Bin ich Verrückt?
Ich betrat das Esszimmer. Meine Haare immer noch in einem Handtuch eingeschlagen. Aus dem großen Schrank in meinem Zimmer hatte ich mir eine schwarze Jogginghose und einen dünnen, grünen Pulli ausgesucht.
Sie starren mich alle an. Mal wieder. Es ist in zwischen fast 12 Uhr. In einer halben Stunde müssen Johanna und Niklas bei der Bewertung antreten.
"Habe ich was im Gesicht?", stöhne ich leise und lass mich auf meinen Platz fallen. Ich mein hallo bin ich etwar eins dieser armen Tiere, die sie früher in Käfigen gehalten haben?
"Nein natürlich nicht, kleines. Möchtest du etwas trinken oder essen?", meint Finnick mit einem breiten Grinsen.
"Seit wann nennst du mich eigentlich so?", stell ich ihm die Gegenfrage zur Antwort.
"Tja seit mir klar geworden ist, dass du dickköpfiger als ein kleines Kind bist. Außerdem bist du fast zwei Köpfe kleiner als ich," lacht Finnick und zwinkert mir zu. Ich kann mich nicht beherrschen und Fall doch glatt vor Lachen vom Stuhl. Als ich mich immer noch kichernd wieder setze bemerke ich den entsetzen Ausdruck in Johannas Augen.
"Ist alles in Ordnung, Johanna?", frag ich sofort wieder ernst.
"Ich dachte eigentlich bist du doch ganz in Ordnung aber ich habe mich wohl geirrt. Ich mein vor nicht mal einer halben Stunde hast du eine Halle zusammen geschrien und jetzt tust du so als wüsstest du das nicht mal wissen. Machst Witze und lachst. Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank!", meint sie mit voller Überzeugung.
Es tut weh. Ja ich bin nicht mehr normal und ja ich erinnere mich wirklich nicht an vorhin aber das heißt nicht, dass ich verrückt bin. Mir laufen die Tränen über die Wangen.
"Genau das mein ich!," sagt Johanna leicht verächtlich, als sie meine Tränen sieht. Es ist zu viel. Ich spüre ein kribbeln in den Händen und weis das ich schnell weg muss. Also spring ich auf und laufe aus dem Raum. Beim Raus gehen höre ich Finnick. Erst ruft er mir was nach, aber ich versteh es nicht, und dann fährt er wohl wütend Johanna an.
Ich erreiche mein Zimmer, knall meine Tür zu und lass mich in eine Ecke am Fenster fallen. Meine Hände verkrampfen sich. Ich habe ein unerträgliches piepen in den Ohren. Um es aus zu blenden, presse ich mir die Hände auf die Ohren. Es hilft nicht wirklich. Ich kann nicht auf hören zu weinen und ich bebe am ganzen Körper wie Äste im Sturm.
Plötzlich legt sich ein Arm um meine Schultern. Eine Hand zieht vorsichtig eine meiner Hände vom Ohr.
"Hey ist doch alles gut. Dir kann nichts passieren. Du bist völlig in Ordnung," flüstert mir eine vertraute Stimme ins Ohr.
Ich verstehe zwar nicht was sie sagt aber ich entspann mich ein wenig. Finnick dreht meinen Kopf und sieht mich an. Ich könnte mich stundenlang in diesen grün-grauen Augen verlieren. Er lächelt und zieht auch die andere Hand herunter, welche ich immer noch aufs Ohr drücke.
"Ist es jetzt besser?", fragt er leise.
Ich nicke einfach nur. Ich zittre immer noch aber es ist besser, denn jetzt bin ich nicht mehr allein. Finnick zieht mich Ansicht und ich drück mich noch mehr an ihn.
"Sie sind jetzt unten. Ich habe Johanna etwas dazu gesagt. Wie kann sie es wegen dir so weh zu tun? Ich verstehe das nicht. Sie sollte mehr Respekt vor dir haben," murmelt er in mein Handtuch.
Ich musste schmunzeln.
"Warum sollte sie mehr Respekt haben? Sie ist nur ein Jahr jünger als ich. Und sie hat ja auch recht," nuschle ich in sein Hemd.
Finnick drückt mich von sich weg und sieht mich an.
"Du lebst verflucht und sie könnte sterben. Sie weis nicht wie schlimm eine Nacht sein kann. Es ist ihr nicht bewusst, wie viel es kostet einen anderen Menschen zu töten. Sie kennt die Albträume nicht. Johanna sollte allein deswegen, weil du auch das überlebst, mehr Respekt zeigen. Mir gegen über tut sie das ja auch ob wohl ich genau so verkorkst bin," meint Finnick mit Nachdruck.
"Du bist nicht verkorkst. Du kommst damit klar, ich nicht. Ich glaube nicht das du es bist," flüstere ich und sehe weg. Warum zur Hölle glaubt er so was überhaupt? Ich meine er ist ganz normal. Er wacht nicht jede Nacht schreiend auf oder bricht zusammen und erinnert sich nicht mal dran.
"Annie, ich bin verkorkst. Ich habe zwei Menschen, die wehrlos waren, getötet. Ich wache jede Nacht auf und sehe sie an meinem Bett stehen. So als würden sie auf mich warten. Ich nehme mein Essen immer selbst aus Angst, dass jemand was da runter gemischt hat. Mags ist, neben dir jetzt, die einzige mit der ich offen rede. Selbst meine Eltern seh ich nur noch selten," erklärt er mit leiser Stimme.
Ich sehe ihn wieder in die Augen und bin erstaunt zu sehen das sie feucht sind. Finnick blinzelt, aber es hilft wohl nicht. Eine Träne läuft ihm die Wange herunter. Ohne darüber nach zu denken, wische ich sie weg. Als ich dies mache kribbelt alles. Was ist nur los mit mir? Immer öfter passiert mir das. Wenn er mich ansieht oder mich in den Arm nimmt.
"Danke," flüstert Finnick und zieht mich wieder an sich.
Dabei rutscht mir das Handtuch vom Kopf und meine feuchten Haare fallen mir ins Gesicht. Finnicks weißes Hemd wurde durch die Feuchtigkeit durchsichtig. Ich versuche nicht hin zu sehen. Er hat wirklich einen sehr gut trainierten Körper.
"Ich sollte mir die Haare föhnen und du dir ein anderes Hemd anziehen, bevor wir noch krank werden," flüstere ich.
Finnick grinst mich an und meint: "Ich kann auch einfach das Hemd ausziehen und deine Haare sind jetzt eh so gut wie trocken."
Ich glaub eine Tomate wäre mal wieder blass gegen mich. Finnick scheint das nicht auf zu fallen und zog sich einfach das Hemd aus. Ich stand der Zeit auf und kämmte mir die Haare. Ich schaute in den Spiegel und wahr froh zu sehen, dass ich wenigstens nicht mehr so gehetzt aus sehe.
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