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In dieser Nacht träumte ich schlecht.
Wir Halbgötter hatten nie normale Träume. Es waren entweder Albträume, Visionen oder Stücke unserer Vergangenheit, die uns Nachts heimsuchten.
Einen angenehmen oder ruhigen Traum hatten wir so gut wie nie. Nachdem wir uns Tagsüber meist mit grässlichen Dingen rumschlagen mussten, wäre ein bisschen Abwechslung nicht schlecht gewesen.
Ich träumte von Luke. Der Traum begann eigentlich ganz schön. Wir standen auf einem im griechischen Baustil gehaltenen Balkon, küssten uns und entschuldigten uns für all die Dinge, die wir uns auf der Andromeda vorgeworfen hatten.
Dann änderte sich die Lage und ein verzerrter, schwarzer Schatten mit glühenden roten Augen trat an ihn heran.
Der Schatten flüsterte meinem Freund etwas ins Ohr und sofort veränderte Luke's Miene sich. Er ließ von mir ab und lächelte gehässig.
In seinen Augen lag soviel Hass. Die ganze Umgebung begann, sich zu verändern. Alles wurde dunkler, selbst der strahlend weiße Marmorboden war jetzt dunkelgrau und der Mond war verschwunden.
Ich hörte, wie hinter mir etwas auftauchte und spürte einen Atem im Nacken, hatte aber zu große Angst mich umzudrehen.
Luke's strahlend blaue Augen waren plötzlich golden. Nicht die Art von schönem, glänzenden gold, sondern dunkles, kaltes gold.
Luke drängte mich immer näher zum Abgrund. Ich spürte das kalte Geländer in meinem Rücken, und wusste, dass ich in der Falle saß.
Dann fiel ich und wachte schwer atmend wieder auf.
,,Bei allen Göttern, warum müssen wir immer so kranke Träume haben?", murmelte ich genervt.
Ich nahm meinen Bogen und den Köcher und trat hinter den Büschen hervor, um der Straße zu folgen.
Merkwürdigerweise wusste ich sofort, in welche Richtung ich gehen musste, um irgendwann in Washington anzukommen.
Hoffentlich hatte ich Recht, aber wenn man den Gott der Weissagungen als Dad hat, hat man schon solche Gefühle, auf die man hören sollte.
Nach einem langen Fußmarsch, in dem ich alles und jeden verfluchte, hatte ich endlich das Schild erreicht, das mir die Grenze zu Washington bekannt gab.
Nun stand ich vor einem Problem: Wo sollte ich mit der Suche nach Percy und seinen Freunden anfangen?
Seufzend ging ich erst Mal ins Stadtzentrum hinein und suchte irgendeinen Hinweis darauf, wo die Halbblute sich befinden konnten.
Auf einer Parkbank nahm ich Platz und sah mir die Umgebung genauer an. Wo konnte Jackson sich bloß aufhalten?
Es gab nur eine Möglichkeit, das rauszufinden und ich hoffte, dass das Ganze klappte, denn ich war besser im Flüche aussprechen, als in die Zukunft zu blicken.
Seufzend schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf Percy. Ich wollte nur seinen nächsten Aufenthaltsort wissen. Nicht, was zum Beispiel in zwei Jahren mit ihm passieren würde, denn es war nie gut, soetwas zu wissen.
Bilder schossen mir durch den Kopf. Zuerst sah ich gar nichts außer einen Farbschleier. Dann klärte sich meine Sicht und ich nahm einen Ausstellungsraum wahr.
Es sah aus wie ein Museum, nur welches? Kurz konnte ich einen Schriftzug sehen. 'Smith', war alles was ich lesen konnte. Eine krakelige Sonne gab mir den entscheidenden Hinweis.
Natürlich! Er war im Smithsonian Museum. Nur in welchem der elf?
Ich konzentrierte mich wieder auf Percy selbst und sortierte die Bilder, die mir nicht helfen konnten, sofort aus. Dann grinste ich. Percy stand auf der Tragfläche eines Flugzeuges, das Schwert kampfbereit erhoben. Jackpot.
Er war im National Space Museum. Beziehungsweise würde er in geraumer Zeit dort auftauchen.
Ich ging einfach den Schildern nach und als ich am Museum ankam, bemerkte ich erst gar nichts außer den vielen Touristen.
Dann aber sah ich einen schwarzhaarigen Jungen mit einem knallorangen T-Shirt in der Menge, der den Inhalt seiner Hosentasche fest umschloss. Percy.
Diese T-Shirts waren wohl doch zu etwas gut.
Er sah sich immer wieder um, ubd als er sich sicher war, dass niemandens Augen auf ihn lagen, setzte er sich eine Yankees Kappe auf den Kopf.
