14| Denn ich bin der Geilste - Tonic
Bitte lass mich letzte Nacht drauf gewesen sein. Ich bete alle möglichen, ohnehin nicht existierenden Götter an, mich verarschen zu wollen, als ich mit der Morgenlatte eines Pferdes aufwache und neben mir eine blonde Schlampe liegt, deren Gesicht einem an Halloween die Kinder vom Grundstück jagen könnte.
Das Weib da könnte fast meine Mutter sein, so alt sieht sie aus, ich hab mich doch auf jeden Fall völlig zugeknallt, anders kann ich mir das nicht erklären. Vielleicht tritt bei mir auch langsam aber sicher der verschissene Ödipus Effekt ein, wenn ich das überhaupt richtig verstanden hab. Øyriøn hat mir mal vor einer Ewigkeit erzählt, dieser Ödipus Typ wäre ein Kerl gewesen, der seine Mutter gefickt hätte.
Anschließend hat er behauptet, ich wäre auch mindestens so notgeil und ist rückwärts vom Stuhl gekippt, denn das war meines Wissens nach der Moment, in dem das Heroin angefangen hatte, seinen Schädel von innen zu vergewaltigen. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, muss ich ihm jetzt fast Recht geben, dem alten Hurensohn.
Allein die Tatsache, dass ich hier gerade neben einer abartig hässlichen Fotze liege, die ich gestern Abend noch für halbwegs fickbares Material hielt, zeigt doch, dass ich mich in diesem Moment nicht mehr so wirklich unter Kontrolle hab. Oh, verdammte Kacke, die Selbstzweck setzen wieder ein, das Heroin lässt nach, der Hit wird zum Down und ich bekomme Paink.
Ich bin nur solange geil, wie ich voll bin. Voll wie eine verfickte Haubitze und ich sprech garantiert nicht bloß von Alkohol. Dem Scheißdreck hab ich längst abgeschworen, der macht mich immer so schwermütig und nostalgisch, während das Heroin mich zum König meiner kleinen Nadelwelt macht. Das ist es auch, was mich bei ihm hält.
Wahrscheinlich ist meine längste Beziehung wirklich die zum Heroin und ich fände es nicht einmal zum Fürchten oder gar traurig. Man könnte glauben und irgendeine Scheiße reden, von wegen, ich wäre einsam und deprimiert, aber eigentlich bin ich ziemlich glücklich. Jedenfalls, solange ich etwas anderes in den Adern hab als verficktes Blut.
Fast könnte man denken, mein Lebenssaft fühlt sich allein in meinen Venen und ich bin der verschissene Wirt für einen Parasiten, der mir all das gibt, was mir bis jetzt von jeder Frau verwehrt würde. Ich könnte jede Schlampe dieser Welt vögeln, könnte ich rein theoretisch wirklich, denn ich bin unwiderstehlich, und trotzdem würde mich nichts so unverschämt glücklich machen, wie ein ordentlicher Hit von der Pestkönigin.
Verdammt, ich liebe diese Frau. Im platonischen Sinne natürlich, ich will unsere Beziehung auf einem geschäftlichen Level halten, es würde mich auch in Verlegenheit bringen, den anderen Arschlöchern ständig erzählen zu müssen, dass ich mein Zeug umsonst bekomme, weil ich die Pestkönigin genagelt hab. Als Person hätte ich damit kein Problem, aber es wäre irgendwie peinlich.
Dass ich allerdings auch kein Problem damit hab, alles und verfickt nochmal jeden zu nehmen, knallt mir das Weib zu meiner Linken vor den Latz. Mit angeekeltem Gesicht steig ich aus dem Bett und suche den Raum oberflächlich nach meiner Hose ab, denn die vermisse ich ganz plötzlich. In der Gegenwart dieser alten Schachtel kann ich gar nicht genug Kleidung am Leib tragen.
Was ist eigentlich passiert? Ich versuche, den letzten Abend in meinem pochenden scheiß Schädel zu rekonstruieren, doch meine Erinnerung endet jäh dort, wo ich mir den Arm abbinde und die Schlampe angrinse. Von da an seh ich gar nichts mehr. Panter im Tunnel. Schwärze. Nichts. Verfickt nochmal nichts. Filmriss. Fuck.
In letzter Zeit übertreib ich wirklich oft und ich schaff es einfach nicht mehr, zu meinem alten Bedarf an Heroin zurückzukehren. Wahrscheinlich, weil das auch überhaupt nicht mehr reichen würde. Die Tage, an denen ich meine Dosis erhöhen muss, liegen immer und immer näher beieinander und die, an denen die Menge der letzten Woche reicht, bleiben öfter aus.
Ich denke, das sollte mir vielleicht auf irgendeine Art und Weise Angst machen und mich dazu bringen, auf meinem entzündeten Zahnfleisch zur nächsten, verfickten Entzugsklinik zu kriechen. Seltsam, dass es das nicht tut, wahrscheinlich bin ich selbst für die Verhältnisse eines Junkies noch zu abgefuckt.
Das kann eigentlich gut sein, ich war schließlich schon immer ein Kind der Extreme und ich hab mich noch nie dafür interessiert, dass irgendetwas verboten oder anscheinend schlecht für mich sein sollte. Wenn ich es wollte, tat ich es und ich scherte mich einen feuchten Scheißdreck um die Meinung der anderen. So kam es auch, dass ich in der neunten Klasse meine Deutschlehrerin auf dem Pult fickte.
