8.
"Gut ich glaube euch", meinte ich schlicht und gab ihm die Hand, "Mein Name ist Mary"
"Mary also", murmelte er, "Ich werde jetzt versuchen euch das alles hier zu erklären"
Meine Augen weiteten sich.
Das habe ich nicht erwartet, aber jetzt bin ich gespannt.
"Also gut", verkündete ich schulterzuckend.
"Richard ist wie ich ja eben schon sagte der englische Thronfolger, er und wir, also ich meine ich und die anderen zwei Männer sind seine Freunde und befinden uns im Moment im Dienste des Königs", erklärte er, "Ich kann euch nicht sagen, was das für Dienste sind, aber es hat eigentlich nichts mit euch zu tun. Ihr könnt also beruhigt sein"
"Wieso habt ihr mich dann entführt?"
Francis sah mich lange an. Jetzt schien er wohl mit sich zu ringen.
"Er sammelt gerne Trophäen", antwortete er schlicht.
Es traf mich kurz wie ein fester Schlag ins Gesicht.
Ich bin nichts weiter als eine Trophäe. Nichts weiter. Nur ein Gegenstand, den man anderen präsentieren kann.
Noch immer fassungslos vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Francis strich mir sanft über die Schulter und flüsterte dann: "Ich werde euch helfen zu fliehen. Sobald wir das Festland erreichen, werde ich jemanden bezahlen, der euch wieder nach Frankreich bringt. Nach Hause"
Ich blickte wieder hoch und sah in unsicher an.
"Das meint ihr nicht ernst", behauptete ich.
"Es ist mein voller ernst", versicherte er mit einem sichergehenden Blick auf Richard.
"Wieso sollte ich euch glauben?", fragte ich verzweifelt.
"Habt etwas Vertrauen. Und hofft darauf, denn Hoffnung ist das einzige was uns Menschen in so welchen Situationen antreibt"
Ich musste lächeln.
"Seid ihr ein Philosoph?", fragte ich erheitert.
"Nein, aber wenn man jemanden wie Richard an seiner Seite hat und seinen Vater kennt, dann kann man schnell zu einem werden", erklärte er etwas abwesend.
"Wie meint ihr das? Ist der König von England etwa so philosophisch veranlagt?", kicherte ich weiter.
"Ihr müsst verstehen", und jetzt sah mich Francis sehr eindringlich an, "Nichts was ich euch erzähle dürftet ihr eigentlich wissen. Mit jedem Wort, dass ich zu euch sage, bewege ich mehr Richtung Galgen. Deswegen müsst ihr mir jetzt versprechen, dass ihr nichts davon Richard sagt. Ihr müsst unbedingt den Anschein wahren und so tun als wüsstet ihr das alles nicht"
Ich nickte und Francis packte mich an meiner Schulter.
"Nichts von alldem, dass ich euch jetzt erzählen werde, habt ihr je gehört"
Wieder stimmte ich ihm mit einem kurzen Nicken zu.
"Richard hat schon früh seine Mutter verloren", fing er seine Erzählung an, "Als sie starb, war er glaube ich erst dreizehn Winter alt. Jedenfalls übernahm, dann seine Amme weitestgehend seine Pflege, da sein Vater sich mit immer wechselnden Dirnen in seinem Schlafzimmer verschanzte. Richard durfte mit uns normalen Kindern spielen dabei entwickelte sich auch unsere Freundschaft..."
"Das heißt", unterbrach ich ihn, "Ihr seid gar kein Adeliger"
"Nein, meine Mutter war eine der Küchenmägde im Schloss", erklärte er lächelnd.
"Und der Rest? Ich meine die anderen Soldaten, falls ihr überhaupt alle Soldaten seid", murmelte ich.
"Also der Rest...damit meint ihr sicherlich Nicholas und Sebastian?", fragte er mich, was ich direkt mit einem nicken bestätigte, "Sind alle adeliger Herkunft und als Knappen in ungefähr demselben Alter...oder nein da vergingen noch vier Jahre an den Hof gekommen. Doch wie es der Zufall will, wurden wir vier alle schnell Freunde und der König erlaubte mir selbst ein Knappe einer seiner Soldaten zu werden"
"Das klingt sehr aufregend", bemerkte ich lächelnd, "Besonders, weil ihr in so einen hohen Stand gehoben wurdet"
"Das war es auch", lachte Francis und strich sich dabei seine Haare aus der Stirn, "Also dann fangen wir mal an...Nicholas, der Mann mit dem Zopf, ist Sohn eines sehr angesehenen englischen Herzogs. Er ist mit einer von Richards Cousinen verlobt: Jane. Natürlich war diese Verlobung schon seit ihrer Geburt bekannt gewesen, doch beide scheinen sich wirklich zu lieben"
"Seid Ihr auch verlobt?", fragte ich neugierig.
Er lachte.
"Nein, aber verheiratet meine Frau Alice soll nächsten Monat niederkommen"
"Wie schön", flüsterte ich leise während ich den schmerzlichen Verlust von Meredith runterschluckte. Die plötzliche Stille wurde von einem leisen Murmeln durchbrochen.
Richard! Er kam wieder zu Bewusstsein!
Wie von der Tarantel gestochen, sprang Francis auf und schaute zu ihm herüber.
"Ich muss jetzt gehen", flüsterte er, "Ich werde mir schon etwas einfallen lassen", waren die letzten Worte bevor er hinter der Tür verschwand.
Vorsichtig näherte ich mich dem Bett, auf welchem Richard lag und musterte ihn.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er wirklich der Sohn des englischen Königs ist und wirklich glauben, kann ich diese ganze Geschichte auch nicht.
Ich setzte mich an die Bettkante und musterte Richards Gesicht. Dunkle, dichte Augenbrauen und seine markanten Gesichtszüge, noch nie hatte ich so einen Mann gesehen. Neugierig strich ich mit meinem Zeigefinger über seine Augenbraue. Unglaublich wie dicht sie war. Ich konnte gar nicht weiter denken, denn sofort wurde ich auf das Bett gerissen und spürte wenige Sekunden später eine hohe Last auf mir. Ich hatte kurz aufgeschrien und meine Augen zusammen gekniffen, die ich jetzt langsam wieder öffnete.
Dabei schaute ich in die klaren Augen von Richard. Ohne, dass ich mich hätte weiter wehren können, neigte er sein Gesicht zu mir und legte schnell seine Lippen auf meine. Meine Augen weiteten sich erschrocken und ich versuchte mit aller Kraft ihn von mir zu stoßen, was mir auch mit sehr viel Mühe gelang. Mit einem lauten Knall landete ein noch vom Schlaf leicht benommener Richard auf dem harten Boden.
Urplötzlich richtete er sich wieder auf und musterte mich mit seinem finsteren Blick. Er näherte sich dem Bett, in einer Art, in der sich nur Raubtiere ihrer Beute nähern und schmiss sich mit aller Wucht auf mich.
"Was fällt euch ein", schrie ich laut und versuchte wieder um mich zu schlagen, "Lasst mich sofort los!", presste ich hervor.
"Was fällt euch ein?", brachte Richard mir aufbrausend entgegen.
Zwischen meinen Schlägen schaffte er es, wenn auch nur mühsam meine Handgelenke zu packen und sie über meinem Kopf zu verschränken. Seine blauen Augen funkelten mich finster an.
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