Annabeth's Yankees Kappe, stellte ich sofort fest.
Sofort wurde er unsichtbar und ich rannte zu der Stelle, an der er vor kurzer Zeit noch gestanden hatte. Meinen Bogen und Köcher brachte ich mit einem Handwinken und nachgezeichnetem Symbol zum verschwinden. Mein weißes Kleid, dass ich seit der 'Andromeda' trug, war nicht gerade hilfreich im unentdeckt bleiben, aber ich hatte keine andere Option.
Weiter vorne sah ich, wie Touristen sich verwirrt umdrehten, da sie angerempelt wurden.
Na, viel Übung mit dem unauffälligen Verhalten hatte er ja nicht gerade. Und das war wichtig, besonders wenn man gerade unsichtbar war.
Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm in die Halle zu folgen.
Schnell hielt ich die Tür auf, als Percy reinschlüpfte, schloss sie aber sofort wieder, nachdem ich die Meute darin sah.
Das konnten nur Luke und seine verdammte Armee sein. Er war hier, was bedeutete, ich würde ihn womöglich wiedersehen.
Ich musste also von vorne reingehen oder man würde mich sofort entdecken.
In der Hoffnung, dort wären Fenster, ging ich die riesige Treppe nach oben.
Und tatsächlich, da war ein Fenster in einer Nische, gerade noch klein genug, um unauffällig für die Armee dort unten zu sein.
Hoffte ich jedenfalls.
Als ich in die prall gefüllte Halle rüber sah, seufzte ich schwer und schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen.
Direkt mir gegenüber stützte Luke Castellan sich lässig an einem Geländer ab, war umgeben von schwer bewaffneten Dracaenae, grässlichen Schlangenfrauen, und sah aus, als wäre er der geborene Anführer.
Er wirkte stark, aber bei genauerem Hinsehen bemerkete man die Augenringe, die eingefallenen Wangen und den leicht hinkenden Gang, den er vorführte, als er hin und her wanderte. Die Narbe auf seiner Wange, die von einem Drachen aus einer missglückten Mission stammte, war von einem schmerzhaften rot, so, als hätte er sie vor kurzer Zeit wieder aufgerissen.
Er wirkte erschöpft.
Ich ließ meinen Blick über die Halle schweifen und stockte.
Der Anblick der sich mir bot war krank, denn gerade stiegen Skellette aus der Erde.
Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. Wieso waren das kleine Kätzchen?
Dann durchquerte jemand die Halle. Ein Mann in Uniform.
Und wieso zum Hades waren da soviele Menschen? Und mit Menschen meinte ich, nun ja, verdammte Menschen. Sterbliche, nicht von Göttern abstammende Menschen, die hiermit rein gar nichts zu tun hatten und deshalb schnellstmöglich um ihr Leben laufen sollten.
Ich schüttelte den Kopf. Luke hatte ihnen warscheinlich sehr viel Geld angeboten.
Der Soldat in Uniform kam zurück und nach kurzer Zeit kamen weitere Skelette aus der Erde.
Diesmal waren es Skelett-Krieger aus allen verschiedenen Epochen. Manche trugen römische Rüstungen, andere waren von der US-Army und wieder andere sahen aus wie gefallene Griechen.
Würde Percy entdeckt werden konnte er den gefallenen Griechen Gesellschaft leisten, denn man würde ihn ohne zu zögern umbringen.
Und, natürlich, wurde der Idiot entdeckt.
Was sonst. Augenrollend ließ ich meine Waffen wieder erscheinen, nahm meinen Bogen zur Hand und schoss mehrere Pfeile aufeinmal auf die Meute. Dass ich das Fenster mit meinem Ellenbogen brach, nachdem ich ihn so gut es ging mit einem Stoffetzen abgedeckt hatte, hörten sie bei dem Lärm, den sie veranstalteten, nicht. Bis auf einen.
Luke. Geradewegs starrte er mich an und ihm blieb der Mund offen stehen. Ich verengte die Augen zu Schlitzen und konzentrierte mich wieder darauf, Percy's Arsch zu retten, denn ohne ihn würden wir hier nicht mehr wegkommen.
Luke drehte sich ruckartig, dennoch gewohnt elegant, um und ging den Gang entlang. Anfangs dachte ich, er würde verschwinden, aber als ich ihn meinen Namen sagen hörte, war ich überrascht. Zitternd ließ ich den Bogen samt Pfeil sinken, hielt die Sehne aber immer noch fest.
,,Was, du hast keine Angst vor mir?", fragte er bitter.
,,Ich liebe dich Luke. Ich werde nie Angst vor dir haben", sagte ich und drehte mich wieder um.
,,Was willst du hier, Rory?"
