Ruhe
Serena fühlte gleichzeitig endloses Glück und größte Verzweiflung. Sie hatte geahnt, was ihr Gesang provozieren würde. Hatte sich gewünscht, dass genau das passieren würde und sich genauso für diesen Wunsch gehasst.
Ihre Stimme versagt, als Tristan ihr mit seinem Kuss den Atem nahm. Sein nackter Körper presste sich an ihren, seine Lippen saugten begierig an den ihren. Er hatte sich in ihrem Gesang verloren, war wie hypnotisiert. Nur Serenas steter Flossenschlag hielt sie über Wasser. Seine aufopferungsvolle Zuneigung legte seine Seele offen für sie da, streckte sie ihr auf einem silbernen Teller entgegen. Die Gier, danach zu greifen, wurde nahezu übermächtig, konkurrierte mit dem tiefen Wunsch, ihn nicht zu verlieren. Abrupt zog sie sich zurück, ehe ihr Instinkt überhand über ihr Handeln nahm.
Sie sahen einander in den Augen. Ein Ausdruck von Überraschung gepaart mit einem verschmitzten Lächeln lag auf seinen Lippen. Der Abend war über sie hereingebrochen, das Wasser kühlte langsam ab, doch für Serena schien es zu kochen.
Er räusperte sich, kratzte sich an der Schläfe und sagte: „So ist das also."
Serena sah zur Seite. Befreit vom Bann ihres Gesangs war er wieder der Alte. Er mochte sie attraktiv finden, aber niemals lieben. „Ja, so ist das." Ein intensiver Geruch trat ihr in die Nase und als sie zur Seite sah, bemerkte sie, dass der Fisch zum Qualmen begonnen hatte. „Unser Essen!"
Tristan folgte ihrem Blick und hastete aus dem Wasser. Auf dem Weg bedeckte er sich notdürftig mit seinen Kleidern, die er aufgelesen hatte.
Der Anblick löste den Knoten in ihrer Seele und ließ sie heiter auflachen. Für den Moment war das Leben für sie erträglich. Sie tauchte den Kopf unter und gönnte sich einen langen, kühlen Atemzug. Das Wasser hier war warm genug, um nicht zu frieren. Es fühlte sich fast an wie Menschsein, wenn sie hier ihre Runden zog. Und Tristans Gegenwart sog langsam den eisigen Stachel der Einsamkeit aus ihrer Seele.
Er hatte das Feuer erreicht, zog die Spieße eilends aus dem Boden und legte sie auf einem der Blätter ab, die sie für gewöhnlich als Trinkschale benutzte.
Sie verließ das Wasser. Kaum berührte sie den Boden, kam er zu ihr und trug sie zurück zum Feuer. Seine Berührung ließ sie erröten. Sie klammerte sich an seinen Rücken, hoffte, dass dieser Kuss nicht das Ende bedeutete. Dass er erkannte, sich zukünftig von ihr fernhalten zu müssen, fürchtete, eine persönliche Grenze übertreten zu haben. Er schien nicht erpicht darüber zu reden, lenkte ab, indem er über den Fisch witzelte, dessen geschwärzte Kruste er abrieb, ehe er erst ihr den ersten reichte.
„Weißt du, was ich mich frage?", meine Tristan dann, nachdem sie sich beide sattgegessen hatten.
Serena rechnete mit einer Frage, die das eben Geschehene einbezog und schluckte. „Was denn?"
„Ihr Nixen seid doch alle Frauen, oder?"
Sie sah an sich hinab, über die zarten mit einem Schuppenbustier bedeckten Erhebungen bis hinab zu ihrem Fischschwanz, der nichts über ihr Geschlecht verriet. Eine klamme Furcht wuchs in ihr, dass er genau das ansprach. Dass er doch darüber nachgedacht hatte, ob sie beide als Paar leben könnten und bisher dieses unüberwindbare Hindernis übersehen hätte. Nicht, dass sie erwartete, dass sie ein Liebespaar würden. Doch sie wünschte sich, zumindest eine Weile davon träumen zu dürfen, die Nähe zu einem Mann auszukosten. Sie nickte schwächlich zu seiner Frage.
„Wie kommt ihr dann auf die Welt?"
Serena kicherte auf, erleichtert darüber, dass seine Gedanken bereits ganz woanders waren. „Wir schlüpfen aus Eiern."
Tristan kräuselte die Stirn. „Wie Hühner?"
Der Vergleich gefiel ihr nicht, doch sie bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. „Wenn du es so sehen willst."
