an einer Bahnstation und warteten auf die Bahn, die erst in einer Dreiviertelstunde kommen würde.
„Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass ich so gut tanzen kann", gestand ich irgendwann lachend. „Besonders nicht ohne viel Alkohol intus." Palle lachte mit. „Also so unfassbar gut war es jetzt auch nicht", entgegnete er. Mit gespielter Empörung riss ich meinen Mund auf und schlug ihm gegen den Arm. „Aber du bist ein Profitänzer oder was?" Der Braunäugige kicherte, schützte weitere Schläge mit seinen Händen ab und antwortete: „Du musst zugeben, dass ich besser führen kann als du." Er hatte recht. Als ich gefolgt bin, sind wir uns gegenseitig deutlich öfter auf die Füße getreten.
„Sag ich doch", murmelte er. Ich schlug ihn erneut.

„Nein, also", lenkte er dann ein, „Manu, du bist kein schlechter Tänzer."
„Aber?"
„Aber ich bin einfach besser als du."
Ich presste meine Lippen aufeinander um nicht zu grinsen. Ja, er war besser als ich.
„Gib es zu!"
„Na gut! Du bist ein besserer Tänzer als ich." Ich seufzte und verdrehte die Augen, wenn auch lächelnd.

„Hätte ich mehr getrunken wäre ich besser gewesen", warf ich allerdings noch ein. „Meinte Zombey nicht, dass du sehr anhänglich wirst, wenn du zu viel getrunken hast?", hinterfragte Palle. Gott, das hatte der Idiot gesagt, als wir das erste Mal feiern gegangen sind! Das ist schon Ewigkeiten her...
„Dass du dich daran erinnerst", merkte ich an, in der Hoffnung, nicht weiter darauf eingehen zu müssen. Aber Palle war hartnäckig: „Ich hab mich halt gefragt, was das bedeutet. Du trinkst so gut wie nie und wenn, dann nicht viel."
Verlegen lachte ich. Soll ich wirklich die Geschichte erzählen, wie ich auf eine der dümmsten Art und Weisen herausgefunden habe, dass ich schwul bin?

Ich holte tief Luft und begann zu erzählen: „Es war eine der ersten Abende, nachdem ein paar Freunde – darunter auch Zombey und Tim – und ich nach Köln gezogen sind. Wir wollten feiern gehen und ja, wir hatten alle vielleicht etwas übertrieben. Besonders Zombey und Max. Du kannst ihn ja mal beten, ‚Let it go' zu singen. Womöglich braucht er erst ein paar Shots bis er die Töne richtig trifft, aber er und Max haben eine sehr eindrucksvolle Darbietung hingelegt."
Wir lachten. Rückblickend betrachtet war es bis dahin eigentlich ein echt lustiger Abend gewesen.
„Wir beschlossen irgendwann, dass wir genug hatten und gingen zu Tim nach Hause. Auf dem Weg dorthin haben Zombey und Max noch viele weitere spektakuläre Performances hingelegt. Aus ihnen hätten echt gute Sänger werden können. Jedenfalls sind die beiden in den Pool bei Tim gesprungen und ich habe irgendwie Tim... ‚bemerkt' – Gott, ich hasse das Wort, aber mir fällt kein besseres ein, okay? Schau mich nicht so an!"
Palle grinste und sein Brustkorb hob und senkte sich, als würde er lachen, doch es kam kein Laut heraus. Zumindest solange nicht, bis ich gesagt hatte, dass mir kein besseres Wort einfiele.

„Willst du jetzt die ganze Geschichte hören?", fragte ich ihn mürrisch. Er beruhigte sich und bat mich weiter zu erzählen.
„Ich bin zu ihm zugegangen und... na ja... hab ihn geküsst. Er hat mich übrigens zurückgeküsst."
Unsicher sah ich zu Patrick. Es ist weird ihm zu erzählen, wie ich mit meinem Ex zusammenkam. Aber Palle lächelte sanft und es hatte dieselbe beruhigende Wirkung wie sonst. Alles war in Ordnung.

„Trinkst du deshalb kaum was?" Ich nickte. „Und weil ich keine Lust habe, wie Zombey und Max, einen stinkenden Mülleimer umarmend, aufzuwachen." Wir lachten jetzt, aber damals waren wir alle mehr als genervt von der Gesamtsituation. Es war wirklich eine angespannte Zeit.

„Wenn du damals nicht so viel getrunken hättest", fragte Palle jetzt, „wann denkst du, hättest du dann bemerkt dass du schwul bist?" Er knetete seine Hände und beobachtete mich genau.
„Keine Ahnung", antwortete ich. „Entweder nie oder erst viel später." Palle nickte langsam und richtete ebenso langsam seinen Blick wieder auf seine Hände. Er räusperte sich, fuhr mit einer Hand durch seine Haare und lehnte sich zurück. Erst da glaubte ich ernsthaft daran, dass er nicht hetero ist. Eigentlich hätte ich jetzt die Gelegenheit dazu, ihm auf den Zahn zu fühlen. Sollte ich?

