Auf der Veranda - Teil 1
Kapitel 39
Shiny
"Komm da runter!" befahl Matthew-Konstantin William stimmgewaltig zu dem kleinen Menschenmädchen, dass gerade vor dem Haus seines Onkels, dem Alpha, auf einen Baum geklettert war. Carly hatte wohl genug von Mat und seinen jüngeren Artgenossen, wobei vor allem die jüngeren sehr aktiv immer wieder um das gesamte Haus wetzten. Ständig wechselten die Welpen zwischen ihrer Wolfsgestalt und ihrer menschlichen hin und her, um sich gegenseitig einzuholen, etwas zuzurufen oder Schabernack zu treiben. Doch Carly hatte von der Aufregung um sich herum, scheinbar genug.
Sie war erst klein, fand es aber dennoch etwas befremdlich, nicht nur von der ständigen Nacktheit konfrontiert zu werden, sondern auch mit der Lautstärke, dem Aktivitätsdrang und der doch sehr rauen Art, mit der die Welpen miteinander spielten. Carly war eher ein stilles Mädchen, das es als Einzelkind gewohnt, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Doch seit die beste Freundin ihrer Mutter, Laura, mit dem Alpha des Balckwater-Rudels verheiratet wahr wurden, hatte sie mehr Spielkameraden als sie je gebrauchen könnte, wenn sie einmal den Nachmittag verbringen musste.
Normalerweise kann sie auch gut damit zurecht, zumindest hatte Laura Shiny das vorhin gesagt. Carly war clever und durchsetzungsstark, schien aber schnell genervt zu sein. Besonders vor einem bestimmten Wolfswelpen.
Mat wuselte bereits seit Stunden um sie herum, seit das Mädchen von ihrer Mutter zu Laura zum Spielen gebracht worden war.
Nun saßen Shiny und Laura auf der Terrasse, aßen Gebäck und tranken Limonade, während sie den Kindern beim Toben zusahen.
Doch das Verhältnis zwischen Mat und Carly war für Shiny definitiv am spannendsten zu beobachten.
Carly sah von ihrem Buch auf und von ihrem Ast herab, auf dem sie sich geflüchtet hatte und strafte Mat mit einem finsteren Blick.
"Lass mich in Ruhe!", rief sie herunter, aber Mats bereits sehr dominanter Wolf mochte es gar nicht, wenn man ihm widersprach. Insbesondere wenn es jemand tat, der jünger und schwächer war als er selbst.
"Du fällst runter!", meinte er und weckte mit diesen Worten auch Shinys Beschützerinstinkt. Moonshines Wölfin spitzte die Ohren und betrachtete den großen, dicken Ast, der eigentlich nicht besonders weit über den Boden hing. Könnte Carly dort herunterfallen? Klar. Aber würde sie sich ernsthaft verletzen? Unwahrscheinlich. Aber was wusste sie schon, welchem Gefahrenpotenzial, ein Menschenkind bei dieser Höhe ausgesetzt war.
"Sie würde sich nicht sehr verletzen, wenn sie da runterfällt, oder?" fragte Shiny, an Laura gewandt, die neben ihr in einem Schaukelstuhl saß und gerade breit lächelnd zwei anderen Wölfen beim Raufen zugesehen hatte. Laura sah zu Carly und schüttelte den Kopf.
"Nein nicht sehr. Sie sitzt dort immer, wenn sie genug von dem Gewusel um sie herum hat. Es ist der einzige Ort an dem Mat nicht heranzukommen scheint", erklärte Laura und Shiny lächelte nickend.
"Wölfe mögen es nicht zu klettern, wir können es zwar, aber es entspricht nicht unserem Instinkt und wir fühlen uns unwohl in Höhen. Mat wird noch ein paar Jahre brauchen um sich gegen diesen Instinkt erfolgreich zu Wehr zu setzen."
Laura nickte und streichelte sich einmal über den immer noch flachen Bauch, während sie sich scheinbar überlegte welchen Stückkuchen sie als nächstes verputzte. Shiny hatte für sie eine Auswahl mitgebracht. Das mindeste, was sie hatte tun können, nachdem sie und Jason den gesamten letzten Tag und diesen Morgen im Bett verbracht hatten und Konstantin und Laura quasi alleine gelassen hatten.
Während Konstantin und Jason in der Hütte des Alphas Pläne schmiedeten, hatte sich Shiny entschlossen hier bei Laura zu bleiben, die ihrer liebsten Beschäftigung nachging: Kinder hüten. Sie war tatsächlich die geborene Erzieherin, wenn sie dieser Aufgabe sogar nach der Arbeit nachkam. Die Mütter und Väter des Rudels spürten das ebenfalls und ließen ihre Brut gerne bei Laura, kamen manchmal selbst um zu helfen oder sich mit der Luna des Alphas zu unterhalten. In der Gemeinschaft war Laura jetzt bereits nach wenigen Monaten die erste Anlaufstelle, wenn es um Probleme mit dem Nachwuchs ging. Sie war beliebt und hatte immer ein offenes Ohr. Laura war perfekt für das Rudel.