Er leckte sich über die Lippen. „Aber auch hier ist für gewöhnlich ein Hahn vonnöten, um ..."
„Der Ozean selbst gebiert uns", sagte sie in einem Tonfall, der Endgültigkeit ausdrückte. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Mehr wusste sie selbst nicht.
„Und ihr wachst ganz allein auf?"
Serena schüttelte den Kopf. „Anfangs ja. Unsere ersten sieben Lebensjahre sind frei von Qualen. Wir frieren nicht, atmen das Wasser, als wären wir ganz normale Fische und lernen, uns im Ozean zu bewegen und zu orientieren. Ältere Nixen werden instinktiv immer wieder zu unserem Geburtsort geführt, wo sie sich unserer annehmen." Sie verschwieg, was sie ebenfalls von Geburt an jedes Jahr aufs Neue taten. Das Formen der Herzperlen war eine Fertigkeit, die sie von Geburt an besaßen und mit Vollendung des siebten Lebensjahres wieder verloren. Jede ihrer Perlen hatte sie in mühevoller Arbeit im Verlauf eines Jahres angefertigt. Das Ziehen in ihrem Körper, das sie aufforderte, eine weitere zu verbrauchen, wurde mit jedem Moment drängender. Sie wusste nicht genau, wie viele Tage ihr noch blieben. Zum Schluss würde sie so aufgeregt sein, dass ihre Gedanken um nichts anderes mehr kreisten. Aber würde Tristan sie für einen Tag freigeben, um dieser Notwendigkeit nachzugehen? Vertraute er ihr bereits so weit, dass er sie der See übergab in der Hoffnung, sie kehre zurück?
„Das muss wie ein Faustschlag ins Gesicht sein, wenn von einem auf den anderen Tag das Leben eine Qual wird."
„Wir vergleichen es gerne mit dem Beginn der Fraulichkeit eines Menschenmädchens, wenngleich unsere Wandlung um einiges schmerzhafter ist. Dafür dauert sie auch weniger lang an."
Er legte den Kopf schief. „Wie meinst du das?"
Sie kräuselte ihre Lippen, ärgerte sich darüber, zu viel gesagt zu haben. Nun musste sie entweder lügen oder ihm ein weiteres Geheimnis preisgeben, das einer ohnehin unmöglichen Liebe im Wege gestanden hätte. „Unsere Lebensspanne ist kurz im Vergleich zu den Menschen. Länger als vierzehn Jahre verweilt keine von uns auf Erden. Es sei denn, wir sterben vorher und werden wiedergeboren."
„Darf man fragen, wie alt du bist?"
Sie nickte tief und lächelte darüber, dass er es so gelassen hinnahm. „Zehn Zyklen, bald beginnt mein elfter."
Er zögerte mit der nächsten Frage. Serena sah ihm an, dass er mit sich rang, sie zu stellen, doch schließlich floss sie wie ein still dahinplätscherndes Bächlein über seine Lippen: „Freust du dich auf das Ende?"
Noch vor einigen Tagen hätte sie diese Frage ohne Umschweife mit Ja beantwortet. Jetzt erschien es ihr wie eine Beleidigung für die zarte Blume der Zuneigung, die ihre Beziehung zueinander hatte wachsen lassen. „Es bedeutet das Ende meines Leids."
Er nickte dazu nur, lehnte sich zurück und schaute in den Himmel. Dort oben zeigten sich bereits die ersten Sterne am dunkelnden Firmament. „Es heißt, manche Kapitäne fliegen so hoch, dass sie die Sterne selbst berühren", meine Tristan. Seine Stimme klang mit einem Mal so fern, als würde er selbst dort oben verweilen.
„Ein schöner Gedanke, umgeben von diesem funkelnden Lichtern zu sein."
„Ich denke, ich würde mich einsam fühlen, so weit weg von allem, was ich kenne."
„Das sagt ein Mann, der Kaufmann werden wollte und somit wohl ständig in der Ferne verweilt hätte", neckte sie ihn.
Er stocherte mit einem Stock im Feuer herum, um die Flammen noch einmal zum Auflodern zu bringen, doch sie flackerten nur unwillig. „Schätze, ich hole uns noch etwas Holz", sagte er, als ein stärkerer Windhauch die Bäume zum Rascheln brachte und feine Wassertropfen vom Wasserfall bis zu ihnen herüberwehten.
