Von tiefstem Herzen
Als Noctus an diesem Morgen erwachte, fühlte er sich seltsam. Körperlich ging es ihm nicht schlechter als in den letzten Tagen schon, sein Magen knurrte immer noch und trotz seines Pelzes zitterte er ob der beißenden Kälte. Doch irgendetwas war anders. Es war, als wären seine Gedanken durch irgendetwas beeinflusst. Er schloss seine grünen Augen.
Wasser. Himmel. Veilchen.
Veilchen? Wie konnte er in seiner Situation nur an Blumen denken? Allmählich beschlich ihn das Gefühl, dass er verrückt wurde. ‚Wahrscheinlich die erste Stufe zum Tod', dachte der junge Wolf bitter. Mühsam erhob er sich und streckte seine Glieder. Als er sich umsah überkam ihn ein stechendes Gefühl der Traurigkeit. Jeden Tag dasselbe, alles war so eintönig. Wofür lebte er eigentlich noch?
Er hatte nichts mehr. Alles, wofür es sich zu leben gelohnt hatte war weg. Für immer gelöscht.
Er blickte in den Himmel hinauf. Noch war es nicht morgen, er sah den strahlenden Mond direkt über sich leuchten. Das war sein einziger Trost in diesen Tagen. Dafür lebte er noch. Doch war es wirklich nur der Mond der ihn hier hielt?
Noctus stapfte durch den weißen Schnee. Seine Füße schienen wie gefroren zu sein, doch trotzdem lief er immer weiter. Was leitete ihn? Er wusste nicht einmal wohin er lief, bis er nach einiger Zeit an einem kleinen Felsen angekommen war. Er stieg hinauf und sah in den Himmel. Der Mond schwebte jetzt direkt vor ihm und schien fast greifbar zu sein. Der junge Wolf verspürte plötzlich den seltsamen Drang, diesem leuchtenden Ball seine Gedanken und Gefühle anzuvertrauen. Ja, er wurde allmählich wirklich verrückt. Doch es kümmerte ihn nicht. Also heulte er ein Lied, das ihm noch im selben Moment in den Sinn kam. Ein Lied aus seinem tiefsten Herzen...
Einst war ich glücklich,
Alles war da.
Familie, ein Rudel
Mein Leben war doch so wunderbar...
Früher dachte ich
so wird es immer sein.
Und ich war zufrieden...!
Doch nun bin ich allein.
Alles hat ein Ende,
Nichts währt ewiglich,
Ich werde nicht länger so tun
Als spürte ich den Schmerz nicht.
Hallo Dunkelheit, ich wehre mich nicht länger...
Doch nun, da alles anders ist,
Nun will ich nicht mehr sein.
Was hat das Leben für einen Sinn?
Verlassen und allein.
An Zufall glaube ich nicht mehr,
Das Schicksal ist grausam und kalt.
Nun muss ich hier mein Ende finden,
In diesem düsteren Wald.
Das Licht, welches ich früher sah
Weg, es leuchtet nicht.
Dunkel, es ist so bitterkalt
Ohne dieses Licht.
Das traurige Lied legte sich in den Bäumen nieder wie dichter Nebel. Vögel leisteten dem trauernden Wolf im Geäst der Bäume Gesellschaft und wiegten sich sanft im Klang dieser Klage. Die Tiere im Wald mochten ihn vielleicht nicht alle verstehen, doch trotz allem trauerten sie mit ihm. Jedes einzelne Tier spürte Noctus' Gefühle fast körperlich; eine Kunst des Heulens, die nur sehr wenige Wölfe beherrschten. Der Gesang aus dem tiefsten Herzen stand körperlichen Schmerz in nichts nach- und weckte nicht nur die Aufmerksamkeit der Vögel...
Noctus beendete das Lied mit einem hohen, traurigen Ton. Er zitterte ob des Schmerzes in seiner Seele, doch da war noch etwas anderes; ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Wurde er beobachtet? Er sah zu den Vögeln, die sich der Kälte wegen dicht aneinander drängten. Nein, es war jemand anders der ihn anblickte. Langsam und mit wachsam aufgerichteten Ohren stieg er den Felsen herunter und richtete sich unten angekommen hoch auf.
Er hatte trotz seiner aggressiven Haltung noch nicht vor dem Fremden Angst einzujagen- sein Schwanz war nicht gerade ausgestreckt sondern leicht gesenkt. Langsam trat er auf eine Lichtung und sah sich um. Der Blick des grünäugigen Wolfes blieb an dem Gebüsch vor ihm hängen. Er hörte ein Rascheln, dann kam Bewegung in die Blätter des Strauches und eine Gastalt trat aus dem Schatten; grüne Augen trafen auf blaue.
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So, hier das nächste Kapitel :)
Wie fandet ihr es? Tatsächlich habe ich sehr lang daran herumgetüftelt ^-^
An dieser Stelle danke an @LuminaMai , die mir ihre Hilfe angeboten hat und mir Kritik und Verbesserungsvorschläge geliefert hat- danke!✨
Und natürlich würde es dieses Kapitel nicht ohne meinen Lieblingsniffler und meine Schokoriegelverteilerin wernerpa geben! Danke für die Werbung und dass du mir Mut gemacht hast❤️❤️❤️
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