(in Anlehnung an den Zauberlehrling von Goethe)

Hat der alte Hexenmeister
sich doch wieder wegbegeben,
und die flatterigen Geister
drängen in mein Alltagsleben.

Wunder wirken ist beglückend,
Zauberei leicht imitiert,
und der Meister, so erdrückend,
wird dann einfach mal zitiert.

Dort im Eck, da steht der Besen,
ist schon lange faul gewesen.
Er soll wieder Arbeit tun,
nicht mehr tatenlos im Eck nur ruh'n.

Auf geht's Besen, in den Wald!
Hacke Holz und spalte Keile,
säg die Äste, wird's jetzt bald,
weg mit Frust und Langeweile!

Säge, säge, hacke Späne,
schwing das Beil und fälle Bäume,
ich hab heute eigne Pläne,
und du, Besen, machst die Zäune!

Schaut den Besen, wie er wütet,
ein Baum nach dem andern fällt,
all das tut er unvergütet,
ich erträum mir meine Welt!

Säge, säge, hacke Späne,
schwing das Beil und fälle Bäume,
ich hab heute eigne Pläne,
und der Besen macht die Zäune!

So, nun reicht es, Besen stehe!
Bretter liegen nun genug.
Staunend stehen dort die Rehe, -
zu viel fällen ist nicht klug.

Doch der Besen wütet weiter,
spielt den Sensenmann im Wald,
ist ein emsig Forstarbeiter,
seine Axt erwischt mich bald!

Meister, Meister, hab Erbarmen!
Deine Hilfe brauch ich jetzt!
Zitternd hock ich in den Farnen,
ganz geschockt und tief entsetzt.

Da! Schon hör ich eilend' Schritte!
Mag das wohl der Meister sein?
Schwer erklingen seine Tritte,
ach, ich fühle solche Pein.

„Holla, Besen, lass das Sägen!"
tönt es laut durch das Geäst.
„Schluss jetzt mit den Mordanschlägen!
Dort ist schon das letzte Nest!"

Müde fallen alle Geister,
und es kippt der Besenstiel,
ach, ich weiß jetzt, dass der Meister
Wunder wirkt im großen Stil.

„Lehrling, Lehrling, merke dir,
tu nicht nur, was dir gefällt!
Denn die grüne Blätterzier
ist der Atem dieser Welt!"

Kleinlaut steh ich, dummer Lehrling,
vor dem abgeholzten Wald.
Zäune bis zum Hügelring,
mir wird's plötzlich eisig kalt.

Doch ein Gutes hat die Sache,
weit von hier steht noch ein Wald.
Und ich weiß jetzt, was ich mache:
kämpfe nun für sein'n Erhalt.

April 2021