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Es war der erste Advent, als du mir die Sonnenblume schenktest, welche du am Morgen unter dem Schnee fandst. "Das ist doch schier unmöglich", habe ich dir erzählt, während du nur mit den Schulter zucktest und dabei meintest, dass du über diese Tatsache gar nicht nachgedacht hattest. Die Sonne war an diesem Tag noch nicht aufgegangen, als du das grelle Gelb bei deinem Spaziergang bereits aus der Ferne sahst und die Blume ohne zu Zögern mit nach Hause nahmst. Später hattest du sie in einem Gefäß gepflanzt und dabei nicht bemerkt, dass du vergessen hattest, dieses mit Wasser zu füllen.
Warum sie nicht bereits nach wenigen Stunden eingangen ist, war fraglich. Du hattest dir darüber nicht den Kopf zerbrochen und sie in mein Blumenbeet eingegraben. Wird schon passen, hattest du mir geantwortet, als ich dir erklärte, dass sie ohne Wurzeln im Winter niemals überleben wird. Der Boden war eingefroren, doch du hattest dir einen Verlängerungskabel geholt, während du draußen am Abend mit meinem roten Handgepäckföhn die Erde auftautest, um die Sonnenblume einzupflanzen. Zugegeben, es sah ziemlich lächerlich aus und die Nachbarn hatten dich sicherlich als Idioten abgestempelt. Eine halbe Stunde später hattest du dein Werk vollendet und uns beiden deine berüchtigte Tomatensuppe gekocht, welche dir wie jedes Mal perfekt gelungen war.
Die Blume war für mich Tage später schon längst vergessen, auch zu Weihnachten habe ich nicht aus dem Fenster geschaut. Wie es in den Wintermonaten eben so üblich war, verbrachte ich den Tag lieber vor dem Kamin als draußen im Garten und so kam es, dass ich das Beet fast nie mehr zu Gesicht bekam. Lediglich hier und da blickte ich schnell darüber, doch lief dann wieder mit meinem Flip Flops ins Haus, da mir die Zehen abfroren.
Es war im Frühling, als ich mich wieder ohne Handschuhe, Schal und meiner pinken Glitzermütze nach draußen traute und mich nicht mehr mit drei Pullovern in das Gesellschaftsleben einreihte. Das langsame Steigen der Temperaturen kam mir zwar gelegen, doch änderte nicht, dass sich meine Backen noch immer rot verfärbten, war ich länger als eine Stunde an der frischen Luft. Die Christkindmärkte waren schon längst abgebaut und die Touristenschar ließ sich auch nicht mehr blicken, als der erste Schnee fiel. Und das nicht gerade wenig, alles wurde von meterweise Schnee bedeckt und die Leute fingen an, ihre verstaubten Schaufeln aus dem Keller zu holen. Es war fast wie ein Kaffeetrinken unter Freunden, nur eben nicht so gemütlich, als die gesamte Nachbarschaft an diesem Morgen ihre Einfahrt freischaufelte. Die Kinder nutzten die Gelegenheit, einen Iglu zu bauen und auch wenn ich es eigentlich nicht wissen durfte, erfuhr ich, dass es als Bunker für die versteckten Süßigkeiten genutzt wurde, welche ihre Eltern ihnen verbaten.
Das Versteck fing über die Wochen an zu schmelzen und es endete damit, dass drei Schokoladentafeln erst wiedergefunden wurden, als die Aprilscherze beginnen. Alles taute langsam auf, die Tage wurden länger und auch wenn ich es nicht gerne zugab, genoss ich die Wärme durch den Klimawandel nicht ungern. Das Grün vertrieb langsam das kalte Weiß und der Weihnachtsmann wurde vom Osterhasen abgelöst. Die größte Überraschung ereignete sich jedoch, als ich mir den Karton Tulpen kaufte und sie ins Beet einpflanzen wollte. Was ich vorfand, war nicht Erde, viel eher war ein gesamtes Feld voller Sonnenblumen gewachsen und wirkte fast so, als wäre dies von Anfang an eben doch möglich gewesen.
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