V I E R Z E H N
Gawain stand regungslos, während Aric blutend zu seinen Füßen lag. Die Stille, die sich nach dem Kampf ausbreitete, fühlte sich erdrückend an, als wäre die Luft im Raum zu schwer zum Atmen geworden. Elara konnte kaum fassen, was gerade geschehen war. Aric, der Drahtzieher hinter all dem, lag tödlich verwundet vor ihnen, doch statt Erleichterung verspürte sie nur eine lähmende Kälte. Es war noch nicht vorbei. Nicht einmal ansatzweise.
Gawain ließ sein Schwert sinken und wich zurück, als hätte ihn die Wucht des Moments endlich eingeholt. Seine Hände zitterten, und sein Gesicht war bleich. Er hatte Aric getötet, seinen Verbündeten, den Mann, der ihn dazu gebracht hatte, das Königshaus zu verraten.
„Gawain..." Elara trat vorsichtig auf ihn zu, ihre Stimme leise, unsicher, was sie in diesem Moment sagen sollte. „Es ist vorbei. Aric kann uns nicht mehr schaden."
Doch Gawain schüttelte den Kopf, sein Blick haftete auf Arics reglosem Körper. „Nein, Elara," sagte er, seine Stimme tief und heiser. „Es ist noch lange nicht vorbei." Seine Augen wanderten zu ihr, und für einen Moment sah sie den inneren Konflikt in ihm aufflammen. „Ich bin der Verräter. Aric mag tot sein, aber ich... ich habe mich gegen euch alle gewandt."
Elara schluckte schwer. Sie wusste, dass er Recht hatte. Es war Gawain gewesen, der den Weg des Verrats eingeschlagen hatte. Er hatte an Arics Seite gestanden und das Vertrauen der Königsfamilie missbraucht. Und doch spürte sie, dass noch etwas in ihm war – ein Funken von Reue, der vielleicht noch gerettet werden konnte.
„Du kannst es noch wiedergutmachen," sagte sie, ihre Stimme fest, auch wenn ihr Herz raste. „Du hast eine Wahl, Gawain. Du hast immer eine Wahl."
Gawain schnaubte leise, als ob ihre Worte eine Art bittersüßen Schmerz in ihm hervorriefen. „Wiedergutmachen? Elara, ich habe bereits zu viel angerichtet. Cedric liegt im Sterben, weil ich zugelassen habe, dass Aric das Gift beschafft. Das Königreich steht am Rande eines Krieges, den ich mit angezettelt habe. Wie kann ich das jemals wiedergutmachen?"
„Indem du uns jetzt hilfst," sagte Elara mit eindringlichem Ton. Sie trat näher an ihn heran, suchte seinen Blick. „Es gibt noch eine Chance, alles zu retten. Cedric lebt, auch wenn er schwach ist. Wenn wir den Verrat aufdecken und das Reich vereinen, können wir den drohenden Krieg verhindern. Aber dazu brauche ich dich."
Gawain sah sie lange an, seine Augen trüb von der Last seiner Taten. „Ich weiß nicht, ob ich das kann," flüsterte er schließlich. „Ich habe schon zu viel kaputt gemacht."
„Gawain," flüsterte Elara und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Du bist der einzige, der das noch stoppen kann. Du kennst die Pläne der Verräter. Du kannst das Blatt wenden."
Gawain schwieg, während Elara die Schwere seiner Entscheidung spürte. In seinem Gesicht spiegelte sich der Kampf zwischen Reue und Verzweiflung. Schließlich hob er den Kopf, und in seinen Augen lag eine neue Entschlossenheit.
„Ich habe einen Fehler gemacht, Elara," sagte er. „Einen unverzeihlichen Fehler. Aber ich werde dir helfen. Ich werde alles tun, um das zu retten, was ich zerstört habe."
Elara atmete erleichtert auf. Es war ein kleiner Sieg, doch es war ein wichtiger Schritt. Gawain war auf ihrer Seite – zumindest für den Moment. Doch bevor sie die Situation weiter besprechen konnten, wurde die Tür des Raumes mit einem lauten Knall aufgerissen. Wachen strömten herein, angeführt von einem der Hauptmänner des Palasts. Ihre Rüstungen klirrten, als sie sich in den Raum drängten, ihre Schwerter gezogen.
„Was geht hier vor?" rief der Hauptmann, als er das Chaos im Raum erfasste. Sein Blick fiel auf Arics reglosen Körper, dann auf Gawain, der noch immer blutbespritzt sein Schwert hielt. Er wies seine Männer an alle festzunehmen.
Elara trat schnell vor, bevor die Wachen zu falschen Schlüssen kommen konnten. „Dieser Mann," sie deutete auf Aric, „war der Verräter. Er hat versucht, die Königsfamilie zu zerstören und das Reich ins Chaos zu stürzen. Gawain..." Sie zögerte kurz, bevor sie entschlossen weitersprach. „Gawain hat sich gegen ihn gestellt. Er hat Aric aufgehalten."
Die Wachen starrten Gawain an, ihre Mienen misstrauisch und feindselig. Sie wussten, dass er in den letzten Wochen seltsam agiert hatte, doch niemand hatte den wahren Grund geahnt. Gawain stand starr, das Gewicht ihrer Blicke lastete schwer auf ihm.
„Er ist auf unserer Seite," fügte Elara schnell hinzu. „Er hat den Verrat eingesehen und hilft uns nun, das Königreich zu retten."
Der Hauptmann kniff die Augen zusammen, als er Gawain ins Visier nahm. „Und warum sollte er das tun? Nach allem, was er getan hat?" Seine Stimme trug die Härte eines Mannes, der lange im Dienst des Königreichs gestanden hatte und keinen Raum für Zweifel ließ.
Elara stellte sich entschlossen vor Gawain. „Weil er erkannt hat, dass er falsch lag. Und weil er uns den Plan der Verräter verraten wird. Er kennt alle Details. Wir können den Krieg noch verhindern, aber nur, wenn wir zusammenarbeiten."
Der Hauptmann zögerte, bevor er sein Schwert langsam senkte. „Wir werden sehen, ob er die Wahrheit sagt," brummte er schließlich. „Aber eines ist sicher: König Cedric braucht Schutz. Wenn der Thronfolger stirbt, ist das Königreich verloren."
„Cedric wird leben," sagte Elara fest, obwohl sie tief in ihrem Inneren Angst um ihren Bruder hatte. „Wir werden das hier zu Ende bringen, bevor es zu spät ist."
Gawain nickte schweigend, während die Wachen Arics Leiche forttrugen. Der Raum fühlte sich plötzlich leer und unheimlich an. Elara spürte, dass sie sich auf den letzten, entscheidenden Kampf zubewegten. Es gab kein Zurück mehr.
„Was ist der nächste Schritt?" fragte Gawain leise.
„Wir müssen zum Palast," antwortete Elara entschlossen.
Gawain nickte. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren."
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