Alte Zeiten

Wieder einmal waren wir - diesmal mit den Goldstein-Schwestern - im Koffer, nur jetzt setzte ich mich nicht an meinen Schreibtisch, da mein Versuch für das Heilmittel gegen Drachenpocken noch einige Stunden köcheln musste.
Jakob, der sich ja schon zurechtfand, nahm Dougal an die Hand und begleitete ihn zu seinem Plätzchen, während Newt Porpentina, die das gerade eingefangene Tierwesen in ihren Händen hielt, zum Nest der Occamys begleitete.
Ich führte unterdessen Queenie im Koffer herum, die von all den magischen Kreaturen sichtlich angetan war. Besonders die Mondkälber und die Diricawls  faszinierten sie sehr und natürlich fand auch sie den Niffler in seinem Bau ungeheuer niedlich.
Schließlich kamen wir an der kleinen Holzhütte im Koffer an, in der wir unsere ganzen Vorräte an Kräutern und anderer Medizin sowie Zaubertrankzutaten lagerten.  Doch dann fiel Queenies Blick auf das Foto von Leta, das Newt in der Hütte stehen haben wollte - es stand eigentlich direkt gegenüber von einem Foto von Jo, Newt, Leta und mir, die wir zu unseren Hogwarts-Zeiten richtig dicke Freunde waren, und einem ein paar Jahre alten Foto von meiner Familie.
"Wer ist das?", fragte mich Queenie und deutete auf das Bild, das ihre Aufmerksamkeit erregt hatte.
Mir kamen ein paar negative Geschichten von Leta in den Kopf, beispielsweise dass sie beinahe dafür gesorgt hätte, dass der Schulleiter herausgefunden hätte, dass wir uns damals nachts oft heimlich in den verbotenen Wald geschlichen hatten, weil sie wegen ein paar Fledermäusen den Lumos Solem-Spruch benutzt hatte und das helle Licht gefühlt ganz Hogwarts aufgeweckt haben musste. Und selbstverständlich war mir damals nicht entgangen, dass sie die Gefühle, die Newt für sie hegte, definitiv nicht so erwiderte, wie es für Newt gut gewesen wäre. Dass ich so dachte, wusste Newt zwar, aber er hing immernoch sehr an ihr, weswegen ich das Bild auch nicht entsorgt hatte.
"Naja, das ist Leta Lestrange. Wir waren gemeinsam auf Hogwarts, aber sie hatte eher mit Newt zu tun als mit mir", sagte ich, denn im Endeffekt hatte ich tatsächlich immer mehr mit Jo und Newt und mit Leuten aus meinem eigenen Jahrgang zu tun gehabt als mit Leta.
"Von der Familie hab ich schon gehört. Sind die nicht eher... du weißt schon", meinte sie.
"Naja, nicht jeder, der aus einer schwarzmagischen Familie kommt, wird so geboren", sagte ich bloß.
Ohne viel mehr zu sagen drehte Queenie sich dann Richtung Ausgang der Hütte, wo wir meinen besten Freund kurz vorher noch auf Pickett einreden hören konnten, der wegen der Sache in der Bar wohl ziemlich beleidigt sein musste.
"Newt, wer ist sie?", fragte Queenie ihn nur. Mir war eigentlich klar, dass er ihr nicht sofort von sich aus antworten würde, denn auch er verband mit ihr nicht unbedingt die besten Gefühle.
Sie sah ihn einige Sekunden lang an, versuchte offenbar, seine Gedanken zu lesen, während sie ein paar Schritte auf ihn zugung.
"Bitte lesen Sie nicht meine Gedanken", bat der Magizoologe sie höflich und wandte sich weiter seiner Arbeit zu.
Doch da die Neugier der Legilimentorin bereits geweckt war, blieb ihr Blick selbstverständlich einige weitere Sekunden an Newt hängen, bis er seine Bitte wiederholte.
Ich konnte mir denken, dass er nun daran dachte, wie oft er doch von ihr verletzt und enttäuscht  worden war. Auch, wenn er die Frau nach all den Jahren noch immer nicht gehen lassen wollte, schmerzten ihn die Erinnerungen an sie sehr, und auch Queenie merkte das, denn sie erwiderte Newt entschuldigend: "Ich weiß, es tut mir leid. Wenn Menschen leiden, geht es besonders leicht."
"Ich leide aber nicht, außerdem ist das ewig her", kam prompt die von mir erwartete Antwort.
"Sie waren zu Schulzeiten eng mit ihr befreundet", stellte Queenie erneut nach einigen Sekunden des Gedankenlesens fest.
"Wir hatten beide Schwierigkeiten, uns dort einzufügen. Wir haben uns dann-", setzte er an, doch sein Versuch, das Ganze schönzureden, wurde unterbrochen:
"Sie haben sich sehr nahe gestanden. Viele Jahre lang."
Sie machte eine kurze Pause und sah Newt nur weiter an, dem das Ganze sicher nicht wirklich gefiel.
"Sie hat nur genommen. Sie brauchen jemanden, der gibt", stellte sie fest.
Beim letzten Satz schielte sie zu mir hinüber. War ja klar, dass sie sich doch noch eigenständig ein Bild von mir gemacht hatte. Aber auf der anderen Seite hatte ich ihr ja nie verboten, ein bisschen in meinen Gedanken zu lesen. Ich schmunzelte etwas verlegen.
"Worüber redet ihr beide?", stolperte Porpentina in die Situation. Ich trat aus der Hütte und machte mich mit einem Räuspern bemerkbar.
"Über gar nichts", meinte ich etwas garstig, um der Dunkelhaarigen zu signalisieren, dass sie das Thema nichts anging, sofern man sie nicht drauf ansprach.
"Die Schulzeit", versuchte ihre Schwester, die Situation zu entschärfen.
"Die Schulzeit", stimmte  Newt mit Erleichterung in der Stimme zu.
Just in diesem Moment kam auch Jakob in die Runde: "Haben Sie gerade Schulzeit gesagt? Es gibt eine Zauberschule? Hier in Amerika?", zeigte er sein Interesse.
"Aber natürlich. Ilvermony! Das ist ja nur die beste Zauberschule auf der ganzen Welt", schwärmte Queenie.
"Ilvermoody? Ich finde ja, dass Hogwarts die beste Zauberschule ist", meinte ich, während ich ein Grinsen unterdrückte.
"Hoquatsch", kam es nur von Queenie als Kommentar über die Warzenschwein-Schule zurück, die so tat, als sei sie zickig.

Doch bevor irgendjemand ein weiteres Wort sagen konnte, machte Frank mit lautem Gewitter auf sich aufmerksam. Das konnte nur eines heißen: Es drohte Gefahr. Und zwar nicht nur die Gefahr, dass die Zauberergemeinschaft Amerikas enthüllt werden könnte - sondern Gefahr für alle.

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