Serenas Blick ging hinüber zum Horizont, wo das ferne Licht der Sonne glutrot verging, umgeben von einer Vielzahl dunkler Wolken, die sich wie Berge auftürmten. „Es zieht Regen auf."
Ihre Voraussage erfüllte sich kurz darauf. Kaum verließ Tristan ihr Lager, frischte der Wind merklich auf. Sie rückte etwas vom Feuer ab, dessen Flammen gefährlich nach ihr züngelten und schlang die Arme um den Oberkörper. Die Mischung aus dem feurigen Schmerz vom Atmen an der Oberfläche und der beißenden Kälte des Winds schuf ein Crescendo des Leids in ihrem Inneren. Sie sah zur rettenden Wasseroberfläche. Das Wasser mochte abgekühlt sein, behielt aber eine stabile Temperatur. Doch sie wollte Tristan nicht allein bei einem Unwetter hier lassen. Sicher würde er es gutheißen, wenn sie sich im Wasser in Sicherheit brachte, derweil er das Feuer schürte. Doch für sie fühlte es sich unfair an, wenn sie im See das Unwetter geschützt verbrachte, derweil an ihm der Sturm zog und zerrte.
Ihr Begleiter kehrte zurück, als die ersten Tropfen auf den Boden prasselten. Getrieben vom Wind schafften sie es bis zu ihrem Unterstand, der nicht tief genug in den Felsen hineinreichte, um sich davor zu schützen.
Tristan legte eilig Holz nach. Die Tropfen prallten knisternd auf ihre einzige Wärmequelle. Der Himmel grollte. Das abendliche Rot verschwand, als hätte jemand einen Vorhang vor die Sonne gezogen. Alles wurde in ein diffuses Grau getaucht, nur durchbrochen von hellem, weißen Leuchten, wenn ein Blitz über den Himmel zuckte.
Instinktiv rutschte Serena näher an Tristan heran. Sie fürchtete Gewitter. Keine Nixe hielt sich über der Oberfläche auf, wenn es donnerte und blitzte. Sie wäre beinahe vor Angst gestorben, als sie Tristan aus dem Unwetter gerettet hatte.
„Sag bloß, du fürchtest dich vor ein wenig Donner?", stichelte er und kniff sie in die Seite.
Sie wollte ihm von einer Kindheitserinnerung erzählen, als sie das erste Mal ein Gewitter erlebt hatte, doch kaum öffnete sie den Mund, hielt sie inne. Es war, als hätte sich ein Schleier über die Erinnerung gelegt, der sie zu einem grotesken Bild verzerrte, das sie nicht mehr recht erkannte. Sie schüttelte den Kopf. „Ein wenig", sagte sie schließlich und zuckte zusammen, als ein Blitz vom Himmel raste und mit einem fürchterlichen Knall, der die Luft zu zerreißen schien, auf der Insel einschlug.
„Klingt nach mehr, als ein wenig." Er legte den Arm um sie.
Seine Körperwärme war ihr mehr als willkommen. Sie presste die Augen zu, summte sich selbst eine beruhigende Melodie und wollte damit das Unwetter übertönen.
Tristan sagte irgendetwas zu ihr, doch es wurde von einem Platzregen übertönt, der wütend auf die Oberfläche des Sees trommelte. Der Wind heulte furchterregend auf und peitschte ihnen die Wassermassen entgegen. Bald schon waren sie gänzlich durchnässt und das Feuer nur noch ein trostloser Hoffnungsfunken, der kaum Wärme abstrahlte.
Serena fror bitterlich und versuchte mit aller Kraft, das Zittern zu unterdrücken, doch scheiterte kläglich daran. Selbst ihre Zähne klapperten kurz darauf und das Verlangen, in den schützenden See zu tauchen, wurde übermächtig.
Tristan zog sie mit sich in den hintersten Winkel der Höhle, wo ein kleiner Vorsprung sie ein wenig vor dem Wind beschützte. Er öffnete sein Hemd und drückte Serena an seine nackte Brust, ehe er es um sie schloss. Seine Haut fühlte sich überraschend warm an. Serena wagte es erst nicht, zu atmen, glaubte, sie wäre in einem seltsamen Traum gefangen. Doch mit einem Mal war ihr die Kälte egal. Sie hatte weit schlimmere Schmerzen ertragen als die eisigen Stiche des Regens, das Krachen des Donners und den stürmischen Wind, der das letzte bisschen Wärme aus der Höhle sog.
