Kapitel 11
hopetime gewidmet
Es ist Nacht in Panem. Das Trainingscenter liegt in tiefe Dunkelheit gehüllt da und seine Insassen scheinen alle tief und fest zu schlafen, mit den Ereignissen dieses Abends im Hinterkopf und einem Lächeln auf dem Gesicht. Alle außer eine. Mit einem Seufzen drehe ich mich auf den Rücken und lausche in die Dunkelheit. Wie nicht anders zu erwarten, wird die Stille höchstens ab und zu von einem Donner des nächtlichen Gewitters unterbrochen. In der Hoffnung so endlich Schlaf zu finden, schließe ich erwartungsvoll meine Augen und lasse den heutigen Abend noch einmal im Revue passieren. Um 20 Uhr wurden die Punktzahlen ausgestrahlt. Eine Stunde danach habe ich mich unter dem Vorwand müde zu sein in mein Zimmer zurückgezogen und in mein Bett verkrochen. Weitere 60 Minuten später sind meine Tränen langsam versiegt und um 23 Uhr ist der Lärm aus dem Hauptraum unseres Appartements allmählich verklungen und hat dem zufriedenen Schnarchen von einem meiner Teammitglieder platz gemacht. Gegen Mitternacht fing dann der Sturm an und mit ihm das Gewitter. Nun ist es 0:44 und ich liege hier allein in der Dunkelheit und versuche zumindest noch ein wenig zu schlafen. Fast schon wünsche ich mir, dass das unglaubliche Entsetzen und die Trauer von eben zurückkommen, denn jedes schmerzhafte ziehen in meiner Brust ist besser, als die geisterhafte Leere, die inzwischen Besitz von mir ergriffen hat. Von meinen eigenen Gedanken geschockt, drehe ich mich auf die Seite, ziehe mir die Bettdecke über den Kopf und gestatte mir für einen kurzen Moment an Zuhause zu denken. Wie es meiner Mutter wohl geht? Wartet sie darauf, mich endlich wiederzusehen? Glaubt sie überhaupt noch an ein Wiedersehen? Vor meinem inneren Auge kann ich sie genau vor mir sehen, verzweifelt vor dem Fernsehr sitzend, alleine in einem Haus, in dem ursprünglich einmal vier Personen gelebt haben... Stopp! Ruckartig öffne ich die Augen und schlage die Bettdecke zurück. Ich muss endlich aufhören, darüber nachzudenken! Darauf fixiert, all meine sehnsüchtigen Gedanken auszublenden, schwinge ich die Beine aus dem Bett und beginne im Raum auf und ab zu tiegern, bis mein Blick schließlich an meinem regennassen Fenster hängen bleibt. Wann war ich eigentlich zuletzt draußen? Ich kann kaum glauben, dass mein letzter Kontakt mit der Frischluft bereits drei Tage her ist. Gibt es denn überhaupt keine Möglichkeit, dass Trainingscenter auch nur für kurze Zeit zu verlassen? Fieberhaft versuche ich, mich an Saphiras Begrüßungsrede zu erinnern. Ein paar Worte zu unserer großen Küche kommen mir in den Sinn, eine Schwärmerei zu unserem Esszimmer und.... die Erzählung von einem Dachgarten. Und auf einmal ist mir klar, was ich mit dem Rest dieser Nacht anfangen werde.
Auf leisen Sohlen verlasse ich mein Zimmer und schleiche an den restlichen Räumen vorbei, bis ich schließlich vor dem Aufzug stehe. Ein letztes Mal hole ich entschlossen Luft, dann ziehe ich mir meine Weste enger um die Schultern und drücke auf den Knopf. Fast sofort öffnen sich die Aufzugtüren und mein Blick fällt sofort auf die Knöpfe mit den Nummern der Distrikte, die mir von seiner Wand entgegen leuchten. Tatsächlich befindet sich darüber noch ein weiterer Knopf, welchen ich ohne zu zögern betätige. Nach einer kurzen Fahrt mit dem Aufzug trete ich auch schon hinaus in die kühle Nachtluft und blicke mich vorerst zögernd um, doch schließlich breite ich die Arme aus und wende meinen Blick gen Himmel. Bereits nach wenigen Sekunden klebt meine Kleidung klitschnass an meinem Körper und ich habe unzählige Regentropfen in den Haaren, doch in diesem Moment wäre es mir wahrscheinlich selbst nicht aufgefallen, wenn mein Nachthemd in Flammen stünde. Fröhlich wie ein kleines Kind beginne ich mich langsam um die eigene Achse zu drehen, bevor ich ein erschöpftes Keuchen ausstoße, gefolgt von einem lauten Jauchzer. Bestimmt sehe ich dabei total lächerlich aus, doch diesen kleinen Moment der Freiheit lasse ich mir von keinem Menschen auf dieser Welt nehmen.
