3.

Ich hatte ihr eins mit dem Knauf meines Schwertes übergezogen. Etwas traurig war das ganze schon. Schließlich hatte sie ein schönes Gesicht und auch so war sie alles andere als abstoßend.

Sie saß schlafend vor mir auf meinem Pferd. Sicherheitshalber hatte ich ihre Hände gefesselt und hielt sie mit einem Arm fest.

"Was hast du mit ihr vor?" , fragte mich Francis.

Er war ein stattlicher blonder Mann und einer meiner engsten Freunde.

"Wir nehmen sie mit" ,erwiderte ich wie selbstverständlich.

"Und was ist mit deinem Vater? Der König macht uns einen Kopf kürzer, wenn er erfährt was wir hier getan haben"

"Lass das meine Sorge sein", murmelte ich geistesabwesend.

Vater brauchte nur eine gute Geschichte. Ich wollte das Mädchen... Mary hieß sie, nicht alleine lassen. Außerdem hatte ihr Vater sie quasi an mich verkauft. Wir hatten gestern Abend wieder gespielt. Zwar würde Vater mich wirklich einen Kopf kürzer machen, wenn er erfuhr, dass ich wieder mal gespielt hatte, aber vielleicht konnte ich mir da auch eine gute Geschichte ausdenken.

Ihr Vater schuldete uns viel Geld. Vielleicht könnten wir ihn als Diener oder Sklaven gebrauchen, aber Mary...nein. Ich wollte sie für mich haben.

Geistesabwesend strich ich über ihre Wange. Sie hatte so eine weiche Haut.

"Wir sind bald da" ,rief Nicholas.

Er hatte braunes glattes Haar, dass er in einem Knoten zusammen trug. Wir alle waren am Hof meines Vaters zusammen aufgewachsen. Seitdem waren Nicholas, Francis und Sebastian meine besten Freunde.

"Wir müssen uns eine gute Geschichte für deinen Vater ausdenken", wiederholte Francis seine Bedenken.

"Ganz einfach", fing ich an, "Beide haben uns beklaut und da beide auch noch einen passablen Eindruck machen, haben wir sie als Diener mitgenommen"

"Passabler Eindruck?", fragte Sebastian spöttisch und zeigte auf Mary, "Die ist mehr als passabel, aber der", er zeigte auf den schnarchenden Vater, "ist vielleicht passabel, wenn er seinen Rausch ausgeschlafen hat und man beide Augen zudrückt"

"Na ja, bis England sollte er ja seinen Rausch ausgeschlafen haben", antwortete Nicholas schnippisch und zeigte hinter sein Pferd, an dem der Käfig mit dem Bauern befestigt war.

"Hoffen wir es doch!", ich schnaubte leicht, "Die Kleine kann einem einfach leid tun"

"Du sollst hier nicht den Heiligen spielen, Richard!", tadelte mich Francis verärgert, "Du findest sie anziehend das ist alles. Wir hätten sie ohne Probleme in ihrem Dorf lassen können, aber du denkst ja nur mit einem Körperteil"

Francis machte eine unterstreichende Geste.

"Ich spiele überhaupt nicht den Heiligen" , zischte ich mit zusammen gebissenen Zähnen.

"Mir tut das Ding wirklich leid", beendete Francis das Gespräch und ritt weiter nach vorne an die Spitze.

Hilfesuchend blickte ich zu Nicholas der fast gleichgültig die Schultern zuckte.

"Wir wissen wie du sonst mit den Mädchen umgehst, Rich"

Ich schüttelte wieder ungläubig den Kopf.

"Ihr stellt es gerade so dar als wäre ich mein Vater"

"Nein", schloss sich dann auch Sebastian an, "Aber du bist sein Sohn"

Schweigend ritten wir weiter durch den Wald. Es war nur noch das Zwitschern der Vögel und die knackenden Äste unter den Hufen der Pferde zuhören. 

War ich, denn wirklich wie mein Vater?

Als meine Mutter vor dreizehn Jahren gestorben war, hatte er sich vollkommen verändert. Seitdem hatte sich meine Amme Flora um mich und meine zwei Brüder George und Henry gekümmert. Mein Vater hatte sich währenddessen mit einer seiner Huren in seinem Schlafzimmer verschanzt und war nur heraus gekommen um kurz mit seinen Beratern über den Stand der Dinge zu plauschen. Ich war froh, dass Flora in der Zeit bei uns war. Für mich war sie jetzt mehr eine Mutter gewesen als meine leibliche Mutter. 

Was sollte ich nur mit diesem Dorfmädchen anfangen? Mir ging es nicht um irgendwelche Überlegenheiten und auch nicht vorrangig darum sie in mein Schlafgemach nach England zu locken sondern endlich das Geheimnis zu lüften. Doch dieses, das wusste ich zu diesem Zeitpunkt, aber noch nicht, würde noch eine gute Zeit dauern.


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