"Komm doch rauf!", entgegnete Carly den ungeduldigen Wolf unter sich und lächelte dabei wissend. Dieses kleine Menschenkind reizte den Wolf gerne und erstaunlicherweise schien dieser sich auch verflucht leicht von ihr reizen zu lassen.
Mat hatte sogar eine Hose an, weil er wusste, dass Carly sich noch nicht an das ständige Blankziehen gewöhnt hatte.
Und zu Shinys allergrößten erstaunen, ergriff Mat tatsächlich der Äste und wollte sich den Stamm hinaufziehen. Doch dann schlug der Instinkt zu und er ließ sich sofort wieder frustriert fallen. Ein Knurren entkam seiner Kehle. Eines, das Shiny ihm nicht durchgehen lassen würde.
"Mat!" rief Shiny ihn ermahnen zu. Er musste lernen seine Wolf unter Kontrolle zu behalten, gerade Menschen gegenüber, die das Knurren eher als Drohung einstufen.
Sofort verstummte das Knurren und der Welpe sah über die Schulter zu Shiny hinüber, bevor er wieder zu Carly hochblickte.
"Wow, ich muss ihn immer mehrmals ermahnen bis er gehorcht, bei dir spurt er aber sofort", meinte Laura.. Shiny zuckte mit den Schultern.
"Es ist die Alpha-Aura, die gibt mir einen unfairen Vorteil bei so etwas, aber das pädagogische überlasse ich dann doch lieber dir, schimpfen bringt leider nur kurzfristig etwas. Er hat wirklich einen Narren an ihr gefressen, Mat meine ich.", ging Shiny sofort wieder zu dem für sie interessanten Teil über. Sich für die Dynamik innerhalb des Rudels Gedanken zu machen, gehörte bei ihr ständig mit dazu. Laura lachte und griff nach einem Muffin, bevor sie überschwänglich nickte.
"Oh ja, Konstantin beobachtete das auch sehr fasziniert. Er sagt, dass das nicht normal ist. Der Wolf sollte sich irgendwann desinteressiert abwenden, weil er nicht die Aufmerksamkeit von ihr erhält, die er will. Aber er tut es scheinbar nicht." meinte sie und just in dem Moment wo sie das sagte, steckte Mat Carly von unten die Zunge heraus und wandte sich von dem Mädchen ab.
Doch kaum war er einen Schritt weit entfernt, legte Carly das Buch beiseite.
"Was bekomme ich, wenn ich runterkomme?" meinte sie verhandlungsbereit und sofort war Mats Wolf wieder vollends interessiert und die Diskussion zwischen den Kindern ging weiter.
Shiny lachte.
"Tja sie scheint ein Händchen dafür zu haben, sein Interesse aufrechtzuerhalten." meinte sie und lauschte den beiden weiter.
"Ich verwandle mich und du darfst mich streicheln", bot Mat ihr an und Shiny hob eine Augenbraue.
Ja, Wölfe mochten es auch in ihrer Wolfsform gestreichelt zu werden, aber bei weitem nicht vom jedem. Vor allem nicht bei Menschen, die in ihnen dann ein Haustier sehen würden. Es war tatsächlich ein großes Zugeständnis, das Mat ihr da anbot.
"Warum will er das eigentlich immer? Dass sie herunterkommt, meine ich. Ich verstehe es nicht wirklich." fragte Laura und Shiny erklärte es fast automatisch.
"Der Wolf ist dominant und er mag sie. Das führt einerseits dazu, dass ihm tatsächlich nicht wohl bei dem Gedanken ist, dass sie herunterfallen könnte und andererseits will er sie quasi 'erreichbar' wissen. Verstehst du was ich meine?" fragte Shiny und Laura kaute eine Weile, sah nachdenklich aus und nickte dann.
"Auch am Bauch?" fragte Carly mit verschränkten Armen und Mat konnte sich ein wieder ein frustriertes Knurren nicht verkneifen, stoppte aber selbst mittendrin, ohne dass man ihn ermahnen musste.
"Ich bin doch kein Hund!" schnappte er zurück, aber Carly zuckte mit den Schultern.
"Mit Bauch oder ich bleibe oben!", meinte sie stur und Shiny spürte regelrecht wie Mats Wolf sich einerseits nicht so beschämen lassen wollte, aber dieser Bedingung dennoch als so gerechtfertigt zu empfinden schien, sofern sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen bekam..
"Okay!", stieß er leise aus und während Carly glücklich herunterkletterte, verwandelte sich Mat in seinen Wolf und ließ sich auf der kleinen Wiese von Carly das Fell durcheinander bringen.
Shiny zog fasziniert eine Augenbraue zusammen. Die beiden waren wirklich unfassbar niedlich zusammen und sie konnte nur hoffen, dass sich diese Freundschaft auch in den nächsten Jahren bestehen bleiben würde.
............................&................................&................
Stalking auf Instagram:
www.instagram.com/mrsjacquelynemiller
Bücher auf Amazon:
www.amazon.de/Jacquelyne-Miller/e/B09WZ8CWHN/ref=dp_byline_cont_pop_ebooks_1
Unterstützung meiner Arbeit bei Patreon (externer Link unten neben das Voten Symbol):
www.patreon.com/MrsJacquelyneMiller
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top