78| Deliriumsgelaber №22 - Dimmu
Manchmal.
Aber nur manchmal.
Da fällt das Niveau.
Und der Anstand gleich mit.
So kommt's also, dass ich in 'ner dreckigen Zelle sitz und mit 'ner Polizistin kiffe. Das Zeug dazu hab ich mir bei der Pestkönigin mitgenommen, als ich ging, um mein Schicksal anzutreten. Jetzt, so schön high, dass mir fast der Kopf platzt, stell ich mir allerdings die Frage, ob das nich doch irgendwie 'ne dumme Idee war. Ich hätte vielleicht fliehen und dann irgendwo 'n Leben unter falschem Namen führen können. Jedoch bin ich mir nicht ganz sicher, ob das auch wirklich so funktioniert hätte, wie ich mir das hier grad vorstelle. Mord verjährt schließlich nicht und ich bin 'ne durch und durch verrückte Frau, die der Justiz am Stuhl gesägt hat. Diese verdammte Zelle riecht derb nach Pisse, ich war's allerdings nicht. Auch die Polizistin zieht die Nase hoch, ihr Name is Lisa, wie sie mir vorhin irgendwann verraten hat. Als würd mich das interessieren.
Gut gegen Böse.
Mörder gegen Exekutive.
Verbrechen gegen Kavaliersdelikt.
Alles oder nichts.
Ich kann nicht so gut mit anderen Menschen, würd man vielleicht behaupten, aber gib mir nur 'n bisschen Speed und mach das schon irgendwie. Koks für Arme, wie Øyriøn sagen würde. Ich vermisse ihn, den großen, traurigen Trottel. Sein Leid war so stark und sein Humor unsagbar bösartig. Ach was, is er doch immer noch und wird er sein, bis Øyriøn als Madenfutter dient. Ich glaube, er war damals der erste Mensch, den ich kennenlernte, als ich nach Deutschland kam. So kurz nach dem Mauerfall, dass es nicht auffiel. Ich mochte Berlin schon immer irgendwie, es gibt so viele Möglichkeiten hier verrückt zu werden. Und scheiß Neukölln is eine davon. Ganz allein an und für sich.
Nichts.
Aber auch nichts.
Nichts is mir geblieben.
Alles nicht mehr relevant.
Ich hab nichts mehr, das hätte ich mir vielleicht vorher überlegen sollen, doch das Nachdenken zählt nich grad zu meinen Stärken, um ehrlich zu sein. Unter Umständen merkt man's ab und zu. Lisa kotzt neben mir auf den Boden. Schön zu wissen, dass ich nich die Einzige bin, die das starke Zeug der Pestkönigin nicht so ganz verträgt. Ich liebe diese große, glattköpfige Frau. Sie streckt nicht und zeigt den Junkies ungefiltert, was sie da haben. Sie is toll und ich find's schade, die Sache mit ihr und dem Krebs. Das hätte nicht sein müssen. Warum gibt's den Scheiß eigentlich? Braucht doch keiner. Is vollkommen unnötig. Ich würd ewig leben, wenn's mir denn frei stünde, doch ich weiß, dass das leider mal wieder nicht so funktionieren würde, wie ich mir das grad wünsche.
Es is immer wieder aufs neue hart zu lernen, dass man nicht einfach alles haben kann, doch manchmal braucht es nur 'n bisschen Mut, um sich der Glückseligkeit 'n wenig näher zu bringen. Oder 'ne Bratpfanne. Und 'n paar lockere Schrauben im Oberstübchen. Ich hab alles davon und bin trotzdem kein bisschen glücklicher als zuvor. Die Euphorie hat sich schon wieder gelegt und ich bin von neuem verbittert. Das is dann wohl oder übel der Kreislauf der Junkies und aller, die es werden wollen.
Wärt ihr Richter, welche Haftstrafe würdet ihr für Dimmu verhängen?
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