"Auf, auf! Heute ist ein großer Tag!", ich stöhne und ziehe mir die Bettdecke über den Kopf, als Saphiras Standard-Weckruf mich aus dem Schlaf reißt. Als sie dann jedoch anfängt, energisch an meine Zimmertür zu klopfen, raffe ich mich auf und beginne mit meiner Morgenroutine. Nachdem mein Gesicht gewaschen und meine immer noch feuchte Kleidung gegen ein schlichtes, weißes Kleid und eine schwarze Strickjacke eingetauscht ist, unterteile ich noch schnell meine Haare in zwei Zöpfe, die mir locker über die Schultern fallen und betrete schließlich den Frühstücksraum. Dort sitzt Hale ganz allein am Tisch und beißt seelenruhig von einem leicht grünlich wirkenden Brötchen ab, doch als er mich sieht, legt er sein Frühstück auf den Teller und kommt lächelnd auf mich zu. "Wie du bereits weißt finden heute Abend die Interviews statt", begrüßt er mich und weist fröhlich auf die Tür zu unserem Wohnzimmer, "Und es wird meine Aufgabe sein, dich darauf vorzubereiten." Schnell schnappe ich mir noch eines der dunklen Fladenbrote aus Distrikt 11, dann folge ich ihm in den Raum und lasse mich auf einem der Sofas nieder. "Ich habe mir bereits einige Gedanken gemacht, wie wir dich präsentieren könnten", eröffnet er das Geschspräch. Ich antworte ihm durch ein kurzes nicken, woraufhin er tief Luft holt und beginnt seine Taktik zu erläutern: "Wie du eventuell selbst schon bemerkt hast, hast du bis jetzt ein gewisses Aufsehen erregt. Erst eure Kostüme bei der Eröffnungsfeier und nun auch noch die 7 als Punktzahl, so etwas bleibt beim Publikum nun einmal nicht unbemerkt. Natürlich macht so etwas die Sponsoren auf dich aufmerksam, doch leider bemerken dich somit auch die Karrieros und dies führt bei vielen Tributen in den direkten Tod. Und deshalb", er wirft mir einen kurzen Blick zu, "Schlage ich vor, dass wir dich als ein kleines, zerbrechliches Mädchen darstellen". Ich erstarre. Diese Taktik hat bis jetzt noch nie jemand bei den Interviews verwendet! Und gerade dass macht sie so genial! "Einverstanden!", meine ich mit einem verschwörerischen Zwinkern in seine Richtung.
"Hallo Sky!", begrüßt mich Mo, während er, mit dem Rücken zu mir stehend, an irgendeinem Gegenstand, der auf dem Tisch liegt, rumbastelt. "Hey", antworte ich und blicke an meinem frisch enthaarten Körper hinab, der in eine Art Kittel gehüllt in der Tür zu einem Raum steht, welcher offensichtlich das Schlafzimmer von Mo ist. Dieser hat sich inzwischen von seinen Entwürfen abgewendet und lächelt mir schief zu, "Du kennst die Prozedur ja bereits". Ich nicke und schließe gehorsam meine Augen. Während des wartens gehe ich die letzten paar Stunden noch einmal in meinem Kopf durch. Erst die Besprechung mit Hale. Danach Etikette-Unterricht mit Saphira und zu guter Letzt noch die Enthaarung meines Körpers durch mein Vorbereitungsteam. Unglaublich, wie schnell sie nachwachsen, diese Haare. "Fertig!", ruft Mo und ich höre, wie er ein paar Schritte zurücktritt. Erwartungsvoll schlage ich die Augen auf und erstarre, als ich mich selbst im Spiegel erkenne. Die Person, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt, ist in einen Traum aus den verschiedensten Blau- und Violetttönen gehüllt (siehe oben^^) und hat die Haare zu einem Dutt hinaufgesteckt, der durch ein silberfarbendes Haarband in seiner Position gehallten wird. Zwei Strähnen haben sich aus dem Dutt gelöst, die Mo anscheinend mithilfe eines Lockenwicklers gewellt hat. Außerdem hat die Person hellblauen Lidschatten und Wimperntusche aufgetragen, die ihr immer noch blasses Gesicht förmlich zum leuchten bringen. Das einzige, was darauf hin weißt, dass diese Person einst die kleine, unscheinbare Sky Byrd war, ist eine silberfarbende Kette in Form eines Schmetterlinges, die ihr nach wie vor um den Hals baumelt. "Oh Mo", flüstere ich, immer noch ungläubig, dass diese Person wirklich ich sein soll, "Das ist das schönste Kleid das ich je in meinem Leben gesehen habe".