Das alles verlor sich in der Bedeutungslosigkeit, als sie das Gefühl der Nähe zwischen ihnen spürte. Die Zuneigung, die nicht auf ihrem hypnotischen Gesang beruhte, sondern freiwillig gegeben wurde. Sie wünschte sich, die Nacht würde ewig andauern und sie könnte wachbleiben und sie mit vollen Zügen genießen. Doch irgendwann forderte die Erschöpfung des Tages ihren Tribut und sie schlief auf seinem Schoß ein.
Am nächsten Tag war der Sturm vergangen. Einzig umgefallene Bäume, Geäst, das überall verteilt lag und das wogende Gras, welches wirkte, als wäre ein übergroßer Kamm hindurchgefahren, zeugten von seiner Gewalt. Die Sonne erschien ihr am heutigen Tag viel schwächer, kämpfte gegen aufziehende Nebelschwaden und Morgentau an, doch brachte es vorerst nicht zustande, ihre frierenden Körper angemessen zu wärmen.
Tristan hatte sich bereits von ihr entfernt und den Versuch gestartet, ein Feuer zu entfachen. Doch schließlich gab er auf und kehrte zu ihr an die Höhlenwand zurück, rieb sich die Hände, um die Kälte daraus zu vertreiben. Sie umschloss die seinen mit ihren in der bangen Hoffnung, ihm ein wenig ihrer Wärme leihen zu können.
Er zuckte zusammen. „Du bist ja frostiger als ein Klumpen Eis", scherzte er, worauf sie ihre Hände bereits zurückziehen wollte. Doch er hielt sie zurück, umfasste sie und blies seinen wärmenden Atem hinein.
„Ich hoffe, es wird zu Mittag hin wärmer. Damit ich an dem Floß weiterarbeiten kann."
Serena sah zu Boden. Er hatte seine Pläne nicht vergessen, tat alles, um möglichst schnell hier wegzukommen. Was hatte sie auch anderes erwartet? Dass er es genoss, mit der Mörderin seines Freundes hier zu sein? Selbst wenn würden sie spätestens im Winter hier erfrieren ohne eine Behausung.
„Danke", hauchte sie und zog ihre Hände schließlich aus seinen.
„Es ist seltsam, dich frieren zu sehen", meinte er nachdenklich.
Serenas Körper verkrampfte sich. „Weil ich kein Mensch bin?"
Tristan wartete mit einer Antwort, musterte sie nachdenklich. „Zumindest nicht ganz." Sein Blick ruhte auf ihrem Fischschwanz, als bedauere er dessen Existenz.
Sie zog ihn zu sich heran. Es war ihr plötzlich richtiggehend peinlich, diese klobige Flosse zu besitzen.
„Ich hatte mir euch Nixen nie so verletzlich vorgestellt." Seine Stimme klang fern, als wäre er mit den Gedanken ganz woanders.
Serena wusste darauf nichts zu erwidern. Sie fuhr über das vielfarbige schimmernde Schuppenkleid ihres Schwanzes. Wenn die Sonne darauf schien, strahlte er wie blank poliertes Metall.
Tristan berührte ihn mit dem Finger. Es fühlte sich seltsam intim an und sie wollte zuerst zurückzucken, beherrschte sich aber und verharrte an Ort und Stelle. „Er ist sehr schön anzusehen, weißt du das?"
Sie schluckte. Die Kälte wich aus ihrem Gesicht und wurde von einer hitzigen Röte ersetzt. „Danke", nuschelte sie und wusste nicht recht, was sie darauf erwidern sollte. „Du hast auch ... schöne Beine", druckste sie herum.
Tristan sah sie mit erhobenen Brauen an, bis sich plötzlich seine Stirn kräuselte und er schallend lachte. „Sollte das gerade ein Kompliment sein?"
Serena war wie vom Donner gerührt. Ihre Bemerkung war ihr über alle Maßen peinlich und sie rutschte ein Stück von ihm weg. „Ich musste doch irgendetwas sagen!"
„Du hast noch nie davon gehört, dass Schweigen Gold ist, was?"
„Es wäre schön, wenn du jetzt schweigen könntest, du ... du ...!" Ihr fiel kein Wort ein, das sie ihm hätte an den Kopf werfen können.
Er rappelte sich auf und streckte sich. „Das dürfte mein Weckruf gewesen sein. Ich besorge uns etwas zum Essen, ehe wir uns noch die Augen auskratzen", sagte er und zwinkerte ihr linkisch zu.
Serena sah ihm mit einer Mischung aus Bedauern, Ärger und Belustigung nach. Sie hatte nie so vielfältig zugleich empfunden. Es verwirrte sie.