Kurz zuckte ich zusammen. Der Spitzname bewirkte, dass ich mein Ziel verfehlte, und die Dracaena nur an der Schulter erwischte, was eigentlich nicht sein konnte. Ich war ein Kind des Apollos, wir trafen immer.
,,Siehst du doch. Ich rette Percy's Arsch."
,,Und danach?"
Seit wann war Luke so eine Nervensäge?
,,Und danach reiße ich dir deinen Arsch auf.", sagte ich zuckersüß und feuerte meine Pfeile ab. Percy gelang es, aus der Halle zu fliehen.
Zufrieden verstaute ich meinen Bogen wieder.
,,Also. Bist du endlich bereit, deine Schreckensherrschaft aufzugeben und wieder mit mir zu kommen?"
,,Ich kann nicht, Rory. Du weißt, dass niema-"
,,Jeder würde dir verzeihen. Luke, du warst mal der Goldjunge des Camps."
Er ging auf mich zu. ,,Die Betonung liegt auf war. Sieh dir Jackson an. Jetzt ist er der Goldjunge des Camps. Bejubelt und gefeiert von jedem, während ich nichtmal noch erwähnt werden kann, ohne dass man mich Verräter nennt."
Ich trat einen Schritt zurück. ,,Ich hätte verhindern sollen, was aus dir-"
Luke unterbrach mich, indem er einen großen Schritt nach vorne machte, die Hände auf meine Wangen legte und mich einfach küsste.
Die Gefühle, die mich überkamen, brachten mich schließlich zum Weinen. Schluchzend löste ich mich von ihm. Er vergrub seinen Kopf in meiner Schulter. ,,Ich weiß, dass ich das nicht vorschlagen muss, aber du könntest mit mir kommen. Du bist eine mutige Kämpferin. Du bist meine mutigr Kriegerin. Ich will nicht, dass dir was zustößt." Er griff nach meiner Hand.
Tief atmete ich durch und drückte seine Hand. ,,Du hast damals auf mich aufgepasst. Jetzt werde ich dasselbe für dich tun."
,,Ich liebe dich, vergiss das nie." Er legte seine Stirn leicht an meine und nun war ich es, die die Hände an seine Wangen legte. Er hielt meine Hände dort fest.
Ich suchte nach seinem Blick ubd als ich ihn fand, erschrack mich der Ausdruck in seinen Augen. Sie waren so stumpf, so müde.
Er war nicht nur erschöpft. Er war müde vom Leben.
,,Ich liebe dich Luke. Egal was passiert. Ich werde dich zurückholen", flüsterte ich und umarmte ihn fest und hielt inne. Er war nurnoch Haut und Knochen. Luke war schon immer dünn und muskulös gewesen,doch es wirkte, als hätte er noch zehn Kilo abgenommen. Fast hatte ich Angst, dass er unter der Umarmung zerbrach.
Dann ging ich einige Schritte zurück. ,,Ich schätze, Jackson braucht Hilfe", sagte ich und deutete mit dem Daumen nach drüben, wo man durch das Fenster einen Kampf sah.
Luke schüttelte lächelnd den Kopf. Auch ihm standen Tränen in den Augen. ,,Du bist wirklich eine mutige Halbgöttin und mehr als nur stark. Und es tut mir leid, wie das alles geendet hat. Ich dachte, ich würde dich niewieder sehen. Ich dachte, du würdest mich niewieder sehen wollen."
Luke sprach offensichtlich von unseren Auseinandersetzungen auf der Andromeda. Davon, was wir uns gegenseitig alles an den Kopf geworfen hatten und die Worte, die ich schließlich gesagt hatte, bevor ich ging.
Halbherzig lächelte ich und ging an ihm vorbei. ,,Wir werden uns nie verlieren. Du wirst dich nie verlieren. Dafür sorge ich."
,,Warte."
Damit küsste Luke mich erneut. Automatisch schlang ich die Arme um seinen Hals. ,,Wenn ich das nächste Mal auf dich warte, möchte ich nicht hören, dass dir etwas passiert ist. Ich schicke dir eine Iris Botschaft. Egal wo du bist", flüsterte er und ließ langsam meine Hand los.
Während ich zum anderen Gebäude rüberrannte, versuchte ich, mich zu beruhigen. Die anderen brauchten mich jetzt, ich durfte nicht zulassen, dass meine Gefühle meine Sinne vernebelten.
Im Naturkundemuseum angekommen, schlich ich mich die Galerie hoch und nahm meinen Bogen zur Hand.
Die Lage schien aussichtslos, wie so oft auch sonst.