Mit meinem neuen Aussehen fühle ich mich so zufrieden, dass ich schwungvoll die Tür zu Mos Zimmer öffne und förmlich zum Aufzug schwebe. Der Rest meines Teams wartet bereits dort auf uns und entgegen all meiner Vorsätze Will betreffend, kann ich nicht anders als erneut die Augen aufzureißen und ihn staunend zu bewundern. Er steckt in einem in warmen Gelb gehaltenen Anzug, seine braunen Haare sind jedoch genau so verwuschelt wie immer, was seinem sonst so strengen Outfit eine lässige Note verleiht. An seinem Handgelenk steckt zudem eine goldene Uhr, von der ich vermute, dass sie extra zu diesem Zweck angefertigt wurde. Nachdem wir beiden uns gegenseitig ausgiebig gemustert haben, steigen er, Saphira und ich gemeinsam in den Aufzug und die anderen Winken uns noch, bis sich die Türen des Aufzuges schließen, als würden wir für zwei ganze Jahre fort sein und nicht nur für zwei Stunden. Unten angekommen lässt auch Saphira uns schließlich allein, den restlichen Weg schaffen wir alleine. Schweigend gehen wir nebeneinander her, bis wir schließlich kurz vor dem Raum stehen, in dem wir auf unsere Interviews warten. Auf einmal ringt er sich ein "Viel Glück" herraus, dann verschwindet er im Tumult und lässt mich nun volkommen alleine zurück. Ungläubig starre ich ihm nach, da höre ich auf einmal, wie Caeser das Mädchen aus Distrikt 1 aufruft. Gespannt wende ich mich dem Bildschirm zu. Interview für Interview rast an mir vorbei und im Nachhinein kann ich mich nur noch an einige der herrausstechendsten Tribute erinnern. Kala aus Distrikt 2 ist eine eiskalte Tötungsmaschine. Der Junge aus 5 hält eine Rede für seine Freundin daheim. Besonders gut hängen geblieben ist mir jedoch das Mädchen aus 8: Caesers Fragen hat sie immer nur ausweichend beantwortet und obwohl alles an ihr mir zu sagen scheint, dass sie ein durch und durch gewöhnlicher Tribut ist, kann ich meiner eigenen Institution keinen Glauben schenken. Ich bin gerade am überlegen, was es mit diesem Mädchen wohl auf sich hat, da ertönt Caesers Stimme erneut: "Und nun heißen sie mit mir herzlich Sky Byrd aus Distrikt 11 Wilkommen!". Ich setze mein strahlendstes Lächeln auf und schiebe mich an den verbleibenden Tributen vorbei, hinaus in den Lärm, denn all die Menschen veranstalten, die mindestens 23 von uns Tod sehen wollen.
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Hallo ihr Lesesüchtigen!
Ihr glaubt mir gar nicht, wie gut es doch tut, diese Worte mal wieder unter ein vollendetes Kapitel zu schreiben! Ich möchte mich wirklich herzlich dafür entschuldigen, dass so ewig lange kein Kapitel mehr herrauskam, aber ich litt an der wohl schlimmsten Schreibblockade, die diese Welt je gesehen hat. Aber die Hauptsache ist ja, dass es überhaupt weiter geht und außerdem dürfte inzwischen ja sowieso jeder von euch bemerkt haben, dass dieses Buch komische Updates hat ;). Der eigentliche Grund warum ich jedoch schon wieder so eine ellenlange Author's note beginne, ist jedoch ein anderer: ich möchte euch allen ein herzliches Dankeschön für die inzwischen über 3, 5 Reads, die 442 Votes und all die lieben Kommentare aussprechen. Es ist schon komisch, wie erstaunt ich jedes einzelne Mal bin, wenn ich mir meine eigene Geschichte ansehe... Nun ja, ein Special ist bereits in Planung, kann jedoch noch ein wenig dauern, da mir leider momentan die Fakten ausgegangen sind :/. Argh!
So lang sollte diese Author's note jetzt auch wieder nicht werden!
Bleibt Lesesüchtig!
Euer Panemgirl_2003
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