Kurz darauf kehrte er, beladen mit den exotischsten Früchten in den Armen, zurück. „Der Sturm hat einiges an Essen von den Bäumen geweht", meinte er frohlockend. „Ich bin gespannt, wie das schmeckt."
Sie teilten sich die Früchte, die teils einen herben, aromatischen Geschmack, teils so süßlich schmeckten, dass sie ständig Wasser trinken musste, um es auszuhalten.
Als endlich die Sonne am Horizont emporkletterte, legten sie sich vor die Höhle, um ihre nasse Haut zu trocknen. Tristan ging in regelmäßigen Abständen zum See, holte Wasser, um damit die ihre zu befeuchten. Sie genoss die Wärme, doch durfte nicht austrocknen. Jedes Mal, wenn er erneut aufstand, noch weit ehe sie es bedurfte, schenkte sie ihm ein dankbares Lächeln. Er kümmerte sich um sie in einer sorgenvollen Weise, wie sie es nie für möglich gehalten hätte.
Gegend Mittag wollte Tristan immer wieder aufbrechen, um das Floß zu bauen, doch er fühlte sich müde und zog es vor, ein Nickerchen zu machen. In der Zwischenzeit tauchte Serena in den See, wo sie einen selbstgebauten Speer lagerte, mit dem sie ihr Mittagessen fing.
Da Tristan auch Stunden später noch dösend in der Wiese lag, legte sie ihm den Fisch auf die Brust, worauf er erschrocken auffuhr. Serena lachte vor diebischer Freude über ihn, der er sich blinzelnd aus seinem Dämmerzustand kämpfte.
„Du!", fuhr er sie an und gab ihr einen freundschaftlichen Schutz, was darin mündete, dass sie sich wie Kinder in der Wiese balgten.
Er war ihr körperlich überlegen und fixierte sie am Boden. Ein ungewöhnliches Gefühl für Serena. Sie war es gewohnt, die Stärkere zu sein, die Männer wehrlos zu machen und in die Tiefe zu ziehen. Doch im Moment genoss sie es sogar, ihm unterlegen, seiner Gnade ausgeliefert zu sein. Angespannt presste sie die Lippen zusammen. Er sah ihr direkt in die Augen, starrte sie geradezu an und sie war sich sicher, dass er sie gleich küssen würde.
Doch stattdessen rollte er sich zur Seite und rieb sich den Bauch. „Ich habe einen Bärenhunger."
Eine Spur enttäuscht kräuselte sie die Lippen, doch hatte sich schnell im Griff und legte ein neckisches Grinsen auf. „Ich warte schon eine Ewigkeit darauf, dass du Feuer machst." Anklagend zeigte sie auf den Fisch, der in der Sonne zu verderben drehte.
„Es muss angenehm sein, eine solch passable Ausrede am Unterleib zu tragen", erwiderte er feixend.
„Vergiss bei deinen Überlegungen nicht, wer unser Mahl gefangen hat!"
Er verbeugte sich übertrieben. „Wie könnte ich die begnadete Fähigkeit meiner Freundin der Fischerin außer Acht lassen?"
„Spute dich, ehe ich hungrig werde", sagte sie mit einem spaßhaft grollenden Unterton in der Stimme.
Für einen Moment verblasste das Grinsen auf seinen Zügen, doch er hatte sich eilig wieder im Griff. „Ich höre und gehorche", sagte er kurz darauf und eilte in den Wald.
Serena schluckte und schalt sich für ihre Dummheit. Musste sie ihm immer wieder in Erinnerung rufen, was sie war und welche Gefahr sie potenziell für ihn darstellte? Sie sah ihm nachdenklich hinterher, auch dann noch, als er längst im Dickicht verschwunden war. Bald würde sie ihn über die Herzperlen aufklären müssen. Sie schürte die vage Hoffnung, dass er ihr Glauben schenken würde. Gleichzeitig fürchtete sie sich vor der Konsequenz, wenn dem nicht so wäre. Immerhin könnte er darin eine List sehen, ihr ganzes bisheriges Verhalten nur als Gehabe, um ihn in fälschlicher Sicherheit zu wiegen.
Nicht ins Meer zurückzukehren, würde ihren Tod bedeuten. Hinderte er sie daran, ließ er ihr keine Wahl, als ihn zu töten. Doch wäre sie dazu überhaupt in der Lage? Konnte sie sein Leben in Kauf nehmen, um das ihre zu retten?
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