Percy befand sich wie in meiner Vorraussagung auf der Tragfläche eines Flugzeuges und sprang gefolgt von einem nemeischen Löwen auf das nächste Ausstellungsstück, während zwei Jägerinnen mit Pfeilen um sich schossen. Geduckt ging ich umher, bis ich hinter einem Raumschiff Deckung fand und dann auf den Bauch und die Flanken des Löwen feuerte.
,,Bianca, zielt auf die Augen!", schrie Percy und schwenkte sein Schwert. Dann änderte er seine Meinung und schrie:,,Doch auf den Mund!"
Pfeile jagten an Percy vorbei, aber nicht meine, denn ich schoss präziser und die hier, nun, verfehlten ihr Ziel kläglich.
Jackson und der Löwe rutschten auf einen Globus und fielen beide runter.
Ein schwarzhaariges Mädchen kam in mein Blickfeld, sie stürzte von einem Geländer in die Tiefe und versuchte nach etwas zu greifen, woran sie sich festhalten konnte.
Zwei Jägerinnen standen mit erhobenen Bögen da und umkreisten den Löwen, aber schossen nicht.
,,Kein sauberer Schuss, der muss sein Maul weiter aufmachen.", schrie Zoë Nachtschatten.
Natürlich traf ich sie hier. Das würde eine Menge Ärger geben.
Die Schwarzhaarige kletterte runter und richtete sich wieder auf, um dann den Löwen abzulenken, während Percy auf den Souvenierladen zulief. Ich ging in eine andere Position und schoss ihm in die Nase. Er heulte auf und Percy schrie:,, Guter Schuss!" Schnell duckte ich mich wieder.
Das Mädchen wurde vom Löwen gepackt und gegen eine Rakete geworfen. Reglos rutschte sie zu Boden und blieb liegen. Percy schmiss dem Löwen Essen ins Maul, und ich griff nach zwei Pfeilen.
Als der Löwe Percy anbrüllte, schoss ich sie beide und versteckte mich dann wieder hinter dem Geländer. Der nemeische Löwe rührte sich nicht mehr. Geduckt ging ich hinter einem Austellungsstück in Deckung.
,,Gut gemacht Zoë!", lobte Percy.
,,Ich war das nicht", sagte diese und sah die andere Jägerin an. ,,Ich auch nicht", gab sie zurück.
Verdammt, ich war aufgeflogen. Percy zückte Anaklysmos wieder. ,,Komm raus!"
,,Komm raus? Nicht gerade sehr angsteinflößend, oder?", rief ich und sprang elegant vom Geländer runter.
,,Aurora Archer?" Percy ließ das Schwert sinken.
,,Hallo, Percy."
Die Schwarzhaarige verengte die Augen und ich erkannte Thalia, die Tochter des Zeus, in ihr. ,,Das ist unmöglich Aurora. Sie würde Luke nicht verraten. Lasst euch nicht täuschen."
Seufzend ging ich auf die anderen zu. ,,Ich bin gerade zu Fuß bis nach Washington gewandert, um euch euren Hintern zu retten. Ich habe Percy zur Flucht vor den Skelletten geholfen und jetzt den Löwen getötet. Aber hey, seid ruhig weiter misstrauisch, ein ''Vielen Dank'' wird überbewertet", meinte ich und verdrehte die Augen.
,,Zeig mir deinen Bogen", forderte Thalia mich auf. Ohne Widerrede gab ich ihn ihr.
Sie nickte. ,,Aurora in griechisch. Der könnte allerdings gestohlen sein. Welche Farbe hatte mein Oberteil, nachdem wir Kleidung gestohlen hatten?"
,,Quietschpink. Du hast es gehasst."
Thalia grinste. ,,Sie ist es."
,,Ich hab dich vermisst", gab ich zu und fand mich in einer Umarmung wieder.
Ihr nach so vielen Jahren wieder gegenüber zu stehen war unglaublich. Ich hatte durch Luke mitbekommen, dass Thalia nun die Gesellschaft der Bäume verlassen hatte.
,,Du bist mit Luke aus dem Camp abgehauen. Was also willst du jetzt hier?", fragte Jackson, mehr als nur misstrauisch.
,,Ich hab's dort nicht mehr ausgehalten. Ich dachte, ich könnte Luke wieder auf die richtige Spur bringen, aber bis jetzt habe ich es noch nicht geschafft."
,,Das wirst du nicht schaffen. Nicht mal du", sagte Grover Underwood, der mich bis jetzt nur stumm angestarrt hatte. In seinen Augen lag misstrauen, was mich mehr verletzte, als erwartet.
,,Luke liebt mich. Wenn ihm jemand helfen kann, dann ich", gab ich trotzig zurück.
Damit nahm ich meinen Bogen wieder an mich und ging raus. ,,Was ist, kommt ihr?", rief ich der Gruppe zu.
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[2503 Wörter]
{Aktualisiert am 14. 10. 18]
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