Kapitel 4 - „Ware für die Anstalt"
„Anlieferung öffnet.", ertönte es ein zweites Mal. Vorsichtig schaute Max um den Baum auf die Straße. Dort hatte sich nichts verändert. Ein weiteres Mal kam diese laute weibliche Stimme auf, die wieder dasselbe ansagte.
Max schaute die Straße entlang auf die andere Seite, wo aber niemand zu entdecken war. In der Ferne konnte er zwei weiße Lichter erkennen, die wie von einem Fahrzeug wirkten. Max verzog sein Gesicht und ging in Gedanken. Nein, es konnte heute keine Anlieferung sein. Waren kommen immer am Ende der Woche. Heute war erst Mittwoch und sonst kommen nie an diesem Tag Waren. Wobei Max sich nicht sicher war. Er war noch nie an einem Mittwoch an der Bärenhöhle. Vielleicht war heute sein Glückstag, und er konnte doch noch etwas zum Essen bekommen. Hinter sich hörte Max das Summen mehrerer Drohnen. Sie flogen nach vorne auf die Straße und bildeten einen Kreis. Sie ließen zur Seite der Tore eine Öffnung und zur gegenüberliegenden Seite, wo nach wenigen Sekunden bereits ein großer Transporter hielt.
„Anlieferung starten.", ertönte wieder die weibliche Stimme aus den Lautsprechern überall. Die Drohnen bekamen alle blaues Licht und das mittlere Tor der Lagerhalle öffnete sich. Max bewegte sich zur Sicherheit etwas weiter nach hinten. Die Drohnen waren dichter als sonst und noch nie hatte er hier so eine Aufstellung gesehen. Aus dem Tor kamen einige Männer und Frauen auf den Transporter zu. Aus diesem stieg ebenfalls ein Mann aus. Sie sprachen über irgendetwas, das Max nicht verstehen konnte, da das Summen der Drohnen zu laut war. Nach einigen Momenten, in denen nichts passierte öffnete einer der Männer die aus dem Lager kamen den Transporter. Er schrie irgendwas von „Bewegt euch!" und „Jetzt los, Beeilung." Anfangs war Max verwundert und konnte das hier gar nicht richtig zuordnen, doch als er auf dem Rücken von einer der Frauen dieses Symbol sah, wusste er, was hier los war.
Eine Taube mit einer Rose im Schnabel umgeben von einem Ring, der oben eine kleine Öffnung hat. Es war das Zeichen der Anstalt. Was Max dabei so kränkte und innerlich vor Wut aufkochen ließ war die Hilflosigkeit in der sich die Menschen dort befanden. Eine Reihe von Jugendlichen stieg aus dem Transporter und bewegten sich in Reih und Glied in Richtung Tor. Ungefähr fünfzehn müssten es sein, dachte Max. Sie gingen langsam in einer Reihe auf das Tor zu. Jeder ihrer Schritte wurde durch die Anwesenden kontrolliert.
Dies hielt aber einen nicht ab. Ein Junge, vielleicht nicht älter als Max jetzt war, sprang aus der Reihe und rannte an die linke Seite des Kreises aus Drohnen. Zwischen zwei durch, versuchte er trotz der Fußfesseln den Waldrand zu erreichen. Mit einem lauten Geräusch und der Max bereits bekannten weiblichen Stimme tönte ein „stehen bleiben". Der Junge jedoch versuchte weiter zu rennen. Eine Drohne drehte sich um und zeigte mit ihrer in der Mitte befestigten Waffe auf ihn. Der Knall war kaum zu überhören und vor Angst kniff Max die Augen zusammen.
Er versuchte seinen unruhigen Atem zu entspannen. Langsam öffnete er seine Augen und schaute auf den Ort, wo der Junge bis eben noch rannte. Er lag mit dem Gesicht auf den Boden. In seinem Rücken steckte ein spitzer Pfeil, der ein kleines grünes blinkendes Licht von sich gab.
„Weitergehen!", schrie plötzlich die Frau und die Jugendlichen lösten sich aus ihrer Schreckstarre. Ein Mädchen fing an zu weinen, wurde aber von einem anderen weitergezerrt, um weiterem Ärger aus dem Weg zu gehen. In Max wuchs wieder die Wut über dieses unmenschliche Verhalten.
Die Anstalt war nicht nur das Schlimmste, sondern das einzige, was diese Welt kaputt machte. So sah es Max und sicherlich auch alle Jugendlichen die dort grade langliefen. Langsam bewegte Max sich zurück in den Wald und suchte sich einen anderen Weg als sonst um zu seinem Lager zu gelangen.
Die Anstalt wurde den Menschen im inneren Stadtkreis als schöne Idee verkauft. Die Reichen aus dem inneren Kreis dürfen dort Kinder „adoptieren" und mit in ihre Familien aufnehmen. Meist sind dies Kinder, die ihre Eltern verloren haben, oder ohne Eltern aufwachsen würden. Doch eigentlich ist das nur Handel. Die Anstalt bekommt viel Geld von den Familien die dort Kinder „adoptieren" und besser behandelt werden sie dadurch auch nicht.
Sie werden als Trophäen gehalten und müssen einfach die gesamte Dreckarbeit machen. Sie sind die Diener dieser Reichen und dafür werden sie in der Anstalt auch ausgebildet. Jeder weiß das, und die aus dem äußeren Kreis versuchen ihre Kinder davon fern zu halten. Doch bei Max lief das nicht wie geplant. Seine Oma wollte ihn nicht haben und hatte ihn daher an die Anstalt übergeben. Als „Danke" für die großen Aufwände die die Anstalt leistet und für ihre Arbeit mit der sie die Welt verbessert. Sie verbessert gar nichts in Max' Augen. Sie bringt Kindern bei, wie sie sich gegenüber den Reichen zu verhalten haben.
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