„Hattest du eigentlich schonmal eine Beziehung?"
Scharf zog er die Luft ein. „Ja, eine, aber das war wirklich... Ich..." Er stieß die eben eingezogene Luft wieder aus und fuhr sich erneut durch die Haare. „Also eigentlich zwei, wobei das eine war eigentlich nichts. Wir haben uns vielleicht zwei oder dreimal getroffen und es war nichts richtig... Es wäre aber auch nichts wirklich..." Er wurde rot wie eine Tomate.
„Es war nichts Festes?", versuchte ich ihm zu helfen. Er nickte. „Genau. Es war mehr so ein ‚Warum nicht?' Ding. Das andere war eine richtige Beziehung und ging fast ein Dreivierteljahr, wovon ich die letzten paar Monate betrogen wurde. Sie hatte mich gebraucht, um an jemand anderen zu kommen. Da war ich so um die 18 und es war auch noch meine erste Beziehung."
„Oh man... Wie beschissen", murmelte ich. Palle zuckte nur mit den Schultern. „Es ist, was es ist. Der einzige Trost bei der ganzen Sache war, dass ich nicht lange um sie getrauert habe. Ich hoffe, dass ihr Neuer wusste worauf er sich einlässt."
„Und hoffentlich ist sie mit ihrer Wahl  zufrieden. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass der Typ wirklich so besonders ist, wenn sie ihn nur durch Eifersucht bekommen hat." Palle nickte.
„Außerdem ist sie echt dumm, wenn sie so einen unfassbar liebenswürdigen Typen wie dich ausnutzt und betrügt." Ich wusste, was ich da sagte, was mein Herz aber nicht trotzdem daran hinderte, schneller zu schlagen. Ich flirtete bewusst mit ihm, zum so ziemlich ersten Mal.

Palles Wangen wurden rot. „Danke."
„Ich mein das wirklich so!", versicherte ich ihm. Bemerkt er überhaupt, dass ich versuche, mit ihm zu flirten?
„Du bist so hilfsbereit, nett, zuvorkommend, empathisch und mit dir kann man sowohl die größte Scheiße bauen und den besten Spaß haben, als auch über Ernstes reden. Du hast ein verdammt gutes Herz und ich genieße jede Sekunde mit dir." Jetzt müsste er eigentlich wissen, dass ich ihn nicht einfach nur mag, oder?

Tränen bildeten sich in seinen Augen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Was hat er?
„Alles- alles in Ordnung?", fragte ich ihn, völlig überfordert. Warum weinte er?
Er wischte sich das Wasser aus den Augen und nickte nur. „Alles gut", murmelte er, sah mich aber nicht an. War ich zu direkt? Was, wenn ihm das unangenehm war? Vielleicht ist er doch hetero? Oder er steht einfach nicht auf mich, völlig unabhängig von seiner Sexualität? Scheiße, scheiße, scheiße!

Palle brauchte ungefähr zehn Minuten, bis er sich wieder gesammelt hatte. Die Bahn würde erst in einer Viertelstunde da sein.
Er startete wieder ein Gespräch, was anfangs nicht ganz so locker war wie vorhin noch, aber als die Bahn endlich ankam, ging es wieder und aus der unangenehmen Stille wurde wieder eine angenehme.

Er war wohl mit dem Fahrrad zu mir gefahren, weshalb er mit zu mir musste und als wir ausstiegen entschuldigte er sich für seinen kleinen Zusammenbruch: „Sorry wegen vorhin. Es war einfach... Ich weiß nicht. Es war... Ich war... einfach komisch. Können wir das bitte vergessen?" Ich musterte ihn. Es machte ihn irgendetwas fertig. „Ehrlich gesagt, denke ich, dass du besser darüber reden solltest", sagte ich ihm.
„Vielleicht, ja", nuschelte er. Es tat mir weh, ihn so beschämt und unsicher zu sehen. Aufbauend klopfte ich ihm gegen den Rücken. „Es wird nur schwerer, wenn du nicht anfängst, zu reden. Sag mir einfach, wenn du bereit bist. Ich bin für dich da, okay?" Der Braunäugige nickte und nahm mich in den Arm. „Danke, Manu! Danke, dass du einfach du bist und für mich da bist." Sofort erwiderte ich die Umarmung. „Ich bin auch froh, dass du du bist und ich weiß, dass du für mich da bist."

Wir verabschiedeten uns und umarmten uns nochmal, und mir ging nicht aus dem Kopf, wie er mit mir getanzt hat, wie viel Spaß wir hatten, wie er vor mir angefangen hat zu weinen und wie sehr ich ihn liebte. Ich hoffte wirklich, dass er mit mir über vorhin reden würde.

☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
YOOOO!

Da sind ja Gefühle!

Okay, also zum Titel: Vielleicht kennen einige von euch r/SapphoAndHerFriend. Das ist ein Subreddit über (possible) Gay Erasure in der Geschichte, aber mit dem Fokus auf wlw Beziehungen.
Es gibt auch ein Äquivalent für mlm Beziehungen, das r/AchillesAndHisPal heißt. :D
Warum die Subreddits so heißen würde jetzt zu lange dauern, aber ich kann euch beide sehr ans Herz legen.

Und zur Geschichte: Ich weiß, ich weiß, es ist mittlerweile fast schon Folter, aber ich kann euch versprechen, dass sie wirklich nicht mehr lange brauchen!
Nächstes Kapitel kommt wahrscheinlich so gut wie die ganze Gang vor und sogar Claus! :D

Bis bald!

LG LMS☆

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