Ich weiß noch, wie ich das in der ganzen, verkackten Schule erzählt hab und für ein paar Monate der verfickte Held dieser einfältigen Arschgesichter war. Alle fanden die Deutschlehrerin Frau Krämer scharf und sie zauberte den ein oder anderen Ständer in die ausgebeulten Jogginghosen meiner Mitschüler, doch einzig und allein ich hab sie geknallt. Vielleicht bin ich noch heute stolz darauf, vielleicht auch nicht, wer weiß das schon?
Verdammt, ich weiß es, denn ich liebe mich selbst. Kann es sein, dass das Heroin immer noch in meinen Adern zirkuliert? Normalerweise würde ich mich selbst hassen und mich fragen, ob ich so ein riesiges Problem mit mir selbst hab, dass ich es mit ständig wechselnden Partnerinnen zu kompensieren versuche, aber jetzt gerade muss ich zugeben, dass ich recht zufrieden mit mir selbst bin.
»Die ganze Welt dreht sich um mich, denn ich bin nur ein Egoist. Der Mensch, der mir am nächsten ist«
Sing ich ganz leise und denk überhaupt nicht daran, dass ich in Wahrheit nur ein trauriges, kleines Arschloch bin, das vollkommen allein in einer ranzigen Bude wohnt, während Dimmu verheiratet, Pin Pin sogar Vater und Charlie mit seinem neuen Geschlecht glücklich ist. Nur Øyriøn steht in der ungeschriebenen Hierarchie der Verlierer unter mir.
»Ganz oben auf der Liste, ja, da stehe ich. Du musst mir schon verzeihen, aber ich liebe mich«
Sing ich fröhlich weiter und greife nach meiner Jeans, aus der noch das Feuerzeug hängt, mit dem ich mir gestern Abend wahrscheinlich einen zu großen Schuss aufgekocht hab. Irgendwie mag ich Falco und seine Musik. Vielleicht, weil er genau so ein abgefuckter Hund war, wie ich jetzt einer bin. Unter Umständen bin ich seine Reinkarnation, wir sind ja beide ähnlich phantastisch.
»Ich will niemanden wollen, nein, ich will, dass man mich will«
Jawohl, ich hab ein paar Zeilen übersprungen, aber wenn ich ehrlich bin, fallen mir die anderen auch gerade gar nicht mehr ein. Zufrieden schlüpfe ich in mein Shirt, das irgendwie unangenehm riecht, vielleicht nach Schweiß. Ob ich es mal wieder in die Waschmaschine werfen sollte? Wahrscheinlich schon, aber funktioniert das verfickte Scheißteil überhaupt noch? Wie lange war ich eigentlich nicht mehr arbeiten?
Unabhängig davon, ob mein rückgratloser Bastard von einem Chef mich vermisst, beschließe ich, mich spätestens nächste Woche wieder im Büro blicken zu lassen. Das Geld wird nämlich langsam aber sicher knapp und ich will nicht so ein verschissen armer Schlucker werden, wie Charlie einer ist. Was für ein genialer Wortwitz mir eingefallen ist, denn Charlie steht irgendwie auf alles, was bei Drei nicht auf dem Baum sitzt.
Als er noch eine Frau war, hab ich öfter mal mit dem Gedanken gespielt, ihn zu ficken. Oder sie, damals hieß er ja noch Charlotte. Ich hab nie erfahren, warum er sich hat umwandeln lassen, aber eigentlich stört es mich auch nicht, weil wir zwei nur oberflächliche Junkiefreunde sind, die sich zusammen einen Schuss aufkochen und miteinander das ewige High suchen.
Es fuchst mich bloß dann und wann, dass ich ihn nicht gefickt hab, als er noch eine Frau war, denn ehrlich gesagt fand ich ihn früher sogar ziemlich hübsch. Vielleicht wäre daraus auch was Ernstes geworden, denn wir haben uns relativ gut verstanden. Charlotte war nicht dumm, aber Charlie ist erbärmlich und bemitleidenswert.
Wie er in seiner vergammelten Ranzbude über dem mit Asbest verseuchten Imbiss vor sich hin schimmelt und sich nur noch dann sehen lässt, wenn all sein Zeug weggedrückt ist. Eigentlich hat er kein wirkliches Sozialleben mehr und das ist schade, weil ich ihn gern öfter sehen würde. Mit ihm ist es irgendwie dasselbe Prinzip wie mit Øyriøn. Ich höre beiden gern zu und fühl mich dann ein bisschen weniger scheiße neben ihnen.
Ich weiß, ich bin ein verficktes Arschloch, aber anders hält man es scheiß Neukölln nicht aus. Man braucht eine sprichwörtliche Hornhaut im Hirn, damit man nicht lebendig gefressen wird und Øyriøn wird wahrscheinlich schon wieder hochgewürgt und nochmal gefressen, weil er einfach immer zu nett zu jedem ist. Irgendwie bin ich gerade froh, dass mir das nicht passieren kann und wecke die Schlampe auf, die mein Bett belagert, denn sie soll endlich verschwinden.
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